Hmmm.... das war ein Zwischenfall, der die Sache etwas verkomplizierte. Zumal es einen Zeugen gab, der, nach Marcos Schilderung, geradewegs in Richtung Seneschall unterwegs war.
Aber Marco hatte sich nichts vorzuwerfen. Er hatte richtig gehandelt. Und er war umsichtig genug, die kleine Brujah nicht direkt zu Vernichten, sondern hierher zu bringen.
Gut, ich verstehe, Marco. Du hast richtig gehandelt. Allerdings bin ich nicht sicher, ob es klug wäre, die Brujah direkt in ein Blutsband zu zwingen. Obwohl ich eigentlich damit d’accor gehe, bleibt die Möglichkeit, das dies in der jetzigen Gesamtsituation zu deinen Lasten ausgelegt werden könnte. Zumal wir die genauen Zusammenhänge und Gründe noch nicht kenne.
Also schlage ich vor, diese... Maria erst einmal in sicherem Gewahrsam zu belassen, bevor offiziell über diese Situation entschieden wird. Denn es ist unerlässlich, in der momentanen Situation in allen Dingen ÄUSSERSTE Vorsicht walten zu lassen!
Der Maler würde zu einem späteren Zeitpunkt mit Kurágin auch über den Fall Maria sprechen.
Was mich zum Grund kommen lässt, warum ich euch Sprechen wollte.
Ihr habt die Vorgänge auf dem Ball, soweit sie für die Augen und Ohren aller bestimmt waren, sicher mitbekommen. Und auch wenn ich in keiner Weise dazu verpflichtet bin, will ich mein Verhalten euch gegenüber erläutern.
Fangen wir mit der Vorgeschichte an:
Vor etwa zwei Jahren, als Kurágin nach dem... Weggang des Prinzen Buchet in der Zeit des Fluches die Stadt verließ, als neuer Seneschall nach Finstertal kam, gab es eine Ratssitzung der Erstgeborenen der Stadt. An dieser Sitzung nahmen neben Kurágin und mir auch Professor Johardo für die Tremere, der Malkavianerahn ICH und die Gangrel Cat teil.
Es ging um eine Neuordnung der Stadt und die Besetzung vakanter Ämter. Im Detail das Amt der Geissel und das des Hüters des Elysiums.
Die Situation war prekär, denn Kurágin war als Neuankömmling äußerst schwach und gerade der Tremere versuchte, teilweise äußerst plump, seinen Einfluß auf die Stadt auszuweiten. Nun, da der Prinz mit seinem Gefolge nicht mehr in der Stadt war, sah er sich in seiner Überheblichkeit als Überlegen gegenüber dem Stellvertreter des Prinzen und den verbleibenden Toreador. Er wollte auf Biegen und Brechen seine Aspiranten für die Ämter durchsetzen.
Als Geissel war schnell und einstimmig der Tremere Viktor ausgemacht. Jemand, der sich während der Zeit des Fluches durchaus für diesen Posten als tauglich erwiesen hatte. Eine Entscheidung, mit der ich und die Anderen gut leben konnten.
Als er dann aber seinen Verbündeten ICH als neuen Hüter vorschlug, musste ich intervenieren. SO einfach konnte ich es Johardo nicht machen, die Machtbasis der Toreador in Finstertal zu untergraben. Ich bestand darauf, das einem Toreador dieses Amt zustünde. Da ich zu diesem Zeitpunkt der einzige Vertreter meines Clans in der Stadt war, würde somit ich diesen Posten, auch gegen meine persönliche Einstellung, übernehmen müssen.
Da über diesen Punkt keine Einigkeit zu erziehen war, Cat stimmte für mich und ICH war wieder einmal außer Stande eine klare Position zu beziehen, vertagte Kurágin seine Entscheidung und weiß übergangshalber Johardo selbst diesen Posten zu.
So verblieb man damals.
Der Maler machte eine Pause, bevor er weiter sprach.
Am gestrigen Abend nun wollte Kurágin, auch gezwungen durch aktuelle Vorfälle, auf die ich gleich kommen werde, die Ämtervergabe offiziell machen. Deshalb rief er mich kurz vor dem Ball hier im Atelier an. Er bot mir den Posten des Hüters an, wenn ich ihn im Gegenzug einen noch nicht näher erläuterten ‚Gefallen’ dafür erweisen würde. Zum Schein ging ich darauf ein, wohlwissend, das meine Entscheidung diesbezüglich längst gefallen war.
Kurágin glaubte so eine Koalition zwischen sich selbst und unserem Clan schmieden zu können, um sich gegen die starke Opposition durch Johardo zu erwähren.
Allerdings sah er nicht, wie lächerlich und durchschaubar er sich dabei benahm. Als ob er mir einen Gefallen tun würde, mich zum Hüter zu ernennen. Johardo hatte ihn kurz vor dem Ball im Café bloßgestellt, und wurde somit als Hüter für Kurágin unhaltbar. Dem Seneschall fiel nichts besseres ein, als Johardo zur Strafe seines provisorischen Amtes zu entheben. Folglich musste er dringerstens dieses Amt neu besetzen. Daher bot er mir den Posten letztendlich an. Was sonst hätte er tun können? ICH, Johardos Verbündeten den Posten übergeben und somit seinem Feind die Genugtuung zu geben, seinen Kandidaten letztendlich durch zu bringen? Kurágin hatte gar keine Wahl. Und doch versuchte er daraus Profit zu schlagen. Nicht gerade das, was ich mir unter subtiler, stilvoller, vorrausschauender und weiser Führung vorstelle.
Und dies habe ich Kurágin auf dem Ball auch spüren lassen. Die Toreador Finstertals lassen sich nicht als dumme Schachfiguren missbrauchen. Wenn Kurágin in mir einen Rückratlosen Hampelmann sah, den er nach belieben springen lassen könnte, wurde er wohl eines besseren belehrt.
Für mich ist dies immer noch eine Stadt der Toreador. Und wenn dieser Emporkömmling glaubt, so einfach die Macht an sich reißen und Prinz Buchet ersetzen zu können, hat er sich geirrt. Das selbe gilt für Johardo und jeden anderen.
Im Maler schäumte die Wut auf, was er aber relativ schnell unter Kontrolle bekam.
Allerdings lässt sich nicht leugnen, das unsere Machtposition nach dem Verschwinden Oliver Buchet und seiner Brut äußerst geschwächt ist. Daher ist ein vorsichtiges und umsichtiges Vorgehen unsererseits von äußerster Wichtigkeit. Nur wenn wir unseren Einfluss ausbauen und festigen können, sind wir in der Lage, Kurágin und Johardo die Stirn zu bieten.
Mein Plan sieht wie folgt aus:
Mario, du wirst dich weiterhin um die Gunst des Malkavianers bemühen. Pflege den Kontakt und versuche das Vertrauen des Malkavianers zu erringen. ICH ist eigenständig genug um ihn etwas von Johardos Seite zu drängen. ICH ist nich an den Spielchen der Ahnen interessiert und es geht ihm in erster Linie um, wie er selbst nicht oft genug erwähnen kann, ‚die Ruhe in der Stadt’. Überzeugen wir ihn, das mit den Toreador am ehesten diese ‚Ruhe’ zu erreichen ist, und wir haben einen Verbündeten.
Das ist der Grund, warum du dich auch weiterhin dem neuen Konzept für das hiesige Theater kümmern sollst. Wenn es dir gelingt, ICH zu Beeindrucken und zu Überzeugen, und du erst einmal einen Fuß im Theater hast, wird das weitere einfach werden. Dabei kannst du dir jederzeit der Unterstützung durch mich gewiss sein.
Bei dir, Marco, sieht der Fall etwas anders aus.
Faktoren, für die du eigentlich nichts kannst und auf die du auch nur begrenzt Einfluss hast, erschweren deine Situation.
Da wären vor allem die Umstände deiner Zeugung, die von Kurágin aus Wut und Trotz auf dem Ball vor allen Anwesenden enthüllt worden sind. Es ist unbestreitbar, das Regeane, deine Erzeugerin sich bei der Weitergabe des Kusses an dich eines Vergehen gegen die Anordnungen des Justikaren schuldig gemacht hat. Je nach dem, wie die dritte Tradition der Camarilla, die der Nachkommenschaft, ausgelegt wird, könnte dies die Vernichtung für dich und vielleicht auch für Regeane bedeuten.
Allerdings bin ich optimistisch, das diese höchste aller Strafen zu Umgehen ist. Kurágin selbst hat auf dem Ball gezeigt, das er nicht willens ist, mit so harter Hand zu regieren. Und meine Meinung kennst du ja, schließlich habe ich dich gerne und mit offenen Armen in unserer Mitte aufgenommen.
Nichts desto trotz ist die Sache noch nicht ausgestanden. Um sich an mir zu rächen will Kurágin Regeane vorladen und zu dieser Angelegenheit anhören. Ich verspreche dir, ich werde um deines und um Regeanes Unleben kämpfen. Und solange diese Angelegenheit intern geklärt werden kann, bin ich auch zuversichtlich. Anders sieht es aus, wenn Kurágin in seiner Hilflosigkeit gegenüber den Ahnen der Stadt tatsächlich eine weitere Konklave einberufen lässt. Ich weiß nicht, ob ich, oder überhaupt jemand, dich oder deine Erzeugerin dann beschützen kann. Folglich sollte es in unserem Interesse liegen, solch etwas unter allen Umständen zu verhindern! Und ich sage das deshalb, weil Kurágin nach den Ereignissen auf dem Ball drauf und dran war, eine solche Konklave einzuberufen. Nur Johardos beschwichtigende Worte ließen ihn seinen Vorstoß zurück nehmen. Also müssen wir in näherer Zukunft äußerst vorsichtig sein, was Aktionen gegen den Seneschall angehen. Wir müssen halt mit der Diskretion und Subtilität vorgehen, die unserem Clan eigen ist.
Abgesehen davon hat dich Kurágin, aus welchen Gründen auch immer, in eine außergewöhnlich vorteilhafte Position gehievt. Du bist nun sozusagen der Stellvertreter des neuen Hüters des Elysiums. Nutze diesen Posten geschickt, und du wirst dich schneller in der hiesigen Kainskindergesellschaft etablieren, als es sonst irgendwie Möglich wäre. Und das würde dir dann auch den nötigen Schutz geben. Erweise dich für den neuen Hüter als zuverlässiger und hilfreicher Handlanger. Gewinne sein Vertrauen. Und nutze deinen Posten zum Wohle unseres Clans.
Des weiteren verlange ich natürlich von dir, das du mich stets über die Vorgänge im Elysium auf dem Laufendem hältst.
Ich selbst werde mich bald möglichst um eine Unterredung mit dem Seneschall bemühen, um einige Missverständnisse zurecht zu rücken. Vorrangig wird es dabei wohl um die Zukunft Regeanes gehen. Nebenher ist es daher von äußerster Wichtigkeit, baldigst mit ihr in Kontakt zu treten. Nach ihrem Auftritt auf dem Ball fehlt jede Spur von ihr. Ich glaube dieser Neugeborene aus dem Hause Tremere war der letzte, der sie noch gesehen hatte, als er sie aus dem Ballsaal führte. Mit ihm muss dringend über den Verbleib Regeanes geredet werden. Du, Marco, sorgst bitte dafür, das ich das abgebrannte Café untersuchen kann. Ich erhoffe mir davon eventuell mehr über Regeanes verschwinden oder gar über die Brandursache und den oder die Täter herauszufinden.
Des weiteren werde ich ein Treffen mit Cat, dem Sheriff anberaumen, um einige Dinge abzuklären. Sie scheint, obwohl sie Befehle des Seneschalls entgegen nehmen muss, neutral in vielen Dingen. Daher sehe ich eine enge Zusammenarbeit mit ihr sehr erfolgsversprechend, obwohl man stets darauf achten muss, was davon an den Seneschall weitergetragen wird.
Das wären, in aller Kürze, meine Anweisungen an euch. Bitte versteht mich nicht falsch. Ich will euch nicht gängeln, aber es ist wichtig, das wir geschlossen Auftreten und Handeln. Nur so haben wir eine Chance, an frühere, ruhmreiche Tage hier in Finstertal anzuknöpfen. Selbstverständlich seid ihr immer noch selbst Lenker eures Glücks. Nehmt meine Anweisungen eher als guten Rat, mit dem ich euch stets zur Seite stehen möchte. Wenn ihr weitere Fragen habt, beantworte ich sie gerne....
Wenn ich neue Informationen habe, werde ich euch diese umgehend zukommen lassen. Dasselbe erwarte ich natürlich auch von euch.
Und denkt daran, was in diesem Raum besprochen wurde oder wird, ist nicht für die Ohren anderer gedacht!