Konzept für ein Low-/Dark-Fantasy-RPG (bitte um Bewertung)

So, ich betrachte mal die grundlegende Konzipierung als abgeschlossen und habe den Rahmen des Systems in das erste Post in diesem Thread kopiert. An Feinheiten wie der genauen Definition des 3+3-Modells muss sicher noch gefeilt werden, aber das Prinzip steht.

Ich danke nochmals allen die mir durch konstruktive Kritik, Brainstorming und gute Ratschläge geholfen haben aus meiner diffusen Idee etwas brauchbares und konkretes zu machen.
Und natürlich bin ich immer noch offen für Ergänzungen und Kritik :)
 
Skyrock schrieb:
Jedem der drei himmlischen Glaubensaspekte steht ein höllischer Aspekt gegenüber

Was die Benennung angeht sollte man schon anhand des Namens exakt den Gegenpol festlegen können(der Gegenpol zu Jesus Christus ist nun einmal der Anti-Christ der sein tausendjähriges Reich errichten wird, und nicht der Teufelsanbeter).

Damit kommen wir aber exakt zu dem Punkt zurück, der mich erst dazu gebracht hat, das veränderte Modell vorzuschlagen. Mit diesem Ansatz macht man meiner Meinung nach aus einem dreieckigen Problem einfach ein sechseckiges, anstatt es zu beseitigen - denn schon wieder werden nun alle (übernatürlichen) Dinge in ein pseudo-christliches Wertesystem hineingepresst.
Dadurch verändert sich auch der Fokus des Spiels in meinen Augen, es wird immer religiozentrischer, und bezieht sich dabei immer stärker auf exakt eine Religion, das Christentum. Es entsteht religious horror im Mittelalter, und während das auch ein interessanter Ansatz ist, da religious horror Systeme in der Mehrheit in der Moderne angesiedelt sind, halte ich ganz persönlich den weniger stark fokussierten Entwurf eines Systems, dass sich auch um christliche Religion, aber noch viel allgemeiner um die Furcht vor dem Unbekannten an sich, vor den Dingen draussen im Wald, dreht, für wesentlich attraktiver. Das Teufel/Heide/Ketzer (dabei besonders Teufel und Heide wie schon einmal ausgeführt) Modell sollte dabei ganz gezielt dazu dienen, dieses breitere Thema der bösen Märchenfiguren, der Naturgeister, des Wilden Mannes, kurz: des Bedrohlichen, Dunklen, zu unterstützen. Eine Funktion, die nach meinem Gefühl von einem vollständig christianisierten Modell wie dem Teufel/Anti-Christ/Zweifler Vorschlag, nicht ausreichend wahrgenommen werden kann.

mfG
bvh
 
Das klingt bis jetzt alles recht interessant.

Was die dunklen Pole angeht, würde ich eher b_u_g zustimmen. Die machen sich wirklich gut.
 
Eben das war ja auch der Punkt, den ich schon einmal erwähnt hatte. Rotkappen und Gnome passen einfach nicht in das christliche Modell hinein. Man sollte - wie bvh schon erläutert hat - den Fokus wirklich allgemeiner setzen, würde mir persönlich zumindest besser gefallen.
 
Für einen allgemeineren Fokus kann ich nur empfehlen die Idee aufzugreifen PARALLELE und GLEICHZEITIG WAHRE Mythen/Religionen/Übernatürliche Konzepte zuzulassen. Eben so wie das seit dreißig und mehr Jahren auf Glorantha bestens funktioniert. Diese widersprechen sich sogar andauernd darin, was denn nun die Wahrheit ist. Das liegt daran, daß jeder nur seine eigene Wahrheit kennt und daß es sogar unmöglich ist, die dahinterliegende "echte" Wahrheit zu erkennen (oder eventuell ist es ja doch möglich?).

So kann man auch sehr gut kulturelle Überlagerungen, Assimilationen von mystischen Vorstellungen der einen Kultur in die andere darlegen.
 
@b_u_g:
So weit ich weiß wurden ab dem Spätmittelalter nach offizieller Kirchendoktrin alle Übernatürlichen aus dem heidnischen Glauben zu Teufeln erklärt. In einer der DDDs gab es mal nen Artikel dazu, ich könnte mal am WE schauen wenn ich daheim bin.

Die Benennung der Gegentriade ist etwas woran ich noch rumüberlege. Vielleicht hast du recht, und ich sollte wirklich diese drei zu dieser Zeit dem Glauben entgegenstehenden Aspekte, nämlich Heidentum, Ketzerei und Teufelsanbetung als Gegentriade wählen.

Ich hätte dann ein in sich geschlossenes, nachvollziehbares System: Der Konflikt zwischen Himmlischen und Gefallenen im Hintergrund, die Magie als korrumpierende und ihren Anwender zeichnende Anmaßung gegenüber Gott, und die anderen Übernatürlichen als mit dem Bösen im Bunde stehende Dinge im Wald und auf dem Dachboden die man lieber nicht aufscheucht.
Es ist nicht sicher ob Klopfgeister, Feen und Irrlichter wirklich Teil der Hölle sind oder nicht - aber gutes wollen sie sicher auch nicht, denn wer nicht für Gott ist kann nur wider ihn sein.

Zornhau schrieb:
Für einen allgemeineren Fokus kann ich nur empfehlen die Idee aufzugreifen PARALLELE und GLEICHZEITIG WAHRE Mythen/Religionen/Übernatürliche Konzepte zuzulassen.
Ich denke dass das ein Konzept ist das schon oft genug verquirlt wurde, gerade bei Fantasy-Systemen wo Druiden, Hexen, Schamanen, Priester des X, Priester des Y und was es noch alles geben mag den richtigen Glauben(TM) vertreten.

Warum nicht mutig sein? Warum nicht - für ein Rollenspiel-Setting - politisch inkorrekt werden?

Irgendwie finde ich es nicht gerade anheimelnd in einer Welt zu leben in der die katholische Heilslehre des Mittelalters nicht nur von jedem geglaubt wird, sondern auch noch tatsächlich die Wahrheit darstellt.
Abschuften, Leiden und Siechen als Strafe eines rachsüchtigen Gottes, eines Gottes der bis ins letzte Glied übel nimmt was die frühesten Vorväter getan haben.
Über einem steht, vom gleichen Gott eingesetzt, der Adel der solche Plagen nicht kennt, ein feines Leben führt und sich durch Ablaßbriefe freikaufen kann, ganz gleich was er tut.
Man hat keine Chance etwas gegen diese Ordnung zu tun. Wer sich gegen sie ausspricht anstatt die göttliche Vorsehung zu akzeptieren und auch die andere Wange hinzuhalten, landet in der Hölle.
Wer sich anderen Religionen, anderen Glaubenssystemen zuwendet riskiert nicht nur eine Begegnung der dritten Art mit einem Scheiterhaufen, sondern wird ebenfalls in der Hölle landen.
Wer versucht sich zurückzuerinnern was die Großmutter noch wusste, die Magie zu erlernen und damit das einzige Werkzeug zu gebrauchen mit dem Hoffnung besteht eine bessere Welt zu schaffen der landet erst recht in der Hölle, obwohl er aus unserer heutigen moralischen Sicht vielleicht gut handelt.

Das ist eigentlich wirklich depressiv, wenn man sich mal wirklich in die Lage eines Bewohners einer derartigen Welt hineinversetzt.
 
Skyrock schrieb:
@b_u_g:
Vielleicht hast du recht, und ich sollte wirklich diese drei zu dieser Zeit dem Glauben entgegenstehenden Aspekte, nämlich Heidentum, Ketzerei und Teufelsanbetung als Gegentriade wählen.
Aus Sicht der einen wahren Kirche ist Teufelsanbetung = Ketzerei, Heidentum = Teufelsanbetung = Ketzerei und Ketzer = Ketzerei.

Ich sehe hier nicht wirkliche Unterschiede, da als Ketzer alles subsumiert werden kann (und auch wurde). Die feinen Unterschiede in Heide (der andere Götter anbetet und den einen wahren Gott nur als Geist auffaßt oder garnicht als Gottheit akzeptiert), Atheist (schlimmer als ein Heide!), offener Teufelsanbeter (und somit als Gegner immerhin die EXISTENZ Gottes bestätigend) machen da nicht so den Unterschied für die Kirche, da sie nur dem Aspekt Vater widersprechen. Die Existenz des Teufels kann vom Heiligen Geist ja gewollt sein. Und auch der Versucher des Sohns mußte sein, denn ohne Versuchung kann man nicht widerstehen. Also kein solcher Gegenpol wie der Anti-Christ, der die Pervertierung aller Werte, für die der Sohn einsteht, ist.
 
Artificial schrieb:
Wir sehen es aber nicht aus Sicht der wahren Kirche, oder? ;)
Eigentlich schon.

Heiden bedienen sich der Magie als Urkraft des Bösen, die einst von Luzifer in die Menschenwelt gebracht wurde. Das könnte man schon als Teufelsanbetung betrachten.

Ähnliches gilt für Ketzer. Sie treten gegen den göttlichen Plan an und verfälschen Die Einzig Wahre Lehre(TM), was man mit etwas Rechtsverdrehung durchaus als Teufelsdienerei bezeichnen kann - der Mensch der seinen freien Willen mißbraucht um gegen die Schöpfung anzutreten.
 
Skyrock schrieb:
Eigentlich schon.
Intime vielleicht ja, aber wollen wir es auch als "Männer hinter den Kulissen"(TM) aus der Sicht der Kirche sehen und sie somit als Wahrheit übernehmen?

Wenn ja, dann macht es durchaus Sinn, Heiden, Ketzer und Teufelsanbeter in einen Top zu werfen.

Wenn nein - und die Möglichkeit gefällt mir ehrlich gesagt besser - dann ist bvh's Idee sinnvoller.
 
Artificial schrieb:
Intime vielleicht ja, aber wollen wir es auch als "Männer hinter den Kulissen"(TM) aus der Sicht der Kirche sehen und sie somit als Wahrheit übernehmen?
Das habe ich vor, denn ich will die Welt des Mittelalters so simulieren wie die Leute dieser zeit sie sich vorgestellt haben, mit Weltenscheibe und göttlicher Vergeltung bis ins x-te Glied.
Fantasywelten in denen Religionen auf moderne Weise als gleichwertig betrachtet werden gibt es genug - hier besteht tatsächlich Potential für ein neues System.

Nach dem Grundsatz dass ein Bild mehr sagt als tausend Worte habe ich mir mal ein paar Dürer-Bilder herausgesucht die es schaffen die Atmosphäre dieses Settings wie ich es mir vorstelle zu treffen.

Apokalypse: Die siebenköpfige Bestie

Der Teufel verführt Betende zu "geschwetz und gelechter"

Der Teufel und der Erzengel Michael am Totenbett einer Rittersfrau

Vor dem Spiegel
 
Nicht schlecht die Bilder (natürlich!).

Wenn man diese noch als Illustrationen in Deine Setting-Beschreibung einfügt, dann setzt man gleich den richtigen Ton des Ganzen.

Gerade beim ersten zur Apokalypse sieht man auch schön, daß die Diener des Vater (aber auch des Sohnes) keineswegs weniger schrecklich sein dürften, als die der Gegenpole. (Da ist immer ein Streßwurf/Sanity-Check/Mumm-Probe oder so angezeigt.)
 
Skyrock schrieb:
Fantasywelten in denen Religionen auf moderne Weise als gleichwertig betrachtet werden gibt es genug - hier besteht tatsächlich Potential für ein neues System.
Naja, die Tatsache, dass das heidnische Paradigma dennoch Wunder hervorrufen kann, stellt es ja eigentlich schon mit dem Christentum gleich. Nur dass es eben in das christliche Dogma als expliziter Gegner im Auftrag des Gegenpols aufgenommen wird.

Mir wäre es halt einfach lieber, wenn man eben nicht unbedingt die Existenz Gottes durch das System bewiesen hätte, sondern alles offener wäre ;)
 
Artificial schrieb:
Naja, die Tatsache, dass das heidnische Paradigma dennoch Wunder hervorrufen kann, stellt es ja eigentlich schon mit dem Christentum gleich. Nur dass es eben in das christliche Dogma als expliziter Gegner im Auftrag des Gegenpols aufgenommen wird.
Es sind keine Wunder - es ist Hexenwerk, Störung der göttlichen Vorsehung, Einbruch in die gottgewollte Ordnung.

ER ist der HERR, der eine wahre Gott, der Geist der über den Wassern schwebte und die Welt erschuf. Die Dinge die die Heiden anbeten sind nur Teufel, Dämonen, bestenfalls Götzen. Und heißt es nicht in den Geboten, du sollst keine Götter neben dem HERRN haben?
Götzendiener verstoßen aufs heftigste wider das erste Gebot, und sie können nur zur Hölle fahren. Wo ist da der Unterschied zu Teufelsanbetern, zumal es auch gut sein könnte dass die heidnischen Götzen nur Teufel sind die in verlockenden Masken stecken und verführen?
Willst du dir anmaßen dem Wort des HERRN zu widersprechen, zu sagen dies sei kein Teufelswerk, aufzustacheln wider seine Ordnung, Häretiker, Heide und Teufelsanbeter in einer Person werden?

Mir wäre es halt einfach lieber, wenn man eben nicht unbedingt die Existenz Gottes durch das System bewiesen hätte, sondern alles offener wäre ;)
Tja, und mir wäre es eben weniger lieb ;)

Wie würde das Bild von der siebenköpfigen Bestie wirken, ohne einen über der Erde schwebenden unsichtbaren Gott der tatenlos zusieht wie die Bestie unter den Menschen wütet? Wäre es die selbe Atmosphäre?
 
Skyrock schrieb:
Wie würde das Bild von der siebenköpfigen Bestie wirken, ohne einen über der Erde schwebenden unsichtbaren Gott der tatenlos zusieht wie die Bestie unter den Menschen wütet? Wäre es die selbe Atmosphäre?
Natürlich wäre es das nicht, aber gibt es denn dann noch das Unbekannte, wenn man weiß, das alles vom Gegenpart Gottes ausgeht? ;)
 
Artificial schrieb:
Natürlich wäre es das nicht, aber gibt es denn dann noch das Unbekannte, wenn man weiß, das alles vom Gegenpart Gottes ausgeht? ;)
Nicht "weiß", sondern "glaubt". Die Menschen glauben ja an die Göttlichkeit des Herrn und wissen vielleicht nicht einmal bewußt, daß sie damit zwangsläufig auch an die Existenz der Gegenpole glauben, die ja bedingt durch die Wahrheit der Existenz Gottes sind.

Und selbst wenn manche kritische Geister (Ketzer genannt) wirklich hinter diesen Zusammenhang blicken könnten, was dann? Habe ich weniger Angst vor einer fremdartigen, mir in all ihrer Macht und erst Recht ihrem Wesen und ihren Zielen unbekannten Macht, bloß weil ich weiß, daß diese durch den Herrn, den Gott, bedingt ist und dieser auch noch tatenlos zusehen wird, wenn mich die Verderbnis ereilt?

Das "Unbekannte" ist doch immer noch unbekannt. Es ist dann nur dem Spielleiter und verspoilerten Spielern bekannt, aber die Charaktere tappen in der Regel doch im Dunkelen und könnten selbst bei der ketzerischsten Erkenntnis nichts dagegen tun. Angst ist die Unsicherheit, daß etwas Schreckliches passieren könnte. Horror ist die GEWISSHEIT, daß es passieren WIRD. - Insoweit können sich die Freidenker, Zweifler und andere Ketzer auch noch gleich von ihrer Sanity oder was auch immer verabschieden (ebenso wie die Heiligen und die Seligen).
 
Zornhau trifft den Nagel mit einem kritischen Erfolg auf den Kopf - mir als Urheber der Settingidee bleibt da nur noch zuzustimmen.
 
Mich stört einfach, dass die Gegenpole auch outtime in das christliche Dogma integriert werden. Intime ist es ja okay, da stimme ich Zornhau auch zu, aber die Gewissheit des Speilleiters und die damit wegfallende Freiheit stört mich. Abgesehen davon passen eben so seltsame, heidnische Gestalten wie hässliche Hexen und pöbelnde Rotkappen einfach nicht in das christliche Paradigma. Deshalb macht die OT-Regelung IMO kaum Sinn. Es ist nicht mehr das Unbekannte, vor dem man sich fürchtet - es sind die Gestalten der Hölle, für weitere Eigenschaften des Leviathans schlagen sSe ihre Offenbarung auf. Gott steht an Ihrer Seite - und wird Sie ihm in den Rachen stoßen.
 
Artificial schrieb:
Abgesehen davon passen eben so seltsame, heidnische Gestalten wie hässliche Hexen und pöbelnde Rotkappen einfach nicht in das christliche Paradigma.
Oh doch - ab dem Hoch- oder Spätmittelalter hat die katholische Kirche die Existenz von Hexen, Naturgeistern usw anerkannt und zugleich festgelegt dass sie den Gefallenen zuzurechnen seien.

Übers Oster-WE bin ich daheim, da werde ich das entsprechende DDD heraussuchen. Da stand auch unter welchem Papst diese Anerkennung geschah, so dass es durch Recherchen ein leichtes sein sollte diese Angabe zu bestätigen.
 
Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden b_u_gs Einteilung der Gegenpole der Dreifaltigkeit zu übernehmen, da diese dem System mit seiner Ausrichtung zur klassischen Sagen- und Märchenwelt(Heide) und der Zeit vor der Reformation(Ketzer) hin gerechter werden.

Das Eingangspost wurde entsprechend angepasst.
 
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