[Wushu!] Unkreativ & Leiten

Entropy-Man

Dohf!
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[Wushu!] Fragen und Spielbericht

Hallo!

Zuallererst vorweg, ich gestehe: Ich bin unkreativ.

Die Situation: Wir spielen normalerweise 2 Mal im Monat eine Kampagne in Myranor. Diese ist jetzt vorbei und hat viel Spaß gemacht. Wie so oft, möchte der Spielleiter natürlich auch mal was spielen. Also stehen wir vor dem alten Problem, jemanden zum Leiten zu finden.

Ich habe bereits einmal versucht, diesen Posten zu übernehmen. Leider habe ich dies besonders im Hinblick auf den Charakter des ehemaligen Spielleiters in den Sand gesetzt. Gründe dafür sind vielfältig und im Nachhinein schwierig nachzuvollziehen, weil vieles am Spiel improvisiert war.

Jetzt möchte ich es nochmal versuchen, und zwar mit Wushu. Das hat einerseits den Vorteil, das der Gesprächspartner die Handlung selbst bestimmt, andererseits auch weniger "Einmischung" des Leiters erlaubt, so das das alte Problem nicht mehr oder nur abgeschwächt auftreten kann.

Leider kommt hier mein 2. Problem zum Tragen. Ich bin unkreativ. Setze ich mich mit Wushu auseinander, so denke ich dabei hauptsächlich an Filme, die sich anbieten, umzusetzen. Bisher gefallen mir dafür Star Wars, Matrix, Dead Or Alive und Terminator. Aber meine Gedanken zu dem Spiel verlaufen hier sehr direkt innerhalb der Bahnen, die die entsprechenden Filme vorgeben.

Worum ich euch bitten würde, wäre, mal so zu skizzieren, welche Begegnungen oder Eckpunkte man für ein Abenteuer in einem der beschriebenen Szenarien (oder auch gerne in allen) nutzen könnte. Dabei hilft mir kein kurzer Satz, sondern leider erst halbwegs ausführliche Beschreibungen von Personen, Orten oder Begegnungen.

Es ist auch schwierig, zu lernen, Abenteuer zu schreiben. Andere Spielleiter lassen sich kaum jemals in die Karten schauen (ist mir zumindest selten passiert), so das wenig Anhaltspunkte existieren, wieviel auf welche Art ausgearbeitet sein sollte und was in welche Weise improvisiert werden könnte/sollte.

Wie ihr seht, fehlt es mir hauptsächlich an der Fähigkeit, ein gegebenes und eng ausgefaßtes Szenario soweit zu abstrahieren, das darin ein abenteuerspielerisches Potential entsteht. Vielleicht könnt ihr mir mit ein paar Tips unter die sprichwörtlichen Arme greifen.

Thomas
 
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Vielleicht solltest Du in den Threadtitel noch explizit ein "[Wushu]" aufnehmen, da man sonst glaubt, daß es sich um eine allgemeinere Frage handelt.
 
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(Das hab ich dann mal schnell erledigt.)
 
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Schau dir vielleicht "A Wushu Guide to the Matrix"... In diesem freien Wushusetting mit leicht modifizierten Grundregeln ist ein Einstiegsabenteuer eingebaut.

Aber zum Thema: An was für ein Setting hast du denn gedacht? Was für Charaktere hast du? Wie sieht die Core Story aus? Solange man das nicht weiß ist das Anbieten von NSCs, Handlungssträngen, Schauplätzen und dergleichen die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Generell kann ich da nur die Big List of RPG Plots anbieten.
In Dan Bayns Kolumne zu Actionszenen stecken auch gute Ideen für die Ausgestaltung des eigentlichen Spiels drin, aber um da auf einzelne Artikel zu verweisen die für das Abenteuer besonders hilfreich sein könnten müsste man mehr darüber wissen.
 
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Hello again,

und vielen Dank für die Links. Einiges ist sehr zu gebrauchen und hat schön viel Potential für feine Action. Was mir jetzt noch fehlt, wären ggf. ein paar Real-Life-Beispiele für Wushu-Spielrunden basierend auf halbwegs bekannten Film- oder Seriengrundlagen. Vielleicht kann jemand eine coole Gun-Fu- oder Wire-Fu-Wushu-Runde rekapitulieren und einmal die einzelnen Schritte der Gruppe aufzeigen.

Danke,

Thomas
 
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Um so weit ins Detail zu gehen ist meine letzte Runde zu weit her.

Normalerweise improvisiere ich Wushu-Abenteuer völlig freihändig. (Ist dort kein Problem da Mooks unabhängig vom Threatlevel keine ernste Bedrohung sind und intelligent gespielte Nemeseis so oder so gegen die 5 würfeln.) Generell würde ich mit Szenen arbeiten in denen es zum Konflikt mit Mooks oder Nemeseis kommt, deren gelungenes Ende zum nächsten Plotpunkt führt, und von da immer linear weiter. Da man bei Wushu kaum verlieren kann und in der Beschreibung (dem Schwerpunkt des Spiels) voller Freiheitsgrad steckt ist eine lineare Railroadingstruktur als Rahmen um die Konflikte zu verknüpfen völlig ausreichend.

Wenn du kreative Spieler mit viel Eigeninitiative hast, dann kannst du auch die verbreitete Hausregel heranziehen, gewonnene Konflikte als Gewinn des Erzählrechts zu behandeln. Wenn die Spieler einen Konflikt gewinnen erzählen sie also was rauskommt und leiten die nächste Szene ein. Wenn du schon Erfahrung mit The Pool, Inspectres oder einem ähnlichen Spiel hast sollte das leicht zu bewerkstelligen sein. Das hat auch den Vorteil dass du als SL entlastet wirst und die Spieler direkt zeigen können was sie erleben wollen.
 
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Da ich keinen expliziten Forumteil für Spielberichte gefunden habe, berichte ich mal hier über meine erste Wushu-Erfahrung als Spielleiter.

Zuerst einmal: Es war ein voller Erfolg. Besser, als ich es mir erträumt hätte.

Die Spieler spielen ein Team von international agierenden Spezialisten, die in Situationen gerufen werden, wenn Geld keine Rolle mehr spielt und "die Kacke" so richtig am Dampfen ist. Die Charaktererschaffung haben wir vor dem Spielen vorgenommen und es ging für's erste Mal relativ schnell. Herausgekommen sind:

- Max, ein stummer Nahkämpfer-Ninjatyp
- Nikolas, ein russischer Tech-Sammler, Bastler und Wheeler, der alles fliegt und fährt, was halt fliegt und fährt
- Name vergessen, ein deutscher Uni-Professor der Geologie und renomierter Wissenschaftler
- Name vergessen, ein weltmännischer Typ, der mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde und sich aus Langeweile die dunklen Seiten der Welt angeschaut hat

Die "Firma" residiert unter dem Deckmantel der "First Hawaiian Trust" im Europacenter in Berlin. Ausgesucht, da dieses Gebäude einen Helikopterport besitzt.

Die Firma wird vom Sekretär des stellvertretenden Innenministers angeheuert. Es gilt, jemanden wiederzubeschaffen. Bisher saß diese Person in Sicherheitsverwahrung, da sie an geheime Informationen gekommen war. Der BND wollte sie jedoch nicht ausschalten. Also kreierte man einen goldenen Käfig. Leider ist die gesuchte Person nach 6 Monaten aus diesem Käfig ausgebrochen.

Da für diesen Ausbruch Kontakte innerhalb des BND korrupt sein müssen, wird nicht der BND mit der Wiederbeschaffung beauftragt, sondern die Spieler. Sie bekommen alle Informationen über das Zielobjekt, die man sich so wünschen kann. Dann geht's auf an's Werk.

Nach der Suche durch diverse nationale und internationale Datenbanken (Fluggesellschaften, Euro- und Interpol, FBI, HS ...) machen sich die Spieler einzeln auf die Socken, um alte Aufenthaltsorte des Zielobjektes zu untersuchen. Keine 2 Stunden später trifft ein befreundeter Tech-Head auf den genauen Namen inklusive Beschreibung und Videoaufnahmen: Das Zielobjekt ist bewußtlos in's Krankenhaus eingeliefert worden, der Name wurde vom Ausweis abgelesen und unter diesem Namen eingecheckt. Die Jagd beginnt.

3 der 4 Charaktere treffen im Krankenhaus ein und versuchen, ein Gespräch mit dem Schwerverletzten zu führen. Dieser stirbt mit der Bitte um Hilfe und den Hinweis auf ein Band in einem Bankschließfach auf den Lippen in den Armen eines Charakters. Diese bemerken, das sich auf der Station diverse Leute herumtreiben, die verdächtige Ausbeulungen unter ihren langen Mänteln trugen: Der erste Mook-Kampf ( 8 ). Zur selben Zeit trifft Charakter 4 (Wushu sei dank) pünktlich am Krankenhaus ein.

Der Kampf verlief zögerlich. Ich sparte nicht mit Blut- und Gedärmebeschreibung. Der Wheeler kam nicht so richtig zur Geltung, er wollte hauptsächlich innerhalb seiner Fähigkeiten bleiben und hatte so wenig Projektionsfläche. Für einen ersten Kampf ganz fein.

Weiter ging's Richtung Cottbus, zur GE Money Bank, wo sich das Schließfach befinden sollte. Flugs wurde die Nummer des Bankdirektors hervorerzählt, angerufen und unter Gelddruckgründen ("Wir wollen eine riiiiesige Einzahlung machen. Ja, jetzt!") aus dem Bett geklingelt (3 Uhr morgens).

Hier kam's meiner Meinung nach zum ersten Konflikt zwischen Gewohnheitsrollenspiel und der Easy-Going-Variante Wushu. Ich wurde zu allen Details des Banksicherheitssystems ausgefragt und habe mir ein Hochsicherheitssystem mit redundanten Servern, DNA-Sequenz-Schlüsseln und asynchroner Verschlüsselung aus den Fingern gesaugt. Am Ende waren meine Spieler an dem Punkt "Da kommen wir nicht rein" angelangt, wo ich mit einem Hinweis "Wenn ihr Shadowrun spielen wollt, können wir auch tun. Ihr habt mich nach Details gefragt." dem Spiel wieder Schub gab. Jemand erzählte das Abschließen der Bank als vergessen (hätte ich wohl eher Veto einlegen sollen), es gab einen Einbruch, mittels "Wir knacken das Sicherheitssystem" alle Probleme damit gelöst und beim Verlassen der 2. Mook-Kampf initiiert.

Diesmal floß alles ein wenig besser. Waffen waren zugegen, es wurde in Tanks geschossen und Autos eingesetzt, um Mooks reihenweise umzufahren. Viel entspannter und flüssiger als der 1. Kampf.

Soweit, so fein. Ich muß noch lernen, das "was den Regeln des Settings wiederspricht" sich nicht nur auf den Kampf ausdehnt. Meine Spieler müssen lernen, sich gegenseitig in den Kampf einzubeziehen und sich auch mal gegenseitig in's Wort fallen. Bisher warten alle fein ihre Erzählphase ab und bleiben ruhig.

Am Freitag geht's weiter.

Thomas

P.S.: Danke an euch, an eure Links, an das Forum selbst und die beteiligten Beteiligten. Ohne die Lektüre desselben hätte ich mich nie dazu durchgerungen, Wushu zu leiten.
 
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