AW: [Spätherbst 2007] Arthurs Vorstellung beim Prinzen
„Ein Tremere ist nicht schwärmerisch“, glaubte Arthur plötzlich die Stimme seines Erzeugers zu hören.
Warum jetzt? Warum muss mich das überallhin verfolgen??
Dieses bisweilen Schwärmerische an Arthur hatte sein Erzeuger nie gemocht, doch ganz austreiben können hatte er es ihm nicht…wie gut es da tat, dass wenigstens der Prinz Arthurs Schwärmerei nicht missbilligte.
Selbst wenn Arthur noch so weit fort war von Helsinki, so folgte ihm der Schatten seines Erzeugers überall hin. Ewigpräsent waren seine Ansichten und Beurteilungen, die Arthur bei „Fehlverhalten“ ein nagendes schlechtes Gewissen einhauchen wollten. Wie schön müsste es doch sein innerlich frei zu sein davon…er spürte ein inneres Aufbegehren.
Und mit einem Mal fiel es ihm wie Schuppen von den Augen - dass sein Erzeuger sich im Grunde gar nicht so sehr von Arthurs Vater unterschied. Beide hatten versucht Arthur in eine Form zu pressen, ihn zu der Person zu formen wie sie sich vorstellten wie er sein sollte und ihm nur wenig Freiraum gelassen.
Der Gedanke an seinen Erzeuger hatte Arthurs aufgeflammte Leidenschaft wieder zu einem kleinen versteckten Flämmchen zusammenschrumpfen lassen.
Er hatte Mühe sich auf das Gespräch zu konzentrieren und wirkte etwas gequält.
„Oh gewiss, allzu oft ertrinkt man in seinen alltäglichen Pflichten als dass man ausgiebig seinen Obsessionen nachgehen könnte…auch als Tremere hat man immer sehr viel zu tun.“
Aber eigentlich dürfte ich gar keine Obsessionen haben…man hat Interessen und Pflichteifer ja, aber - Maßhalten! Ein Tremere lässt sich nicht von Gefühlen mitreißen!
„Wie sehr es mich freut, dass für Euch Obsessionen nichts Negatives sind…hätte doch auch mein Erzeuger eine solche Einstellung! Er wird wohl nie verstehen, was mich zu den Toreador hinzieht…
Aus mir hätte vielleicht besser ein Toreador werden sollen…“
Arthur starrte stumpf ins Leere. Dann wurde ihm klar, was er da gesagt hatte.
„Aber nein, so etwas darf ich nicht einmal denken…!
Ich will meinen Erzeuger gewiss nicht schlecht machen...ich ehre ihn und weiß er meint es nur gut mit mir…und wie sehr habe ich mich all die Jahre bemüht seine Erwartungen zu erfüllen...
Auf fachlicher Ebene ist er sehr zufrieden mit mir…
Aber: Ein Tremere ist nicht schwärmerisch, nicht leidenschaftlich, nicht gefühlvoll, sondern immer ernsthaft, nüchtern, sachlich, rational, kühl kalkulierend und zeigt keine Gefühle! Emotionen sollte man am besten völlig abschalten und immer nur nach dem Verstand handeln. Man tut alles aus Berechnung und nicht weil es Vergnügen macht oder weil man jemanden mag. Und lieben soll man ohnehin nicht, denn schon Mögen ist eigentlich zuviel. So sieht mein Erzeuger das.
Und jetzt würde er sagen ich bin zu offen, ich liefere mich aus…"
Oje, habe ich jetzt meinem Clan geschadet...??
"Das habe ich noch nie jemandem erzählt…verzeiht, ich hätte Euch nicht damit belästigen sollen…
Es war jedoch befreiend auszusprechen was mich quält...wenn aber mein Clan davon erfährt, womöglich würde man mich vierteilen…aber immer noch besser als dass ich weiterhin gestutzte Flügel habe. Ein Vogel soll fliegen!
Und ohnehin, nicht alle Tremere sind so wie der Prototyp, den mein Erzeuger mir stets vor Augen hält. Viktor Thorson ist erfrischend anders…ich hoffe sehr hier werde ich mich etwas freier entfalten können…“
Es wurde deutlich, Arthur hatte eine leidenschaftliche Seele, die gefangen war in dem strengen Verhaltenskodex, den sein Erzeuger ihm auferlegt hatte. Doch Arthurs innere Flamme hatte dennoch all die Jahre überlebt, und nun flackerte sie wieder in seinen Augen auf und bahnte sich ihren Weg um auch seine restliche äußere Hülle wieder von ihrer Starrheit zu befreien.
„Wenn ich fragen darf, worin seid Ihr ein Meister, was ist Eure Kunstform? Wenn ich schon früher gewusst hätte, dass ich nach Finstertal komme hätte ich mich vorher darüber erkundigt, aber ich erfuhr erst eine Nacht vor meine Abreise dass eben jene bevorsteht. Nun, das ist der Stil meines Erzeugers...
Und was die Kunst der Buntglas- und Bleiglasfensterverabreitung angeht – die Theorie allein genügt nicht. Um die wahre Wesenheit dieser Kunst zu erfassen, muss ich sie buchstäblich be-greifen…sie verinnerlichen indem ich sie selbst ausübe. Ich mag es dabei nicht zu wahrer Meisterschaft bringen, doch zumindest werde ich den Herstellungsprozess mit meinen eigenen Händen ausführen und somit unmittelbar erfahren…ja, das werde ich tun, und dann werde ich Euch aus erster Hand berichten können!“
Und nun strahlte Arthur übers ganze Gesicht.
„Die Zeit für diese neue Obsession muss ich mir jetzt einfach nehmen…!
Nun habe ich aber mehr als genug über mich geredet…ich bin sehr neugierig auf die Akademie, was gibt es denn hier alles? Ich hoffe, auch ich werde hier willkommen sein?
Und was mich sehr interessieren würde...und wenn diese Fragen zu indiskret sind, ich hoffe Ihr verzeiht meine Neugier...lässt die Fähigkeit Leidenschaft und überhaupt intensive Gefühle zu empfinden mit dem Alter immer mehr nach oder nicht unbedingt?
Und findet Ihr, dass es als Kainskind erstrebenswert ist jemanden zu lieben oder dass das nur eine unnötige Schwäche ist? Und könnt Ihr noch Liebe empfinden?
Ich fände es schrecklich, wenn ich in 100 oder 200 Jahren völlig abgestumpft wäre und wenn ich nicht mehr lieben könnte...
Wenn das zuviel gefragt ist, dann habe ich nichts gesagt...ich will Euch gewiss nicht zu nahe treten..."