16.04.04 - Nächtelanges Wachen

traum

Grinsekatze
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Eingehüllt in eine Mauer aus Schweigen saß Dimitri bereits seit er aufgestanden war auf der schmalen Treppe welche in den ersten Stock führte. Die Halle vor ihm im Blick, und den Blick auf die Eingangstüre gerichtet. Jedoch war er momentan etwas weniger aufmerksam als sonst. Seine Augen bohrten Löcher in die Schatten welche sich über den kalten Hallenboden streckten. Er versuchte nachzudenken. Sich etwas einfallen zu lassen, wie es jetzt weitergehen sollte. Brenda war noch immer nicht aufgetaucht und er wusste, die Camarilla Schweine mussten sie haben. Aber er konnte nicht alleine ins Elysium rennen und versuchen alle umzubringen. Wenn er nichts, aber auch gar nichts mehr zu verlieren hätte, dann hätte er es sicher getan. Aber er konnte es Lurker nicht antun. Und Brenda, falls sie doch noch irgendwann zu ihm zurückfinden sollte, noch weniger.

Einen kurzen Moment zuckte ein Blitz der Erinnerung durch sein totes Hirn, stach im Kleinhirn wie ein Nadelstich. Was hatte der Duktus zu ihm gesagt? Rudelpriester Dimitri. Er lächelte nicht. Er lachte nicht. Nicht einmal seine Mundwinkel zuckten. Stur blickte er geradeaus. Welches Rudel? Für wen den Priester spielen? Für wen da sein? Wen unterstützen?

Sein Kopf fühlte sich an als würde er gleich von seinen Schultern abheben und wie ein Ballon an der Decke der Halle explodieren. Er war Kopfleer. Ein kleines Trauma mehr oder weniger. Dimitri hatte schon immer viel verloren. Jetzt jedoch war er allein. Fast allein. Er versuchte seine Gedanken wieder zu sortieren, doch es viel ihm unheimlich schwer. Er brauchte Schmerzen um sich wieder zu besinnen, Schmerzen um den Ballon in seinem Schädel platzen zu lassen.

Den Kopf auf die linke Hand gestützt, legte Dimitri seine rechte Hand um seinen Unterarm und kniff langsam zu. Er spürte wie seine Finger in sein eigenes Fleisch drangen und er spürte das kalte Blut an seinem Arm herunterlaufen. Mit hängenden Mundwinkeln riss er die Hand wieder aus dem Arm, wobei er eine handvoll Fleisch mit heraus riss. Wildes geflacker vor den Augen. Feuerwerk.

Das Fleisch klatschte auf die Treppe vor ihm, und seine große Wunde schloss sich langsam, ganz langsam. Es würde sicher bis morgen dauern bis sie ganz verheilt war, doch jetzt war er wieder bei Sinnen. Wenigstens einigermaßen.
Er seufzte, schüttelte kurz den Kopf und blickte wieder aufmerksamer auf die Tür und versuchte jedes Geräusch um ihn herum mit seiner vampirischen Wahrnehmung in sich aufzusaugen. Vielleicht waren irgendwann einmal Schritte zu hören.
 
Unschlüssig stehe ich in der Straße, die Rücklichter des Taxis schon längst in der Dunkelheit verschwunden. Ich ziehe die Schultern kurz hoch, als wolle ich tiefdurchatmen, doch atmen muß ich nicht, also laß ich es.

DU BIS TOT... DU BIST TOT... DU BIST TOT kreischt es in meinem Kopf.

Also gehe ich vorwärts, versuche irgendwelche Gebäude wiederzuerkennen. Ich komme an das Grundstücks einer Firma, dessen Innenhof hellerleuchtet ist. Nachtschicht. Zwei Gebäude weiter tut sich ein schwarzer Schlund auf, es ist eine Hofeinfahrt, eng schmal und dunkel zwischen zwei Gebäuden. Sein Schatten ragt bis auf den Gehweg hinaus, will nach mit greifen. Ich bleibe stehen, mein Körper funktioniert nicht mehr, Furcht greift nach mir.

Es ist wieder da, es wird dich wieder anketten und es wird dich wieder sterben lassen...

Die Stimme in meinem Kopf ist sadistisch, grausam und kalt und ich halte mir die Ohren zu.

"NEIN, ICH WILL NICHT"

Ich sinke auf den Boden, kugel mich zusammen, umfasse meine Beine. Wenn ich mich ganz klein mache, dann wird es mich nicht sehen, dann wird es mich nicht holen kommen.

DIMITRI, VATER, helft mir... BITTE!!
 
Dimitri stand langsam auf. Sein Arm schmerzte, aber es war ihm egal, denn das wollte er ja so haben. Er entschloss sich eine Runde um das Gebäude zu machen, so wie er es noch vor wenigen Nächten regelmäßig tat. Er stieß die Tür auf und trat in die kühle Nacht hinaus. Der Mond spiegelte sich sacht in den paar Pfützen des Hofes und weit und breit war niemand zu sehen, was einerseits gut, andererseits aber schlecht war. Dimitri schlurfte langsam den Kies hinauf zur Straße um einen Blick über die Bürgersteige zu werfen.

Lag dort etwas? Ein Penner wahrscheinlich, total besoffen und mitten auf dem Gehweg zusammengebrochen.

"Hey!" rief Dimitri. "Das hier ist keine gute Gegend zum Schlafen!", sein Akzent passte mal wieder hervorragend. Wie ein russischer Großgrundbesitzer.
 
"..chierrr keine gute Chgegend zum Chlafen"

Eine Stimme dringt in meinen Kopf ein. Oder ist sie schon in meinem Kopf?
"Geh weg... geh bitte weg und nimm die Schatten mit, nimm die Finsternis mit" flüstere ich und igel mich noch mehr ein.
Du kennst die Stimme, Du kennst den Akzent.. Lüg mich nicht an, Du hast mir die Stimme doch in meinen Kopf gesetzt, aber ich falle nicht auf Dich rein, nie mehr. HÖRST DU? Nie mehr...
 
Verdammte Obdachlose... Dimitri schritt herüber und warf einen Blick auf das kleine Knäuel vor ihm. Diese Haare. Diese Figur.

Plötzlich überkam es ihn wie ein Schwall heißen Blutes welches über seinen Körper geschüttet wurde. Es war Brenda! Dimitri hockte sich nieder und umfasste sie an den Schultern, er rüttelte sie und sprach wild auf sie ein.

"Du bist wieder hier! Verdammt wo warst du? Was ist passiert? Brenda, bei allem was mir heilig ist, sprich mit mir!"
 
Da ist sie wieder, die Stimme, die mir weißmachen will, sie sei Dimitri. Doch diesmal rüttelt sie mich und auch ihr Klang ist ein anderer. Besorgt und nicht kalt und zynisch.

Ich drehe meinen Kopf langsam in richtung der Stimme aber ich behalte auch den bedrohlichen Schatte, diese Finsternis im Augenwinkel. Nicht, daß sie mich doch noch holen kommt.
Regen prasselt in mein Gesicht, mein Körper zittert vor Kälte und vor Angst. Doch im blassen Licht der Straßenlaterne erkenn ich Dimitri.

"Dimitri, hilf mir. Scheuch die Schatten weg und hilf mir...."
 
"Scheisse verdammt!" Dimitri umfasste Brenda fest um die Hüfte und legte ihre Beine über seinen Unterarm. "Bleib mal ganz ruhig, ich bringe dich weg von hier."

Er nahm sie fest an sich und rannte mit ihr den Bürgersteig hinab und direkt in dei Zuflucht zurück. Das ehemals warme und heiß duchblutete Fleisch. Es war kalt geworden. "Mein Gott, was haben sie mit dir gemacht?" Dimitri stolperte zur Tür hinein und legte Brenda in eine Ecke, die vom Mondlicht hell erleuchtet war. Sie sollte ihn sehen, sie sollte sehen, dass er da war.

"Brenda! Ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Ich bin hier."
 
Ich wollte mich gegen seine Berührung wehren, Bilder von Ketten, die ich nie sah, schoben sich vor mein inneres Auge. Aber dann beruhigte ich mich doch.
Das Mondlich beleuchtete Dimitri und es viel kein Regen mehr in mein Gesicht. Meine Kleidung ist nach wie vor tropfnaß und ich friere noch immer.

"Dimitri, bist Du es wirklich? Hast Du die Schatten weggejagt?"

Ich sehen mich nach Wärme, ich vermisse meinen Herzschlag...
Ich vermisse mein echtes zu Hause, an der Nordsee.
 
"Welche Schatten? Brenda, was ist passiert?"

Es war sinnlos, Dimitri musste sie irgendwie beruhigen. In diesem Zustand in dem sie sich befand war es unmöglich vernünftig mit ihr zu sprechen. "Brenda, ich bin es wirklich. Du brauchst keine Angst mehr zu haben." Dimitri schlitze sich schnell mit einem Finger sein Handgelenk auf. Vielleicht würde sie ihn an dem Geschmack seines Blutes wiedererkennen.

"Ich bin für dich da. Hier, erinnerst du dich?", er hielt ihr langsam und ohne Bedrohung das Handgelenk hin.
 
Ich rieche es, ich sehe es und es ist ein köstlicher Anblick. Ich grabsche sein Handgelenk und meine spitzen Fänge bohren sich in sein Fleisch. Ja, den Geschmack kannte ich. Kannte ich zu gut und ich spüre ES, wie es sich wie ein Raubtier bereit macht. Geduckt und wild schleicht es in mir herum. Bereit zuzuschlagen.
 
Dimitri spürte wie sich heiße spitze Dornen in seine Haut bohrten und ihm wurde erschreckend klar, dass dies nicht mehr Brenda war, wie er sie kannte. Er genoss ein paar Sekunden das Gefühl, dass sie von ihm trank, bevor ihm bewusst wurde, dass dies der falsche Weg war.

Er stieß sie von sich. "Was ist mit dir passiert?"
 
Wütend funkelte ich ihn an, nur einen kurzen Moment. Dann fing ich an zu erzählen. Nebenbei zog ich mir die nassen Sachen aus und fragte in Mitten meiner Erzählung, ob er irgendwas zum Anziehen für mich hatte.
Fast 1200,- nasse Euros vielen ebenso zu Boden, wie alles, was ich am Körper hatte.
Als ich das Geld sah, wurde mir mein ursprünglicher Auftrag wieder bewußt. Ich hatte versagt, zu wenig mitgebracht.
Flehend kniete ich vor Dimitri: "Ich habe versagt, Dimitri. Verzeih mir. - Bitte..." Und senkte schuldbewußt den Kopf.
Er wird dich in Ketten legen und dann der Finsternis übergeben
 
Dimitri legte seine Hand auf ihren Kopf und streichelte sie sanft. "Ist schon okay. Ich verzeihe dir. Es tut MIR leid, dass ich dich alleine gehen lassen habe."

"Ich habe leider keine andere Kleidung, nur dieses viel zu enge Hemd was ich trage." Dimitri zog es aus und reichte es Brenda. "Es ist wenigstens trocken."

Was würde er jetzt mit ihr machen? Er hatte sich immer ein Kind gewünscht, jetzt hatte er eines und er fühlte sich hilflos. Er beschloss, so weiter zu machen wie bisher. Brenda würde für ihn weiterhin sein kleines Mädchen bleiben, auch wenn sie nun um einiges gefährlicher war, als zuvor.
 
Das Hemd war mir etwas zu groß, es reichte fast bis auf die Knie aber es war trocken und es fühlte sich wunderbar an, denn Dimitri hatte es getragen. Seine Hand auf meinem Haar beruhigte mich auch etwas, obwohl ich mich vergewisserte, daß es wirklich seine Hand war, die ich da spürte und nicht irgendetwas anderes.
Trau ihm nicht...
"Gleich morgen früh werde ich nochmal zu Raphaels Haus gehen, vielleicht ist ja das Auto noch da und meine Sachen..."
 
Dimitri nickte und wollte sich grade umdrehen um die Tür zu verschließen als er Brendas Worte hörte. Er drehte sich auf dem Absatz um und Schritt wieder zu ihr herüber.

"Morgen früh? Du wirst nicht am Tag hier hinaus gehen. Weißt du denn nicht was mit dir passieren wird wenn du einfach so in die Sonne spazierst? Du würdest sofort verbrennen und sterben, endgültig! Das lasse ich nicht zu! Ich will nicht, dass du einfach so gehst!"

Dimitri hatte die Hände anklagend gen Himmel gerichtet und lamentierte wild mit allen Gliedmaßen. Sie konnte doch wohl nicht wirklich annehmen, dass sie tagsüber wach sein würde.
 
Erschrocken weiche ich zurück, Dimitri wirkte fast schon hysterisch.
"W.. wie kann ich denn sterben, wenn ich schon tot bin? Ich versteh das alles nicht."
Ich verstehs einfach nicht. Ich bin tot, ich gehör zu ihm, ich hab nen Vater, den ich noch nie sah. Und ich hab nen Vater, den ich vermutlich nie wieder sehen werde. Und Du hast zwei Menschen zerfetzt
Letzter Gedanke ließ mich zusammenzucken und beschwor wieder die Bilder in mir herauf. Das Pärchen, welches nun zerfetzt in irgendeinem Park lag. Ich weiß nicht einmal mehr genau wo. Und alles nur, weil ES mich beherrschte und ich machtlos und ängstlich in irgendeinem Winkel meines Kopfes saß.
"Dimitri, sei nicht böse mit mir, bitte. Ich versteh das alles nicht. Hilf mir."
 
"Pass auf.", Dimitri setzte sich neben Brenda auf den kalten Boden der Halle.

"Als wir uns noch nicht so gut kannten, da hab ich dir etwas von Vampiren erzählt, erinnerst du dich? Dass Vampire von Knoblauch und Kreuzen abgeschreckt werden, das ist alles Quatsch. Naja, meistens, jedenfalls. Aber eines ist wahr, und daran must du immer denken: Wenn dich die Sonne berührt, dann wirst du in Flammen aufgehen. Du bist nun verflucht, und einer von...", er strich sich durch ds lange Haar. "...uns."
 
"Verflucht? Vampir?" Wenn ein Gesicht wie ein Fragezeichen aussehen kann, dann ist es meines in diesem Moment.
Vampir, Du kleines Miststück. Du bist ein gottverdammter Blutsauger.
"Dimitri, ich.. ich glaube ich hab da was schreckliches gemacht. Da waren diese Menschen, dieses Pärchen im Park." dampfendes Blut... zuckendes Herz... zerfetztes Fleisch... tote Augen "Ich weiß nicht, ob ich das war. Aber ich hatte Blut an mir und ich hatte weniger Hunger. Aber der Hunger ist nicht ganz weg. Ich habe noch immer Hunger, nur nicht so schlimm, wie im Park... "
 
"Ruhig Kleines." Dimitri faltete die Hände. Er war sichtlich froh, dass Brenda wieder bei ihm war. "Das, was du da im Park getan hast, was immer es war, es war notwendig. Du musst lernen mit diesem gefühl, welches an dir nagte, in Einklang zu kommen. Wir nennen es, das Tier." Seine Augen flackerten leicht. "Das Tier sitzt in allen von uns. Es ist unser Trieb. So wie jeder Mensch essen muss, musst du Trinken. Das Blut der Menschen."

Dimitri klopfte Brenda sacht auf die Schulter. "Da war gut im Park. Du hast das Tier bereits kennen gelernt, du kannst mit der zeit ein gefühl dafür entwickeln wann es wieder morden will. Und dann kannst du es mit ein wenig Disziplin im Zaum halten."
 
"NEIN ICH BIN KEIN MONSTER UND VAMPIRE GIBT ES NUR IM FILM, im gottverdammten Film..."
Bitte laß mich aufwachen aus diesem verdammt miesen Trip. Irgendwann hat mich sicher irgendwer irgendwas ins Glas gekippt und ich hab nun nen verdammten Horrortrip.
Ich funkel Dimitri wütend an. Fast so, als würde ich ihm die Schuld geben. Ich stehe auf und drehe mich um und mein Blick gleitet ins Dunkel der Halle.
Da ist die Finsternis, sie wird kommen und Dich holen, Brenda.. ha ha ha
Entsetzt weiche ich zurück, stoße mit dem Rücken gegen Dimitri, Angst greift mit kalten Finger nach meinen Gedanken, läßt mein Konstrukt aus Drogen-im-Glas wie ein Kartenhaus in sich zusammen fallen.
"Dimitri, wie soll ich all das nur glauben ohne völlig irre zu werden? Wie?"
 
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