Sind Spieler doch auch Menschen?

Nemeth

Sethskind
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28. August 2008
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Hi,
ich werde hier eine kurze Anekdote zum besten geben, ohne tieferen Sinn oder klar erkennbarem Diskussionspotential, also wenn euch das nicht interessiert müsst ihr hier aufhören :)

Ich leite jetzt schon seit ein paar Monaten eine Cyberpunk-Runde (es ist so ne Mischung aus GURPS und Cyberpunk, spielt aber hier keine Rolle) und letztens ist mir was sehr außergewöhnliches passiert.
Vorab möchte ich sagen, dass meine Fähigkeiten Rollenspiele zu leiten, dank dieses Forums, stark gestiegen sind. Früher waren meine Sessions sehr sehr linear, was meistens Frustration aller Beteiligten zur Folge hatte. Heute leite ich alles Sandboxmäßig mit einem Haufen Ideenfetzen und total spontan. Auch die Spieler sind begeistert! Danke ans Forum!

Meine Spieler sind alle Mitglieder einer Gang in Mexico City, die weiters nochmal in Gruppen aufgeteilt ist. Eine Gruppe besteht aus den Spielern und einer von ihnen ist der Anführer.
Das Problem: Der Charakter des Anführers ist auch ein typischer Anführer, doch der Spieler ist sehr zurückhaltend, passiv und kann sich im echten Leben kaum durchsetzen!
Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die Gruppe überhaupt unter Kontrolle zu bringen, hat das dann langsam geklappt (größtenteils weil die anderen Spieler eingesehen haben, dass der Spieler den Anführer nicht autoritär genug spielen kann und ihm deshalb entgegen kamen).
Nun gabs letztens einen Auftrag für die Gruppe von der Gangchefin, der ihr sehr wichtig war.
Wies halt so läuft haben die Spieler den Auftrag in den Sand gesetzt, zusätzlich noch ein wenig Geld unterschlagen (darauf reagiert die Chefin allergisch) und noch ne kleine Nebenaufgabe vergessen(!).

Also sie wieder zu der Chefin zurückkehrten, war sie natürlich außer sich. Ich holte mir also den Anführer raus und schickte die anderen Charaktere aus dem Raum (Sie durften allerdings zuhören, weil ich inGame so laut schrie, dass sie ohnehin alles verstanden).
Meine schauspielerischen Leistungen sind sicher sehr begrenzt und Leute zur Sau machen liegt mir nicht, aber trotzdem habe ich es irgendwie geschafft dem Anführer so viele Vorwürfe vor den Latz zu knallen und jegliche Rechtfertigungsversuche im Keim zu ersticken, dass dieser komplett perplex war.
Das Problem daran war, dass es dem Spieler genauso erging. Er verschränkte sofort die Arme und ging in eine Defensivhaltung und blockte komplett ab.
Im Endeffekt mussten wir die Session abbrechen (wär ohnehin nicht mehr viel passiert) und ihn out-of-character beruhigen und gut zureden. Konsequenz ist, dass er nicht mehr Anführer sein will und, ehrlich gesagt, ich mir nicht mehr sicher bin ob er Lust hat weiter an der Runde teilzunehmen!

Ich weiß, dass es nicht leicht ist einen Charakter zu spielen, der man selbst nicht ist, aber das die Grenzen von in-game und out-game so verwischen habe ich noch nie erlebt.
War irgendwie ein denkwürdiger Augenblick für mich.

Rollenspiel ist ein sehr faszinierendes Medium!

danke für eure Aufmerksamkeit :)
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

So begrenzt scheinen deine schauspielerischen Leistungen dann ja doch nicht zu sein! ;)
Ich würde aber auf jedenfall mal das Gespräch mit dem Spieler suchen, um sicher zu gehen ob alles cool ist bzw. wieder werden kann.
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Wie kommt es eigentlich, dass gerade der Spieler der Boss sein soll? Ich hatte damit auch schon immer Probleme - Die Spieler machen es ihren "Chefs" nicht leicht, nicht mal wenn sie Soldaten spielen. Ich hatte auch schon mal die Rolle des "Sarge", und es ist extrem nervig. Ich bin davon abgekommen, die Rolle des "Chefs" mit Spielern zu besetzen - ich hab nämlich noch nie erlebt, dass es funktioniert.

Allerdings gibt es natürlich eigentlich immer einen wirklichen Chef der Runde, der dies - meist recht subtil - steuert. Macht man ihn zum Chef, funktioniert nicht mal mehr das.

Hat jemand da schon mal bessere Erfahrungen gemacht? Ist es evtl. anders, wenn man mit "echten" Soldaten/Beamten spielt?
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

karsten schrieb:
Hat jemand da schon mal bessere Erfahrungen gemacht?
Definitiv! Meine Erfahrungen mit SC in Führungspositionen, innerhalb einer klaren Hierarchie, sind durchweg positiv. Obwohl ich mir natürlich vorstellen kann, das so etwas schief läuft.

Sylandryl
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Ich kann Sylandryl´s Vorschlag, das Gespräch mit dem betroffenen Spieler zu suchen nur begrüßen. Dieses sollte schnellst möglich passieren.

Meiner Meinung nach ist in deiner Runde noch etwas schief gelaufen bzw. Du als SL hast Fehler gemacht.
In jeder Runde sollte vor dem Beginn einer Campaign jedem klar sein ob soziale Konflikte rollenspieltechnisch ausgespielt werden oder z.B. Überreden einfacht ausgewürfelt wird. Je nach Handhabung in der Campaign baue ich meinen Char entsprechend.
Es war ein Fehler von Dir einem schüchternen, eher passiven Spieler die Rolle des Anführers zu geben. Wenn Du deine Spieler gut kennst, solltest Du wissen, wer den Anführer spielen kann.
Zu diesem Fehler kam noch erschwerend hinzu, dass du ihn in durch die Chefin heruntergemacht hast. Ihn, der sich verbal eh schon schlecht wehren kann.
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Ich hatte auch schon mal die Rolle des "Sarge", und es ist extrem nervig. Ich bin davon abgekommen, die Rolle des "Chefs" mit Spielern zu besetzen
Ich als GM bin strikt gegen die Einsetzung eines NPCs als Chef einer Truppe während eines Auftrages. Dann kann ich, die militärische Befehlsstruktur beachtend auch mit mir selber spielen, da der Chef Befehle an seine Untergeben verteilt.

Ein PC Chef in einer militärischen Einheit kann auch nur mittelmäßig funktionieren, da zum einem der Spieler des Chefs nicht alle Fertigkeiten der anderen Spieler kennt und vielleicht nicht so viel taktisches Verständnis oder militärisches Wissen wie der PC, den er darstellen soll. Ein Offizier kennt Taktikplanungen und weis, wie man z.B. einen Sniper einsetzt.
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Hi,

Bin eigentlich dagegen den Gruppenführer durch einen NSC darzustellen.
Damit nehm ich den Spielern ja alle Freiheiten?!?
Mit dem neuen Anführer klappts jetzt eigentlich recht gut... 3 der 4 Untergebenen machen was er sagt, hehe

@ yennico: Ich versteh nicht so ganz was ich falsch gemacht hab?
In meiner Runde spielen wir eigentlich soziale Sachen aus und machen gegebenenfalls nachher Würfe ob die Argumente den Gegenpart überzeugt haben. Das war aber hier nicht das Problem. Die Spieler haben ganz offensichtlich Scheisse gebaut und daran gab es nichts zu rütteln. Eigentlich hat der Spieler nichts machen können, außer die Wut der Chefin über sich ergehen zu lassen und sich nachher zu entschuldigen, Besserung versprechen, das übliche halt :)
Irgendwie konnte er inGame nicht gut vom outGame trennen?
Ok, ich hät ihn vielleicht nicht zum Anführer machen sollen...
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Mit dem neuen Anführer klappts jetzt eigentlich recht gut... 3 der 4 Untergebenen machen was er sagt, hehe
Warum hast Du diesen nicht gleich als Anführer gemacht?

@ yennico: Ich versteh nicht so ganz was ich falsch gemacht hab?
In meiner Runde spielen wir eigentlich soziale Sachen aus und machen gegebenenfalls nachher Würfe ob die Argumente den Gegenpart überzeugt haben.
Wenn diese Tatsache die Spieler vor dem Start der Campaign wussten, ist es ok. Mit dieser Spielweise wird aber auch klar, das der Spieler des Anführers im sozialen Bereich gut rollenspielen können muss, denn seine "Schauspielkünste" beeinflussen maßgeblich, das Geschehen/Wohl etc. der Gruppe z.B. Verhandlungen mit einer anderen Gang, etc. Umso schwerwiegender ist die SL Entscheidung den besagten passiven Spieler als Anführer auszuwählen.

Die Spieler haben ganz offensichtlich Scheisse gebaut und daran gab es nichts zu rütteln. Eigentlich hat der Spieler nichts machen können, außer die Wut der Chefin über sich ergehen zu lassen und sich nachher zu entschuldigen, Besserung versprechen, das übliche halt :)
Die Situation ist für den Spieler nicht einfach. Er muss sich für die Fehler, die die gesamte Gruppe gemacht hat verantworten und kann nichts gegen die Chefin tun oder sagen. Niedergemacht zu werden ist für keinen schön. Insbesondere dann nicht, wenn man sich auch noch verbal unterlegen fühlt. Vielleicht hättest Du die Situation nicht so drastisch ausspielen sollen, sondern einfach sagen: der Anführer holt sich von der Chefin einen kräftigen und verdienten Anschiss ab...

Ok, ich hät ihn vielleicht nicht zum Anführer machen sollen...
Einsicht ist der erste Weg zur Besserung. :)
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Wenn es bei euch klappt - ich meine damit den Spieler-Chef - haben die anderen dann Spaß? Ich hab das noch nie erlebt, dass die anderen Spieler sich gerne etwas vorschreiben lassen. Fast alle spielen doch gerade, um ANDERS als im echten Leben sein zu können.

Zudem funktionieren die Zwangsmittel, die für Disziplin unter Soldaten sorgen, im Spiel nicht. Für mich ist daher der Klassiker, dass der NPC-Chef in den ersten 5 Minuten stirbt.
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Ich muss sagen, ich habe mit beidem eigentlich eher gute als schlechte Erfahrungen gemacht, wenn auch nicht durchweg. :nixwissen:

mfG
mpu
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Dito. Naja fast. Wie gesagt bislang habe ich noch keine negativen Erfahrungen mit einer klaren Hierarchie innerhalb der Gruppe gemacht.
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

ich kenne diese "schwierigkeiten" der intime hirachie auch ganz gut, fand aber das wenn SC und SL an einem strang ziehen das ergebniss eigentlich ganz okay. allerdings kommt es schon auch darauf an die richtige position mit den entsprechenden spielern zu besetzen.
gut ist es auch einen SC als "speichellecker" vom dienst dabei zu haben - das schafft schnell solide mehrheiten. ... und die rolle spielt sich für die meisten überraschend flüssig und attraktiv.
 
AW: Sind Spieler doch auch Menschen?

Für mich ist daher der Klassiker, dass der NPC-Chef in den ersten 5 Minuten stirbt.

Zwar nicht ganz fünf Minuten, aber irgendwann sollte er abtreten, und es sollte eigentlich auch nur eine Art Hilfestellung sein, so vonwegen, so stell ich mir einen Anführer vor.

Und zum eigentlichen Thema: Einem Spieler der nicht in der Lage ist, sich innerhalb einer Gruppe durchzusetzen, würde ich _immer_ davon abraten, solch einen Char zu spielen. Ich muss in einem Spiel wie Cyberpunk keine morale Aufbauhilfe leisten und immer wiederholen, das ein "Anführer" es so oder so machen sollte, oder gar die Gruppe dazu drängen demokratisch zu denken.

Was ich bislang erlebt habe ist, das ich als SL die Gruppe normalerweise dazu dränge(aus dem Spiel herraus), einen von ihnen auszusuchen, der der Ansprechpartner ist, schließlich will der Auftraggeber nicht fünf mal handeln müssen.

Zu dem "haben die anderen dann Spaß?" kann ich nur ein Spielereignis von mir nennen: Die Spieler waren so angepisst von dem Anführer, das sie ihn kurzerhand "abgesetzt" haben. Hey wir spielen Cyberpunk, Loyalität ist käuflich, wer ein besseres Angebot macht, hat den Job.

ABER: Conabenteuer mal ausgenommen!!! Da sind die Abenteuer linear, die Chars vorgebaut und das Tempo(wenn es geht) im Spiel recht hoch.
 
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