AW: (07.05.2006) Feuer und Tod
Meyye ist sich bewußt, dass sie da einiges an Aufregung verursacht hat... und vielleicht wird sie sich ja später dafür entschuldigen. Wahrscheinlich aber eher nicht, wenn ihr nicht jemand (wie Nikita schon vorhat) mal die Leviten liest. Und selbst dann ist nichts sicher. Julians Lächeln ist ihr einmal mehr Stütze... denn er ahnt auch schon, dass das nächste Problemchen nicht fern ist, auch wenn es im Vergleich zu Lost Shadow recht klein erscheint.
Leider nur ist das Tier in ihr ein wenig anderer Meinung. Sie nimmt daher die Fackel, vermeidet es aber möglichst, in ihre Richtung zu schauen. Ein ungutes Kribbeln in der Magengegend verlangt von ihr, das Ding, von dem soviel Wärme ausstrahlt, gleich wieder Black Mind vor die Füße zu werfen. Aber es bleibt schwach genug, dass sie es recht gut ignorieren kann.
Sie dreht sich um und geht. Tja, es kommt noch besser. Zwei der drei Scheiterhaufen brennen ja schon... sehr große Feuer, die sie innerlich zittern lassen. Sie wird das dritte entzünden, was etwas in ihr wie purer Wahnwitz anmutet. Aber weder die Fackel, noch die lodernden Haufen, noch die innere Stimme können sie auch nur langsamer werden lassen. Sie fixiert ihren Blick ganz auf Tatjana, die in ihrer riesenhaften Geburtsgestalt daliegt, als würde sie schlafen. Einen Moment ist sie über sich selbst erschrocken, über das was sie tun will. Den Körper ihrer besten Freundin anzünden, damit er sich auf Nimmerwiedersehen in Rauch auflöst. Endgültig fort ist, unwiederbringlich. Wie kann sie soetwas tun?
Der Weg ist kürzer als sie gedacht hätte. Schon muß sie stehenbleiben, um nicht gegen den Holzstapel zu stoßen. Jetzt ist es soweit. Nocheinmal starrt sie Tatjanas Gesicht aus nächster Nähe an und sieht es doch ganz anders... mit leuchtenden Augen und fröhlichem oder frechem Lächeln... als Wölfin, die versucht in ihre Fahrradreifen zu beißen... traurig und weinend, dann wieder getröstet, ängstlich und sorgenvoll. Meyye hat ihr viel zu oft Sorgen gemacht. Das beruhte zwar auf Gegenseitigkeit, aber Meyyes Bredoullien waren im Unterschied zu Tatjanas eher selbstverschuldet. Dennoch ist es die Garou, die hier liegt, nicht die Gangrel. Auch das ist nicht fair.
Es ist vorbei. Es ist wirklich vorbei. Sie kommt nie wieder. denkt sie und will am liebsten zusammenbrechen, was sie aber nicht darf. Tatjana hätte es so gewollt... hier, wie eine Garou verbrannt zu werden, und Meyye, die den Stapel anzündet. Sie darf sie nicht enttäuschen. Sie möchte den rechten Arm heben, aber es ist zu schwierig und er schmerzt. Sie beißt die Zähne zusammen und bringt ihr Blut zum Fließen... konzentriert sich darauf, die Wunde zu schließen, zumindest ein wenig. Gänzlich schafft sie das jetzt sowieso nicht, soviel ist ihr bewußt. Aber sie möchte den Arm bewegen können. Es ist immer noch nicht leicht, aber sie schafft es und wechselt die Fackel in die rechte Hand.
Dann stößt sie die Finger der linken in ihre Wunde und stöhnt auf. Naja, was ist schon ein bißchen Schmerz. Die Ironie dabei ist, wäre Lost Shadow nicht gewesen, wäre sie vielleicht gar nicht auf diese Idee gekommen. Sie muß ihm ja fast noch dankbar sein. Sie legt die Hand auf Tatjanas Schulter, beschmiert ihr Totengewand mit ihrem Blut. "Ein Teil von mir geht mit dir. So werden wir uns wiederfinden, eines Tages." sagt sie mit fester Stimme. Dann legt sie die Fackel auf den Stapel. Schnell leckt die Flamme über das Gewand und faßt Fuß, schlängelt sich genauso über das Holz und verbreitet sich.
Meyye geht einen Schritt zurück, nur einen. Damit ist sie dem Feuer immer noch sehr nahe, den Flammen die höher und weiter lodern, ihr bald schon mit rauchigem Schleier und hellem Brennen die Sicht auf Tatjana nehmen. So nahe, dass sie beiläufig auch mal kurz und lässig Meyye berühren und mit hineinziehen könnten in diesen Scheiterhaufen... sie wäre wohl deutlich schneller Asche als der Körper der Garou. Hin und her gerissen ist sie zwischen dem Drang, jetzt schnell davonzulaufen und dem, auszuharren solange sie noch etwas von ihrer Freundin zu erkennen glaubt in den Flammen, bleibt sie stehen wie erstarrt. Erst als der Holzstapel ebenso lichterloh brennt wie die anderen beiden, tritt sie noch einen Schritt zurück, dreht sich um und kommt mit gemessenen Schritten zurück... etwas hölzern, weil bemüht. Sie würde jetzt wirklich gern rennen, das erzählt schon der blutige Schweißfilm auf ihrer Stirn.