Zornhau
Freßt NAPALM!
- Registriert
- 18. März 2004
- Beiträge
- 16.216
Wieviele Pulp-Settings BRAUCHT Savage Worlds als Regelsystem eigentlich?
Und nun: Thrilling Tales 2nd Edition (Savage Worlds).
Bei RPGnow.com als umfangreiche (257 Seiten) 12 MB große PDF-Datei, mit - offensichtlich - auf Kleinformat (13,97 cm auf 21,5 cm) ausgelegten Seiten von Adamant Entertainment für 10 Euro erhältlich.
Man kann Texte herauskopieren - besonders wichtig für die eigene Abenteuervorbereitung.
Die PDF hat ein farbiges Titelbild und ist sonst eher "grau" auf den Seiten (wie billiges Heftroman-Papier = Pulp). Illustrationen sind in Schwarz-Weiß. Eine druckerfreundliche Ausgabe gibt es hier nicht, doch ist nicht so arg viel schwarze Fläche geboten, daß es dem Druckergeldbeutel wirklich weh tun wird.
Thrilling Tales dürften D20-Pulp-Freunden schon LAAAANGE ein Begriff sein. Diese D20-Pulp-Adaption zeichnete sich durch "Themenhefte", kleine, eng thematisch ausgerichtete PDFs zu bestimmten Charakterklassen, Schurken-Archetypen, usw. aus. Auch eine eigene Serials-Produktion (mit Video/Audio-Unterstützung) gab es.
Nachdem D20 nun schon länger das Lizenzäquivalent von Gammelfleisch ist, suchen inzwischen viele kleine (und größere) Ehemals-D20-Lizenznehmer nach der Möglichkeit ohne viel Arbeit ihre alten Produkte "umzurüsten" und an den (neuen) Mann zu bringen. - In diesem Falle hier auch.
Als Pulp-Fan hatte ich eine ganze Reihe der D20-Produkte erworben. Namentlich:
Aus der Advanced Class Reihe:
Und aus der Pulp Villains Reihe:
Sowie den Gamemaster's Guide to Pulp Adventure (mit Pulp-Untergenre-Darstellungen, Zeitleiste ab 1930 und einem SEHR GUTEN (mein Grund das Teil damals gekauft zu haben) Pulp-Abenteuer-Generator in Tabellenform).
Was finden wir nun in der Savage Worlds Ausgabe von Thrilling Tales? (Hiernach TT-SW abgekürzt.)
Zum einen mal stimmungsvolle (Original?)Titelbilder und Innenillustrationen, wie aus den Pulp-Heften der Hochzeit dieses Genres in der Literatur. - Hier ist weniger der total überkandidelte, fast schon unspannend-lächerliche moderne Kinofilm-"Pseudo-Pulp", und auch nicht die grellen Pulp-Comics, sondern die Heftromane, also der EIGENTLICHE Pulp das Thema.
KAPITEL EINS: PULP ADVENTURE
Auch hier gibt es unterschiedliche Pulp-Unter-Genres, die in TT-SW eingangs auf einem Dutzend Seiten angerissen werden. Hier wird auch eine Abgrenzung gemacht: Sword&Sorcery und Sword&Planet ist NICHT das Thema von TT-SW.
(Nebenbei: Adamant hat ja gerade ihr Sword&Planet-D20-Setting "MARS" für SW recyclet - übrigens mit einem ähnlich starken Kopieranteil aus den MARS D20 Produkten wie bei TT-SW; und mit einem völlig INAKZEPTABLEN "Support" via Abonnement-Vertrag! Man sieht: Adamant hat noch nicht raus, was Savages lange Jahre GEWOHNT sind: Kostenlose Updates ihrer Kauf-PDFs!)
KAPITEL ZWEI: A TIMELINE OF THE 1930s
TT-SW setzt dann mit einer Zeitleiste von 1930 beginnend bis 1939 über 5 Seiten fort.
KAPITEL DREI: CHARACTERS
Hier wird folgendes geboten:
Archetypen:
40 Seiten Fluff-Recycling der ehemals einzeln verkauften Advanced Class Produkte für D20. - Recycling muß nichts Schlimmes sein!
Was hier GUT gemacht wurde:
Jeder Charakter-Archetyp bekommt nicht etwa eine ellenlange Liste an neuen Edges oder - Kardinalfehler bei D20-Lizenznehmern, die auf SW wechseln - für jede Klasse oder Prestige-Klasse ein neues Professional Edge, sondern es gibt jeweils drei Listen:
Das ist SEHR GUT! - So bekommt man bei der Charaktererschaffung Anhaltspunkte, was man für einen typischen Vertreter dieser Rolle in der Spielwelt brauchen könnte, aber man kann auch ATYPISCHE Vertreter mit mehr Ecken und Kanten erschaffen.
Eigenartig bei der Charaktererschaffung ist das Startcharakter-Kompetenz-Niveau:
5 neue Hindrances, die man so oder so ähnlich schon mal in anderen Settings gesehen hat:
18 neue Edges, die auch zu einem guten Teil bereits bekannt aus anderen Settings (oder der SW-GE oder dem Pulp-Toolkit, mit dem man eh ALLES in TT-SW aufgeführte und MEHR machen kann!) sein dürften:
Man merke: Es gibt hier nur zwei Arkane Hintergründe für SCs: Weird Science und Psionics.
KAPITEL VIER: EQUIPMENT
Es folgen im Ausrüstungs-Kapitel knapp 20 Seiten Waffen und Fahrzeuge (bis zur Hindenburg - als "Hindenberg" falsch geschrieben - und dem typischen "Nazi-U-Boot"). Die Waffen und Fahrzeuge sind fast alle GUT bebildert. Bei den Fahrzeugen sind mir Zivilfahrzeuge mit Armor 3 aufgestoßen (man denke an "unsafe at any speed"). - Normale Alltagsausrüstung: Fehlanzeige! Da sollte man sich in den entsprechenden Pulp-Quellen im Internet informieren. Z.B. bei Dirty 30s, oder Uncle Bear's Ultimate Pulp Gear Archive
KAPITEL FÜNF: PULP GAMING RULES
Hier kommen die Settingspezifischen Regeln (ich finde es immer wieder ENTSPANNNEND, wenn ein Settingbuch - auch eine D20-Recycling-Ausgabe - die "klassische" Kapitelabfolge, die man aus anderen Savage Settings gewohnt ist, beibehält).
Wie schon erwähnt ist die Incapacitation-Regel geändert worden, damit KEIN Wildcard JEMALS stirbt aufgrund der Resultate von Incapacitation. Das gilt auch für Schurken, was das dubiose Schurken-Neun-Leben-Edge unnötig macht.
Stunts. - Da weiß ich noch nicht so recht, was ich davon halten soll: Ein Spieler nimmt sich in einer Szene, in der er eine Aktion mit normaler Erfolgs-Chance normal ausführen könnte, eine "künstliche" Erschwernis, die ihm mindestens einen Abzug von -2 auf seinen Wurf für die Aktion einbringen muß. Hat er damit Erfolg, so steht ihm für diesen Stunt ein Bennie zu.
An sich ist das einfach bescheuert AUF KRAMPF Handlungen selbst zu erschweren, nur damit eine "schönere Geschichte" herauskommt und ein Bennie herausspringt (oder jede Menge Wunden, weil man nicht einfach so in den anfahrenden Zug springen wollte, sondern außen am Wagon herumturnen mußte, um die -2 Abzug auf den Agility-Wurf zu bekommen, den man damit dann nicht geschafft hat, was einem Sturzschaden sonder gleichen eingehandelt hat). - Um Stunts im Spiel zu bekommen, müssen die Spieler sich die Bennies in Rahmen eines Pulp-Spiels meiner Meinung nach nicht so hart und so riskant "erarbeiten", sondern sie bekommen sie risikofreier "zugeschoben" für die pulp-typische "Dicke Lippe" auch in hoffnungslosen Situationen und andere, weniger riskante, aber stimmungsfördernde Handlungen. Und wenn sie Stunts machen, dann geben sie diese Bennies wieder AUS, um eben in solchen halsbrecherischen Aktionen doch noch erfolgreich zu sein, wenn sich diese AUS DEM SPIELGESCHEHEN HERAUS ergeben. - Also NICHT gekrampft künstlich erschwert sind, sondern von sich aus schon schwer genug anzusetzen sind - aber eben auch für einen richigen Helden NOTWENDIG.
Bennie-Regel zur "Story Declaration". Das ist genau das "geringfügige Editieren" von aktuellen Szenen um Fakten, die bislang noch nicht dargestellt wurden. So kann man damit das obige Edge für "genau das Ding!" überflüssig machen: Mit einem Bennie findet man eben "genau das passende Ding!" in seiner Reisetasche oder irgendwo herumliegen.
Problematisch finde ich an dieser Regelung, die so auch für Hero Points bei Barbarians of Lemuria formuliert ist, daß man für einen doch eher kleinen und völlig schwammigen und mit Spielleiter-Veto einschränkbaren Effekt einen Bennie ausgeben muß. - Das mag daran liegen, daß ich in MEINEN Pulp-Runden solche Szenen-Editierungen EINFACH SO zulasse. Die Spieler sagen mir ein Detail, einen Fakt über die Szene, und wenn ich den nicht total bescheuert finde, dann IST das jetzt ein Fakt. (Bei "bescheuert" mache ich vom Veto-Recht Gebrauch.) Bennies braucht man dafür NICHT in solchen Settings auszugeben, wo den HELDEN ihre Ausrüstung oder ihre nähere Umgebung an sich nur die Bühne für ihre Coolness bieten soll. - Ein Edge, wie das oben erwähnte, ist eher etwas für eine weniger heroische, weniger "hoch-oktanige" Settingausrichtung, finde ich. - Wie gesagt: Mein Geschmack ist da anders.
Henchmen und Mooks. - Oje. Ich hatte ja schon hier im Forum darüber geschrieben, warum ich zwei weitere Arten von Extras für BESCHEUERT halte. Und zwar u.a. zu Savage MARS. Und das kommt aus dem gleichen "Stall" wie TT-SW. Und nun hat man hier auch die 4E-Minions - Mooks genanntes Fallobst mit miesen Skillwerten und ohne jegliches Edge - und die "Wildcards mit nur einer Wunde" - Henchmen genannt, mit Wild Die, aber ansonsten ein Extra. - Wie ich schon sagte: BESCHEUERT. - Ist ein NSC wichtig genug, dann ist er ein Wildcard. Ist er unwichtig, dann ist er ein Extra. Und Extras kann man SEHR UNTERSCHIEDLICH kompetent hinbekommen - unter anderem mit den passenden Edges! - Meiner Meinung nach: SCHLECHTE IDEE für dieses Kapitel.
Mit einer Ausnahme: Als Settingregel bei besonders fanatischen Schergen ist das "Opfern" von solchen Extras um einen verwundenden Treffer gegen ihren Boss aufzufangen schon passend. Dr. Fu-Manchu hat solche "zweibeinigen Kugelfänge" zuhauf um sich herum.
Markige Sprüche und Schurken-Monologe. - Daß man letztlich einen eigenen Abschnitt dafür reserviert, zu sagen, daß "speaking is a free action" gilt, finde ich sehr ... D20. - Und warum man bei einem Schurken einen überflüssigen Test of Will ausführen soll, wenn dieser einen HELDEN in eine sicher "unentrinnbare Todesfalle" sperrt, damit er seinen Schurken-Monolog mit allen Details des Plans halten kann, sehe ich nicht. - Hat der Schurke Nachteile wie Cocky, Big Mouth, Arrogant, dann plappert er eh drauflos. - Ist der Schurke ein überlegter und überlegener Fiesling wie Ming, the Merciless, dann hält der den Mund - und die Spieler müssen sich halt was einfallen lassen, ihm die Zunge zu lösen. Den Automatismus in diesem Abschnitt kann ich nicht gut finden.
KAPITEL SECHS: PULP VILLAINS
Hier werden vier Über-Schurken vorgestellt mit Abenteuer-Ideen. SEHR klischeehaft (Otto von Ubel), aber OK.
KAPITEL SIEBEN: PULP VILLAINS - THE NAZIS
Tja, das kenne ich ja schon als D20-Produkt. Und genau so ist es dann auch inhaltlich.
Ein wenig "Historie" der Nazis (im Pulp-Sinne!), ein paar Archetypen mit Spielwerten als Fertig-Kanonenfutter-NSCs vom Stoppelhopser über Zauberer der Thule Gesellschaft (die man sich hätte sparen sollen!) bis zur peitschenschwingenden She-Wolf of the SS Dominatrix ist da einiges dabei.
Und Plot-Ideen - unter anderem zum Auffinden der Heiligen Lanze (oder der Bundeslade) zu Nazi-Atomwaffen, Nazi-Raumschiffen, Nazi-Wasauchimmer,... - Durchaus brauchbar, ABER: das stellt einen echten BRUCH zu den sonst favorisierten Themen der Pulp-Heftromane dar. In diesen waren die Knallchargen-Nazis im Indiana-Jones-Stil NICHT zu finden! Die sind ein Produkt der "Pseudo-Pulp"-Kinofilme jüngeren Datums.
KAPITEL ACHT: PULP VILLAINS - THE THUGEE
Wie das D20-Supplement. - Halsabschneider bzw. eher -umdreher, die über das Britische Imperium aus Indien in die ganze Welt gelangt sind, wo sie ihre sinistren Umtriebe und ihre abscheulichen Kulthandlungen unter der Maske höfllicher gebildeter oder höfllicher dienender Inder ausüben. Interessanterweise mögen sie vornehmlich WEISSE, großbusige Frauen nordamerikanischer Herkunft als Opfer für ihre bestialischen perversen Gottheiten entführen, wobei diese Frauen ärgerlicherweise allesamt mit durchtrainierten Zwei-Meter-Männern, Faustkämpfern, die hart im Nehmen sind, verlobt sind, deren Timing so ungeschickt ist, daß sie immer zum Zeitpunkt der Opferungszeremonie hereinplatzen müssen. - Wie unglücklich.
Auch hier jede Menge benannter und namenloser NSCs, die aufrechten Amerikanern ans Leder wollen.
KAPITEL NEUN: PULP VILLAINS - PERILS OF THE ORIENT
Ah, die gelbe Gefahr! - Dr. Fu-Manchu, der "Hasser der weißen Rasse". Die rätselhafte Dragon-Lady und ihre tätowierten Tong-Schergen. Mongolische Horden, die was dagegen haben, daß weiße Archäologen den Säbel Dschingis Khans ausbuddeln. Schwarze Mönche in Tibet. Yetis. Ninjas und sonstiges schlitzäugiges Kroppzeug, daß auf zwei Sachen aus ist: Weiße Frauen als wertvollste Lustsklavinnen/Handelsgegenstände/Opfer zu entführen, und weiße Männer nach allen Regeln der Kampfkunst und mit allen fiesen Ninja-Kungfu-Unfairnissen solange zu töten, bis sie liegen bleiben. - Wie gesagt: Ist der NSC gelb, dann will er Dich umlegen. Die Gelbe Gefahr halt.
KAPITEL ZEHN: ADVENTURE GENERATOR
Der ist hier auch praktisch identisch zur D20-Version, enthält er ja auch nichts Regeltechnisches. Wer Lester Dent's Master Plot Formula kennt, der weiß, warum ich diesen Generator so VERDAMMT GUT finde. - Wer diese Meisterplotformel nicht kennt, der sollte diese für Pulp-Spielleiter gravierende Wissenslücke baldigst schließen.
15 Seiten Zufallstabellen entlang der Master Plot Formula wissen zu überzeugen.
KAPITEL ELF: THE CRIMSON EMPEROR - A 5 PART SERIAL PLOT-POINT CAMPAIGN
Es ärgert mich einfach. - Und zwar ärgert es mich, daß Lizenznehmer offensichtlich zu BLÖDE oder zu FAUL sind den auf der Pinnacle-Homepage sogar ganz lang und breit dargelegten Begriff "Plot-Point-Kampagne" zu VERSTEHEN. - Wer es hier im Forum auch noch nicht mitbekommen hat: Hier der Pinnacle-Artikel zu Plot-Point-Kampagnen.
Was hier geboten wird ist ein LINEARES, GESCRIPTETES Abenteuer in fünf Teilen. - KEINE Plot-Point-Kampagne!
Es handelt sich hier um fünf direkt in einander übergehende Teile eines längeren Abenteuers. Der erste Teil beginnt als eher politisches Szenario. Der zweite ist mehr mit organisiertem Verbrechen befaßt. Der dritte Teil führt ins mysteriöse Tibet. Der vierte Teil bietet mehr "Gelbe Gefahr", als man mit Maschinenpistolen niedermähen kann. Und der fünft Teil führt zu einem furiosen Abschluß in das anfängliche Politik-Szenario in den USA zurück - und alle überlebenden Personen aus den vorigen Teilen könnten hier ein Wörtchen mitzureden haben. - Diese fünf Abenteuer zusammen haben auf 70 kleinformatigen Seiten etwas mehr als eine Ausgabe der Daring Tales of Adventure, aber weniger als zwei DTAs zu bieten. Als "Kampagne" etwas sehr kurz. Und eben - wie gesagt - überhaupt KEINE Plot-Point-Kampagne.
Das Buch wird abgeschlossen von einem eher langweiligen Charakterbogen und der Ankündigung mehr Support-Material bieten zu wollen (was in Ordnung wäre, wenn Adamant nicht immer für jede paar Seiten GELD sehen wollte).
Ein Bestiarium mit normalen Tieren und jeder Menge Standard-NSCs (auch von allen SC-Typen Vertretern) gibt es NICHT. - Schade. Ich BRAUCHE so etwas bei meiner Art zu leiten STÄNDIG.
Wie schneidet TT-SW nun ab im Vergleich mit DTA, TRES und dem Pulp Toolkit?
Die Daring Tales of Adventure Abenteuerreihe bietet KEINE Ausrüstungen und KEINE Charaktererschaffungsregeln, sowie KEINE neuen Edges/Hindrances usw. - Dafür sind die Settingregeln für Pulp-Abenteuer bei DTA kostenlos erhältlich und mindestens genauso tauglich wie die in TT-SW gebotenen (und ein paar unsinnige Sachen - siehe meine Anmerkungen oben - sind da gar nicht erst drin). - Die DTA bieten KEINE NSC-Listen zum Basteln eigener Abenteuer. Sollen sie ja auch nicht, weil es sich ja nicht um einen Settingband handelt, sondern eine Reihe sehr gut gemachter und (Stichwort: Savage Tales!) voneinander UNABHÄNGIGER Abenteuer.
TT-SW kommt als Settingband mit der Vorgabe, daß sich der Spielleiter schon selbst SEINE EIGENE Art an Pulp-Abenteuern zusammenbasteln soll, daher. Damit ist die Stoßrichtung dieses Produkts anders als bei der DTA-Abenteuer-Reihe. - Das fünfteilige Abenteuer in TT-SW ist solide und sieht aus, als würde es Spaß machen.
DTA zielt mehr auf Indiana-Jones-überkandidelte-Film-Action ab. Und durch die vorgegebenen Abenteuer kann man das auch kaum weniger überkandidelt spielen. - TT-SW kann auch out of the book die harten Pulp-Boxer-Romane oder Mafia-Stories oder "Die Faust im Nacken" umsetzen, was es flexibler und - nach meinem Geschmack - näher am eigentlichen, am "natürlich starken" Pulp angesiedelt macht. (Auch wenn es bisweilen ein paar von mir als Brüche empfundene Punkte gibt.)
The Ravaged Earth Society ist eine ausgesprochen unausgegorene Mischung aus lauter Bestandteilen, die jedes für sich "cool" sind, die aber zusammen leider kein Ganzes ergeben. Die TRES-Abenteuer sind schon OK, aber TRES als Setting weiß nicht, wohin es will und was es will. - TT-SW gebe ich in den meisten Bereichen den Vorzug vor TRES. - TRES ist einzig in manchen Stellen eben DOCH ziemlich cool (auch wenn die nicht so recht zusammenpassen); daher nicht in allen Bereichen. Insgesamt wirkt TT-SW einfach runder und mit klarerer Linie abgefaßt (auch wenn es ja eine Zusammenstellung einzelner D20-PDF-Produkte ist - dem TT-SW-Buch merkt man das nicht wirklich an, und das sagt Gutes über die Autoren bzw. das Lektorat).
Der zweiteilige Pulp-Toolkit von Pinnacle ist ein Werkzeugkasten. Einerseits für Geräte, Fahrzeuge, Verrückte Wissenschaft usw., andererseits für das Gestalten unterschiedlicher Pulp-Settings (unterschiedlich heroisch, unterschiedlich überkandidelt). - Im Pulp-Toolkit wird wirklich ALLES mögliche zum Thema Pulp mitgeliefert. Ein eigenständiges Setting wie TRES hat ja TT-SW auch nicht, sondern kommt auch eher als "vorbereiteter" Baukasten daher. Der Pulp-Toolkit kann in weiten Bereichen mehr als TT-SW zu bieten hat. Von Charaktererschaffung über Ausrüstung und durchstimmbare Settingregeln, bis hin zu VIELEN NSCs, die man einfach nur aufschlagen und im Spiel verwenden kann, bietet der Pulp-Toolkit alles, außer Abenteuern oder Abenteuer-Generatoren. Als Werkzeugkasten zum Selbsterstellen eigener Abenteuer ist der Pulp-Toolkit sicher besser geeignet als DTA, aber auch besser als TRES. - Was TT-SW voraus hat, ist der Abenteuer-Generator (und eine Riesenmenge noch nicht auf SW konvertierter D20-Pulp-Abenteuer).
Ich finde den Ansatz zur Charaktererschaffung bei TT-SW sehr gut. Die Ausrüstung ist im Pulp-Gear-Toolkit besser geboten. Die Setting-Regeln sind nach Pulp-Toolkit oder DTA geschickter umgesetzt. Die Schurken mit Abenteuer-Einhakstellen kommen in TT-SW ziemlich gut. Es fehlt in TT-SW ein Bestiarium mit normalen Tieren (für Tarzan usw.) und mit standardmäßig auftretenden NSCs (SEHR WICHTIG für das Leiten solcher NSC-intensiven Settings wie Detektiv-Geschichten usw.) - das ist der Pulp-Toolkit überlegen. Der Abenteuer-Generator in TT-SW ist SEHR zu empfehlen. Die einzelnen Abenteuer (auch sonstige der D20-TT-Reihe) sind auch nicht schlecht.
Mein persönliches Fazit:
Ich werde TT-SW eine spielerische Chance geben, ABER immer mit dem Pulp-Toolkit im Spielleitergepäck. - Der Pulp-Toolkit ist in meinen Augen das immer noch ungeschlagen BESTE Pulp-Rollenspiel-Produkt für Savage Worlds. In der Kombination bieten beide etwas, was nur eines allein nicht hat. Daher eben Pulp-Toolkit UND Thrilling Tales 2nd Edition (Savage Worlds) GEMEINSAM.
- Daring Tales of Adventure - 30er/40er-Jahre-Kinofilm-Pulp moderner Prägung (d.h. Indiana Jones, nicht wirklich 30er-Jahre Filme, da diese weit weniger überkandidelte Action-Szenen enthielten).
- The Ravaged Earth Society - 20er/30er-Jahre-Kinofilm-Pulp moderner Prägung (s.o.)
- The Day after Ragnarok - 50er-Jahre-Post-Apokalypse-Pulp moderner Prägung (s.o.)
- Pulp Toolkit - Pulp-Abenteuer unterschiedlichster Prägung, auch abseits von den modernen Kinofilmen und mehr im Stile der Comics und noch mehr der Pulp-Romane (dem eigentlichen Pulp-Genre).
- Realms of Cthulhu - Pulp-Cthulhoid-Monsters-Butt-Kicking-and-Names-Taking (als zumindest EINE von mehreren Spielformen dieser SW-Call-of-Cthulhu-Ausgabe).
- In (naher?) Zukunft: Promythos - "Moderner Pulp" im Lara Croft oder Relic Hunter Stil (zumindest, was man den raren Aussagen zu diesem eigenständig deutschen Savage-Setting entnehmen konnte).
- Wohl nicht (oder vielleicht doch irgendwann): Hardboiled - film noir Rollenspiel der Marke "Bloodshadows meets A Dirty World"
Und nun: Thrilling Tales 2nd Edition (Savage Worlds).

Bei RPGnow.com als umfangreiche (257 Seiten) 12 MB große PDF-Datei, mit - offensichtlich - auf Kleinformat (13,97 cm auf 21,5 cm) ausgelegten Seiten von Adamant Entertainment für 10 Euro erhältlich.
Man kann Texte herauskopieren - besonders wichtig für die eigene Abenteuervorbereitung.
Die PDF hat ein farbiges Titelbild und ist sonst eher "grau" auf den Seiten (wie billiges Heftroman-Papier = Pulp). Illustrationen sind in Schwarz-Weiß. Eine druckerfreundliche Ausgabe gibt es hier nicht, doch ist nicht so arg viel schwarze Fläche geboten, daß es dem Druckergeldbeutel wirklich weh tun wird.
Thrilling Tales dürften D20-Pulp-Freunden schon LAAAANGE ein Begriff sein. Diese D20-Pulp-Adaption zeichnete sich durch "Themenhefte", kleine, eng thematisch ausgerichtete PDFs zu bestimmten Charakterklassen, Schurken-Archetypen, usw. aus. Auch eine eigene Serials-Produktion (mit Video/Audio-Unterstützung) gab es.
Nachdem D20 nun schon länger das Lizenzäquivalent von Gammelfleisch ist, suchen inzwischen viele kleine (und größere) Ehemals-D20-Lizenznehmer nach der Möglichkeit ohne viel Arbeit ihre alten Produkte "umzurüsten" und an den (neuen) Mann zu bringen. - In diesem Falle hier auch.
Als Pulp-Fan hatte ich eine ganze Reihe der D20-Produkte erworben. Namentlich:
Aus der Advanced Class Reihe:
- Ace Reporter
- Air Ace
- Big Game Hunter
- Boxer
- Femme Fatale
- Fortune Hunter
- G-Man
- Gumshoe
- Mad Scientist
- Man of Mystery
- Mastermind
- Mesmerist
- Noble Savage
- Paragon
- Rocket Ranger
Und aus der Pulp Villains Reihe:
- Nazis
- Thuggee
Sowie den Gamemaster's Guide to Pulp Adventure (mit Pulp-Untergenre-Darstellungen, Zeitleiste ab 1930 und einem SEHR GUTEN (mein Grund das Teil damals gekauft zu haben) Pulp-Abenteuer-Generator in Tabellenform).
Was finden wir nun in der Savage Worlds Ausgabe von Thrilling Tales? (Hiernach TT-SW abgekürzt.)
Zum einen mal stimmungsvolle (Original?)Titelbilder und Innenillustrationen, wie aus den Pulp-Heften der Hochzeit dieses Genres in der Literatur. - Hier ist weniger der total überkandidelte, fast schon unspannend-lächerliche moderne Kinofilm-"Pseudo-Pulp", und auch nicht die grellen Pulp-Comics, sondern die Heftromane, also der EIGENTLICHE Pulp das Thema.
KAPITEL EINS: PULP ADVENTURE
Auch hier gibt es unterschiedliche Pulp-Unter-Genres, die in TT-SW eingangs auf einem Dutzend Seiten angerissen werden. Hier wird auch eine Abgrenzung gemacht: Sword&Sorcery und Sword&Planet ist NICHT das Thema von TT-SW.
(Nebenbei: Adamant hat ja gerade ihr Sword&Planet-D20-Setting "MARS" für SW recyclet - übrigens mit einem ähnlich starken Kopieranteil aus den MARS D20 Produkten wie bei TT-SW; und mit einem völlig INAKZEPTABLEN "Support" via Abonnement-Vertrag! Man sieht: Adamant hat noch nicht raus, was Savages lange Jahre GEWOHNT sind: Kostenlose Updates ihrer Kauf-PDFs!)
KAPITEL ZWEI: A TIMELINE OF THE 1930s
TT-SW setzt dann mit einer Zeitleiste von 1930 beginnend bis 1939 über 5 Seiten fort.
KAPITEL DREI: CHARACTERS
Hier wird folgendes geboten:
Archetypen:
- Ace Reporter
- Air Ace
- Big Game Hunter
- Boxer
- Femme Fatale
- Fortune Hunter
- G-Man
- Gumshoe
- Gun Moll (hatte ich noch nicht als D20-Advanced-Class)
- Mad Scientist
- Man of Mystery
- Mastermind
- Mesmerist
- Mobster (hatte ich noch nicht als D20-Advanced-Class)
- Noble Savage
- Paragon
- Rocket Ranger
- Trusted Sidekick (hatte ich noch nicht als D20-Advanced-Class)
40 Seiten Fluff-Recycling der ehemals einzeln verkauften Advanced Class Produkte für D20. - Recycling muß nichts Schlimmes sein!
Was hier GUT gemacht wurde:
Jeder Charakter-Archetyp bekommt nicht etwa eine ellenlange Liste an neuen Edges oder - Kardinalfehler bei D20-Lizenznehmern, die auf SW wechseln - für jede Klasse oder Prestige-Klasse ein neues Professional Edge, sondern es gibt jeweils drei Listen:
- Suggested Skills
- Suggested Edges
- Suggested Hindrances
Das ist SEHR GUT! - So bekommt man bei der Charaktererschaffung Anhaltspunkte, was man für einen typischen Vertreter dieser Rolle in der Spielwelt brauchen könnte, aber man kann auch ATYPISCHE Vertreter mit mehr Ecken und Kanten erschaffen.
Eigenartig bei der Charaktererschaffung ist das Startcharakter-Kompetenz-Niveau:
- Startet man mit 4 oder mehr SCs, so beginnen alle im Seasoned Rank.
- Startet man mit nur 2 oder 3 SCs, so beginnen diese im Veteran Rank.
- Hat man nur einen einzigen Legendären Helden und Sidekicks, so erschafft man einen "shared hero", also einen von ALLEN Spielern geteilten "Überhelden" von Legendary Rank und individuelle SCs als Sidekicks auf Seasoned Rank.
5 neue Hindrances, die man so oder so ähnlich schon mal in anderen Settings gesehen hat:
- Cocky (wie Gloater bei NE),
- Glass Jaw (SW-GE)
- Obligations
- Savage (für Tarzan)
- Shell Shock
18 neue Edges, die auch zu einem guten Teil bereits bekannt aus anderen Settings (oder der SW-GE oder dem Pulp-Toolkit, mit dem man eh ALLES in TT-SW aufgeführte und MEHR machen kann!) sein dürften:
- Brilliant Scientist (wie Wizard Edge, nur für Weird Science)
- Bring it on! (kein Ganging-Up Bonus mehr gegen diesen Charakter)
- Charmer (wie Snakeoil Salesman in DL:R)
- Deus ex machina (eine Art Harder to Kill mit sicherem Ausgang und auf mehrere Personen ausdehnbar)
- Dirty Fighter (bekannt aus 50F)
- Font of Information (sozusagen: Umgekehrtes Clueless)
- Failsafe (Gizmos haben nur noch bei kritischem Fehler eine Fehlfunktion)
- Gadget (gibt einem NICHT-Weird-Scientist Zugriff auf ein Gizmo als sein "Ding", Raketenrucksack, usw.)
- Halls of Power (eine Art "Improved Connection" Edge - mehr für Schurken gedacht)
- Iron Jaw (SW-GE)
- Just the Thing (Edge, das einem einmal pro Spielsitzung erlaubt, einen gerade notwendigen Gegenstand "hach, hab ich doch noch eingepackt gehabt!" aufzutreiben - Meine Meinung: Das gehört eher in eine Hausregel für Bennie-Einsatz in entsprechenden Pulp-Settings als in ein Edge.)
- Man without Fear (faßt Strong Willed und Brave Boni in ein Edge zusammen)
- Moxie (+2 bei Wurfwiederholungen mittels Bennie-Einsatz)
- Nick of Time (Sehr cooles Edge für Sidekicks und "Helferlein")
- Nine Lives (Erlaubt Schurken (dieses Edge ist NUR für Schurken!) bei Ausgabe aller ihrer verfügbaren Bennies einem sicheren Tode durch das Mittel des "obscure death" zu entkommen - Meine Meinung: Dieses "schurkische Entkommen" ist ein ÜBERFLÜSSIGES Edge, weil zum einen Charaktere (Wildcards) durch massive Entschärfung der Incapacitation-Regeln nicht sterben werden, und zum anderen man eh nach Belieben JEDEM NSC nahezu beliebige Eigenschaften geben kann, was die Entwicklung reiner NSC-Edges überflüssig macht. Harder to Kill hatte in meinen Runden bislang IMMER ausgereicht NSCs den "vorzeitigen Plot-Ausstieg" zu ersparen. Und DTA hat einfach die Regelung getroffen, daß Schurken einen Bennie ausgeben können, und so die Szene ihres Untergangs gerade noch rechtzeitig verlassen können.)
- Photographic Memory (SCHLECHTE Idee: hier kann sich ein SC immer an ALLES perfekt erinnern. Ohne Wurf! - Das ist SW-untypisch und paßt nicht ins System. Hindrances dürfen "schwammig" sein, aber bei Edges wäre hier z.B. ein +4 Bonus auf einen Smarts-Wurf schon heftig, aber immer noch mit der CHANCE auf Fehlschlag verbunden.)
- Really Dirty Fighter (siehe 50F oder SW-GE)
- Trademark Vehicle (paßt - hab ich auch oft von Trademark Weapon analog abgeleitet)
Man merke: Es gibt hier nur zwei Arkane Hintergründe für SCs: Weird Science und Psionics.
KAPITEL VIER: EQUIPMENT
Es folgen im Ausrüstungs-Kapitel knapp 20 Seiten Waffen und Fahrzeuge (bis zur Hindenburg - als "Hindenberg" falsch geschrieben - und dem typischen "Nazi-U-Boot"). Die Waffen und Fahrzeuge sind fast alle GUT bebildert. Bei den Fahrzeugen sind mir Zivilfahrzeuge mit Armor 3 aufgestoßen (man denke an "unsafe at any speed"). - Normale Alltagsausrüstung: Fehlanzeige! Da sollte man sich in den entsprechenden Pulp-Quellen im Internet informieren. Z.B. bei Dirty 30s, oder Uncle Bear's Ultimate Pulp Gear Archive
KAPITEL FÜNF: PULP GAMING RULES
Hier kommen die Settingspezifischen Regeln (ich finde es immer wieder ENTSPANNNEND, wenn ein Settingbuch - auch eine D20-Recycling-Ausgabe - die "klassische" Kapitelabfolge, die man aus anderen Savage Settings gewohnt ist, beibehält).
Wie schon erwähnt ist die Incapacitation-Regel geändert worden, damit KEIN Wildcard JEMALS stirbt aufgrund der Resultate von Incapacitation. Das gilt auch für Schurken, was das dubiose Schurken-Neun-Leben-Edge unnötig macht.
Stunts. - Da weiß ich noch nicht so recht, was ich davon halten soll: Ein Spieler nimmt sich in einer Szene, in der er eine Aktion mit normaler Erfolgs-Chance normal ausführen könnte, eine "künstliche" Erschwernis, die ihm mindestens einen Abzug von -2 auf seinen Wurf für die Aktion einbringen muß. Hat er damit Erfolg, so steht ihm für diesen Stunt ein Bennie zu.
An sich ist das einfach bescheuert AUF KRAMPF Handlungen selbst zu erschweren, nur damit eine "schönere Geschichte" herauskommt und ein Bennie herausspringt (oder jede Menge Wunden, weil man nicht einfach so in den anfahrenden Zug springen wollte, sondern außen am Wagon herumturnen mußte, um die -2 Abzug auf den Agility-Wurf zu bekommen, den man damit dann nicht geschafft hat, was einem Sturzschaden sonder gleichen eingehandelt hat). - Um Stunts im Spiel zu bekommen, müssen die Spieler sich die Bennies in Rahmen eines Pulp-Spiels meiner Meinung nach nicht so hart und so riskant "erarbeiten", sondern sie bekommen sie risikofreier "zugeschoben" für die pulp-typische "Dicke Lippe" auch in hoffnungslosen Situationen und andere, weniger riskante, aber stimmungsfördernde Handlungen. Und wenn sie Stunts machen, dann geben sie diese Bennies wieder AUS, um eben in solchen halsbrecherischen Aktionen doch noch erfolgreich zu sein, wenn sich diese AUS DEM SPIELGESCHEHEN HERAUS ergeben. - Also NICHT gekrampft künstlich erschwert sind, sondern von sich aus schon schwer genug anzusetzen sind - aber eben auch für einen richigen Helden NOTWENDIG.
Bennie-Regel zur "Story Declaration". Das ist genau das "geringfügige Editieren" von aktuellen Szenen um Fakten, die bislang noch nicht dargestellt wurden. So kann man damit das obige Edge für "genau das Ding!" überflüssig machen: Mit einem Bennie findet man eben "genau das passende Ding!" in seiner Reisetasche oder irgendwo herumliegen.
Problematisch finde ich an dieser Regelung, die so auch für Hero Points bei Barbarians of Lemuria formuliert ist, daß man für einen doch eher kleinen und völlig schwammigen und mit Spielleiter-Veto einschränkbaren Effekt einen Bennie ausgeben muß. - Das mag daran liegen, daß ich in MEINEN Pulp-Runden solche Szenen-Editierungen EINFACH SO zulasse. Die Spieler sagen mir ein Detail, einen Fakt über die Szene, und wenn ich den nicht total bescheuert finde, dann IST das jetzt ein Fakt. (Bei "bescheuert" mache ich vom Veto-Recht Gebrauch.) Bennies braucht man dafür NICHT in solchen Settings auszugeben, wo den HELDEN ihre Ausrüstung oder ihre nähere Umgebung an sich nur die Bühne für ihre Coolness bieten soll. - Ein Edge, wie das oben erwähnte, ist eher etwas für eine weniger heroische, weniger "hoch-oktanige" Settingausrichtung, finde ich. - Wie gesagt: Mein Geschmack ist da anders.
Henchmen und Mooks. - Oje. Ich hatte ja schon hier im Forum darüber geschrieben, warum ich zwei weitere Arten von Extras für BESCHEUERT halte. Und zwar u.a. zu Savage MARS. Und das kommt aus dem gleichen "Stall" wie TT-SW. Und nun hat man hier auch die 4E-Minions - Mooks genanntes Fallobst mit miesen Skillwerten und ohne jegliches Edge - und die "Wildcards mit nur einer Wunde" - Henchmen genannt, mit Wild Die, aber ansonsten ein Extra. - Wie ich schon sagte: BESCHEUERT. - Ist ein NSC wichtig genug, dann ist er ein Wildcard. Ist er unwichtig, dann ist er ein Extra. Und Extras kann man SEHR UNTERSCHIEDLICH kompetent hinbekommen - unter anderem mit den passenden Edges! - Meiner Meinung nach: SCHLECHTE IDEE für dieses Kapitel.
Mit einer Ausnahme: Als Settingregel bei besonders fanatischen Schergen ist das "Opfern" von solchen Extras um einen verwundenden Treffer gegen ihren Boss aufzufangen schon passend. Dr. Fu-Manchu hat solche "zweibeinigen Kugelfänge" zuhauf um sich herum.
Markige Sprüche und Schurken-Monologe. - Daß man letztlich einen eigenen Abschnitt dafür reserviert, zu sagen, daß "speaking is a free action" gilt, finde ich sehr ... D20. - Und warum man bei einem Schurken einen überflüssigen Test of Will ausführen soll, wenn dieser einen HELDEN in eine sicher "unentrinnbare Todesfalle" sperrt, damit er seinen Schurken-Monolog mit allen Details des Plans halten kann, sehe ich nicht. - Hat der Schurke Nachteile wie Cocky, Big Mouth, Arrogant, dann plappert er eh drauflos. - Ist der Schurke ein überlegter und überlegener Fiesling wie Ming, the Merciless, dann hält der den Mund - und die Spieler müssen sich halt was einfallen lassen, ihm die Zunge zu lösen. Den Automatismus in diesem Abschnitt kann ich nicht gut finden.
KAPITEL SECHS: PULP VILLAINS
Hier werden vier Über-Schurken vorgestellt mit Abenteuer-Ideen. SEHR klischeehaft (Otto von Ubel), aber OK.
KAPITEL SIEBEN: PULP VILLAINS - THE NAZIS
Tja, das kenne ich ja schon als D20-Produkt. Und genau so ist es dann auch inhaltlich.
Ein wenig "Historie" der Nazis (im Pulp-Sinne!), ein paar Archetypen mit Spielwerten als Fertig-Kanonenfutter-NSCs vom Stoppelhopser über Zauberer der Thule Gesellschaft (die man sich hätte sparen sollen!) bis zur peitschenschwingenden She-Wolf of the SS Dominatrix ist da einiges dabei.
Und Plot-Ideen - unter anderem zum Auffinden der Heiligen Lanze (oder der Bundeslade) zu Nazi-Atomwaffen, Nazi-Raumschiffen, Nazi-Wasauchimmer,... - Durchaus brauchbar, ABER: das stellt einen echten BRUCH zu den sonst favorisierten Themen der Pulp-Heftromane dar. In diesen waren die Knallchargen-Nazis im Indiana-Jones-Stil NICHT zu finden! Die sind ein Produkt der "Pseudo-Pulp"-Kinofilme jüngeren Datums.
KAPITEL ACHT: PULP VILLAINS - THE THUGEE
Wie das D20-Supplement. - Halsabschneider bzw. eher -umdreher, die über das Britische Imperium aus Indien in die ganze Welt gelangt sind, wo sie ihre sinistren Umtriebe und ihre abscheulichen Kulthandlungen unter der Maske höfllicher gebildeter oder höfllicher dienender Inder ausüben. Interessanterweise mögen sie vornehmlich WEISSE, großbusige Frauen nordamerikanischer Herkunft als Opfer für ihre bestialischen perversen Gottheiten entführen, wobei diese Frauen ärgerlicherweise allesamt mit durchtrainierten Zwei-Meter-Männern, Faustkämpfern, die hart im Nehmen sind, verlobt sind, deren Timing so ungeschickt ist, daß sie immer zum Zeitpunkt der Opferungszeremonie hereinplatzen müssen. - Wie unglücklich.
Auch hier jede Menge benannter und namenloser NSCs, die aufrechten Amerikanern ans Leder wollen.
KAPITEL NEUN: PULP VILLAINS - PERILS OF THE ORIENT
Ah, die gelbe Gefahr! - Dr. Fu-Manchu, der "Hasser der weißen Rasse". Die rätselhafte Dragon-Lady und ihre tätowierten Tong-Schergen. Mongolische Horden, die was dagegen haben, daß weiße Archäologen den Säbel Dschingis Khans ausbuddeln. Schwarze Mönche in Tibet. Yetis. Ninjas und sonstiges schlitzäugiges Kroppzeug, daß auf zwei Sachen aus ist: Weiße Frauen als wertvollste Lustsklavinnen/Handelsgegenstände/Opfer zu entführen, und weiße Männer nach allen Regeln der Kampfkunst und mit allen fiesen Ninja-Kungfu-Unfairnissen solange zu töten, bis sie liegen bleiben. - Wie gesagt: Ist der NSC gelb, dann will er Dich umlegen. Die Gelbe Gefahr halt.
KAPITEL ZEHN: ADVENTURE GENERATOR
Der ist hier auch praktisch identisch zur D20-Version, enthält er ja auch nichts Regeltechnisches. Wer Lester Dent's Master Plot Formula kennt, der weiß, warum ich diesen Generator so VERDAMMT GUT finde. - Wer diese Meisterplotformel nicht kennt, der sollte diese für Pulp-Spielleiter gravierende Wissenslücke baldigst schließen.
15 Seiten Zufallstabellen entlang der Master Plot Formula wissen zu überzeugen.
KAPITEL ELF: THE CRIMSON EMPEROR - A 5 PART SERIAL PLOT-POINT CAMPAIGN
Es ärgert mich einfach. - Und zwar ärgert es mich, daß Lizenznehmer offensichtlich zu BLÖDE oder zu FAUL sind den auf der Pinnacle-Homepage sogar ganz lang und breit dargelegten Begriff "Plot-Point-Kampagne" zu VERSTEHEN. - Wer es hier im Forum auch noch nicht mitbekommen hat: Hier der Pinnacle-Artikel zu Plot-Point-Kampagnen.
Was hier geboten wird ist ein LINEARES, GESCRIPTETES Abenteuer in fünf Teilen. - KEINE Plot-Point-Kampagne!
Es handelt sich hier um fünf direkt in einander übergehende Teile eines längeren Abenteuers. Der erste Teil beginnt als eher politisches Szenario. Der zweite ist mehr mit organisiertem Verbrechen befaßt. Der dritte Teil führt ins mysteriöse Tibet. Der vierte Teil bietet mehr "Gelbe Gefahr", als man mit Maschinenpistolen niedermähen kann. Und der fünft Teil führt zu einem furiosen Abschluß in das anfängliche Politik-Szenario in den USA zurück - und alle überlebenden Personen aus den vorigen Teilen könnten hier ein Wörtchen mitzureden haben. - Diese fünf Abenteuer zusammen haben auf 70 kleinformatigen Seiten etwas mehr als eine Ausgabe der Daring Tales of Adventure, aber weniger als zwei DTAs zu bieten. Als "Kampagne" etwas sehr kurz. Und eben - wie gesagt - überhaupt KEINE Plot-Point-Kampagne.
Das Buch wird abgeschlossen von einem eher langweiligen Charakterbogen und der Ankündigung mehr Support-Material bieten zu wollen (was in Ordnung wäre, wenn Adamant nicht immer für jede paar Seiten GELD sehen wollte).
Ein Bestiarium mit normalen Tieren und jeder Menge Standard-NSCs (auch von allen SC-Typen Vertretern) gibt es NICHT. - Schade. Ich BRAUCHE so etwas bei meiner Art zu leiten STÄNDIG.
Wie schneidet TT-SW nun ab im Vergleich mit DTA, TRES und dem Pulp Toolkit?
Die Daring Tales of Adventure Abenteuerreihe bietet KEINE Ausrüstungen und KEINE Charaktererschaffungsregeln, sowie KEINE neuen Edges/Hindrances usw. - Dafür sind die Settingregeln für Pulp-Abenteuer bei DTA kostenlos erhältlich und mindestens genauso tauglich wie die in TT-SW gebotenen (und ein paar unsinnige Sachen - siehe meine Anmerkungen oben - sind da gar nicht erst drin). - Die DTA bieten KEINE NSC-Listen zum Basteln eigener Abenteuer. Sollen sie ja auch nicht, weil es sich ja nicht um einen Settingband handelt, sondern eine Reihe sehr gut gemachter und (Stichwort: Savage Tales!) voneinander UNABHÄNGIGER Abenteuer.
TT-SW kommt als Settingband mit der Vorgabe, daß sich der Spielleiter schon selbst SEINE EIGENE Art an Pulp-Abenteuern zusammenbasteln soll, daher. Damit ist die Stoßrichtung dieses Produkts anders als bei der DTA-Abenteuer-Reihe. - Das fünfteilige Abenteuer in TT-SW ist solide und sieht aus, als würde es Spaß machen.
DTA zielt mehr auf Indiana-Jones-überkandidelte-Film-Action ab. Und durch die vorgegebenen Abenteuer kann man das auch kaum weniger überkandidelt spielen. - TT-SW kann auch out of the book die harten Pulp-Boxer-Romane oder Mafia-Stories oder "Die Faust im Nacken" umsetzen, was es flexibler und - nach meinem Geschmack - näher am eigentlichen, am "natürlich starken" Pulp angesiedelt macht. (Auch wenn es bisweilen ein paar von mir als Brüche empfundene Punkte gibt.)
The Ravaged Earth Society ist eine ausgesprochen unausgegorene Mischung aus lauter Bestandteilen, die jedes für sich "cool" sind, die aber zusammen leider kein Ganzes ergeben. Die TRES-Abenteuer sind schon OK, aber TRES als Setting weiß nicht, wohin es will und was es will. - TT-SW gebe ich in den meisten Bereichen den Vorzug vor TRES. - TRES ist einzig in manchen Stellen eben DOCH ziemlich cool (auch wenn die nicht so recht zusammenpassen); daher nicht in allen Bereichen. Insgesamt wirkt TT-SW einfach runder und mit klarerer Linie abgefaßt (auch wenn es ja eine Zusammenstellung einzelner D20-PDF-Produkte ist - dem TT-SW-Buch merkt man das nicht wirklich an, und das sagt Gutes über die Autoren bzw. das Lektorat).
Der zweiteilige Pulp-Toolkit von Pinnacle ist ein Werkzeugkasten. Einerseits für Geräte, Fahrzeuge, Verrückte Wissenschaft usw., andererseits für das Gestalten unterschiedlicher Pulp-Settings (unterschiedlich heroisch, unterschiedlich überkandidelt). - Im Pulp-Toolkit wird wirklich ALLES mögliche zum Thema Pulp mitgeliefert. Ein eigenständiges Setting wie TRES hat ja TT-SW auch nicht, sondern kommt auch eher als "vorbereiteter" Baukasten daher. Der Pulp-Toolkit kann in weiten Bereichen mehr als TT-SW zu bieten hat. Von Charaktererschaffung über Ausrüstung und durchstimmbare Settingregeln, bis hin zu VIELEN NSCs, die man einfach nur aufschlagen und im Spiel verwenden kann, bietet der Pulp-Toolkit alles, außer Abenteuern oder Abenteuer-Generatoren. Als Werkzeugkasten zum Selbsterstellen eigener Abenteuer ist der Pulp-Toolkit sicher besser geeignet als DTA, aber auch besser als TRES. - Was TT-SW voraus hat, ist der Abenteuer-Generator (und eine Riesenmenge noch nicht auf SW konvertierter D20-Pulp-Abenteuer).
Ich finde den Ansatz zur Charaktererschaffung bei TT-SW sehr gut. Die Ausrüstung ist im Pulp-Gear-Toolkit besser geboten. Die Setting-Regeln sind nach Pulp-Toolkit oder DTA geschickter umgesetzt. Die Schurken mit Abenteuer-Einhakstellen kommen in TT-SW ziemlich gut. Es fehlt in TT-SW ein Bestiarium mit normalen Tieren (für Tarzan usw.) und mit standardmäßig auftretenden NSCs (SEHR WICHTIG für das Leiten solcher NSC-intensiven Settings wie Detektiv-Geschichten usw.) - das ist der Pulp-Toolkit überlegen. Der Abenteuer-Generator in TT-SW ist SEHR zu empfehlen. Die einzelnen Abenteuer (auch sonstige der D20-TT-Reihe) sind auch nicht schlecht.
Mein persönliches Fazit:
Ich werde TT-SW eine spielerische Chance geben, ABER immer mit dem Pulp-Toolkit im Spielleitergepäck. - Der Pulp-Toolkit ist in meinen Augen das immer noch ungeschlagen BESTE Pulp-Rollenspiel-Produkt für Savage Worlds. In der Kombination bieten beide etwas, was nur eines allein nicht hat. Daher eben Pulp-Toolkit UND Thrilling Tales 2nd Edition (Savage Worlds) GEMEINSAM.