Drakun
Pflanze
- Registriert
- 9. Juni 2007
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Manchmal spielte das Schicksal mit den Menschen seine Streiche. Manch einer arbeitete hert und fand sich auf der Straße wieder. Manch einer war aufrichtig und wurde dafür bestraft. Manch einer war rücksichtslos und wurde dafür geliebt. Manch einer tat gar nichts und hatte einfach nur unverschämtes Glück. Doch am Ende galt stets: Das Schicksal hat zwei Seiten.
Joachim Dietze war der Chef eines der größten regionalen Immobilienunternehmen in Finstertal. Nach dem Mauerfall hatte er seine ostdeutschen Wurzeln hinter sich gelassen und war samt Familie nach Finstertal gekommen, wo er sich über die Jahre hinweg eine ansehnliche Existenz aufgebaut hatte. Seine Firma verwaltete Objekte quer durch die Stadt von den Villenvierteln bis hin zu einigen Bauten am Rande des 'Ghettos', allerdings nicht im schwarzen Kamp wo sich andere Gesellschaften breit gemacht hatten. Zusammen mit seiner Frau hatte er drei mittlerweile erwachsene Kinder. Der Sohn war ausgeflogen, kam die Eltern lediglich ein paar mal im Jahr besuchen während er anderswo eine Familie gegründet hatte und Karriere machte. Die ältere der beiden Töchter lebte jedoch weiterhin in Finstertal und war nun liebende Mutter von drei Kindern im Alter von zehn, acht und zwei Jahren - zusammen mit ihrem vierjährigen Cousin der ganze Stolz ihrer Großeltern. Die jüngere arbeitete in Vaters Firma, keine Kinder, doch gerüchteweise stand demnächst eine Hochzeit an.
Damit handelte es sich bei dem Herren unumstritten um einen Gewinner des Mauerfalls. Was einer gewissen Ironie nicht entbehrte, wenn man um seine vorherigen Tätigkeiten wusste. Etwa, dass Joachim relativ früh von der Staatssicherheit als Verbindungsmann angeworben wurde - eine Tätigkeit die er anscheined mit größter Gewissenhaftigkeit ausgeübt hatte. Es gab den ein oder anderen, den er Freund nannte, doch hinter dem Rücken an seine Vorgesetzten verpetzte, von denen der ihm wohl am besten bekannte auf den Namen Hain hörte. Dabei machte er nicht einmal vor seiner Famailie halt. Den Schwager hatte es noch glimpflich erwischt doch ganz anders sah es aus als seine Älteste versuchte in den Westen zu fliehen. Die Aktion war gut geplant oder wäre wohl erfolgreich, wenn nicht irgendjemand den Behörden auf die Sprünge geholfen hätte. So aber wurden die Flüchtigen erwischt, Verurteilung, Gefängnis. Sie würden ihre Freiheit erst mit der Wende wiedersehen. Es folgte die Aufarbeitung der Stasiakten - doch weder Dietze noch Hain wurden auch nur erwähnt. Die Akten waren spurlos verschwunden, sodass niemand außer ihren engsten Mitarbeitern überhaupt von ihrer Beteiligung wusste - mit der Ausnahme einer jungen Frau, die 'Hain' eine Dekade später in seine Dienste aufgenommen hatte.
Und eben diese steuerte nun auf den Hauptsitz des Unternehmens zu, gekleidet in ein elegantes Kostüm. Der knielange Rock und die Jacke waren in einem dunklen Grauton gehalten, die Schuhe schwarz und die Bluse reinweiß. Marta hatte ihre Haare hochgesteckt und trug ein weiteres Mal silbernen Ohrschmuck. Durchsichtige Strümpfe bedeckten die Beine, sodass sie nur noch eine Brille gebraucht hätte um das Klischee zu bedienen. Doch dafür war sie nocht hier. Es ging ums Geschäft. Eigentlich schon interessant, dass Dietze so schnell zugesagt hat. Schließlich ging es um ein persönliches Gespräuch unter vier Augen und Details hatte sie bisher verschwiegen. Vielleicht ist der Alte auch einfach gerne am Abend hier. Marta betrat das Gebäude und schritt selbstbewusst auf den Empfang zu, ein umwerfendes Lächeln im Gesicht.
"Einen schönen guten Abend! Ich habe einen Termin bei Herrn Dietze. Bin ich hier richtig?"
Joachim Dietze war der Chef eines der größten regionalen Immobilienunternehmen in Finstertal. Nach dem Mauerfall hatte er seine ostdeutschen Wurzeln hinter sich gelassen und war samt Familie nach Finstertal gekommen, wo er sich über die Jahre hinweg eine ansehnliche Existenz aufgebaut hatte. Seine Firma verwaltete Objekte quer durch die Stadt von den Villenvierteln bis hin zu einigen Bauten am Rande des 'Ghettos', allerdings nicht im schwarzen Kamp wo sich andere Gesellschaften breit gemacht hatten. Zusammen mit seiner Frau hatte er drei mittlerweile erwachsene Kinder. Der Sohn war ausgeflogen, kam die Eltern lediglich ein paar mal im Jahr besuchen während er anderswo eine Familie gegründet hatte und Karriere machte. Die ältere der beiden Töchter lebte jedoch weiterhin in Finstertal und war nun liebende Mutter von drei Kindern im Alter von zehn, acht und zwei Jahren - zusammen mit ihrem vierjährigen Cousin der ganze Stolz ihrer Großeltern. Die jüngere arbeitete in Vaters Firma, keine Kinder, doch gerüchteweise stand demnächst eine Hochzeit an.
Damit handelte es sich bei dem Herren unumstritten um einen Gewinner des Mauerfalls. Was einer gewissen Ironie nicht entbehrte, wenn man um seine vorherigen Tätigkeiten wusste. Etwa, dass Joachim relativ früh von der Staatssicherheit als Verbindungsmann angeworben wurde - eine Tätigkeit die er anscheined mit größter Gewissenhaftigkeit ausgeübt hatte. Es gab den ein oder anderen, den er Freund nannte, doch hinter dem Rücken an seine Vorgesetzten verpetzte, von denen der ihm wohl am besten bekannte auf den Namen Hain hörte. Dabei machte er nicht einmal vor seiner Famailie halt. Den Schwager hatte es noch glimpflich erwischt doch ganz anders sah es aus als seine Älteste versuchte in den Westen zu fliehen. Die Aktion war gut geplant oder wäre wohl erfolgreich, wenn nicht irgendjemand den Behörden auf die Sprünge geholfen hätte. So aber wurden die Flüchtigen erwischt, Verurteilung, Gefängnis. Sie würden ihre Freiheit erst mit der Wende wiedersehen. Es folgte die Aufarbeitung der Stasiakten - doch weder Dietze noch Hain wurden auch nur erwähnt. Die Akten waren spurlos verschwunden, sodass niemand außer ihren engsten Mitarbeitern überhaupt von ihrer Beteiligung wusste - mit der Ausnahme einer jungen Frau, die 'Hain' eine Dekade später in seine Dienste aufgenommen hatte.
Und eben diese steuerte nun auf den Hauptsitz des Unternehmens zu, gekleidet in ein elegantes Kostüm. Der knielange Rock und die Jacke waren in einem dunklen Grauton gehalten, die Schuhe schwarz und die Bluse reinweiß. Marta hatte ihre Haare hochgesteckt und trug ein weiteres Mal silbernen Ohrschmuck. Durchsichtige Strümpfe bedeckten die Beine, sodass sie nur noch eine Brille gebraucht hätte um das Klischee zu bedienen. Doch dafür war sie nocht hier. Es ging ums Geschäft. Eigentlich schon interessant, dass Dietze so schnell zugesagt hat. Schließlich ging es um ein persönliches Gespräuch unter vier Augen und Details hatte sie bisher verschwiegen. Vielleicht ist der Alte auch einfach gerne am Abend hier. Marta betrat das Gebäude und schritt selbstbewusst auf den Empfang zu, ein umwerfendes Lächeln im Gesicht.
"Einen schönen guten Abend! Ich habe einen Termin bei Herrn Dietze. Bin ich hier richtig?"