[11.05.2008] Ehre, Blut und klingende Münze

Während Sybille mit ihren Clanbrüdern ihre Besprechung oder sollte man sagen Verschwörung abgehalten hatte, war Antonia ins Café gekommen. Zwar war ihre Laune alles andere als gut, doch sie wäre keine Toreador gewesen, wenn das irgend jemandem aufgefallen wäre. Mit einem üblichen charmanten Lächeln begrüßte sie alle Anwesenden und ging dann zur Theke um nach zu hören, ob Helena vielleicht hier wäre, immerhin gab es kaum etwas, was Helena nicht wußte.
 
"Ich kann sie noch nicht genau einschätzen, wie gesagt. Wir haben gerade mal einen kleinen Handshake hinter uns. Aber sie wirkte auf mich sehr aufgeweckt. Leider wissen wir noch nicht, welchem Clan die Dame angehört, da hätten wir ein paar der Clichés breittreten können, in welche Richtung ihr Wissen geht.
Und was die Schwester der Regentin angeht... wenn Du schon meinen sozialen Highscore ansprichst, vielleicht solltest dann Du einmal Dein Glück mit ihr versuchen?"

Jetzt blinzelte Iain verschmitzt.

"Soweit ich gehört habe, soll es auch noch sehr viel okkultes Wissen im Clan der Ravnos geben... ich habe noch keinen wirklichen Überblick darüber, wer sich momentan alles an Kainskindern in Finstertal aufhält, aber vielleicht bietet sich das ja auch als weitere Option an. Wobei... wichtiger als die Fähigkeiten ist sicherlich eine gewisse Loyalität und Verlässlichkeit. Das sollte zumindest unser primäres Augenmerk sein."

Loyalität... ein guter Ersatz für Loyalität ist Verpflichtung... aber über wen hier in Finstertal haben wir genug schmutzige Geheimnisse, um ihn zu BITTEN, im Gegenzug für unser Stillschweigen zu uns zu halten?


Iain und Moishe hatten sich aus dem hinteren Besprechungsraum in Richtung des Hauptgastraumes des Cafes bewegt. Als Iain Antonias gewahr wurde, beendete er die Unterhaltung.

Mit einem leichten Kopfnicken machte er Moishe auf ihre Anwesenheit aufmerksam, dann verneigte er sich höflichst vor der Toreador.

"Seien sie gegrüßt, hochverehrte Frau de Groote."
 
Während er auf Iains schlagfertige Antwort wartete, also dass was diesem immer erst hinterher einfiel, zückte Moishe sein Handy und schickte Kai Braun per SMS die Nachricht das Ihre Unterredung beendet war und er im Cafe zu Iain und ihm stossen könne um das Projekt Villa Mentesse zu planen.
Er folgte Iain zur Theke um zu fragen ob sie den Besprechungsraum noch weiter für ihre Unterredung benutzen zu können und traf dort auf Antonia die wohl gerade hereingekommen war.
"Guten Abend Frau de Groote. Ich freu mich Sie schon nach so kurzer Zeit wieder zu treffen. Sind die Aufräumarbeiten in der Galerie nach Ihren Wünschen fortgeschritten?"
 
Schleimer, dachte Antonia und nickte in Richtung der Ventrue. "Ja, alles erledigt, schon lange und es wird doch Zeit sich um die Bevölkerung von Finstertal zu kümmern."

Sie zählte zwei und zwei zusammen, als sie zuerst ein Frau in einem ausgesprochen geschmacklosen Kleid hatte den Besprechungsraum verlassen sehen und nun der Jude und der Engländer hinterherkamen. So lief der Hase also, sehr interessant, Clan Ventrue und seine dreckigen Geschäfte, da war es kein Wunder, dass sie nicht von der Kunstakademie gehört hatte.
 
Um die Bevölkerung von Finstertal kümmern? Was hat Antonia Florence Nithingale de Groote denn jetzt vor? Aber was sollte es schon. Er wartete bis Antonia bestellt hatte und bedient worden war um das Konferenzzimmer bei Sophie klarzumachen und überlies es Iain den Versuch zu starten sein Punktekonto bei der Harpyie aufzubessern.
 
Sophie lächelte.
"Leider ist Helena noch beschäftigt, aber ich bin sicher, wenn ich sie anrufe, wird sie bestimmt hierher kommen", sagte sie dann. "Nahmen sie doch schon mal Platz, ich bringe ihnen ihr Getränk dann gleich an den Tisch." Ein Unterton ließ vermuten, daß sie vielleicht noch etwas anderes zu sagen hätte.
Dann wandte sie sich an Moishe.
"Möchten sie auch noch etwas zu trinken haben, Herr Ben Levy?"
 
Iain lächelte freundlich und nickte.

"Wenn Sie nun ihr Augenmerk auf die Bevölkerung Finstertals richten, sprechen Sie dann davon, die Auswirkungen von Zachariis Wirken zu bereinigen? Die Verluste unter den Bewohnern Finstertals waren erheblich... können wir Hilfe anbieten?"
Oder spricht sie von etwas ganz anderem?
 
Natürlich meinte Antonia was anderes, aber irgendwie war dieser Kerl nicht nur unhöflich, sondern auch noch irgendwie begriffsstutzig.

"Wie wollen sie denn dabei Hilfe anbieten?" fragte sie. Sie würde sich seine Vorschläge doch mal anhören, vielleicht kam ja was brauchbares dabei heraus. Auch ein blindes Huhn oder so ...
 
Tja, Iain, jetzt mach Dich mal nützlich, ich bin gespannt. Irgendwie ist Antonia wieder mal in besonders bissiger Stimmung wie mir scheint, also werd ich mich da mal raushalten. Wenn der Blitz einschlägt ist es Schicksal, wenn man aber während eines Gewitters bewusst auf freies Feld rennt oder unter einer Eiche Schutz sucht ist das fahrlässig.

Also wandte er sich mit einem freundlichen Lächeln an Sophie. "Nein, vielen Dank. Wir machen nur gerade eine kleine Pause in unserer Besprechung bis ein weiterer Teilnehmer zu uns stösst. Ich wollte fragen ob es möglich wäre den Besprechungsraum noch etwas länger nutzen zu können nachdem der Herr eingetroffen ist?"
 
"Ja, wenn man nett fragt und keiner vorangemeldet hat, dann kann man die Nebenräume jederzeit benutzen", meinte Sophie. "Ich werde dann einfach, falls noch ein anderer fragt, sagen, daß der Raum schon besetzt ist."

Auch sie warf einen Blick in Richtung Iain und Antonia. Konnte es sein, daß Engländer und Niederländer einfach nicht zusammenpaßten?
 
Wieder lächelte Iain.

"Soweit ich weiß, gehen die aktuellen Meldungen der Finstertaler Medien über die Ursache des allgemeinen schweren Unwohlseins in die Richtung einer infektiösen Krankheit in Kombination mit ungewöhnlichen Wetterereignissen. Diese Deckgeschichte bietet zahlreiche Anknüpfmöglichkeiten für ein weiteres Vorgehen:
Flächendeckende Medizinische Hilfe, finanzielle Unterstützung über eine Rückversicherungsgesellschaft um eventuell zerstörte Immobilien wieder aufzubauen, bis hin zu einem fiktiven Fond zur Ausschüttung von Hinterbliebenenhilfen für die Familien, die Verluste erleiden mussten."

Warum hatte er bei dieser Frau nur immer das Gefühl, dass sie ihm stets ein gesellschaftliches Messer an die Kehle hielt?
"Das hinge natürlich primär davon ab, worauf sie genau ihr Augenmerk legen wollen, werte Frau de Groote."
 
Antonia lehnte sich etwas nach vorne und das Gefühl vom Messer würde bestimmt stärker.

"Und Mr. Finnlay, was haben sie davon?" fragte sie. "Oder wollen sie mir sagen, sie sind ein Ventrue, der nicht zuerst auf seinen Profit achtet."
 
Moishe bemerkte den Seitenblick und konnte nur mühsam ein Lächeln unterdrücken. Auch die kleine Spitze bezüglich Sybilles Anspruch den Raum nach eigenem Gutdünken zu nutzen registrierte er. Moishe wäre es ebenfalls lieber gewesen wenn das in einem etwas freudlicheren Ton geregelt worden wäre, aber da hatte die archontin wohl ein anderes Anspruchsdenken. Noch einmal ging ihm das vorhin mit Sybille besprochene durch den Kopf bezüglich der Abnegung anderer gegen seinen Clan. Es war nichts wirklich neues für ihn gewesen, viel zu oft hatte er es als reisender Neuling quer über die Domänen in Westeuropa erfahren und nahm es inzwischen einfach als gegeben hin. Kränkungen durch die Hoffart vieler seiner Clanbrüder - und schwestern hielten sich in den Köpfen der betroffenen Kainskinder länger als die Erinnerung an die vielen Errungenschaften und Vorzüge der Camarilla unter ihrer Führung, das war nun mal so.
Moishe zwinkerte Sophie zu. "Vielen dank, Sophie. Ich finde auch das ein freundlicher Ton den Umgang miteinander einfacher macht. Aber nehmen sie es meiner Clanschwester nicht zu krumm. Die ersten Nächte in einem Amt bedeuten immer ein wenig Stress und dann fallen manchmal an der falschen Stelle die falschen Worte. Wenn ich das sagen darf: Ihr Verhalten war schon korrekt. Wie man sich in solch einer Situation auch verhält, man kann es nicht jedem recht machen. Ich hoffe doch wir bleiben Freunde?"
 
Iain schmunzelte nun eher. Er musste jetzt einfach den Gesichtsausdruck ändern, um nicht zu verkrampfen.

"Selbst kaltherzige Ventrue können nur Profite machen, wenn es genügend Kunden gibt, denen es noch dazu gut genug geht, um daran zu denken, die Kunden eben besagter Ventrue zu werden."

Er zuckte nonchalant die Achseln, blieb freundlich und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass er sich aufs Neue von der Harpyie aufs Glatteis geführt fühlte. Wie sehr liebte er die Einfachkeit des Finanzmarktes, kein Vergleich zum Geiernest des Elysiums!

"Sagt Ihnen eine der genannten Optionen zu? Haben Sie schon konkrete Pläne, Frau de Groote?"
 
"Wenn sie es als Freundschaft sehen, bei mir ihre Getränke zu bestellen, dann können wir gerne Freunde bleiben", meinte Sophie mit einem Lächeln. "Was die Archontin angeht, so habe ich keine Ahnung, ob ihr Verhalten korrekt ist, vorallem dann wenn sie verlangt, daß keiner in der Stadt wissen soll, daß sie hier ist, erwartet sie auf der Anderen, daß man sie wie ein Königin behandelt. Für meinen Geschmack, ist sie einfach ungeschickt." Sie zuckte die Schultern. "Vermutlich wird sie sich bei Helena beschweren ..." Noch einmal zuckte sie die Schultern. "Ich denke mal, ich kann es auch nicht jedem Recht machen und bisher hat sich keiner beschwert."
 
"Nein, ich wollte jetzt kein Beziehungsgespräch mit Ihnen führen sondern nur darauf hinwirken das wir in Zukunft weiter beide einen angenehmen Umgang miteinander haben."
Moishe räusperte sich kurz und ergriff dann wieder das Wort. "Das mit dem nicht allen Recht machen können sehe ich auch so und auch mir geht es mit den Ahnen oft genauso - wie man es macht ist es verkehrt. Aber wenn Sie Ärger bekommen sollten, was ich nicht glaube, dazu hat Mme. d´Auvergne meiner Ansicht nach wegen so einer Kleinigkeit zu viel zu tun, rede ich gerne auch mal mit Helena. Wie gesagt, ich finde Sie haben sich korrekt verhalten in der Situation. Sagen wir einfach mal wenn wir uns wieder einmal hier treffen wollen versuche ich die Organisation zu übernehmen und gebe Ihnen vorher Bescheid damit Sie planen können."
 
Sophie lachte leise.
"Gut, dann versuchen sie das, wobei ich fürchte, daß dieser Frau das auch nicht gefallen wird und ich habe keine Angst vor Helena", meinte sie. "Am besten vorher anrufen, dann kann man alles reservieren."

Eigentlich hatte sie jede Menge Fragen, doch es war nunmal so, daß sie nicht einfach fragen konnte, wenn sie etwas wissen wollte, selbst dann wenn das Gegenüber nett tat.
 
Antonia hätte beinahe laut gelacht, da versuchte dieser selbstverliebte Kerl doch wirklich seine Interessen an den medizinischen Institutionen und den Immobilien zu tarnen. Das Verfahrene an der Situation war nur, dass die Harpyie einfach nicht das Gefühl los wurde, dass dieses blonde Flittchen, das aus dem Zimmer gerauscht war ohne Antonia zu sehen oder sie einfach mißachtet hatte, seine Finger mit in der Sache hatte.

"Sind zumindest Dinge, die wenn sie diese machen, sehr grossen Zugang zu gewissen Bereichen erlauben würden", meinte sie. "Die meisten dieser Dinge lagen bislang in den Händen der Kunstakademie und somit in den Händen der Toreador und ich denke, dort sind sie auch mehr als gut aufgehoben."
 
Iain nickte freundlich. Die Botschaft war bei ihm angekommen: Antonia betrachtete die medizinischen Institutionen Finstertals als ihr persönliches Baby.

"Dem entnehme ich, dass sie nicht vorhaben, sich demnächst auf das Finanz- und Versicherungsgewerbe zu konzentrieren."
Iains Augen strahlten. Er wirkte ganz so, als würde er sich gerade vortrefflich unterhalten.

"Aber wo bleiben meine Manieren... darf ich Sie vielleicht auf einen Schluck einladen, ehrenwerte Harpyie?"
 
"Ich habe mir bereits etwas bestellt, aber danke für das Angebot", erwiderte Antonia. Erschien es ihr nur so oder suchte der Kerl verzweifelt ein Betätigungsfeld. "Ich weiß nicht, wer dieses Gebiet bearbeitet, aber ich denke, mit etwas Initiative werden sie es herausfinden.
Vielleicht warten sie am besten ab, bis hier wieder Normalität herrscht und die Archonten die Stadt wieder verlassen haben, wer immer danach an der Macht ist, könnte es eventuell übelnehmen, wenn welche die Ausnahmesituation nutzen.

Aber erzählen sie mir doch, mit was sie sich in London befasst haben und wie erfolgreich sie waren."

Sie nahm ihr bestelltes Getränk entgegen.
 
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