Arsen & Intrigen: Wir befragen und Patti und Esther

Das Erzählspiel Arsen & Intrigen von Karolina Soltys ist ja vor kurzem bei uns herausgekommen und da lohnt es sich natürlich mit Patti und Esther zu sprechen, die das Krimispiel bei uns betreut und übersetzt haben.

Bevor wir beginnen, sollten wir, ganz so wie ein guter Detektiv seine Ermittlungen startet, erstmal die Personalien festhalten. Stellt euch doch mal kurz vor, damit wir euch als Verdächtige einordnen können.​


Patti: Hi, ich bin die Patti, wurde vor bald 30 Jahren erst mit LARP, dann Pen&Paper angefixt. In beiden Bereichen mag ich die knackig-kurzen Drama-Spiele und lieber urbane Neuzeit als Fäntelalter. Meine große Liebe sind LIRPs ( mit “i” für Indoor), mit ihren intensiven Beziehungsnetzen, denen ich auf den Tanelorn-Treffen verfallen bin und die ich leidenschaftlich gerne schreibe. Beim Pen&Paper halte ich mich bevorzugt an schnell erklärte, charakterlastige Geschichten wie “Monsterhearts”, “Alice is Missing”, “Fiasco”, “Dread”, “Geh’ nicht in den Winterwald” und “Pasion de las Pasiones”. Kein Wunder also, dass wir bei System Matters gelandet sind.

Esther: Hallo allerseits, ich heiße Esther, und seit ich vor fast 40 Jahren zum Pen & Paper kam, ist Rollenspiel eines meiner liebsten Hobbies. Nachdem meine Pen & Paper-Gruppe aus Schulzeiten mit dem Abitur auseinander ging und ich am Studienort erst einmal unter Rollenspielentzug litt, brachte mich ein Kommilitone im ersten Semester des Studiums zum LARP, bevor ich ein paar Jahre später dann auch wieder ins Pen & Paper kam. Ich war zwar seit Jahren auf keinem LARP mehr, aber stattdessen ist LIRP zu einem festen Bestandteil meiner RPG-Aktivitäten geworden.
Ich mag eine große Bandbreite an Spielstilen, aber vor allem regelleichte Systeme mit viel Charakterspiel und Story.
Von Beruf bin ich Diplom-Dolmetscherin und Übersetzerin, und wenn ich gelegentlich in den Genuss komme, Beruf(ung) und Hobby miteinander zu verbinden, indem ich Rollenspiele übersetze, dann ist das immer eine besondere Befriedigung.

Wie seid ihr auf “Arsen & Intrigen” aufmerksam geworden?​


Patti: Davon wurde mir nach einer Con vorgeschwärmt. Ein Mords-Ad-Hoc-Lirpchen mit Fiasco-Anleihen? Goldene Zwanziger? Regeln im Hosentaschenformat? Es hat sofort alle meine Knöpfe gedrückt. Ich habe mir das PDF gekauft, und den netten Kontakt mit der Autorin Karolina Soltys gleich genutzt, um nachzufragen, wie sie zu einer Übersetzung steht. Wenn ich es beim Spielen eh ständig aus dem Stand runterübersetze, kann ich ja auch gleich was Gescheites draus machen. Zumal ich einen Profi wie Esther zur Beihilfe anstiften konnte und Leute kenne, die vertrauenswürdige Verleger kennen. Karolina hat sich gefreut, und das Verhängnis nahm seinen Lauf.
Den Kontakt zu Euch haben wir dann durch Christian Ryssel bekommen, den man von “Behind The Magic” kennt.

Esther: Patti war diejenige, die mich vor einigen Jahren zu Arsen & Intrigen gebracht hat. Bei den Tanelorn-Treffen und auf anderen Einladungs-Cons haben wir schon oft zusammen LIRPs gespielt, von denen sehr viele in den 1920ern angesiedelt waren, und so wusste sie, dass Arsen & Intrigen genau meinen Geschmack treffen würde. Die Idee, das Spiel zu übersetzen, habe ich auch gleich mit großer Begeisterung aufgegriffen, und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

Ein Rollenspiel zu übersetzen kann so knifflig sein, wie den perfekten Mord zu begehen. Man muss ja an so viele Sachen denken. Was hat euch denn besonders lange bei “Arsen & Intrigen” beschäftigt?​


Patti: Bei mir war es die genderneutrale Formulierung, die ohne Sternchen und Schrägstriche auskommen sollte, weil wir mit Karolina vereinbart haben, dass wir etwas altmodisch klingen wollen und die Spielenden siezen, um das Flair des adeligen Landsitzes schon in der Spielvorbereitung anzuteasern.
Außerdem geht im Titel “Arsenic & Lies” auf deutsch die Anspielung auf “Old Lace” flöten, weswegen wir viel durchprobiert haben, was an Spitzenhäubchen erinnert, aber schlussendlich mit Karolina übereinstimmend bei Intrigen hängenblieben. Das trifft das Spielgefühl besser als halbgare Wortspiele.

Esther: Bei mir war es, ähnlich wie bei Patti, ebenfalls die genderneutrale Formulierung, und zwar vor allem auf den Beziehungskarten. Im Englischen lautet die Formulierung hier meist “One of you …”, und in manchen Fällen war es etwas schwierig, das auf Deutsch ansprechend zu formulieren. Als wir uns dann für die Karten auf die Standard-Formulierung “A und B” geeinigt hatten, wurde es leichter.
Und wie bei jeder Übersetzung gingen wir ungefähr 10x durch den fertigen Text, um ihm auch wirklich den allerletzten Feinschliff zu geben.

Warum sollte man “Arsen & Intrigen” unbedingt mal ausprobieren?​


Patti: Ich behaupte, es ist das bessere Krimidinner. Jederzeit einsatzbereit, wiederverwendbar, frei von den berüchtigten Logiklücken mancher Ex-und-Hopp-Krimidinner und erwiesenermaßen tauglich für rollenspielerische Ersttäter. Und das Beste: Der Giftmord geschieht aktiv im Spiel. Das Opfer darf theatralisch sein Leben aushauchen, ehe es als “ein unerwarteter Gast” wiederkehrt, um dem Beziehungsnetz einen neuen Twist zu geben.
Wer “Etwas zu verbergen” kennt, wird feststellen, dass “Arsen & Intrigen” sich durch das feste Setting, den Live-Anteil und die Abkehr vom klassischen Whodunnit davon abhebt. Der besondere Reiz liegt bei uns darin, dass wir mitunter eine gänzlich unschuldige Person ans Messer liefern, um unsere eigenen Machenschaften unter den Teppich zu kehren.

Esther: Es ist wunderbar vielseitig: für Rollenspiel-Profis ebenso geeignet wie für Neulinge. Durch die wechselnden Charaktere, Beziehungen und Geheimnisse hat es einen hohen Wiederspielwert, und dank des praktischen Kartenformats kann man das Spiel jederzeit dabei haben. Da es für Gruppengrößen von 5-10 Personen gedacht ist, lässt es sich in der heimischen Pen & Paper-Runde spielen, wenn man mal Lust auf ein LIRP hat, aber genauso gut eignet es sich auch für ‘echte’ Feierlichkeiten (es muss ja nicht unbedingt Silvester sein – Bekannte freuten sich beispielsweise spontan über die Möglichkeit, das Osteressen in der Familie damit aufzupeppen).

Und noch was Inspiratives zum Schluss: Es gibt ja zahlreiche Inspirationen für Krimigeschichten im Stil von “Arsen & Intrigen”, aber was sind denn eure zwei Favoriten, die ihr jedem empfehlen würdet?​


Patti: “Knives Out!” Was für ein Feuerwerk an Tropes, modern und witzig umgesetzt! Mit einem Cast, der sichtlich Spaß an den Rollen hatte. Absolute und 100%-ige Filmempfehlung von mir an alle, die ihn bisher nicht gesehen haben.
Und das Brettspiel “Kill Dr. Lucky”. Wer bekommt keine zusätzlichen Mordgelüste, wenn ständig jemand den eigenen Mordversuchen im Weg steht?

Esther: Da fällt mir “Eine Leiche zum Dessert” ein. Wer den Film nicht kennt: In der Krimikomödie von 1976 werden berühmte Kriminalromanhelden und überhaupt das ganze Krimigenre persifliert. Ein echter Kultfilm, teils wegen des skurrilen Humors, aber vor allem natürlich, weil er die bekannten Romanfiguren spiegelt und durch den Kakao zieht. Das völlig verwirrende Ende ist vielleicht nicht jedermanns Sache, passt aber zum Gesamtkonzept.
Keine Persiflage, sondern ernsthaft: “The Mousetrap” von Agatha Christie. Das Theaterstück wird seit 1952 (lediglich mit einer Corona-Pause) ununterbrochen täglich im Londoner West End aufgeführt und ist ein im besten Sinne herrlich altmodisches Whodunit. Außerdem, ganz frisch auf Netflix: “The Residence”. Während eines Staatsbanketts im Weißen Haus wird der Chief Usher, der Leiter des Personals der Residenz, tot aufgefunden. Eine exzentrische Meisterdetektivin nimmt im Auftrag der Washingtoner Polizei die Ermittlungen auf. Die acht Folgen sprühen vor skurrilen Charakteren, scharfzüngigen Dialogen und brillanten Schnitten, und stellenweise musste ich laut herauslachen. Allerdings ist es nichts, um es nebenbei zu schauen, man muss schon dabei bleiben!

Vielen Dank für die Zeit und das spannende Interview! Und wer jetzt selbst mal Arsen & Intrigen anschauen möcte, der kann das natürlich in unserem Shop tun. Wir wünschen euch viel Spaß bei den Mordermittlungen!​


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