[September 2008 - im Zeitsprung] Abendlicher Müßiggang

Grinsekind

Antonin Philippe Tesnos
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22. Juni 2005
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Es war nicht gerade leicht gewesen dem ganzen zu entrinnen, aber wieder einmal hatte er es geschafft. Und doch mochte er das Gefühl einen Hafen gefunden zu haben. Er mochte das Wissen, dass er jederzeit an einen Ort gehen und dort einfach abschalten konnte. Dort war es egal wer er war und trotzdem war er dort jemand. Jeder kannte ihn und trotzdem stand er unter keinem Druck. Es waren keine Fans, keine Speichellecker, keine Neider. Eine Gruppe von Menschen -die einen kannte man besser, die anderen nicht ganz so gut- die scheinbar völlig zwanglos zueinander standen. Früher hatte er gedacht, so etwas würde nicht funktionieren, doch jetzt war ihm klar, das es solche Komplexe doch gab. Natürlich gab es Gruppendynamik, Rollenverteilung, Reibung und Ärger. Aber das schien dem ganzen erst die eigentliche Würze zu geben. Es schien das ganze erst am Leben zu halten. Jetzt war Fabian klar, was manche Menschen und vielleicht sogar noch ein paar Kainskinder mit dem Wort Freundschaft verbanden. Er konnte nachvollziehen warum manche Personen sich völlig fallen lassen und einer anderen Person vertrauen konnten. Er verstand, warum manche alles opferten, damit andere gerettet wurden.
Und trotzdem ekelte ihn dieses Verhalten an. Vor allem an sich selbst. Er hasste sich für diese Zwiegespaltenheit, die er gerade durchmachte. Warscheinlich würde ihm bei besserer Geisteslage das Gespräch wieder einfallen, dass er mit seinem jetzigen Primogen und einer Gangrel geführt hatte. Das war sehr früh, nur wenige Tage nach seiner Ankunft gewesen. Oder sogar direkt nach seiner Ankunft? Aber wie gesagt, er erinnerte sich daran nicht. Stattdessen sah er sich selbst dabei zu, wie er langsam aber sicher unvorsichtig mit seinen Gefühlen und Gedanken umging. Früher war es ihm egal gewesen was andere über ihn dachten. Früher war es ihm egal gewesen wie es anderen Personen erging, was sie fühlten, was sie bewegte. Doch gerade jetzt, acht Jahre nachdem er tot war, schien er menschlicher zu werden, als er jemals zu Lebzeiten gewesen war. Und das regte den Ekel, das schürte den Hass. Er hatte früher gewusst wo er war, was er wollte und was nicht. Jetzt regte sich plötzlich dieses nicht genauer definierte Gefühl. Noch zwang er sich, nicht allzu genau darüber nach zu denken. Noch zwang er sich, Dani oder Olaf, oder jemand anderes aus diesem Kreis als Freund zu bezeichnen. Und doch wusste er, dass da irgendetwas war, was sich tief in ihm regte und was er bald nicht mehr unterdrücken konnte.
Bisher hatte er noch keine Möglichkeit gesehen als dem zu entfliehen. Sowohl psychisch als auch physisch. Letzteres war wesentlich einfacher, schließlich hatte er Erfahrung damit sich ins Nachtleben zu stürzen. Deshalb befand er sich gerade auch in einer Bar die er bei nächtlichen Wanderungen durch den Stieed gefunden hatte. Es war nichts außergewöhnliches. Man setzte sich, bestellte Getränke und sah sich die Leute an oder an die Wand und hatte einen Abend lang eine vernünftige Beschäftigung. Scheinbar wollte heute jedoch noch eine Band spielen. Irgendetwas lokales Unbekanntes, das wohl zwischen Singer-Songwriter-Pop und Folk lag. Fabian kümmerte das nicht, deswegen war er nicht hier. Er wollte nicht nur aus dem Kreis um Dani herauskommen, es gab noch viel profanere Gründe, warum er unterwegs war. Zwar verspürte er keinen dringenden Hunger, aber trotzdem wollte er heute ein wenig von dem roten Zeug schlürfen. Noch besser natürlich wenn es mit Alkohol versetzt war. Denn inzwischen war es ein wenig heikel geworden von Dani zu trinken. Nicht nur das sie -scheinbar geritten von einer plötzlichen Sturköpfigkeit- eine Art 'Beziehung' mit ihm führen wollte, ihm kam es auch so vor, als würde sie irgend etwas ahnen. Als würde sie instinktiv spüren, dass mit ihm etwas ganz gewaltig nicht stimmte. Und auch das war etwas worüber Fabian sich keine Gedanken machen wollte und weswegen er hier war.

Er betrachtete die jungen Menschen um ihn herum, musterte kurz die Bühne, auf der immer noch kein Mitglied der Band zu sehen war und schwenkte dann zurück zu seinem noch vollen Glas Bier, das er seid einer Viertelstunde nicht angerührt hatte.
Er hatte nicht genau mitbekommen wie lange die Dame neben ihm schon hier war, ob sie vor oder nach ihm gekommen war, aber sie schien ohne Begleitung zu sein. Also fiel sein Blick auch auf sie. Ein kurzes Abtasten durch die Augen und dann sprach Fabian sie an.
"Hey, weißt du zufällig wann die Band anfängt? Ich bin eher zufällig hier, wollte nur was trinken gehen und wusste nicht, dass noch jemand auftritt."
Der circa 30 Jährige Mann in der braunen Cordhose und dem schwarzen Kaputzenpullover auf dem nur ein Emblem abgedruckt war lächelte freundlich und fuhr sich durch das schwarze Haar das etwas verstrubbelt war. Er sah nicht außergewöhnlich aus, er würde in der Masse verschwinden, allerdings kam man sich vor, als würde man ihn irgendwoher kennen, ganz so als hätte man eine Berühmtheit vor sich.
 
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Das Mädchen machte einen hibbeligen Eindruck. Sie war ein wenig zu dünn und hatte eine niedliche kleine Stupsnase. Bis gerade eben hatte sie selbstversunken mit den Fingern auf ihren Hocker eingetrommelt und mit eingezogenen Schultern immer wieder in Richtung der Bühne geschaut. Als Fabian sie nun unvermittelt ansprach zogen sich ihre Augenbrauen zusammen und verrieten das angebrachte Misstrauen das junge Frauen immer vor sich hertragen sollten wenn fremde Kerle sie in einer Bar ansprachen. Ihre Stimme verriet kühle Distanz.

Die sind noch Backstage und stimmen. Das machen die immer in der Garderobe. Karsten ist ein Freund von meinem Bruder.

Interesse funkelte in ihren braunen Augen, scheinbar versuchte sie gerade den Brujah irgendwo einzusortieren. Sie sah nicht aus wie jemand der auf einer Rave Party illegale Substanzen in sich hineinschmiß.

Der Barkeeper stand mit verschränkten Armen recht gemütlich hinter seinem Tresen. Er war ein regelrechter Bär mit einem wagemutig rasiertem Bart. Gerade hatte er Fabian ansprechen wollen, da dieser der typische 'ich will mein Problem mit dem Barkeeper bereden' Typ zu sein schien, aber dann hatte er sich ja plötzlich entschlossen seinen Herzschmerz zu vergessen und lieber die Kleine neben sich anzuquatschen.
Sollte ihm Recht sein.
 
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Fabian blinzelte kurz zum Barkeeper, ihm war als hätte dieser gerade etwas sagen wollen. Da dem nicht so war konzentrierte sich der Brujah auf die neue Bekanntschaft. Er musste sich zusammenreißen, um nicht breit zu grinsen als er sie wieder anpsrach.
"Karsten? Aber nicht der Karsten, oder?"
Fabian musterte die junge Dame nocheinmal und drehte sich dann um 180 Grad, so dass er mit dem Rücken zur Bar saß. Die Arme locker auf den Tresen gelegt, blickte er immer noch zu dem Mädel, welches die Schwester von einem Typen war, der Karsten kannte. Klang doch vielversprechend.
"Und du bist ziemlich oft hier? Ich bin jetzt zwar schon mehr als zwei Jahre hier in Finstertal, aber hier war ich noch nie."
Sein Blick glitt über die Inneneinrichtung und die anwesenden Gäste bis hin zur Türe und dann wieder zu der jungen Dame zurück.
 
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Emily war noch recht "neu" in Finstertal, deswegen wollte sie erstmal die von Jenny genannten Locations anschauen, vielleicht war die eine oder andere dabei, die ihren Ansprüchen genügen sollte. Wenn sie dabei auf andere Vampire traf, um so besser. Das ersparte einige Arbeit. Vielleicht waren sogar ein oder zwei akzeptable dabei. Freundschaften wollte sie aber nicht schließen. Schon ihr Verhältnis zu Jenny war ihr eigentlich nicht recht. Alleine und Unabhänig bleiben, war was sie wollte.
Immer noch in Gedanken versunken betrat sie das Gebäude, ihr Ziel war die Bar. Von dort aus konnte sie sich in Ruhe umschauen und notfalls auch schnell wieder verschwinden.
Sie bestelle sich etwas zu trinken und fing an sich in der Menge umzuschauen.
 
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Nachdem Fabian kurz mit der jungen Dame, die Karsten kannte geredet hatte, hatte diese sich recht schnell entschuldigt und war auf die Toilette geflüchtet. Fabian dagegen hatte sich dem Barkeeper zugewendet, aber kein Wort verloren. Er war nicht in Stimmung seine Seele bei dem stämmigen Burschen auszuwringen. So verging einige zeit, bis das Mädchen aus der Toilette zurück kam, um ihren Drink mit hinter die Bühen zu nehmen, sie würde jetzt Karsten treffen.
Der junge Brujah schob sein Glas ein wenig hin und her, als sich plötzlich eine andere Dame neben ihn setzte, auch sie bestellte etwas zu trinken und so wurde gemeinsam vor sich hingestarrt und darauf gewartet, das die Getränke verdunsteten. Nach einer Weile betrat die Band endlich die Bühne und begann zu spielen. Das Publikum setzte sich wohl hauptsächlich aus Stammgästen und Bekannten zusammen, denn die Texte wurden lautstark mitgesungen.

"Bist du auch wegen der Band hier, so wie die anderen?"
Wieder hatte Fabian die Initiative ergriffen und diesesmal die Dame zu seiner linken angesprochen.
 
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Emily blickte überrascht zu den Mann, der es gewagt hatte sie anzusprechen.
"Ich? Ähhh, nein eigentlich nicht."
Sie musterte ihn von oben bis unten.
Hm.
"Ich bin noch nicht lange in der Stadt, wenn ich ehrlich bin. Wollte mal etwas Abwechslung. Bin dann hier gelandet."
Emily starrte auf ihr Getränk.
"Und du? Ich hoff die spielen gut..."
 
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Fabian lies die Musterung über ihn ergehen und ein leichtes Grinsen zeigte sich. Er fragte sich ob die Dame ihn erkannte, das Mädel vorhin schien nicht in diesem musikalischen Metier unterwegs zu sein, vielleicht fand sich ja diesesmal jemand. Denn so ein gewisser Ruhm in der Menschenwelt machte die Jagd immer einfacher. Als Person, die in Medien präsent war, die den Status der Prominenz zugesprochen bekam, schob man immer eine gewisse Aura vor sich her. Die Leute wussten nicht recht wie und über was man mit der Person reden sollte. Sie wussten nicht wie sie sich angemessen verhalten sollten. Und die meißten degenerierten zu kleinen, stummen aber lächelnden Wesen, die meißt keinen sinnvollen Satz zusammen bekamen. Und in gewisser Weise liebte Fabian es, Menschen auf diese Art zu verunsichern, was sicher an seinem etwas abweichenden Wesen lag.

"Nein, ich bin auch nicht wegen der Band hier. Wollte eigentlich nur etwas trinken..."
Sagte er, blickte kurz auf sein immer noch volles Glas und das Grinsen wurde unwillkürlich noch breiter.
"Abwechslung findest du in dieser Stadt sicher. Ich bin kurz vor den terroristischen Anschlägen angereist."
Er setzte das Glas an die Lippen und tat als würde er davon nippen.
"Aber ich bin trotzdem geblieben, denn die Stadt hat auch etwas gutes. man kann jede Menge erleben. Also wenn du abwechslung willst, bist du hier richtig."
Wieder setzte er dieses Grinsen auf.
"Wo warst du denn vorher?"
 
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