Horror

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wraithII hat mit einer Anfrage, die ich im folgenden zusammen mit den Antworten von Silvermane und mir selbst zitiere, ein Thema angeschnitten, das es meiner Meinung nach wert ist genauer betrachtet zu werden: Horror.

wraithII schrieb:
2. blut_und_glas hat in der Einführung geschrieben, dass es sich um ein Horror-Rollenspiel handelt. Die Beschreibung der BPNs die Silvermane in "typische Aufträge" geschrieben hat, erinnert mich aber etwas an Shadowrun. Deshalb wollte ich fragen durch was der Horroraspekt ins Spiel kommt.

Silvermane schrieb:
2. Es ist ein bißchen wie bei Call of Cthulhu. Je weiter du an der Oberfläche kratzt, desto widerwärtiger sind die Dinge die du siehst. "Gängige" Horrorelemente sind übel zugerichtete Leichen (du darfst den Täter suchen, du Glücklicher!), seltsame Einrichtungen (wozu brauchen die diese ganzen Tiefkühlsärge?) sowie schleichender seltsamer Einfluss, je weiter du dich von Stadtzentrum entfernst. Seltsame Kulte und seltsame Viecher. Sich zu verirren, und das Gefühl zuhaben das hier vorher noch eine Tür war. Klickende Geräusche im Dunkeln. Kein Kontakt mehr zur Zentrale. Noch noch 4 Kugeln im Magazin, und die Lampe ist kaputt...Dave? Dave? Verdammt nochmal, melde dich...

blut_und_glas schrieb:
Horror hält bei SLA auf ganz verschiedenen Ebenen Einzug, auch und gerade je nach den eigenen Vorlieben in dieser Hinsicht. Sollte ich eine Einteilung vornehmen (was ich im folgenden nur im allzu groben Anriss tun werden), dann würde ich von drei prinzipiellen Ebenen des Horrors sprechen, der auftauchen kann.
Klassischer Splatter-, Survival- und auch Psycho-Horror: Von Monstern durch verfallene Gebäude gejagt, Blut und Kettensägen, und die Abgründe pervers-intelligenter Serientäter.
Verschwörungs- und Mystery-Horror: Hinter den Kulissen gehen Dinge vor, ja, leben Dinge, die man allenfalls aus dem Augenwinkel bemerkt, aber hat man sie einmal gesehen, dann kann man sie nicht mehr ungesehen machen.
Und persönlicher oder doch noch eher gesellschaftlicher Horror: "Erschiessen Sie das Kind!" Und du tust es. Weil er es gesagt hat? Nein, weil du gar nicht daran gedacht hast es nicht zu tun, weil du kein Kind gesehen hast, sondern 100 credits und eine 0.2 Increase deiner Security Clearance. Aber jetzt siehstdu ein Kind - jetzt ist es nämlich Nacht, die 100-credit-Party ist vorbei und du hast es nicht geschafft das Gesicht des Jungen weg zu trinken.
Dabei können diese grob skizzierten Arten oder Ebenen natürlich fließend in einander übergehen, letztendlich sind sie nur ein Hilfskonstrukt.
Der elementare Horror, und gleichzeitig die Essenz des Spiels, ist für mich persönlich dabei die simple Feststellung, dass es keine Hoffnung gibt. Beinahe schon im wörtlichen Sinne. Die Worldof Progress ist eine Welt in der es keine Hoffnungen gibt, und die, die es gibt, werden enttäuscht. (Das wie gesagt, ist allerdings meine persönliche Vision. mWoP yWoP. yWoPmv.)

Stay SLA
jdw
 
Ich möchte zum Thema Horror eines anmerken, da ich zuletzt reichlich Gelegenheit hatte, die Theorie zu testen.

Liebe Spielleiter:

Um Horror vernünftig rüberzubringen, dürfen die Charaktere auf keinen Fall die Kontrolle über die Situation haben!

So, und jetzt auf Deutsch.

Operative Johnny Automatic, der bis an die Zähne bewaffnet in den Kanal steigt um Carriens über den Haufen zu schiessen und sich dabei auf seine NavaMap(tm) verlassen kann wird sich nicht ängstigen. Er hat die Situation unter Kontrolle, die Carriens sind Kanonenfutter und er hat genug Munition und Spielsachen dabei, um sich im Notfall tagelang einzuigeln.

Nicht gruselig. Außer, man ist ein Carrien.

Operative Johnny Automatic, der allerdings nur in seiner kugelsicheren Straßenkleidung durch einen Downtownsektor joggt, mit nur noch einem halbvollen Magazin, weil er den Rest seiner Munition gerade in einer Gruppe Ganger begraben hat, ist schon gefährdeter.
Entziehen wir die Situation weiter seiner Kontrolle. Die Strassenbeleuchtung fällt aus. Das bißchen Tageslicht, das von oben kommt genügt kaum, um für mehr als schattiges Zwielicht zu Sorgen. Er hört Geräusche aus mehreren Richtungen, die schnell näherkommen. (wichtig: Immer nur andeuten und beschreiben! Niemals sagen, was es ist!)
Langsam wird es Johnny mulmig zu Mute. Streuen wir an dieser Stelle noch ein einen grellen Schrei ganz in der Nähe ein und einen Schatten, der auf Johnny zuspringt.
(Jede Wette, gleich bläst er das bißchen Blei das er noch hat in dessen Richtung). Üble Gerüche steigen ihm in die Nase, als er etwas heiß seinen Nacken herunteratmen spürt. Er sieht gelbe Augen, vor ihm, hinter ihm, Über ihm. Von Carriens umzingelt!

Gleiche Carriens, andere Situation. Wesentlich mehr Grusel, da der Char nicht weiß, was ihn erwartet. Er hat die Situation nicht unter Kontrolle, und da beginnt der Ansatzpunkt für gepflegten Horror.


-Silver
 
Für mich lässt sich der Horror in der WoP nur äußerst schwer auf eine Essenz reduzieren.
Dabei ist die WoP ein "Ort", an dem sich die verschiedenen Spielarten des Horrors verweben und dadurch interessante Muster bilden (, um mit meiner Analogie aus der Textilindustrie fortzufahren ;) ).
blut_und_glas schrieb:
Dabei können diese grob skizzierten Arten oder Ebenen natürlich fließend in einander übergehen

Am ehesten besteht die Essenz für mich darin, dass alles trügerisch und vergänglich ist und es kaum jemanden interessiert. Das Volk wird mit Medienbeschuss "gefügig" gehalten. Es wird ständig belogen, aber letzlich interessiert das niemanden. Manchmal tut die (gutgemeinte?) Lüge weniger weh als die Wahrheit.
Und gleichzeitig ist diese vermeintliche Wahrheit vergänglich: Sie kann geänert werden; meist von SLA Industries.
Dasselbe gilt auch für Glück.
Echtes Glück, wie es oftmals skizziert wird, kann es in der WoP nicht geben. Es geht einfach nicht. Dazu sind einige Faktoren nicht zu erreichen.
99,9% bleiben jedoch apathisch. Es geht ihnen allerdings nicht schlecht.
Apathie kann nämlich auch durchaus heißen, dass man frei von jeglichen Leiden ist. Also auch von schlechten Dingen.
Notfalls ist die company bereit ihre Position eifersüchtig zu schützen und besitzt keine Skrupel jmd., der ihr gefährlich werden könnte, zu töten.

Beim Horror spielen die Medien eine große Rolle. Inspiriert fühle ich mich hierbei von dem andauernd plärrenden TeeVee bei "1984".
Die Parolen sind zwar subtiler verpackt, dennoch bleiben es Parolen.

Grüße,
Hasran, mit unzureichenden Ausführungen
 
Hasran schrieb:
Für mich lässt sich der Horror in der WoP nur äußerst schwer auf eine Essenz reduzieren.

Nach deinen, wie du sagst "unzureichenden", Ausführungen habe ich den Eindruck die enthaltene Essenz sei Manipulation. Individuelle und gesellschaftliche.

?

Stay SLA
jdw
 
blut_und_glas schrieb:
Nach deinen, wie du sagst "unzureichenden", Ausführungen habe ich den Eindruck die enthaltene Essenz sei Manipulation. Individuelle und gesellschaftliche.

Das beweist ein weiteres Mal, warum es mir schwer fällt, eine Essenz zu extrahieren, respektive diese verständlich zu formulieren. ;)

Nein, mMn besteht ein wichtiger Aspekt (!=Essenz) in der Vergänglichkeit von allem und Fehleinschätzungen.
Manipulation ist ebenfalls ein Punkt, jedoch setze ich diesen in seinen Ausmaßen nicht so hoch an wie die oben genannten.

Grüße,
Hasran
 
Hasran schrieb:
Nein, mMn besteht ein wichtiger Aspekt (!=Essenz) in der Vergänglichkeit von allem und Fehleinschätzungen.

Die, (noch?) nicht formulierte, Essenz siehst du aber im engen Zusammenhang mit diesen Aspekten? Oder doch in etwas (mehr?) (weniger?) anderem?

Stay SLA
jdw
 
blut_und_glas schrieb:
Die, (noch?) nicht formulierte, Essenz siehst du aber im engen Zusammenhang mit diesen Aspekten? Oder doch in etwas (mehr?) (weniger?) anderem?

Nicht unbedingt.
Ich sehe, wie ich versuchte anzumerken, eben keine Essenz.
Viel mehr sind es mehrere Elemente, die ich als wesentlich betrachte, kein Einzelaspekt.

Grüße,
Hasran
 
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