AW: (07.05.2006) Feuer und Tod
Auf jeden Fall orientiert sich ihre Platzwahl ein wenig an Nikita... sie kann sich ungefähr vorstellen, wie verloren sie sich fühlen muß unter all den Garou, schließlich ging es Meyye lange Zeit auch nicht anders... und wenn sie ehrlich ist, diese Fremdheit zu den meisten von ihnen ist immer noch da und wird wohl nie ganz verschwinden. Sie blickt kurz zu ihrem Kind hinüber, dann schaut sie wieder zum Sprecher der drei 'Neuen' in der Septe.
"Nein." sagt sie. "Bleibt ruhig. Ich werd euch von Tatjana erzählen." Kurz wirft sie einen Blick auf die Flasche, die Richard in der Hand hält. In den Runden die sie kannte, würde sie jetzt danach verlangen, einen Schluck nehmen und sich derweil überlegen, was sie erzählt. Geschichtenerzählen hat in Afrika eine lebendige Tradition, und auch wenn die Runden ihrer Clique nicht lange vor ihrem Tod eher Tratschrunden waren, hat sie das doch gemocht. Bleibt nur noch die Frage, ob sie sowas auch kann... hier über ihre tote Freundin erzählen. Fest steht jedenfalls, dass sie es tun will. Die Garou, ihr eigenes Volk, haben Tatjana nie so richtig gekannt... wenigstens jetzt soll sich das ein wenig ändern.
Aber was soll sie sagen? Sie hat zwei Jahre an gemeinsamen Erinnerungen angesammelt, von denen es - ihrer Meinung nach - alle wert wären, erzählt zu werden. Am wichtigsten ist aber, was Tatjanas Freundschaft für sie persönlich bedeutet hat, oder? "Ihr habt keine Ahnung, wie ich war bevor ich sie getroffen hab." Sie blickt zu Viktor, den einzigen der sie auch zu der Zeit zumindest schonmal gesehen hat. Auch er weiß es nicht, das Kennenlernen kam erst viel später. "Einsamer Wolf... das dürfte euch was sagen. Einer mit einem Stachel im Fleisch, den er nicht mehr rauskriegt, noch dazu. Knurrt alles an was sich ihm nähert und schnappt danach, sobald es ihm zu nah ist." Sie schnaubt kurz. "Bei unseresgleichen gibts auch noch allen Grund dazu... macht die Sache aber nicht besser. Bei meinen Scheuklappen hätt ich die Ausnahmen nicht erkannt, wenn sie mir ins Gesicht gesprungen wären."
Genug Einleitung. "Und dann kam Tatjana... als ich sie zum erstenmal traf, hatte ich bloß die Befürchtung, dass es sowas wie Werwölfe gibt hier in der Umgebung... wir haben uns gegenseitig geholfen, in eine Wohnung einzusteigen." Sie schaut zu Viktor. "Der Tote im Stadtpark, erinnerst du dich? Wie sich rausstellte, war er ein Perverser, der Frauen mißbraucht hat.. unter anderem eine von euren Blutsverwandten. Darum war Tatjana da. Ich war es, weil ich life dabei war als die Knochenbeisser im Park ihm den Kopf auf den Rücken gedreht hatten und rausfinden wollte, was da abgeht." Das dürfte auch Viktor bisher noch unbekannt sein, aber es ist auch Schnee von gestern.
"Tati hat bekommen was sie wollte und ich war kein Stück schlauer... wir hatten danach noch immer keine Ahnung, was der andere ist. Das hat sich ein paar Tage später geändert. Ich ging wie immer in den Wald und hab Wolfsspuren gefunden, bin ihnen gefolgt... und hab Sylvia um ein Feuer tanzen sehen." Sie grinst kurz. "Zusammen mit zwei anderen hat sie daraus einen Geist beschworen. Ich war gut versteckt, sie haben mich nicht bemerkt. Aber ich war auch abgelenkt. Jemand hat mir die Hand auf den Mund gepreßt und mich davongezogen. Das war Tati, in Glabro. Weil wir uns kannten hat sie mich nicht gleich auf den Bäumen verteilt, auch dann nicht, als ich ihr sagte, was ich bin." Hui, Maskeradenbruch, mal so ganz beiläufig zugegeben. "Wir haben viel geredet in dieser Nacht... da sind wir wohl Freunde geworden. Das war der Anfang."
Sie schweigt ein Weilchen, dann fällt ihr ein, dass sie den Bogen zur Einleitung noch schlagen muß. "Ich bin jetzt kein einsamer Wolf mehr. Durch Tati hatte ich wieder ein kleines Rudel, und das ist danach noch gewachsen... weil die Scheuklappen weggerostet sind." Sie blickt von Nikita zu Viktor und schließlich zu Julian, wo ihr Blick verbleibt. "Ohne sie hätte es das alles nicht gegeben. Mich gäbs wahrscheinlich auch längst nicht mehr. Nicht bloß, weil sie mir mehr als einmal den Arsch gerettet hat." Sie senkt den Blick. "Sie hat noch viel mehr als das gerettet, in mir."