Rollenspieltheorie [Stimmungen erzeugen] Allgemein

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Eine allumfassende Formel "Wie gestalte ich Rollenspiel stimmungsvoll?" kann und wird es wohl nicht geben!

Es gibt jedoch in der Tat verschiedene Stimmungen, die in so gut wie jedem Rollenspiel vorkommen. Vielleicht hilft es, sich dieser verschiedenen Facetten einmal gesondert anzunehmen, denn praktisch Jeder, der eine Runde leitet hat wohl so seine ganz eigenen Methoden, Tricks und Kniffe und kann so ggf. Hinweise und/oder Anregungen liefern, die Anderen vielleicht ebenfalls helfen können.

Hier nun eine Übersicht zu verschiedenen Grundstimmungen:
[thread=24554]Neugier[/thread]
[thread=24555]Bedrohung[/thread]
[thread=24556]Beruhigung[/thread]


Vielleicht ein bisschen weniger fokussiert, aber vielleicht ebenfalls sehr hilfreich:
[thread=17628]"Schöne Zeit" glaubwürdig rüberbringen[/thread]
 
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Ich glaube schon, dass es allgemeine Hilfen gibt, Stimmung rüberzubringen.

- Alle Sinne nutzen. Geruch und Tastsinn werden oft vernachlässigt. Ich erinnere mich noch an eine Schlachtszene in Midgard, wo nach drei überstandenen nacheinanderfolgenden Kämpfen der Spielleiter innehielt und einfach mal die Umgebung genau Beschrieb. Der Geruch von Stahl und Blut, der harte Wind, der mir ins Gesicht blies und meine Wunden beißend bewusst machte etc. Und dann kam auch schon der nächste Gegner. Stimmung!

- Stimmung beschreiben. Warum nicht auch einmal direkt? "Die Gegend fühlt sich nicht richtig an. Deine Nackenhaare stellen sich auf. Du spannst Dich unwillkürlich an. Etwas stimmt nicht in dieser Gasse".

- Wetter. Hey, es gibt einen Grund, warum es in Bladerunner immer regnet.
 
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Kerzenlicht, ist zum Beispiel wesentlich angenehmer, als normales Licht.

-Jetzt werden sicherlich einige behaupten, das das doch klar wäre.
Aber trotzdem, ich selbst weiß das es unheimlich Atmo rüber bringen kann und in der Gruppe in der ich zur Zeit spiele,
haben wir es erst die letzten zwei Abende "eingesetzt".

Und es läuft wesentlich besser!, zumindest bei uns in der Runde.:]
 
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Stimmung im Allgemeinen?

Du brauchst vor allen Dingen die Aufmerksamkeit der Spieler und was die Stimmung angeht musst du haptsächlich auf sie, nicht auf ihre Charaktere, abzielen. Letzteres mag irgendwie "billig" klingen, aber auch wenn man ab und an einzelne Spieler hat die sich so in ihren Charakter hineinversetzen das sie "als dieser" mitfiebern, kann man sich darauf nicht verlassen. Der Spieler am Tisch hingegen ist ganz real vorhanden und wenn du ihn nicht in Stimmmung versetzten kannst, kannst du stimmige Charakterszenen eh vergessen.

Sichern wir uns also erstmal die Aufmerksamkeit der Spieler. Am besten von Anfang an. Erarbeite mit den Spielern Konzepte für ihre Charaktere, aber bastle nicht im stillen Kämmerlein mit einzelnen Spielern, sondern versuche die Gruppe dazu zu annimieren gemeinsam Charaktere zu basteln. Die Charaktere können immer noch ihre "Leiche im Keller haben" von der die anderen Spieler nichts wissen und müssen dabei auch nicht 100% ausdefiniert und offengelegt werden, aber wichtig ist das sich a) der betreffende Spieler in den Charakter hineinversetzen kann und b) die anderen Spieler (nicht notwendigerweise deren Charaktere) den Charakter irgendwo sympathisch finden.

Warum? Jemals ein Buch gelesen das mehrere Handlungsstränge hatte, von denen dich einer nicht interessierte und du am liebsten den Teil überspringen hättest? Jemals einen Film gesehen bei dem ein Charakter tierisch unsympathisch war, bei dem du dich gefragt hast wann der Charakter endlich draugeht und bei dem du das peinliche Gefühl hattest das der Filmemacher von dir wollte das du dich um diesen Charakter sorgst? Eben, darum! Wenn die Spieler die Hälfte des Abends nur aus Höflichkeit (wenn überhaupt) zuhören, ist schon was schiefgelaufen und das sie nach einer längeren Charakterszene (die sie gar nicht interessierte) wieder ins Spiel "zurückfinden" ist zumindest ein zeitlicher Aufwand. Am besten ist es wennn die Mitspieler jeden anderen Charakter so verfolgen als wäre der Charakter (wenigstens) ihre liebste Nebenrolle in dem Film, in dem ihr Charakter die Hauptrolle spielt.

Aber höre auch nicht bei den Charakteren auf, liefere auch gleich einen Kampangenaufhänger der alle Spieler interessiert (oder bastle ihn mit den Spielern während diese ihre groben Charakterkonzepte vorstellen), natürlich mit den gleichen Ansprüchen wie o.g. Charaktere (es muss nicht nicht 100% ausdefiniert und offengelegt sein, aber der Aufhänger muss erstmal die Spieler interessieren).

Schlachtet vielleicht auch mal ein paar der heiligen (deutschen?) Kühe! Spielt nicht jeden alltäglichen Fitzel aus, sondern widmet wichtigen Szenen mehr Aufmerksamkeit und verzichtet vielleicht auf althergebrachte Weisheiten wie "Trennung von Charakter- und Spielerwissen"!
Nicht nur das Spieler so ganz ungehemmt "zusehen" können, wenn ihr Charakter mal nicht da ist, es stellt euch auch mal die Frage wie oft ihr euch in einem Film lang und breit ansehen wolltet wie drei verschiedene Guppen herausfinden das man diese seltsamen Zombies nur durch einen Schuss ins Herz töten kann? Genau! Kaum ein zweites und keinesfalls ein drittes Mal. Und wenn man nun doch seinen Mitspielern aufmerksamkeit schenkt und "zuschaut", man aber Charakter- und Spielerwissen trennen (und jeden Fitzel ausspielen) muss, muss macht man genau das; Wozu also aufmerksam sein? Das ist Mist!

Im Zeifelsfall, lasst doch mal die Spieler selbst entscheiden, was sie für den Fortgang des Abenteuers als interessanter empfinden (Z.B. die Gruppe um Spieler 1 erarbeitet sich z.B. die Information das Zombies "sterben" wenn man ihr Herz trifft, Spieler 2 der eine andere Gruppe Überlebender anführt hat keine Lust darauf das nochmal durchzuexerzieren und schlägt eine kurze makabere Szene vor in der seine Gruppe zum gleichen Ergebniss kommt (Worauf ein immer noch spannender Kampf folgt), Spieler 3 hätte lieber das sein Charakter gar nichts davon weiss bis er auf eine der beiden Gruppen stößt und sich bis durchschlagen muss ohne Zombies töten zu können, was sich zu einer interessanten Fluchtszene entwickeln soll...).

Das alles nur um die Aufmerksamkeit zu erhöhen bzw. Langeweile zu bekämpfen. Was das "auf die Spieler abzielen" angeht, gehen die meisten Tipps ja in diese Richtung (Kerzenlicht, Musik, etc.), aber man kann die Spieler auch da anpacken wo es eigentlich richtig interessant wird: Ihre Rolle als Spieler. Spieler haben (in den meisten Spielen) eigentlich nur die "Macht" mit Hilfe ihres Wissens und ihres Charakters in das Geschehen einzugreifen. Gestehe ihnen diese Macht auch zu und lass das gar nicht erst das Gefühl auskommen das sie dem guten Willen des "Wise Storyteller" unterworfen sind, sondern führe ihnen vor Augen, das sie durch ihre Charaktere einiges bewirken können und das sie sich und das sie sowohl auf Kompetenzen verlassen (als sich auch auf diverse Schranken einstellen) können. Das ist ein exzellenter Angriffspunkt um diverse Stimmungen anzustimmen.

Du willst das sie neugierig werden? Dann mülle sie nicht mit Trivialitäten zu (unter all den Trivialitäten geht so manches Kleinod an Informationen unter) sondern richte ihr Augenmerk auf wichtige Dinge und sorge dafür, das sie für ihre Neugier belohnt werden. Etwa indem sich sich ihre Erkenntnisse im Spiel auch positiv (oder zumindest interessant) für sie auswirken (Wenn z.B. die Spieler bemerken das sie durch das Aushorchen eines NSC häufiger mit Infos belohnt werden, die sich als nützlich erweisen, und nicht nur hohle Stimmungshülsen sind, werden sie das auch vermehrt tun). Manche Spieler brauchen da eine gewisse Starthilfe ("Ihr müsst die NSC schon ein wenig aushorchen", "Ihr müsst mir schon ein paar Detailfragen stellen.") also gib sie ihnen, mit einem bisschen positiven Feedback ergibt sich das bald von selbst.

Du willst das sie sich beruhigen, sich sicher fühlen? Dann präsentiere ihnen interessante aber harmlose Probleme, die sie aber mit etwas von ihrem Grips und den möglichkeiten ihrer Charaktere lösen können. So sind sie beschäftigt, statt gelangweilt, und haben viele kleine Erfolgserlebnisse und wenn die Spieler dann alle Problemchen des Örtchens "Perdition" im Alleingang gelöst haben, sie so nach und nach mit der Umgebung und den NSC vertraut sind, sollten sie sich wie Zuhause und ziemlich sicher fühlen...

Du willst das die Spieler in eine Situation kommen in der sie Bedrohung fühlen können? Bedrohe etwas dessen Verlust die Spieler nachvollziehen können - egal ob liebgewonner NSC, die Kontrolle die sie über das Spiel haben (auch bekannt als "das Leben, oder der Besitz, eines SC"), oder einfach nur "die Mission" auf dem Spiel steht, die Spieler müssen einen Bezug dazu haben. Sorge dafür das das ganze nach einer beschissenen (aber nicht aussichtslosen) Ausgangslage aussieht und lass die Spieler selbst zu dem Schluss kommen wie es um das bedrohte steht. Vor allen Dingen lass das Gefühl gar nicht erst aufkommen das du als "Wise Storyteller" sie da irgendwie heraus retten würdest, ihr Grips und die Fähigkeiten der Charaktere müssen den Ausschlag geben.

Das erstmal von mir!
 
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xorn, ich hab mich gerade in dich verliebt. :D
 
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Weil es in einem anderen Thread grade anklang:
Sollten euch noch andere Stimmungen und Gefühle einfallen, die ich bei den genreunaghängigen Grundstimmungen vergessen haben sollte und solltet ihr dafür einen Thread aufmachen wollen schreibt mir ruhig eine PN, damit ich in den ersten Post dieses Threads einen Link einfügen kann.
 
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Kerzenlicht, ist zum Beispiel wesentlich angenehmer, als normales Licht.

Finde ich unheimlich furchtbar weil es ständig in den Augen brennt und Müde macht. Ich habe da lieber meine Grossen Stehfluter den man Dimmen kann,... das finde ich wesentlich besser
 
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Ich stimme Xorn absolut zu, die Spieler stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit eines SLs, erst in zweiter Linie stehen deren SCs. Ich bevorzuge es meine Spieler zum Beispiel durch die Wortwahl (nicht dem Inhalt) eines NSCs zu beeinflussen so entwickeln sie Symphatien oder Antisymphatien jeh nach meinem belieben und nicht immer zum besten ihrer Charaktere, wickelt eine NSC den Spieler um den Finger ist der Charakter Feuer und Flamme für den NSC. Im gegenzug wenn ich die Marotten meiner Spieler kenne und weiß was sie an einer Person nicht leiden können, baue ich es einen NSC ein (zum Beispiel unpünklichkeit oder fehlender Blickkontakt, ect.), damit wenden sich die SCs gegen den NSC obwohl er tatsächlich nur gutes für die SCs will , aber die trauen einem solchen NSC einfach nicht. Dadurch durchlebt der Spieler mit seinem SC hochs und tiefs, vorallem wenn es ihnen dann so langsam dämmert welche NSC auf ihrer Seite sind und welche gegen sie arbeiten.
Jeder Spieler hat persöhnliche Ängste und Hoffnungen und diese unterscheiden sich zumeist von ihren SCs, also schlagt eine Brücke zwischen dem Spieler und seinem SC. Soll der SC Angst vor einer Situation haben, vor der der Spieler keine hat, fangt bei der beschreibung dessen an, was der Spieler fürchtet und fahrt fort mit dem wovor sich der SC fürchtet.
Als Beispiel: Der Spieler hat einen enormen Ekel vor Spinnen der SC hat Angst vor Teddybären(?). Es wird fast zwingend albern, es sei denn man bringt den Spieler dazu selber Angst zu verspühren.
"Ihr betretet das Zimmer, im schwachen Schein Eurer Oellampen tauchen eine Kinderkrippe und in der Zimmerecke ein alter Schaukelstuhl aus dem Dunkeln. Wenn ihr das Zimmer betritt verfangen sich Spinnweben in euren Gesichtern und ihr erblickt auf dem Schaukelstuhl einen sehr alten eingewobenen verstaubten Teddy."
Natürlich kommt es ganz besonderst darauf an wie man dies betont, spricht man sehr monoton und gleichmäßig macht dies die bildliche Vorstellung des beschriebenen einfacher. Aber probiert es selber aus, jeder Spieler reagiert anders und nicht zu vergessen es muss natürlich auch immer in den eigenen Erzählstiel passen.

Wenn man Emotionen erzeugen will ist es immer hilfreich wenn man sich selbst in diese Emotionslage versetzt, denn Emotionen sind ansteckend.
 
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