[23.04.08] - Das Fenster zum (Fried)hof

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Nach einiger Zeit sah Miguel einen Taxistand, an dem allerdings nur ein einzelnes, einsames Taxi wartete. Der Fahrer las gerade in einer Zeitung und wartete auf Fahrgäste, während das Radio ein paar Schlager dudelte.
 
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Wie dumm, dass ich kein Geld mehr habe.

Hoffentlich war der Mann so nett und fuhr ihn trotzdem. Da war es natürlich das Beste etwas nachzuhelfen.

Miguel wischte sich notdürftig den schlimmsten Schmutz von seiner Kleidung und ging zu dem Taxistand. Zum Glück trug er Schwarz, und es war dunkel, sodass vielleicht nicht ganz so gut erkennbar war wie dreckig er war.

Er sprach den Mann an: "Guten Abend. Ich bin gerade überfallen und ausgeraubt worden und weiß nicht wie ich zurück zu meinem Hotel kommen soll. Vielleicht würden Sie mich trotzdem fahren? Sie erhalten Ihr Geld dann dort. Ich wohne im Hotel Privilegio."

So hieß das Hotel doch?


Präsenz 3

Erscheinungsbild + Empathie

[dice0]
 
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Der Taxifahrer war ein älterer Mann, der Miguel entsetzt ansah.
"Was hat man denn mit ihnen gemacht, natürlich bringe ich sie, aber sollten sie nicht zuerst bei der Polizei eine Anzeige machen, damit die Täter gefasst werden?"

Er sprang sogar aus dem Auto und machte dem Spanier die Hintertür auf.
 
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„Danke, sehr freundlich von Ihnen.“

Miguel lächelte matt und stieg ein. Es war ihm peinlich, dass er nun dem Mann das Auto schmutzig machte.

„Ja, mir wurde recht übel mitgespielt. Tut mir leid, wenn jetzt der Rücksitz etwas schmutzig wird.
Im Moment bin ich einfach zu erschöpft um noch zur Polizei zu gehen, das mache ich später, jetzt möchte ich mich nur noch hinlegen.“
 
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"Ach, das bisschen Dreck macht nichts, solche Kerle dürfen nicht ungeschoren davon kommen und einen Arzt können sie bestimmt auch brauchen", sagte der Fahrer und schloß dann die Tür um los zu fahren.
 
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„Verletzt bin ich nicht, das Schlimmste war der Schreck, da brauche ich eher einen Psychologen als einen Arzt.
Wie weit ist es denn ungefähr von hier bis zum Hotel?
Ich bin von der Kunstakademie aus hierher gekommen. Ich bin übrigens Künstler, ich arbeite mit Glas, aber in Spanien war ich vor Jahren noch Flamencotänzer. Ach, ich wünschte ich wäre in Spanien geblieben.“

Miguel lehnte sich erleichtert in den Rücksitz zurück und hoffte, dass es nicht allzu weit war zum Hotel. Und dass ihm dort jemand das Geld fürs Taxi geben würde. Dann musste er eben an der Rezeption seine "Überredungskünste" anwenden. Aber der Fahrer sollte jedenfalls sein Geld bekommen.
 
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"Na, da brauche ich schon 15 bis 20 Minuten bis wir dort sind, sie ahben Glück, daß der Frühverkehr erst in einer Stunde anfängt, sonst kann es auch schon mal eine Dreiviertelstunde oder länger dauern", erklärte der Fahrer.
"In Spanien ist es jetzt schon richtig warm, meine Tochter und ihr Freund sind gerade in Barcelona in Urlaub und gestern kam ein Anruf, daß sie dort 30 Grad hatten", redete der Mann, während er fuhr. "Glaskunst, so wie die in Murano, da war ich vor 10 Jahren oder so, da konnte man denen zuschauen und auch direkt was kaufen, das war schon toll, ich habe da meiner Frau eine Kette in ihren Lieblingsfarben machen lassen."

Es war wirklich nicht viel los, denn er kam zügig voran. Dann hielt er Miguel seine Zigarettenschachtel hin.
"Bedienen sie sich, das beruhigt die Nerven."
 
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„Barcelona! Dort habe ich recht lange gewohnt, eine wirklich schöne Stadt.“

Nun wurde es Miguel sehr wehmütig zumute. Würde er Barcelona und Esperanza jemals wiedersehen?

„Ja, in Murano war ich auch schon, da werden wirklich wunderbare Sachen hergestellt. Ich bin auf Bleiglasfenster spezialsiert, wie sie es auch in Kirchen gibt, mit buntem Glas, das in der Sonne so schön leuchtet. Und Glasmalerei mache ich auch. Ein Freund von mir ist aber Glasbläser, der macht so Sachen wie in Murano, Vasen und Schalen zum Beispiel.“

Ob es Arthur wohl gut ging? Miguel hoffte es.

„Ich rauche eigentlich nicht, aber heute könnte ich ja mal. Danke.“

Miguel nahm sich eine Zigarette, paffte aber nur, inhalierte den Rauch nicht. Aber auch das hatte irgendwie was Beruhigendes. Und die Freundlichkeit des Fahrers tat auf jeden Fall gut.
 
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"Das ist bestimmt eine schöne Arbeit, leider gibt es heute nicht mehr soviele neue Kirchen und die, die sie bauen sind alles irgendwie hässliche Kästen und auch in Privathäusern, will keiner mehr solche Fenster haben, weil die schwer zu putzen sind, meine Großeltern hatten im Flur ein Buntglasfenster, das sah morgens immer toll aus", redete der Mann weiter.
"Vielleicht müssen sie es einfach mal anbieten, wer weiß, vielleicht gibt es Interessenten, denn im Moment ist Nostalgie hoch im Kurs."
 
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„In Barcelona habe ich noch immer eine kleinen Kunsthandwerksbetrieb, der läuft jetzt ohne mich weiter, dort hatte ich solche Fenster angefertigt. Der Betrieb läuft ganz gut. Die Leute lassen sich vor allem gern Jugendstil-Fenster machen.
Ja, wer weiß, vielleicht verkauft sich das auch hier, ich könnte eine Zweigstelle eröffnen.“

So, könnte ich das? Wer weiß. Vielleicht irgendwann, vielleicht auch nicht. Aber am besten sollte ich zurück nach Barcelona - falls sie mich lassen.
 
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"Nun, ein Versuch ist es bestimmt wert", meinte der Taxifahrer. "Jugendstil geht bestimmt gut. Werden sie denn länger hier bleiben, oder wohnen sie immer in einem Hotel?"
Der Taxifahrer zündete sich auch eine Zigarette an.
"Wissen sie, die Stadt ist garnicht so schlecht, wenn man da an die anderen Großstädte denkt, es ist überall das selbe."
 
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„Ich bin erst seit wenigen Tagen in Finstertal. Die ganze Zeit im Hotel wohnen möchte ich ganz bestimmt nicht, das wäre auch auf die Dauer zu teuer. Wie lange ich hier bleibe weiß ich noch nicht, und ob ich mich fest hier niederlasse. Das wird sich zeigen. Wenn ich dafür entscheide hier richtig zu wohnen werde ich mir eine Wohnung suchen."
 
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"Achso, dann wünsche ich für die Wohnungssuche viel Glück, aber so schwer ist das hier in der Stadt auch nicht."

Inzwischen waren sie fast auf dem Stadtgebiet von Finsterburg angekommen. Im Tunnel war kaum Verkehr um diese Tageszeit.
 
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"Verraten Sie mir Ihren Namen? Ich heiße Miguel Cortés."

Zum ersten Mal warf Miguel einen Blick auf das Taxameter. War es schon in astronomische Höhen geklettert?
 
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"Ich heiße Bernd Krämer", antwortete der Mann. "Ich hoffe, sie wollen sich nicht bei der Taxizentrale über mich beschweren, weil ich mal wieder viel zu viel rede, aber wenn man so die ganze Nacht alleine unterwegs ist, ist man froh auch mal reden zu können."

Der Betrag auf dem Taxameter stand bei etwa 15 Euro, also noch nicht soviel, allerdings waren sie auch noch nicht am Ziel.
 
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"Aber nein, warum sollte ich mich denn über Sie beschweren, dazu habe ich wirklich keinen Grund.
Und ich glaube, bei mir denken auch etliche Leute, dass ich zuviel rede.
Aber wenn ich mal wieder ein Taxi brauchen sollte, vielleicht kann ich dann bei der Zentrale darum bitten, dass man mir Sie schickt?
Sie haben öfters Nachts Dienst? Da kann ich mir gut vorstellen, dass man froh ist wenn man auch mal etwas reden kann."
 
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"Ja, so 3 bis 4 mal die Woche habe ich nachts Dienst", erwiderte der Mann und bog auf den Parkplatz des Hotels ein. "So, da sind wir."

Miguel könnte erkennen, daß gerade noch ein anderer Wagen ganz in ihrer Nähe anhielt.
 
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Miguel war das andere Auto nicht entgangen. Das war doch nicht etwa Dargol? Hoffentlich nicht. Ihm wollte der Spanier heute nicht mehr begegnen.

Er warf einen Blick auf das Taxameter, wieviel es inzwischen anzeigte.

"Einen Moment, ich hole eben etwas Geld, damit ich für die Fahrt bezahlen kann."
 
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Der Taxifahrer nickte freundlich in diesem Falle hätte er auch eine Ausnahme gemacht, doch wenn der Spanier ihn bezahlen wollte, würde er dies auch nicht ablehnen. Es war schließlich sein Einkommen.
 
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