AW: Schikanierde Spielleiter
Drudenfusz schrieb:
Kennt ihr das auch nen Spieler hat sagen wir einen Jäger/Ranger gebaut doch der Spieler hat eigentlich keine Ahnung wie man ein Lagerfeuer macht oder wie Wilde Tiere in unterschioedlichen situationn Reagieren
Und über den umgekehrten Fall hatten wir auch schon mal hier im Forum diskutiert, wo es um Charaktere ging, die kompetenter als es von ihren Spielwerten her entnehmbar wäre, gespielt wurden. - Ein Beispiel für einen Fall wäre z.B. ein Charakter, der in der Fantasy-Welt ein Leiter eines Handelskontors in einer Hafenstadt ist. Wenn dieser plötzlich bei einer Überlandreise die Inhalte des letzten Survival-Handbuchs, welches der SPIELER gelesen hatte, anzuwenden beginnt, obwohl der Charakter(!) als ungeübter Stubenhocker KEINE Ahnung von dem ganzen Wildniszeug haben sollte. (Der Klassiker ist der Schweinchen Schlau Spieler, der einen Hein Blöd Charakter so spielt, daß des Spielers geniale Kommentare und Lösungsvorschläge jenseits des kommunizierten Charakter-Konzeptes für Hein Blöd liegen und man so vermutet man der Spieler ließe seinen Charakter entgegen dessen Charakterkonzepts agieren (was ihn sofort zum Schlechten Rollenspieler (tm) macht).
Für beide Fälle - den des kompetenten Charakters, dessen Spieler längst nicht den Wissenshorizont zu den Fähigkeiten des SCs hat, die dieser gut und sicher beherrscht, und den des inkompetenten Charakters, dessen Spieler diesen wesentlich kompetenter infolge seines Spielerwissens agieren läßt, als es den Werten des Charakters und dessen Konzept entspräche - gibt es ein bewährtes Mittel: REGELN.
Regeln regeln das nämlich.
Wenn der Real-Life-Survival-Unkundige nun nicht weiß, wie er einen Fluß sicher überqueren soll, dann wird halt auf die Fähigkeit des kompetenten Charakters gewürfelt. Solange der Spieler nicht auf offensichtlichen Suizid beharrt (ein Beispiel hatten wir ja oben in diesem Thread schon stehen) gleicht der Würfelwurf die nichtvorhandene Kompetenz in einer Fertigkeit des Charakters spieltechnisch aus.
Wenn der Real-Life-Survival-Spezialist, dessen Charakter ein Stubenhocker sonder gleichen ist, darauf beharrt, daß dieser Charakter nun mit Rambo-Manier nur mit einem Obstmesser bewaffnet wüsteste Fallenanlagen schnitzen kann und sich besser tarnt als der Predator, dann läßt man ihn auch auf die entsprechende Fertigkeit würfeln. - Oh, die hat er nicht? - Na in so gut wie jedem Rollenspiel gibt es doch auch für ungelernte Versuche in einer Fähigkeit Regeln, die dann eben angewandt werden. Ergebnis ist aller Wahrscheinlichkeit nach, daß der Charakter scheitert - egal wie gut der Spieler das Real-Life-Fachgebiet zur Fähigkeit im jeweiligen Rollenspiel beherrschen mag.
Ähnlich problematisch ist das, wenn ein Spieler einen eloquenten, schlagfertigen Barden spielen will, aber selbst eher zungenlahm und von schwachem Witze ist. Es steht m.E. jedem Spieler unabhängig von seinen Real-Life-Vorkenntnissen und Kommunikationseigenschaften frei, einen beliebigen Charakter zu spielen. Wenn ein Spieler einen eloquenten Charakter spielt, so sieht in den meisten Fällen ein Regelwerk dafür eine Fähigkeit der Redegewandtheit vor, die Basis einer Zufallsentscheidung (Würfeln) ist, ob und wie gut diese Redegewandtheit nun konkret bei den Zuhörern angekommen ist.
Ich hatte zu Anfang der "Karriere" meines UA-Narkoalchimisten das Problem, daß ich als Spieler keinerlei Ahnung habe, wie man sich im US-Drogenmilieu bewegen soll, was akzeptable Preise für welche Drogen sind, etc. - UA hat ein sehr dünnes Fertigkeitssystem und kennt keine regeltechnisch expliziten Mechanismen zur quantifizierten, spieltechnisch belastbaren Beziehungsmodellierung, die hier eventuell in anderen Regelwerken gegriffen hätte. - Hier hatte ich Glück, daß mich der Spielleiter nicht auflaufen ließ - ansonsten hätte ich meinen Charakter nämlich gleich am ersten Spielabend einstampfen können. Ich meine hierbei nicht, daß UA nun mehr Regeln für solche Beziehungen und Bräuche im Drogenmilieu benötigt, sondern wollte darauf hinweisen, daß es gerade in leichtgewichtigeren Systemen immer mehr eine Frage der Souveränität und der persönlichen(!) Fairness des Spielleiters ist, denn eine Frage der "eingebauten Fairness" des Regelwerks, ob und inwieweit der Unterschied zwischen Spielerkenntnissen und Charakterkenntnissen nun im eigentlichen Spielgeschehen FAIR und STIMMIG behandelt werden kann.
Schwergewichtige Systeme versprechen diese Chancengleichheit mit einem möglichst umfassenden Regelwerk wesentlich belastbarer herzustellen, als dies mit leichtgewichtigen Regelwerken der Fall ist, da es weniger Ausnahmen und weniger der meist den Spielleiter in seiner Souveränität und Fairness (s.o.) betreffenden MUSS-Improvisationen geben wird. Dies wird von den Autoren von solchen Spielen meist als so wichtig angesehen, daß eine derartige, bewußte Design-Entscheidung hin zum expliziten, schwergewichtigen Regelwerk getroffen wurde.
Vielfach will man (vor allem Spielleiter

) ja nicht für jeden Dialog einfach nur würfeln, sondern würde gerne auch Beredsamkeit/Rethorik/etc.-Szenen ausspielen wollen. Wenn da ein Spieler eben das Schwere-Zunge-Sprachproblem hat, dann ist das eventuell schon weniger befriedigend, als wenn dessen SC statt aktive Diskussionsszenen zu haben (haben zu müssen), stets seine Sprachkompetenz über Würfelwürfe zur passenden Fähigkeit anwendet. Nur ist dann eventuell dem Spielleiter (und anderen Spielern) bei solchen Rede-Würfeleien eher langweilig. - Aber auch für das interessantere Ausgestalten von Würfel-Ergebnissen gibt es Lösungen, die Spielfluß und gleiche Chance aller auf coole Szenen ihrer SCs berücksichtigen.
Die Herstellung dieser (Spiel-)Chancengleichheit ist eine der Hauptfunktionen von Spielregeln im Rollenspiel schlechthin.
Rollenspielsysteme ohne zufriedenstellende Sicherstellung der Chancengleichheit aller SPIELER am Spiel aktiv teilnehmen zu können, sind sichere Kandidaten für im Streit abgebrochene Spielsitzungen, frustrierte Spieler (und ggf. Spielleiter).
Natürlich sollte ein Spielleiter nicht einen Spieler gerade in seinen Schwächen besonders "vorführen". Das zeugt vor mangelndem Respekt, den er diesem Spieler schuldet, dafür daß er sich in seine Hände als Spielleiter begibt und ihm vertrauensvoll die Entscheidungsgewalt des Spielleiters zubilligt. Bei solch mangelndem Respekt MUSS man mit dem Spielleiter reden. Vielleicht weiß er garnicht, was er da tut?
Eine allgemeingültige Empfehlung, wie mit solchen Fällen, wie dem vom Thread-Start, umzugehen ist, kann hier aber m.E. nicht ausgesprochen werden. Dazu sind die privaten Beziehungen zwischen Spieler und Spielleiter viel zu stark mitzuberücksichtigen und jede Empfehlung, die sich auf deren Rollen am Spieltisch beschränkt, kann nicht tragfähig sein.