Rund um Bücher "Sprachzensur" und Rassismus in Literatur und der Umgang damit.

Und wenn euch Pippi Langstrumpf zu rassistisch ist, dann erklärt das euren Kindern ab nem gewissen Alter und lests ihnen vorher einfach nicht mehr vor. Als obs keine anderen Bücher gäbe...

Für mich ist das ein Anzeichen dafür, daß moderne Kinderbuchautoren vielleicht schlechter schreiben als Otfried Preußler oder Astrid Lindgren. Ansonsten müßte man deren Geschichten wohl kaum umschreiben, wenn man für die Kinder Geschichten haben will, die sowohl gut als auch politisch korrekt sind.
 
Ich erinner mich auch immer wieder gern, als Grimms und andere Märchen einfach umgeschrieben wurden, weil sie zu gewalttätig waren. Ich kannte bis ich 18 war nur die Variante vom Froschkönig, bei der die Prinzessin den Frosch auch küsste. Dass sie ihn eigentlich an die Wand geschmissen hatte wurde mir vorenthalten (was ja aus Märchen Sicht sogar vergleichsweise harmlos war). Ändert nix daran, dass es genügend andere Einflüsse von Gewaltmedien gab mit denen ich in der Kindheit konfrontiert wurde.

An einen Froschkönig mit Frosch an die Wand schmeissen kann ich mich aus meiner Kindheit noch erinnern. Ich weiß nicht, obs ein Buch oder eine Schallplatte war.

Dafür hatte ich in meiner Kindheit genügend andere Gewalteinflüsse aus der Schulbildung(!), auf die ich rückblickend sehr gerne verzichtet hätte. Nur um klarzumachen, wie schlimm Faschismus, Imperialismus (und damit der Westen) ist, Kindern recht explizite Filme über Kriegsgreul zu zeigen bzw. entsprechende Texte zu lesen, das ist schon sehr verstörend. Das hab ich damals nicht so wahrgenommen, aber rückblickend war es vermutlich meiner persönlichen Entwicklung nicht sonderlich zuträglich.
 
Das Ding ist ja auch, dass "böse Worte" oft auch gern von den Betroffenen benutzt werden. Homosexuelle hauen sich untereinander gern mal Schwul um die Ohre, oder Tucke. Schwarze sollen sich untereinander gern als Nigger bezeichnen (sagt zumindest das Fernsehen ... und das lügt bekanntermaßen nicht! :p). Meine Erfahrungen aus der Kindergruppe zeigen, dass Hurensohn sowohl Beleidigung, wie auch Begrüßung sein kann - da kommts dann auf Betonung und Mimik an. Ohne Scheiß: "Ey du Hurensohn!" - "Was los Wichser?!" - "Du bist n Hurensohn!" - "Gabriiiiieeeeellllll .... der hat HURENSOHN zu mir gesagt .... ich hau dem auffe Fresse!" ... im Nachhinein, schon witzig :D

Ole Lehmann hat mal in der StandUp Comedy folgendes gebracht:

"Ich also an der roten Ampel und n Typ hinter mir regt sich auf, weil ich die Karre abgewürgt habe. Sagt er: 'Beweg dich du schwule Sau, du Schwuchtel, du Arschficker, du gottverdammte Transe ....' -" Ole Lehmann schaut erschüttert ins Publikum und fährt fort: "Ich mein er hat ja Recht, aber muss er denn so direkt sein?!"
 
Wenn Eltern ihren Kindern heute noch vorlesen dann halte ich sie auch dazu in der Lage, ihren Kindern die Bedeutung des Begriffes zu erklären, was es damals bedeutet hatte und warum man das heute nicht mehr sagt. Kann doch nicht so schwer sein... :rolleyes:

Umschreiben heißt Zeitgeist verändern, heißt damit, auch wenn es ein gern genutztes und entsprechend vorbelastetet Wort ist,Geschichte verändern. Ich warte ja noch immer darauf, daß das Umschreiben und Verändern von Meinungen und Haltungen in der Geschichte darin resultiert, daß von Karla der Großen die Rede ist (Frauen hatten ja immer was zu sagen) oder der Dreizehnte laufende Apostel endlich zu seinem Recht kommt. Dem letztgenannten würde ich es wenigstens noch wünschen...
 
Es ist schon seltsam, daß heutzutage akzeptabel sein soll, was man zu Zeiten des Kalten Krieges den Ostblockländern mit ihrer Geschichtsverfälschung durch Editieren von Dokumenten und anderen Werken vorgeworfen hat.

Alexandras Lied "Zigeunerjunge", die Strauß' Operette "Der Zigeunerbaron", Salieris Oper "Die Neger", die Szene im Zigeunerlager in James Bond "Liebesgrüße aus Moskau", Shakespears "Othello", alle wissenschaftlichen Artikel in den Universitätsbibliotheken, die in den 50ern, 60ern, 70ern oder 80ern über "Neger" verfaßt wurden wie Haselbergers "Über die Wandmalerei der afrikanischen Neger" von 1957, usw. - all dies MUSS nachträglich einer "Säuberungsaktion" durch heutige politisch konforme Begriffsumschreibungen oder Löschungen, im Einzelfall einfache Schwärzungen durch dicke, undurchsichtige Balken in den Originalbüchern, "bereinigt" werden.

Nur so kann man gewährleisten, daß unsere Vergangenheit, unsere Historie SCHON IMMER diese heute so kritisch gesehenen Begriffe NIE benutzt hat!

Mir geht das ja nicht weit genug.

Wenn man schon anfängt die Neger aus der Negerprinzessin und den Negerküssen rauszuschwärzen, die Zigeuner aus den Kinderbüchern zu deportieren, dann muß man eigentlich ganz woanders ansetzen:

Ich bin dafür, daß aus ALLEN historischen Dokumenten, ALLEN wissenschaftlichen Buchbeständen, Mikrofilmen oder sonstigen Datenträgern JEGLICHE Begrifflichkeit, die unser schönes, demokratisches, politisch korrektes Land mit solchem üblen Gedankengut wie dem Nationalsozialismus und solchen nicht zu nennenden Personen wie Adolf H***** in Verbindung bringt, RADIKAL AUSGEMERZT WIRD!

Ich bin dafür, daß wir mit gutem Beispiel der Staatengemeinschaft vorauseilen und ALLE diese unschönen Inhalte RADIKALER AUSMERZEN, MIT DER WURZEL ELIMINIEREN und OHNE PARDON UND OHNE WENN UND ABER für ein SAUBERES DEUTSCHLAND sorgen.

Heute.

Morgen.

Und eben auch DAMALS!

Nichts kann vor dem guten Willen zur Bereinigung deutschen Sprachguts gefeit sein. Nichts ist sicher. niemand, kein Autor, kein Musiker, kein Maler, keine Kindergärtnerin und kein etwaiger deutscher Diktator kann verlangen, daß wir die historischen FAKTEN so belassen, daß sie wie modrige, brüllende Altlasten uns heutigen aufgeklärten, zur Zukunft gewandten Deutschen ständig ihre Sudeleien ins Ohr träufeln, auf daß unser an sich blütenweiß reines Gewissen sich unter solchen Makeln ein ums andere Mal zum Reinwaschen begeben möge.

Soviel Gewissenswäsche ist ungesund und somit UNZUMUTBAR!

Wir müssen daher etwas tun!

Weg mit den Negern, den Zigeunern, den Nazis und allem anderen, was wir nicht mehr sehen wollen - und zwar zeitlich-historisch rückwirkend bis in die Antike!

Nur so kann unsere deutsche Sprache wieder so sauber und so rein sein, wie unsere heutigen Meinungs- und Gewissensführer es wollen.

Und diesen FÜHRERN zu folgen ist uns eine EHRE!











Und jetzt bin ich mal auf die ersten gespannt, die sich über meinen Beitrag aufregen, weil sie ihn nicht verstanden haben. - Daher muß der Beitrag vermutlich auch geschwärzt werden.
 
Es ist schon seltsam, daß heutzutage akzeptabel sein soll, was man zu Zeiten des Kalten Krieges den Ostblockländern mit ihrer Geschichtsverfälschung durch Editieren von Dokumenten und anderen Werken vorgeworfen hat.

Alexandras Lied "Zigeunerjunge", die Strauß' Operette "Der Zigeunerbaron", Salieris Oper "Die Neger", die Szene im Zigeunerlager in James Bond "Liebesgrüße aus Moskau", Shakespears "Othello", alle wissenschaftlichen Artikel in den Universitätsbibliotheken, die in den 50ern, 60ern, 70ern oder 80ern über "Neger" verfaßt wurden wie Haselbergers "Über die Wandmalerei der afrikanischen Neger" von 1957, usw. - all dies MUSS nachträglich einer "Säuberungsaktion" durch heutige politisch konforme Begriffsumschreibungen oder Löschungen, im Einzelfall einfache Schwärzungen durch dicke, undurchsichtige Balken in den Originalbüchern, "bereinigt" werden.

Nur so kann man gewährleisten, daß unsere Vergangenheit, unsere Historie SCHON IMMER diese heute so kritisch gesehenen Begriffe NIE benutzt hat!

Mir geht das ja nicht weit genug.

Wenn man schon anfängt die Neger aus der Negerprinzessin und den Negerküssen rauszuschwärzen, die Zigeuner aus den Kinderbüchern zu deportieren, dann muß man eigentlich ganz woanders ansetzen:

Ich bin dafür, daß aus ALLEN historischen Dokumenten, ALLEN wissenschaftlichen Buchbeständen, Mikrofilmen oder sonstigen Datenträgern JEGLICHE Begrifflichkeit, die unser schönes, demokratisches, politisch korrektes Land mit solchem üblen Gedankengut wie dem Nationalsozialismus und solchen nicht zu nennenden Personen wie Adolf H***** in Verbindung bringt, RADIKAL AUSGEMERZT WIRD!

Ich bin dafür, daß wir mit gutem Beispiel der Staatengemeinschaft vorauseilen und ALLE diese unschönen Inhalte RADIKALER AUSMERZEN, MIT DER WURZEL ELIMINIEREN und OHNE PARDON UND OHNE WENN UND ABER für ein SAUBERES DEUTSCHLAND sorgen.

Heute.

Morgen.

Und eben auch DAMALS!

Nichts kann vor dem guten Willen zur Bereinigung deutschen Sprachguts gefeit sein. Nichts ist sicher. niemand, kein Autor, kein Musiker, kein Maler, keine Kindergärtnerin und kein etwaiger deutscher Diktator kann verlangen, daß wir die historischen FAKTEN so belassen, daß sie wie modrige, brüllende Altlasten uns heutigen aufgeklärten, zur Zukunft gewandten Deutschen ständig ihre Sudeleien ins Ohr träufeln, auf daß unser an sich blütenweiß reines Gewissen sich unter solchen Makeln ein ums andere Mal zum Reinwaschen begeben möge.

Soviel Gewissenswäsche ist ungesund und somit UNZUMUTBAR!

Wir müssen daher etwas tun!

Weg mit den Negern, den Zigeunern, den Nazis und allem anderen, was wir nicht mehr sehen wollen - und zwar zeitlich-historisch rückwirkend bis in die Antike!

Nur so kann unsere deutsche Sprache wieder so sauber und so rein sein, wie unsere heutigen Meinungs- und Gewissensführer es wollen.

Und diesen FÜHRERN zu folgen ist uns eine EHRE!


Und jetzt bin ich mal auf die ersten gespannt, die sich über meinen Beitrag aufregen, weil sie ihn nicht verstanden haben. - Daher muß der Beitrag vermutlich auch geschwärzt werden.

Wie GEIL !
 
ach, jetzt lasst doch mal die kirche im dorf.

wenn ich meinen kids ne schöne geschichte vorlese, dann will ich denen nicht zwischendurch immer die "schlechtigkeit der welt" erklären müssen, sondern bei der geschichte bleiben dürfen. ich hab schon weit vor der offiziellen änderung einfach andere wörter eingesetzt - und das heisst nicht das ich themen wie rassismus oder antiziganismus nicht ansprechen will oder kann.

und so sehr ich astrid lindgrens geschichten liebe (damals wie heute), kann ich doch sehen mit welcher ignoranz damals wörter benutzt wurden, auch wenn sie sich damals z.b. gegen die rassentrennung in den USA eingesetzt hat. würde sie es heute schreiben dann vermutlich auch in anderen worten. ich glaube jedenfalls nicht an die beschädigung eines kulturerbes nur weil "negerprinzessin" durch z.b. "südseeprinzessin" ersetzt wird.

um ganz ehrlich zu sein verstehe ich die hier gezeigte entrüstung nicht so ganz? 30 beiträge hintereinander in denen fast einstimmig der untergang von ... ja von was denn eigentlich verkündet wird?

ich meine wir gewinnen eindeutig eine quallität hinzu wenn kinderbücher auf unreflektierte rassistische oder sexistische "bilder" verzichten. was ja nicht heisst das diese themen nicht entpsprechend kindgerecht behandelt werden können - und bitte auch sollen. ich denke die änderung will nicht etwa rassistische zustände "verschleiern" sondern es geht darum wie dinge konotiert werden. vor allem unter der prämisse das rassismus keine meinung oder "ein kind ihrer zeit" ist, sondern schlicht und einfach ausformulierte gewalt gegen eine minderheit darstellt.
wieso soll ich als vorlesender denn immer der dumme sein der meinen kiddies erklären darf warum das jetzt da gerade so steht? ich persönlich kann da in meinen gutenachtgeschichten wirklich prima darauf verzichten.

und bedenkt bitte auch das diese bücher zwar für eine weisse mehrheitsgesellschaft geschrieben wurden, es aber wohl wünschenswert wäre wenn z.b. auch schwarze kids diese bücher lesen (vorgelesen bekommen) können ohne wiederholt mit offenem rassismus konfrontiert zu sein. nur weil man selbst von diesen bildern nicht direkt betroffen ist heisst das nicht das andere eine ähnliche innere distanz dazu haben (können).

... man man man, hier is was los.
 
Du verstehst eben nicht die "Wehret den Anfängen" Sicht, davon selbige zu teilen ganz abgesehen.
Es geht kein Stück darum dass man HEUTE nicht andere Worte wählen sollte.

Ist Dir überlassen, ICH finde nachträgliche Änderungen falsch. Ist das in Frage kommende Werk ins einer Gesamtaussage zB. rassistisch gehört es meinetwegen verboten, aber nachträgliche Korrekturen zur "political Correctness", nein danke.

Nebenbei Zornhau: für solche Beiträge danke ich Dir immer wieder gerne. ;)
 
Es geht kein Stück darum dass man HEUTE nicht andere Worte wählen sollte.

hmmm, es fällt mir schwer das nachzuvollziehen. wir sprechen ja nicht von geschichtsbüchern, sondern von aktuell gern und oft verwendeter kindgrechter belletristik. also solcher die HEUTE angewandt wird.
... das schlagwort "political correctness" kann mir hier - wie immer - gestohlen bleiben.
einen begriff wie "neger" aus seinem alltagsspachgebrauch zu streichen hat mal so echt gar nichts mit PC* zu tun sondern ist schlicht eine frage des respekts vor seinen mitmenschen.


*meine kritik an "political correctness" (in kurz):
PC ist die Ablehnung einer als Freiheitsbeschränkung oder Zensur empfundenen gesellschaftliche Norm oder Kritik, sei es, um am Gewohnten festzuhalten, sei es gegen Übertreibung bei der Vermeidung als negative empfundener Begriffe, sei es, weil durch zu viel Rücksichtnahme die Äußerung von Fakten oder Wahrheiten unterdrückt würde. Der pejorativ verwendete Begriff dient derart der Immunisierung der eigenen Position, d.h. der Umgehung einer Debatte, wenn er in pauschal diskreditierender Form angewandt wird, ohne auf eine konkrete gegenteilige Position inhaltlich einzugehen.
 
Ob Astrid Lindgren ein Problem damit hätte, dass veraltete Begriffe wie "Neger" heutzutage aus ihren Werken gestrichen würden, wenn es dafür auch schwarzen Eltern ermöglicht, ihren Kindern die Geschichten von Pippi Langstrumpf vorzulesen, ohne sich unbehaglich zu fühlen und das Gefühl dadurch auch unwillkürlich an ihre Kinder weitergeben zu müssen?

Ich meine, wenn "Nein", dann ist der Zank um Zensur doch reine Eitelkeit. Und wenn "Ja", dann sollte man's vielleicht gerade deswegen ändern.
 
Sollte heutige Kinderbücher auf "Negerprinzessin" verzichten? Klar.
Sollten frühere Kinderbücher heute rückwirkend auf Negerprinzessin verzichtet gehabt haben? WTF???

Ich habe gestern auch noch ne Weile drüber nachgedacht. Ich verstehe, wenn man sagt:
"Ich fand Pippi Langstumpf super, aber leider ist da noch so ein Stück anachronistischer Mief dran, der heute einfach deplatziert ist - dennoch würde ich meinen Kindern gerne von dem starken Mädchen mit dem Affen und dem Pferd vorlesen. Kann man das nicht mal entstauben und zeitgemäß neu erzählen?"

Auf der anderen Seite ist es mir aber eben auch wichtig, dass das literaische Werk im Original EBENFALLS der Nachwelt erhalten bleibt.
Ich will mir ET mit Pistolen anschauen, ich möchte sehen, wie Han zuerst schießt und ich möchte jedesmal wieder schmunzeln müssen, welch andere Sprache eben ein Werk benutzt, dass halt eben ein paar Jahre älter ist als ich.

Das ist nicht mehr "die kleine Hexe von Preußler" - das ist "die kleine Hexe von Preußler für Kinder", "die kleine Hexe 2013" oder "die kleine Hexe - Censor's cut" oder sowas.
Die dürfen das Buch von mir aus auch nochmal ohne Hexe neu rausbringen - aber sie sollen es bitte nicht so hinstellen, als wäre das das Original-Buch.

Wenn man alles politisch unkorrekte aus "Faust" rauskürzen würde, hätte das Buch danach nur noch 3 Seiten.
 
Viele Kinderbücher und Kindergeschichten dürfte man Kindern überhaupt nicht mehr vorsetzen, wenn man ihnen nur das heutige perfekte Weltbild liefern möchte.
In "Das Dschungelbuch" wird der Tiger als blutrünstige Bestie, die nur den Tod verdient, hingestellt. Tiger stehen heute unter Naturschutz. In "der Trotzkopf" wird Luise schlussendlich vom Wildfang zum damaligen Frauenbild erzogen - und zwar weil sie den "richtigen Mann" findet - und heute fände man es gesellschaftlich passender, dass sie sich nicht für einen Mann verändert. In "kleine Prinzessin Sarah" bekommt ein Kind die ganze Härte einer neidischen Lehrerin zu spüren, körperlich und seelisch. Enid Blyton transportiert durchweg ein Gesellschaftsbild, gerade in ihren Mädchenromanen, welches heute als unvorteilhaft gilt. Und über Charles Dickens brauchen wir dann gar nicht erst zu reden, denn der redet ja eh von einem 150 Jahre alten britischen Gesellschaftsbild.
Und das alles noch, ohne überhaupt auf die Märchen zurückzugreifen. Rotkäppchen, Hänsel und Gretel, die kleine Meerjungfrau (in der Originalfassung) ... oder auch die unbekannteren wie "der kleine und der große Klaus" oder die Geschichten aus 1001 Nacht; obwohl die eh fälschlicherweise als Kindermärchen deklariert werden... die halten ziemlich gut mit der Bibel mit, wenn es um Sex, Drugs und Rock'n'Roll geht. Ah, und die Bibelgeschichten kann man dann auch gleich wegschmeißen, weil die auch erziehungstechnisch nicht mehr korrekt formuliert sind. (Nachtrag: Bitte keine Glaubensdebatte... als Kind hab ich wahnsinnig gerne Bibelgeschichten gelesen, weil die so spannend waren - ohne dass aus mir ne tief gläubige Christin geworden ist. Nur darum hab ich es hier aufgenommen)
 
Und ich verstehe sogar, warum man sehr kleinen Kindern nicht direkt aus der Bibel vorliest, sondern aus der "Bibel für Kinder", warum man "den kleinen und großen Klaus" in kindgerechten Märchenbüchern ebenso wie "von einem der auszog das Fürchten zu lernen" weglässt.
...auch wenn gerade diese völlig skurril-morbiden Märchen mir als Kind am liebsten waren.

Aber dennoch würde ich diese Märchen gerne in einem umfassenderen Märchenbuch gerne auch heute noch finden - und auch heute noch sollte darin Klaus einen Haufen Geld bekommen, nachdem er mit der Leiche seiner Oma durch die Gegend gefahren ist und der andere Arschloch-Klaus seine Oma umbringen, weil er ebenfalls reich werden will. Und wenn das darin nicht passiert, dann soll bitte irgendwie darauf hingewiesen werden, dass da was fehlt.
"Grimms Märchen, modern und kindgerecht erzählt" oder ähnliches.

Und daneben hätte ich dann im Schrank der Buchhandlung eben auch gerne noch weiterhin:
"Grimms Märchen"
(in einer Edition, wo von Rechtschreibung mal abgesehen nichts geändert wurde)

Wenn Pippi Langstrumpf anachronistisch und unpassend für die heutige Generation ist, sollte man nicht mit dem Zauberstab der Zensur wedeln und das wegzaubern, sondern man sollte eben sagen
"Pippi Langstrumpf ist anachronistisch und unpassend für die heutige Generation. Punkt.
Deswegen lesen wir ab heute lieber das Buch Pippi Langstrumpf für die heutige Generation."

Edit:
Darüber hinaus bleibt dennoch meine Aussage stehen, dass ich am Wort "Neger" ansich kein Problem erkenne - nur an der Tatsache, dass es Assoziationen mit einer Zeit weckt als der Gebrauch mit einer Abwertung einherging... aber hätten sie damals "schwarz" gesagt, wäre damals die Welt nicht besser gewesen, sondern "schwarz" wäre heute das Tabu-Wort.
Aber ich verstehe, dass es sich einige Eltern ersparen wollen, das ihren Kindern zu erklären und man dann lieber Kinder hätte die mit irgendeiner "Südseeprinzessin" aufwachsen als mit einer unkommentierten "Negerprinzessin".
Mich hat die Geschichte von der "Negerprinzessin" zwar auch nicht zum Rassisten erzogen, aber viele Leute da draußen haben wohl auch sonst dümmere Kinder...
 
... aber den ganz Kleinen liest man auch weder "Pippi Langstrumpf" noch "Die Kleine Hexe" vor.
Für die gibt es wunderbare, durchaus (klein)kindgerechte Vorlese-Literatur (wobei man hier auch auf die Werte schauen sollte, bevor man es vorliest).
Was wir unter Kinderbuch verstehen, sind die Bücher, die man ab dem Grundschulalter selbständig liest (also so ~ 3.-4. Klasse), und da sollte es durchaus drin sein, Kinder mit solchen Begriffen wie "Neger" oder auch veralteten Rollen- und Gesellschaftsbildern konfrontieren zu können, wenn man sie damit nicht völlig allein lässt.
 
Ioelet schrieb:
Darüber hinaus bleibt dennoch meine Aussage stehen, dass ich am Wort "Neger" ansich kein Problem erkenne - nur an der Tatsache, dass es Assoziationen mit einer Zeit weckt als der Gebrauch mit einer Abwertung einherging... aber hätten sie damals "schwarz" gesagt, wäre damals die Welt nicht besser gewesen, sondern "schwarz" wäre heute das Tabu-Wort.

Genau so nämlich ...
Davon ab, dass auch diese Darstellung kontextbezogen rassistische Tendenzen haben kann. Hört mal Menschen zu, die über "Schwarze" oder gar "Maximalpigmentierte" reden. Es gibt eigentlich nur einen Grund warum das überhaupt tun müsste. So rein als beschreibenden Inhalt bei denen dieses Merkmal wirklich wichtig ist. Sexuelle Vorlieben, Täterbeschreibungen, Debatten ums Mittagessen ("Ich mag ja die Küche aus Schwarzafrika!" - "Ne, ich steh mehr auf asiaaaatisch!") so in die Richtung. Das mag in manchen Berufen oder wissenschafltichen Auseinandersetzungen noch einmal eine andere Komplexität haben, im privaten gilt das IMO aber durchaus. In den weitaus meisten Fällen wird dieses Detail (genauso wie die Nationalität) angebracht, um die Geschichte interessanter zu machen, um sie auszuschmücken oder um eben latentes oder gar präsentes Schubladendenken anzusprechen.

Wie oft habt ihr solche Stories schon gehört:

"Geh ich im Supermarkt anne Kasse, kommt da n Türke/ Schwatter/ Schlitzauge/ whatever und drängelt sich vor!"

dabei hätte es ein

"Geh ich im Supermarkt anne Kasse, kommt da n Typ und drängelt sich vor!"

auch getan. Die Tatsache, dass diese Person möglicherweise türkisch-stämmig oder dunkler Hautfarbe war ist sowas von unwichtig. Aber es spricht eben Vorstellungen an: "Die machen sowas!"
Das Problem an dieser PC Debatte ist, dass auf Gedeih und Verderb eine Alternative zu etwas gesucht wird was letztlich ebenso ausgrenzend ist. Und dann kann man die Dinge auch weiterhin beim Namen nennen. Ob jetzt Neger, Nigger, Schwarzer oder Maximalpigmentierter - wichtig ist doch das unterscheidende Detail, dass der anders ist, als ich, was in 90% der Fälle im Grunde völlig irrelevant sein müsste, es aber scheinbar eben doch nicht ist.

Mit anderen Worten:
Es wird dem Kind also Pipi Langstrumpf in der 2013er Edition vorgelesen, jetzt frei von rassistischen Aussprüchen. "Papa ... was is eine Südseeprinzessin?" - "...so ne Niggerschlampe halt!" ... Wenn das Mindset derjenigen nicht stimmt, die da vorlesen, dann kriegen die Kinder trotzdem noch die volle Breitseite. Rassismus und Ausgrenzung sind Phänomene, welche sich durch Wortwahl allein nicht bereinigen lassen. Wie gut, dass es Menschen gibt, die Probleme sehen, wo keine sind, mit dem Effekt, dass Wege beschritten werden, die letztlich keine Verbesserung herbei führen. Aber wie gut, dass es mal angesprochen wurde.
 
BTW: Was sagt Otfried Preußler eigentlich dazu? Der lebt nämlich noch, falls das den Beteiligten entgangen sein sollte. Eine "bearbeitete Version" seitens des Verlages ist urheberrechtlich ganz gelinde gesagt heikel.

(Ob die Bearbeitung auch in "Junge, Magie wirkende Person, deren sozial konstruiertes Geschlecht keine Rolle spielt" umbetitelt wird?)
 
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