AW: Serenity vs. Traveller: Unterschiede?
Mich wundert, daß die Diskussion der Unterschiede noch nicht zum eigentlichen Regelsystem vorgedrungen ist.
Serenity vs. Traveller: Unterschiede?
Hier würde ich an prominentester Stelle einmal die Plot-Points (für Savage Worlds Spieler: sowas wie Bennies) erwähnen. Diese erlauben es einem Charakter VOR seinem Würfelwurf noch einen anderen Würfel (unterschiedlicher Seitenzahl - je mehr Plot-Points desto größer) zu würfeln, oder NACH seinem Würfelwurf das Ergebnis pro Plot-Point um einen festen Wert zu verbessern.
Das führt - im deutlichen Gegensatz zu Traveller - dazu, daß die Spieler die regeltechnische Möglichkeit haben selbst zu entscheiden, wie wichtig ihnen eine bestimmte Handlung bzw. der Erfolg in derselben ist.
Desweiteren werden diese Punkte auch zum Vermeiden von Schaden angewandt, was insbesondere für die SCs und wichtige(!) NSCs eine etwas höhere Überlebenswahrscheinlichkeit bei Auseinandersetzungen bewirkt. Und das ist ja auch Absicht in einem an der Fernsehserie (bzw. dem Film *seufz*) orientierten Rollenspiel.
Das hat Traveller nicht zu bieten. Und das SOLL Traveller auch garnicht bieten.
Bei Traveller findet die Abhärtung u.a. durch die Ausrüstung statt (Battledress + FGMP-15 oder so).
Das bedeutet, daß bei Traveller eine durchaus nicht zu unterschätzende Tödlichkeit bei den allgegenwärtigen Schießereien festzustellen ist. (Zumindest bei unseren Traveller-Kampagnen ging es schnell und oft "ans Eingemachte". Da hätten alle SCs die NRA-Ehrenmitgliedschaft bekommen können. - Ein Glück, daß eine Charaktererschaffung, zumindest nach den Basis-Regeln, den Kleinen Schwarzen

, recht flott geht und man so den Schwund schnell ersetzen konnte. - Naja, wir waren jung und brauchten die Gewalt...)
Traveller zielt schon in einer andere, weniger "cinematische" Richtung als das von Sovereign Stone übernommene Regelwerk des Serenity-RPGs. Und das ist auch ganz gut so. - Wenn ich Traveller spielen will, dann WILL ich VIELE Alienrassen, dann will ich die Dekadenz eines alten Imperiums, dann will ich erinnert werden an 60er und 70er Jahre Sci-Fi-Romane (alles Pre-Cyberpunk, aber natürlich schon lange mit Cyber- ähm Kyber-(netik)).
Was mir bei Traveller so gut gefällt, und was jenseits des Umfangs einer Firefly-Season liegt, ist das praktisch stufenlose Durch-zoomen-können der Granularität der Spielebene.
Damit meine ich: Bei Traveller kann ich ewig auf einer einzigen Welt herumhopsen und mir wird nie langweilig. Ich kann mich lokal herumkloppen, mich in einem lokalen Sonnensystem vergnügen, mir eine Jump-1-Route und einen Fat Trader schnappen, mir eine Jump-2-Route und einen Far Trader schnappen, mit noch exotischere (= teurere) Raumschiffe für noch mehr Mobilität greifen, mir einen Mercenary Cruiser mir -zig Mann an Truppen für Soldner-Einsätze greifen (Broadsword), mir mit noch mehr Kohle eine ganze Flotte zusammenbasteln und diese in einem abstrakten, aber vom Maßstab her grandiosen Massenkampfsystem aufeinanderhetzen (Trillion Credit Squadron - haben wir immer im Geschichtsunterricht herangezogen: in der ersten Stunde Raumschiffe gebastelt (dank des guten programmierbaren TI-59 kein Aufwand - damals gab es dafür schon Nerd-Alarmstufe Rot) und in der zweiten Stunde dann brutalst aufeinander losgeballert).
Vom Stranger in a Strange Land bis hin zu (leider nicht ganz) "Perry Rhodan"-artig umfangreichen Weltraum-Armadas packt das Traveller-Regelsystem die ganze Breite. (ECHTES Perry Rhodan Feeling kann leider aber auch das Perry Rhodan Rollenspiel - Midgard goes Space, and gets even more complicated auch nicht liefern.)
Trotz der Massenklopperei des Spielfilms ist das Serenity-RPG eher auf kleine, persönliche Raumbegegnungen ausgelegt. Die Raumschiffe beim Serenity-RPG sind tatsächlich so etwas wie Charaktere, nicht bloß Ausrüstungsgegenstände. Hier sieht man schon einen deutlichen Unterschied in der Herangehensweise des Regelsystems an solche Eigenheiten der Spielwelt des Firefly-'verse.
Joss Whedon waren viele Hard-Sci-Fi-Fakten scheißegal, solange er eine gute Story rüberbringen konnte. Auch JMS von B5 sagte ja zur Geschwindigkeit des Whitestar-Raumschiffs: "The Whitestar flies at the speed of the plot."
In diese Richtung gehen auch die Angaben im Serenity-RPG. Da legt Traveller (fast egal in welcher Version) einen anderen Schwerpunkt.
Und ja, auch ich war jung, hatte zuviel Zeit und habe mein Leben mit Number-Crunching über Traveller-Tabellen für ALLES zugebracht. Das war ein Spiel abseits des eigentlichen Rollenspiel-Miteinanders. Eine Art Solo-Spielen mit dem vertrauten Material im vertrauten Universum. Und man konnte sich durch die Regeln zur Sonnensystemerschaffung ja Teile dieses Universums selbst erschaffen. Das war damals schon cool und ist es auch heute noch. - Nur LASSE ich heute gerne andere Leute rechnen...