Drakun
Pflanze
- Registriert
- 9. Juni 2007
- Beiträge
- 3.841
Out of CharacterDirekte Fortsetzung zu diesem hier.
Der Mann lag halb im Eingang des Hauses, die Augen geschlossen und mit einem glücklichen Gesicht. Auf eine gewisse Weise war es auch berechtigt, musste er doch kein Leid mehr ertragen - weder jetzt noch in Zukunft. Was mach ich jetzt bloß mit dir? Marta stand über ihm, unschlüssig was sie mit ihm anfangen sollte. Im dunkeln Eingangsbereich und mitten in der Nacht waren sie vor fremden Blicken geschützt. Leider war das nicht von Dauer. Der Körper musste verschwinden und zwar so schnell wie möglich. Er hat sein Leben für dich gegeben und jetzt willst du ihn wegschmeißen wie einen Sack Müll? Nein, sie wollte nicht. Doch eine blutleere und ansonsten unverletzte Leiche war einfach zu auffällig. Er hat ein vernünftiges Begräbnis verdient. Seltsam welche Gedanken man hatte, nachdem man jemanden getötet hatte. Dabei tat es ihr nicht einmal Leid. Im Gegenteil sie fühlte sich wie neu geboren. Nach Tagen voller Mattigkeit und Schwäche hatte ihr das Blut die notwendige Befriedigung verschafft. Sie hatte es genossen das Leben aus ihm herauszusaugen. Trotzdem war sie ihm Dankbarkeit schuldig. Die Würde des Opfers respektieren - sagt du das auch Trapper, wenn er dich fragt? Auch wenn sie es schwer übers Herz brachte - das Opfer musste weg.
Da gab es schon die nächste Sorge - wohin mit den Resten? In seiner Wohnung oder einer nahen Mülltonne würde man ihn zu schnell entdecken. Weit tragen konnte sie ihn aber auch nicht. Das Risiko einer Entdeckung war einfach zu groß. Sie hatte kein Fahrzeug, nicht einmal die Fähigkeit eines zu nutzen. Hilfe fiel auch aus. Also blieb nur eine Möglichkeit: Das Opfer musste unter die Erde. Nicht dass es ungefährlich war, schließlich begab sie sich in das Revier von Vampiren, die bekannt dafür waren im Rudel zu agieren. Doch wenn man die Population betrachtete war es eher unwahrscheinlich einem oder gar mehreren zu begegnen. Die Kanalisation war schließlich kein Jagdgebiet.
Nachdem sie die Leiche in einer dunklen Ecke abgelegt hatte und sich versichert hatte keine Spuren im Eingang hinterlassen zu haben, begab sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Einstieg. Ob es nun an ihren wiedererstarkten Fähigkeiten lag oder pures Glück war - sie wurde rasch fündig. Leicht verdeckt in einer finsteren Seitengasse gab es einen Schacht, schlecht einsehbar und offensichtlich nicht versiegelt. Genauere Betrachtung offenbarte einige Öffnungen, wahrscheinlich für Regenwasser, die sie nutzen konnte. Ihre Finger schoben sich langsam hinein und suchten Halt. Sie begab sich in Position und hob das Metall an.
Verdammt ist das schwer! Selbst als Vampirin hatte sie ihre liebe Not den Deckel zu bewegen ohne alle Anwohner aus den Betten zu werfen. Beinahe hätte sie auf ihr kostbares Blut zurückgreifen müssen. So behutsam wie möglich wurde er abgesetzt. Der Eingang zur Unterwelt war frei. Stockfinster lachte er sie an wie ein gieriges Maul, das darauf wartete, dass dumme Beute von selbst hineinstieg. Willst du da wirklich runter? Sie musste. Doch im Untergrund würde sie blind sein. Ich hätte die Taschenlampe mitnehmen sollen! Nicht dass diese besonders hell gewesen wäre - eine schwache Lichtquelle war besser als gar keine Lichtquelle. So musste sie eben ohne auskommen. Der Mann wurde unauffällig zum Einstieg gebracht. Marta griff in ihre Tasche. Sorry Junge - ich muss das tun. Die Klinge glitt an seine Kehle und schnitt durch die Haut wie durch Butter. Ein Anblick, der Erinnerungen mit sich brachte, schlimme Erinnerungen. Doch heute kam kaum noch Blut aus der Wunde. Ihr Gewissen blieb still als sie seine Brieftasche an sich nahm. Dafür hast du keine Verwendung mehr. Sie nam den Körper und stieg in die Tiefe, langsam und vorsichtig bis sie die Dunkelheit ganz einhüllte.
Irgendwann, nur Momente später doch es kam ihr vor wie Stunden, traf ihr Fuß festen und glücklicherweise trockenen Boden. Es gab also einen begehbaren Seitenstreifen. Behutsam bugsierte sie ihre Fracht aus dem Schacht. In der Finsternis war sanft dahinfließendes Wasser zu hören. Marta schluckte, ihre Zuversicht sank. Ich muss weiter hinein. Möglichst nahe an der Wand schritt sie vorwärts, lauschend und angespannt, hielt ihre Fracht fest. Genau genommen hielt sie sich an ihrer Fracht fest. Das war eine bescheuerte Idee... Trotzdem tastete sie sich weiter.