[11.05.2008] Ehre, Blut und klingende Münze

Das Atelier, zumindest das, das Moishe kannte, war zwar nur wenige Gehminuten von Antonias Wohnung entfernt, doch im Abendkleid würde keiner gerne durch die Stadt laufen.

"Die Kleidung ist durchaus angemessen", erwiderte sie. "Sie können mich gerne in meiner Wohnung (hier Anschrift einsetzen) abholen. 23.30 Uhr ist vollkommen ausreichend, denke ich."
 
"Dann werde ich pünktlich zu dieser Zeit bei Ihnen sein. Ihr Name steht an der Tür oder unter wem soll ich leuten?"
 
"Aber ja, an der Tür steht mein Name, einfach klingeln, sie können auch gerne hoch kommen, ist aber 5. Etage und das ohne Aufzug", erklärte Antonia.

Es war ja nicht so, dass Kainskinder Konditionsprobleme hatten.
 
Moishe sah nicht so aus als würde er mit ein paar Treppen Probleme haben.

"Selbstverständlich komme ich bis zur Tür und lasse Sie nicht alleine die Treppen hinuntersteigen. Da würde sich meine seelige Mutter ja im Grabe umdrehen bei solch schlechten Manieren." In ihrem Massengrab in Auschwitz.

Bei den letzten Worten bemerkte Antonia das sich gerde kurz ein Schatten über das Gemüt des Ventrue gelegt hatte.
 
"Na dann, denke ich, wir werden es genauso machen", sagte Antonia, wenn sie es bemerkte, so ging sie nicht darauf ein, sowas gehörte sich einfach nicht.
 
"Ich freue mich schon auf morgen Abend, Frau de Groote. Erlauben Sie dass ich mich jetzt entferne - ich muss noch unsere Besprechung vorbereiten. Würden Sie mich entschuldigen?"
 
"Natürlich, ich habe auch noch etwas zu erledigen und die Nacht dauert schließlich nicht ewig", erwiderte die Harpyie. "Gutes Gelingen."
 
Moishe erhob sich und verbeugte sich leicht vor Antonia. "Danke sehr auch Ihnen noch eine angenehme Nacht und bis morgen Abend."
 
Gretchen murmelte kurz etwas in Richtung Moishes. Es ließ sich sowohl als Verabschiedung, als auch als Gruß auffassen. Betreten blickte sie wieder auf ihre Schuhspitzen. Irgendwie kam sie hier nicht so recht ins Gespräch...
 
Moishe blieb erstaunt stehen als er den Gruß der jungen Frau im etwas schrillen Outfit hörte und lächelte ihr freundlich zu.

"Guten Abend! Wir sind uns noch nicht vorgestellt worden. Mein Name ist Moishe ben Levy vom Clan der Könige. Mit wem habe ich das Vergnügen?"

Sie wirkt etwas befangen, kennt wohl niemanden in der Stadt. Na los, fünf Minuten hast Du Zeit.
 
Antonia nickte den Anwesenden, einschließlich der Malkavianerin zum Abschied zu und machte sich dann auf den Weg zur Akademie.
 
Moishe gegenüber lehnte eine schlanke Frau an einem Barhocker. Ihr Gesicht war kalkweiß geschminkt, die Augen leicht akzentuiert, der Lippenstift knallrot. Von Blutspuren war nichts mehr darauf zu sehen. Sie trug ein recht kurzes Kleidchen, hatte eine schlanke Taille und wohlgerundete Hüften. Ihr Gesicht war fein gegliedert und versprach, auch unter der dicken Schminke-Schicht attraktiv zu sein.

Sie wirkte in der Tat etwas befangen, lächelte jetzt jedoch scheinbar regelrecht befreit und erleichtert, endlich angesprochen worden zu sein und sich nicht aufdringlich in ein bestehendes Gespräch gemischt zu haben.

Sie knickste sogar leicht vor dem Ventrue. Sie würde nicht so weit gehen, ihm ihre Hand zu reichen - so viel Vertrautheit stand einem wohl beim ersten Treffen noch nicht zu - statt dessen hielt sie sittsam ihre Rockzipfel beim Knicks. Sie begann mit einer zarten, liebenswürdigen Stimme zu sprechen.

"Guten Abend, Herr Ben Levy. Mein Name ist Grete Worre, vom Clan des Mondes. Wir konnten uns noch gar nicht vorgestellt worden sein, ich bin erst heute Nacht aus München eingetroffen..."

Fast abrupt verstummte sie, geradezu so, als hätte sie zu viel verraten oder wäre mit dieser Bemerkung zu aufdringlich gewesen...
 
Iain verabschiedete sich ebenfalls standesgemäß von der Harpyie.

"Ich wünsche einen angenehmen Tag, ehrenwerte Harpyie." Er verneigte sich leicht. Dann drehte auch er sich zu Grete um.

"Guten Abend, die Dame. Iain Finnlay, ebenfalls vom Clan der Könige!"
 
Moishe erwiderte die Verbeugung auf eher sparsame Art.

"Aber bitte liebe Frau Worre, nur nicht so förmlich. Ich lege außerhalb offizieller Anlässe nicht viel Wert auf solche Förmlichkeiten. Mein Clanbruder Iain und ich sind auch erst vor wenigen ereignisreichen Nächten hier eingetroffen. Ich wohne immer noch im Hotel. Es besteht also kein Anlass mich wie den Grafen von Luxemburg zu behandeln."

Moishe lächelte die Malkavianerin, die auf ihn auf den ersten Blick einen passablen Eindruck machte, jungenhaft an und zwinkerte ihr zu.

"Kennen sie denn schon jemanden in Finstertal?"
 
Grete entspannte sich tatsächlich ein klein wenig. Ihre Bewegungen wurden weniger fahrig und sie begann sich scheinbar mit Moishes lockerer Art wesentlich wohler zu fühlen.

"Vielen Dank, Herr ben Levy!" Ihre Augen strahlten, die Gesichtszüge blieben noch relativ neutral.
"Ich habe gerade erst meine Aufwartung bei Seneschall Madame de Auvergnet gemacht.
Die Möglichkeit neue Bekanntschaften zu machen konnte ich demnach noch nicht voll auskosten... "

Sie lächelte jetzt vorsichtig.

"Da dachte ich, das Hauptelysium der Stadt könnte eine Anlaufstelle für genau dafür sein."
 
"Sicher ein guter Gedanke. Der große Herr im scharzen Anzug kommt ebenfalls aus München zu uns, kennen Sie Hr. Braun vielleicht schon? Die blonde Dame die sich gerade von uns verabschiedet hat war übrigens Frau de Groote, die Harpyie der Domäne. Das Primogen Ihres Clans Hr. Rothschild habe ich selbst noch nicht kennen gelernt. Er scheint die Domäne verlassen zu haben. Es kann sein das es schon einen neuen Amtsinhaber gibt, aber ich habe noch nichts dergleichen gehört. Haben Sie denn schon eine Einladung auf den Ball von Prinz Galante morgen Abend erhalten?"
 
"Oh, in der Akademie wurde mir mitgeteilt, dass Herr Malik der Primogen des Clans des Mondes sei: Malik Trapper. Einen Herrn Rothschild konnte ich bei meiner Ankunft heute Nacht hier in Finstertal nicht spühren..."

Gretchen ließ diese Bemerkung mal einfach so im Raum stehen. Ob der Ventrue von der Fähigkeit der Malkavianer wusste, sich wortlos über ihr Netzwerk auszutauschen?
Sie würde es ihm jedenfalls nicht noch deutlicher auf die Nase binden.

"Eine Einladung zum Ball wurde mir in der Akademie bereits mitgegeben. "

Kurz tanzte in ihren Augen etwas, das Moishe wahrscheinlich nicht einordnen konnte. Vielleicht war es aber auch nur ein ungewöhnlicher Lichtreflex?
Jedenfalls waren ihre Augen groß, rund und tief. Suchten nicht den Blickkontakt zu vermeiden. Vielmehr schien es den Anwesenden, als wäre dahinter etwas in Lauerstellung, bereit hervorzubrechen und die umstehenden anzuspringen... auch wenn der Rest an Gretchens Mimik und Haltung nichts dergleichen zu belegen schien.

"Finstertal scheint ja gerade eine größere Krise hinter sich zu haben, wenn hier Archonten eingesetzt wurden?"
 
"Ah, danke ich wusste noch nicht ob das offiziell ist. Schon hat unsere kleine Unterhaltung schon eine Neuigkeit für mich ergeben. Ich bin Ihnen sehr verbunden Frau Worre."

Moishe hatte schon öfter gehört das sich die Malkavianer durch eine Art mystische Verbindung ihres wahnsinnigen Blutes untereinander kommunizierten aber dass er das wusste musste er der Frau ja nicht auf die Nase binden. Den seltsamen Blick der jungen Frau schrieb er ebenfalls ihrer Clanschwäche zu und verdrängte diese doch gleich wieder aus seinen Gedanken.

"Ja, die Domäne wurde schon länger von einem Tzmisce - Hexer namens Zacharii gepeinigt. Der konnte wie es aussieht gestern Nacht durch die vereinigten Anstrengungen der Kainskinder dieser Domäne vernichtet werden. Nun geht es daran die Scherben aufzuräumen, eine neue Stadtführung zu bestimmen und möglichst den Krieg mit den Werwölfen zu beenden."
 
Gretchens Augen weiteten sich bei der Nennung des Tzimisces und sie bleckte kurz die Zähne, konnte aber gerade noch ein Fauchen unterdrücken. Dann hatte sie sich wieder im Griff. Scheinbar war sie nicht verrückt genug, die Bedrohung durch einen solchen Ahnen auf die leichte Schulter zu nehmen.
Andächtig lauschte sie den weiteren Worten Moishes.

Plötzlich brückelte ihre Ernsthaftigkeit, als sie bei der Erwähnung der Scherben kicherte.

"Entschuldigung, aber heißt es nicht, 'Scherben bringen Glück'?
Ich dachte, Monsignore Gallante wäre bereits fest als Archont in Finstertal eingesetzt und deswegen die Feier morgen?"
 
"Frau Worre, das ist so noch nicht ganz geklärt." brachte sich Iain in das Gespräch ein.

"Momentan werden wohl alle Optionen bezüglich der Führung der Stadt geprüft. Archont Monsignore Gallante wurde von Justicarin de Guille als vorläufiger Prinz von Finstertal eingesetzt, das ist richtig. Nun gilt es, alle möglichen Kandidaten und Optionen zu erwägen. Dabei ist es durchaus möglich, dass er der Stadt längere Zeit oder gar permanent als Prinz erhalten bleibt. Über Weiteres werden wir aber meines Wissens morgen auf der Feier des Mosignores informiert werden."

Iain hielt sich förmlich und höflich, versuchte jedoch auch, ein wenig Charme fließen zu lassen. Freundlich lächelte er die Malkavianerin, auch wenn ihm eigentlich gar nicht danach zu Mute war. Sie schien ihm zu flatterhaft.
 
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