alexandro
Kainskind
- Registriert
- 13. Juli 2006
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In letzter Zeit reden alle möglichen Leute darüber was Old-School darstellt/darstellen sollte und wie man „richtig“ old-school spielt. Dabei wird allerdings ein essentieller Punkt aus den Augen gelassen: die Art wie Old-School Spiele generell rezipiert und gespielt werden. Man kann viele Listen mit und Grundsätzen jonglieren und so versuchen einen „Kodex“ der korrekten Benutzung von Modulen der Gygax-bis-Miller-Ära zu entwerfen (so wie etwa Matt Finchs Primer) und dieser Kodex schafft sicherlich ein brauchbares SYSTEM nach dem man spielen kann. Da liegt aber auch der Knackpunkt: der Kodex ist ein KOMPLETT NEUES System, eine Chimäre die auf einer bestimmten Lesart von alten Rollenspielen beruht und diese Erwartungen in konkrete Spiel- und Spielleitungshinweise umzusetzen versucht.
Als Konsequenz davon gehen die Meinungen darüber, was denn nun „wahre“ Old-School sei etwas auseinander, zusammengefasst lässt sich die Essenz dessen was die Old-School-„Schulen“ gemeinsam haben in drei großen Kernthesen zusammenfassen. Diese unterstütze ich vollkommen und gehe auch darin konform, dass diese „ganz normales Rollenspiel“ darstellen.
Nach diesen Grundsätzen ist old-school eine Sammlung von Befindlichkeiten, welche die Gruppe benutzt um die Idee Rollenspiel gemeinsam zu erforschen und dessen Möglichkeiten auszuloten. Gegen diese besondere Einstellung, dieser „Entdeckung des Neuen“ kann natürlich jede andere Rollenspiel-Erfahrung nur schal und geschmacksneutral wirken.
Versucht man diese schwer quantifizierbaren Erfahrungen in ein Modell zu pressen, welches unabhängig von den Erlebnissen und Erfahrungen der eigenen Gruppe Bestand hat und das „Erlebnis Rollenspiel“ formalisiert und quantifizierbar macht, so kommt dabei Murks raus, denn die dem zugrunde liegenden resultierenden „Ideen“ sind steif, steril und belanglos.
Als Konsequenz davon gehen die Meinungen darüber, was denn nun „wahre“ Old-School sei etwas auseinander, zusammengefasst lässt sich die Essenz dessen was die Old-School-„Schulen“ gemeinsam haben in drei großen Kernthesen zusammenfassen. Diese unterstütze ich vollkommen und gehe auch darin konform, dass diese „ganz normales Rollenspiel“ darstellen.
1. Fiktion ist König. Es werden keine Regeln „benutzt“, sondern einfach beschrieben was der Charakter macht. Dann kommen (manchmal anhand der Regeln, manchmal anhand des GMV) die Auswirkungen. So spielt jede Runde welche mit Rollenspielen anfängt. Ehrlich.
Wenn das nicht so ist, dann ist der Meister einfach zu unsicher (z.B. weil er die Regeln nicht gut genug kennt und Angst hat dass die Spieler ihn „überrollen“) oder ein Idiot (ich spekuliere mal nicht darüber, zu welcher Kategorie die „Promoter“ von Amigo gehörten, die (A)D&D in Deutschland so erfolgreich gegen die Wand gefahren haben), aber das ändert nicht daran, dass dieser Aspekt derjenige ist, auf den jede Rollenspielrunde instinktiv hinspielt.
2. Was nicht passt wird passend gemacht! Beim old-schoolen stört es nicht, wenn die Regeln unklar oder lückenhaft sind, denn man kommt im Konsens in der Regel zu einem Ergebnis, womit alle Beteiligten leben können. In den meisten Fällen ist dafür noch nicht einmal eine Diskussion nötig, weil gewisse Sachverhalte einfach klar af dem Tisch liegen. „Balancing“ kann es (selbst bei 4e) niemals wirklich geben und ist auch nichts was man innerhalb der Runde anstreben kann oder sollte: ein Spieler hat halt bessere Ideen und rennt damit allen anderen davon- das ist schon seit Braunstein nichts neues mehr (allerdings ist es imo befriedigender wenn der Spieler sich diese Vorteile erspielt, statt dass er sie durch das schlechte Design der Regeln geschenkt bekommt, aber das ist eine andere Geschichte). So unwichtig „Spielbalance“ für das Rollenspiel ist, umso mehr sind Fairness und sprachliche Fertigkeit des SLs gefordert, um Zusammenhänge im Spiel so darzustellen, dass die Spieler in der Lage sind ordentliche Entscheidungen zu treffen, statt mit einem „Ihr habt nicht gefragt“ in den nächsten TPK gerailroadet zu werden. Man spielt schließlich mit Freunden.
3. Anspruch? Schmanspruch! Old-School hängt meist mit einer bestimmten Lebensphase zusammen, in welcher man viel Zeit und enge soziale Kontakte hat. Mit anderen Worten: unsere selige Schulzeit. Damals trafen spielten wir oft mehrmals pro Woche(!). Und was spielten wir? Ganz sicher keine ausgearbeiteten Kaufabenteuer, auch keine minutiös durchgeplanten strategischen Herausforderungen, sondern die Ideen welche wir uns in einer langweiligen Stunde unter der Bank zusammengekritzelt haben, gepaart mit einer gehörigen Dosis Improvisation und „einfach den Charakter ausspielen“ (was generell als Hartwurst bezeichnet wird, uns aber egal war).
Nach diesen Grundsätzen ist old-school eine Sammlung von Befindlichkeiten, welche die Gruppe benutzt um die Idee Rollenspiel gemeinsam zu erforschen und dessen Möglichkeiten auszuloten. Gegen diese besondere Einstellung, dieser „Entdeckung des Neuen“ kann natürlich jede andere Rollenspiel-Erfahrung nur schal und geschmacksneutral wirken.
Versucht man diese schwer quantifizierbaren Erfahrungen in ein Modell zu pressen, welches unabhängig von den Erlebnissen und Erfahrungen der eigenen Gruppe Bestand hat und das „Erlebnis Rollenspiel“ formalisiert und quantifizierbar macht, so kommt dabei Murks raus, denn die dem zugrunde liegenden resultierenden „Ideen“ sind steif, steril und belanglos.
3. SpielerWISSEN vs. Charakterfähigkeiten! „Abenteuer müssen besonderen Anspruch haben, eine strategische Herausforderung beinhalten und den Spieler gegen die Welt (=SL) kämpfen lassen. Dies hat allein über die Fähigkeiten der Spieler zu geschehen, nicht über irgendwelche Regeln.“ Solche Ideen mögen in abgehobenen Intellektuellen-Runden Gefallen finden, welche sich intensiv (realweltlicher) Militärtaktik, Volkswirtschaft oder mechanischen Prinzipien (für die Entschärfung von Fallen) beschäftigt hat, aber denkt ihr echt dass eine „Alter 10+“ Red Box D&D-Runde so gespielt hat? Ich sage ja nicht dass es falsch wäre, spiele ja selbst gelegentlich so (z.B. schreibe ja selbst meine Intrigenreihe mit dem Gedanken an politische Zusammenhänge welche erfasst (und nicht erwürfelt) werden), aber so weltfremd diese Spielweise jetzt als das Allheilmittel zu betrachten bin ich jetzt auch nicht.
2. Der SL, der SL, der hat immer recht…! „Alleiniger Verantwortlicher für die Plausibilität der Spielwelt ist der SL. Er entwirft fordernde Herausforderungen, hält die Glaubwürdigkeit der Spielwelt aufrecht und sorgt dafür dass das Spiel Spaß macht. Wenn das Spiel nicht läuft, so liegt das daran dass der SL nicht Alpha-Spieler genug ist, um das Spiel am Laufen zu halten.“ Quatsch. Rollenspiele sind Gruppenspiele und sollten als solche gespielt werden. Jeder trägt etwas zum Spiel bei und hat eine faire Chance verdient seine Beiträge zum Spiel umzusetzen (oder an ihrer Umsetzung zu scheitern). Wenn der SL das lieber ignorieren möchte- kein Problem. Soll sich halt nur nicht beschweren wenn die Spieler nur noch reaktiv handeln und keine weitreichenden Ambitionen haben.
1. Rule calls, not rulings! Nach dieser Lesart wird „rulings, not rules!“ plötzlich mit „der SL passt die Regeln an, um der Situation gerecht zu werden.“ übersetzt. Das entspricht nicht nur nicht der Bedeutung des englischen Wortes „ruling“, sondern schlittert auch kilometerweit an der Spielpraxis vorbei. Es geht darum das die Handlungen der Spieler ad-hoc mit Konsequenzen versehen werden, das ist richtig, aber nicht darum dass spontan neue Regeln improvisiert werden. Solche FALSCHEN „rulings“ können ohnehin nicht dem Geist der Spieleraktion gerecht werden („Ich will das er durch meinen Schlag zu Boden geht, ich will nicht dass du mir +5W6 Schaden gibst!“), daher eignen sich ohnehin regelferne oder (wie bei Savage Worlds) regelimmanente Entscheidungen ungleich besser für deren Abwicklung. Wer der Meinung ist dass Rollenspiel als RollenSPIEL geschrieben werden müsste und das Spieler ihren Spaß hauptsächlich aus solchen ad-hoc Regelungen ziehen, der hat natürlich genauso einen an der Klatsche wie diejenigen welche den ersten Teil des Wortes groß schreiben.