30.3.04 - Hagelschlag & love affairs

Nightwind

Erzketzer
#StandWithUkraine
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11. September 2003
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Als Meyye diesmal erwacht, ist sie eigentlich relativ guter Laune. Es muß an den Geschehnissen der letzten Nacht liegen, dem interessanten Gespräch und einer neuen Freundin. Vielleicht, jedenfalls. An ihr solls nicht liegen. Es hat sich jedenfalls gelohnt, nicht auf dem Maskenball zu erscheinen. Sie kann sich richtig vorstellen, wie es gewesen sein muß, ein auf eine Nacht komprimiertes Abbild Finstertals. Alle maskiert, nur diesmal halt auch physisch, Intrigennetze in denen sich jeder verfängt und versucht den Überblick zu behalten, Täter und Opfer, Herrschende und Rebellische, jemand der unangenehm auffällt - und Meyye ist nicht anwesend. Yep... besonders letzteres gefällt ihr gut, besser hätte sie ihre Rolle in Finstertal nicht beschreiben können.

Während sie sich anzieht, läßt sie den Fernseher laufen und überlegt sich, was als nächstes auf dem Programm steht. Ihrem persönlichen, nicht dem der Glotze. Dass es hagelt, ist ärgerlich... die Jagd auf den Straßen kann sie vergessen. Nach dem Vermieter hat sie vorerst keine Sehnsucht, aber er ist ja nicht der einzige, den sie dafür anrufen könnte. Und sie will sich jetzt eigentlich immer auf einem hohen Blutniveau halten. Sie weiß nicht mehr, was eigentlich in sie gefahren war, dass sie vor mehreren Nächten die inneren Zügel schleifen ließ und schon halb in Raserei ins Kunstmuseum kam. Dadurch, dass sie das Tier ignoriert hat, hätte sie es beinahe von der Kette gelassen.

Also mal sehen. Für solche gewissen Dienste hat sie ja noch ein paar Nummern auf Lager. Dienstag, hm... wer hätte denn noch Zeit? Sie entscheidet sich für Pablo, den sie wie die meisten anderen im Mexican kennengelernt hat, und der sich für einen Herzensbrecher hält, der er wohl auch ist. Dass er ihr Herz kaum greifen kann, hat sie ihn nicht merken lassen, im Gegenteil. Sie ist für ihn eine bequeme Hin-und-wieder-Bettgefährtin, die ihm bei seinen anderen Eroberungen nicht in die Quere kommt, und durch dieses 'besondere Ding', das sie draufhat, kommt er auch immer wieder gerne auf sie zurück.

Er hebt ab.
"Meyye, dunkle Schönheit! Dich hab ich Freitag an unserem Platz an der Bar vermißt, wo warst du denn? Warum rufst du erst heute an? Du weißt doch, dass ich morgen arbeiten muß. Wenn ich wieder zu spät komme, bekomme ich Ärger." erklingt es mit spanischem Akzent aus dem Hörer. Er klingt zwiegespalten... also hat er eigentlich keine Zeit. Aber das läßt sich ändern.
"Tut mir leid... weißt du, ich hatte Probleme. Darum will ich auch mit dir reden. Kannst du nicht herkommen? Auch wenns nur kurz ist..." sagt sie und klingt traurig und verloren, flehentlich. Jetzt zeig was du kannst, Pablo Frauentröster. Wittere schon deine Gelegenheit.
Er zögert auch nicht lange. "Oh, das klingt ernst. Hmm... okay, ich komme. Bin in zehn Minuten bei dir. Okay?"
"Okay, ich warte auf dich. Danke." sagt sie und ein zögerliches Lächeln klingt durch. Das sollte genügen.

Sie unterbricht die Verbindung und verläßt die Wohnung, die Tür nur angelehnt. Sie geht hinauf zum Hauseingang und besieht sich die Bescherung. Eine Nacht voller eisiger Sternschnuppen, die auf Dächer und Mülltonnen trommeln und am Boden liegenbleiben, den Eindruck von Winter und Reif erweckend. Verdammtes Mistwetter! Dahingehend hat sich seit ihrem Leben nichts geändert, dass sie bei sowas eigentlich nicht nach draussen will. Aber sie hat noch einiges zu tun, muß Viktor anrufen und wohl auch Alexander Stahl, mit dem sie jetzt nicht nur diese Boxbude unter die Lupe nehmen muß. Nein, sie will schon deswegen mehr Zeit mit ihm verbringen, um ihm auf den Zahn zu fühlen. Sie weiß immer noch nicht, ob er sie im Mexican eigentlich bemerkt hat. Und außerdem müssen sie noch das geklaute Zeug loswerden, fragt sich nur noch bei wem. Dass sie mal freiwillig Geschäfte mit einem Ventrue macht, hätte sie sich vor kurzer Zeit noch nicht träumen lassen. Aber wer weiß, wozu es gut ist... langsam wachsende Gedankenketten und Fetzen von Proto-Plänen schwirren durch ihren Kopf, als sie wartet.

Dann vibriert ihr allgegenwärtiges Handy. Sie nimmt es in die Hand und beäugt die Nummer. Viktor. Sie drückt aufs Knöpfchen und führt das Gerät ans Ohr.
 
Viktor hört das vertraute Geräusch eines empfangenden Handys.
Deutlich hört er den Regen und den Hagel, der auch auf seinem Haus niederprasselt. Scheinbar war sie draußen unterwegs.
Fast schon aufgeregt und leicht besorgt klingend sprach er in den Hörer:

"Hallo Meyye? Vik hier! Alles in Ordnung bei Dir?
Ich habe dich gestern nicht gesehen und dich auch nicht erreicht... warst Du gar nicht auf dem Ball?
Ich hab mir fast schon ein wenig Sorgen gemacht!
Oder hat dich die neue Harpyie nicht eingeladen?"

Viktor rümpfte ein wenig die Nase und nahm sich zusammen.
Verdammt, er klang ja fast wie ein besorgter Vater, und so alt war er nun wirklich noch nicht.
Irgendwie lag das an Meyye.
Sie schien eine Person zu sein, die immer ganz laut "HIER!" schrie, wenn sich Probleme ein Opfer suchten.
Allerdings schien sie auch auf sich aufpassen zu können.
Hey, sie war eine Gangrel... allerdings neben Alexander auch die Einzige, die er außer seinem Clan hier etwas näher kannte.
 
Sorgen gemacht...? Schade eigentlich, dass er nicht sehen kann, wie sie die Brauen hebt. In der Art, dass ihr Blick wirkt, als ob sie ihn nicht ganz für voll nehmen könnte, der typische Willst du mich verarschen?-Blick. Er bleibt Viktor vorerst erspart, schließlich gibts noch keine Visiophone (nicht für Meyyes Geldbeutel zumindest).

"Ich war nicht auf dem Ball. Sie hat mich zwar eingeladen, aber... pff. Wird mich ja wohl auch keiner vermißt haben, oder? Naja, außer dir vielleicht..." Letzteres klingt auch durchs Telefon nachdenklich, als frage sie sich nach dem Grund. Da hätte sie mal besser ihn gefragt, denn die Antwort findet sie nicht.
"Ich wollte sowieso mit dir reden, aber das hat Zeit. Ich hab vor, heute noch Zieges Boxbude unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht willst du mitkommen. Du scheinst ja inzwischen mehr darüber zu wissen."

So ignoriert sie Viktors Vater-Attitüde so geflissentlich sie das kann. Wer weiß schon, wie sie diese Anwandlung versteht. Wenn sie so ist, wie sie sich gibt, müßte Viktor wohl mit dem Mißtrauen eines rebellischen Teenagers rechnen. Aber sie drückt es zumindest nicht aus. Vielleicht ist die Situation auch ungewohnt für sie. Immerhin ist schon neu in ihrem Unleben, dass sie überhaupt Kontakt zu anderen Kainiten sucht.
 
Hörbar atmete Viktor erleichtert aus.
Es schien ihr gut zu gehen und anscheinend hatte sie noch nichts auf eigene Faust unternommen.

"Na, dann ist ja gut!
Glaub mir, außer der Deko und einigen tollen Kostümen hast du nicht viel verpasst Ich hatte noch nicht mal Gelegenheit, mit Alexander zu sprechen, obwohl ich glaube, ihn erkannt zu haben.
Und nach Dir habe ich mir natürlich die Augen ausgekuckt...."

Viktor lächelte.
"Naja, Regeane hatte sich ein wenig über einen Gast und dessen Begleitung aufgeregt, allerdings weiß ich nicht genau, warum oder wer das war.
Scheinbar durfte man keine 'Bediensteten' oder so mitbringen."

Das Wort 'Bedienstete' betonte er auffällig.

"Aber davon kann ich ja auch noch später erzählen, wenn es dich interessiert.
Ich wollte dich ja sowieso sehen.

Was das allerdings mit 'Zieges Boxbude' auf sich hat, kann ich dir leider auch nicht genauer sagen. Mir ist nur eingefallen, das der Laden mal irgendwo von einem von uns erwähnt wurde, als ich in die Stadt gekommen bin.
Aber vieleicht weiß ja Alexander Genaueres!
Das mit dem Treffen halte ich für eine gute Idee, ich muss dich sowieso noch was persönliches unter 4 Augen fragen!
Mach mal nen Vorschlag, wann und wo!"

Ein Blick aus dem Fenster machte ihm deutlich, das er wohl äußerst wetterfeste Klamotten anziehen musste.
Der Hagel krachte gegen die Scheibe.
 
Mit irgendwie merkwürdigem, undefinierbarem Gefühl (oder zumindest dessen Einbildung) lauscht Meyye dem erleichterten Ausatmen des Tremere, der eigentlich nicht mehr zu atmen braucht. Oder? Sie erinnert sich, als sie ihm im Stadtpark die Hand gab. Sie war genauso warm wie die ihre, vielleicht sogar noch mehr. Ist er vielleicht wie sie? Oder... gar noch mehr so? Fast lebendig? Sie wird es wohl kaum übers Telefon rausfinden.

Noch verwunderter aber ist sie, dass er nach ihr Ausschau gehalten hat. Zusammen mit seinen Sorgen ergibt das für sie wenig Sinn. Jetzt ist sie so richtig neugierig auf dieses Gespräch unter vier Augen... aber genauso mißtrauisch. Was weiß sie denn über ihn? Nur das, was sie über die Tremere im Allgemeinen weiß. Und wie weit es her ist damit, wenn sich jemand um sie 'sorgt' weiß sie auch... eigentlich.

Einen Vorschlag. Sie zuckt die Schultern. "Wenn wir sowieso zur Boxbude wollen, können wir uns dort in der Nähe treffen." Sie nennt die Adresse. "Ich hab vorher noch was zu erledigen... sagen wir mal, in einer Stunde sollte ich dort sein."
 
"Alles klar!
Wir sehen uns dann da!
Bis später!"

Viktor legte auf.
Irgendwie war er nervös, ohne genau zu wissen warum.
Während er sich fertig anzog, liefen im Fernsehen News über ein Gewaltverbrechen. Irgendwie kam ihm das Gesicht der jungen Frau bekannt vor, aber er konnte es nicht einordnen.
Und überhaupt hatte er nur die Hälfte davon mitbekommen.
 
Nach dem Gespräch steckt sie das Telefon wieder in die Tasche und schaut hinaus in die ungemütliche Nacht, wartend. Schließlich tauchen im Eiskörnchenregen die Lichter seines Ford auf. Einen Parkplatz zu finden ist hinreichend schwierig hier, aber es wäre natürlich uncool lange einen zu suchen, also stellt er sich vor die Mülltonnen und gut ist. Bald hastet eine Gestalt mit Jacke über dem Kopf auf die Eingangstüre zu, wo sie ihn in Empfang nimmt.

Nämlich mit einer Umarmung, während er noch die Jacke abschüttelt. "Danke, dass du gekommen bist."
"Hey, ist doch kein Ding, Baby... gehn wir rein, is echt arschkalt hier."
Sie nickt und schließt die Tür hinter ihm, geht dann vor in ihre Kellerwohnung. Sie kann sich ziemlich genau ausmalen, was jetzt in ihm vorgeht, und sie spielt mit, läßt ihn rein, lächelt ihm zu als sie auch diese Tür schließt. Das spornt ihn an.

"May, Kleines... was hast du denn?" fragt er und kommt ihr nahe genug, dass er ihr über die Wange streichen kann. Er ist beinahe einen Kopf größer als sie, also muß sie zu ihm aufschauen.
"Ach weißt du... eigentlich nur das Übliche, nen Haufen Mist auf'm Hals und keinen kümmerts... ich mußte dich einfach wieder sehn, ich hoffe das macht dir nichts aus..."
Schmieröl für seine Gangart. "Nein, macht mir nichts aus. Ich hab zwar eigentlich keine Zeit, aber du weißt ja, ich bin gern für dich da, wenn du mich brauchst."
Die erste Andeutung in Richtung seines Verständnisses, was sie braucht, sind seine Hände, die ihren Körper zum Po hinunterwandern. Und als die dankbare Einsame mit den leisen Schuldgefühlen, ihn hergerufen zu haben (schließlich hat er eigentlich keine Zeit!), geht Meyye natürlich darauf ein, umarmt ihn und beginnt, seinen Rücken zu streicheln. Langsam nähern sie sich so dem Bett und lassen sich hineinfallen.

Etwa eine halbe Stunde später liegen sie engumschlungen und beide haben bekommen, was sie wollten - nur dass Pablo sich nicht bewußt ist, dass er Blut verloren hat. Irgendwie ist es mit ihm angenehmer als mit dem Vermieter, findet Meyye, obwohl das natürlich relativ bleibt, nur ein nebelhaftes Echo dessen, was sie aus der Zeit ihres Lebens kennt. Nur der Biß macht alles wieder wett.
"Pablo?" beginnt sie und unterbricht damit seinen 'Afterglow' (auch etwas, das sie vortäuschen muß).
"Mmmmh?"
"Ich muß heut noch wohin... kannst du mich fahren? Du siehst ja das Mistwetter draussen. Nur hin, zurück komm ich dann selber."
Von einer rassigen Schönheit zu bekommen, was man will, macht gönnerhaft. Die Antwort kommt daher wie erwartet: "Klar, Baby... gleich jetzt?"
Sie grinst leicht. "Kannst noch duschen gehen."
Das tut er dann auch, während sie ihre Sachen wieder zusammensucht und sich nochmal anzieht. Dabei fängt ihr Handy an zu summen. Was ist denn jetzt wieder? Ah, Ventrue-Alexander... sie geht ran.
 
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