Rollenspielkunst?

AW: Rollenspielkunst?

Und seid wann sind gesellschaftliche Relevanz und Ernsthaftigkeit Voraussetzung für Kunst? Oscar Wilde würde da, denke ich, widersprechen.
Ich schätze hier liegt ein Verständnisproblem vor:
Natürlich hat Wilde durch sein literarisches Werk Aussagen und bissige Kommentare von gesellschaftliche Relevanz zu seiner viktorianischen Gegenwart gemacht und ebenso war er ein fruchtbarer Schriftsteller von hoher Qualität, solche Texte 'schluddert' man nicht mal eben herunter. Eine Ernsthaftigkeit dieses Schaffens ist ihm kaum abzusprechen.

'Ernsthaft' bedeutet nicht spröde oder langweilig und 'gesellschaftliche Relevanz' bedeutet nicht, dass man mit dem 'Mainstream' schwimmt.

Flüchtigkeit ist kein Gegenargument. Schließlich ist nicht nur Bildende Kunst eine Kunst. Beispielsweise Improvisationstheater oder selbst jede einzelne Aufführung (somit fast alles was unter die Darstellende Kunt oder unter Musik als Kunst fällt) sind flüchtig und wenn mehrere am Kunstwerk beteiligt sind, ist es bisweilen unvorhersehbar.

Gerade am Spieltisch, wo es typisch ist, das sich alle Beteiligten unter Umständen schon jahrelang kennen, und die Umgebung weitgehend kontrolierbar ist, ist eine Vorhersehbarkeit gegeben, die weit größer ist als bei anderen Kunstformen. Ein gewissen Maß an Unvorhersehbarkeit/Spontanität ist ja auch durchaus gewollt.

Wenn Rollenspiele trivial sind, das liegt dann wohl an den Beteiligten und ich kann es anderen nicht absprechen in der Trivialität, i.S.v. einfacher Zugänglichkeit oder seichter Unterhaltung, zu verharren. Es geht auch anders.
 
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Tatsächlich hat Oscar Wilde darauf bestanden, um Himmels Willen NICHTS von gesellschaftlicher Relevanz zu erschaffen. Soziale Kommentare würden sein Werk mit der öden, öden Realität besudeln, und das ist unter allen Umständen zu vermeiden. Und Ernsthaftigkeit - das klang bei dir vorher stark nach Ernsthaftigkeit im Endprodukt, so als könnte alles Komödiantische nicht Kunst sein. Und dass Herr Wilde ein disziplinierter Schreiberling war, wage ich darüber hinaus zu bezweifeln.

Es geht vielleicht anders, aber was soll denn der Unfug? RollenSPIEL heißt es, weil es ein Spiel ist, ein reines Unterhaltungsprodukt. Rolllenspiele, die einen literarischen oder künstlerischen Anspruch haben, ersticken immer an ihrer eigenen Prätentiosität. Im Rahmen der einzelnen Spielsitzung ist das ja noch schlimmer - wenn du nicht reines Freeform-Geschwurbel machst, werden sich immer die Spiel - und die angestrebten Kunst-Elemente beißen. "Würfel mal auf Wahrnehmung" kommt nicht so gut, wenn man gerade meint, Kunst zu machen.

Ich persönlich halte den Anspruch, Rollenspiele mit künstlerischem Anspruch zu spielen, für den größten Mist den ich seit langem gehört habe. Das passt einfach nicht. Es ist ein Spiel, keine Kunstform. Genau so könntest du versuchen, ein Computerspiel mit künstlerischem Anspruch zu spielen (nicht zu programmieren, das passt schon).

Nicht dass man Rollenspiele ob ihrer Trivialität nicht mit einer gewissen Ernsthaftigkeit behandeln könnte. Ich werde mich in den nächsten Jahren für ein Projekt zur narrativistischen Dimension des Rollenspiels beschäftigen. Man sollte nur nicht den Blick für das Wesentliche verlieren.
 
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Vollste Zustimmung, Bathora. In diesem Zusammenhang möchte ich gern einen sehr bekannten und berühmten Mann zitieren:

"The actual reason for gaming is fun, not instruction in theatrics or training in the thespian art. Role-playing is certainly a necessary and desirable part of the whole game, but it is a part".

Wer den Anspruch erhebt fuurchtbar tiefsinnig und mühsteriös zu werden läuft Gefahr sich zu sehr darin zu verstricken udn sowohl sich als auch den Spielern den Spielspass zu verderben.
Versteht mich nicht falsch,auch tiefgreifendes Spiel kann Spass machen (ich denke da nur an diverse Cthulhu-Runden),aber der Tiefsinn sollte den Spass nicht verdrängen. Biersauere Ernstigkeit macht mir persönlich jeglichen Spass kaputt.
 
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wobei tiefe nicht das bedienen von möglichst tiefen sujets wäre, sondern ein spiel bei dem wirklich tiefe aufkommt, im sinne eines dichten spiels.

noch anders gesagt: rollenspiel das kunst wäre, würde nicht versuchen kunst sein zu wollen.
wahlweise geht das auch mit tiefe...
 
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Ich persönlich halte den Anspruch, Rollenspiele mit künstlerischem Anspruch zu spielen, für den größten Mist den ich seit langem gehört habe.
Sind wir hier im 19Jhdt in einer Académie ?
Warum sollte etwas dass die Geister mehr beschäftigt und mehr Unterhaltung bietet als eine Leinwand voller Kleckse oder ein seltsam verformtes Möbelstück nicht den Anspruch haben Kunst zu sein ?

"The actual reason for gaming is fun, not instruction in theatrics or training in the thespian art. Role-playing is certainly a necessary and desirable part of the whole game, but it is a part".
Zu Deutsch : F**k off you Method Actor; was hat das mit Kunst zu tun ?

Biersauere Ernstigkeit macht mir persönlich jeglichen Spass kaputt.
Was ja wie L. meint nicht sein muss nur wenn man Tiefe möchte.
Aber Ernstigkeit finde ich doch schon wichtig.
 
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das problem ist doch, das weder tiefe, noch kunst noch ernsthaftigkeit in dem kontext näher bestimmte begriffe sind.

acer fühlt sich unbefriedigt und möchte 'mehr' und das umfasst er erstmal mit dem begriff 'kunst'.
ich halte das für den ersten fehler, aber es wäre legitim wenn man es als diesen offenen Begriff nimmt.

ich würde den begriff von 'spaß' oder einen etwas undhedonistischeren begriff verwenden. rollenspiel soll mich eben so beschäftigen, dass ich die zeit als 'erfüllend' verbracht betrachten kann. und damit 'zufrieden' bin.
 
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Ja ich glaube Ace versucht eher die Antwort zu finden wie man das, was du im letzten Satz schreibst verstärken kann.
Für ihn ist Rollenspiel wie ein Haus zu betreten, er sucht die Antwort sodass er sich dabei aber fühlt wie wenn er den Palazzo del Te betritt.
So verstehe ich es zumindest. Und das wäre bestimmt zu erreichen, mit viel Planung
 
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Mir war eher der erste Teil wichtig "The actual reason for roleplaying is FUN"

Und gegen Ernsthaftigkeit ist gar nichts einzuwenden wenn man sie durch etwas Humor auflockert udn nicht total verkrampft auf den Regeln und Würfeln herumreitet. DAS ist was ich kritisiere. Den Flow zu behalten ist IMHO die wichtigste Aufgabe des meisters.
 
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Naja das führt nun wohin wo keiner hin möchte...
aber ich dachte du beziehst dich auf die Stimmung im Spiel.
Nicht die Stimmung außerhalb des Spiels
 
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Wenn Acer nach der Antwort sucht, wie er mehr Erfüllung/Freude/whatever in sein Rollenspiel bringen kann, dann dürfte er derjenige sein, der die Antwort (die stark an seinen individuellen Bedürfnissen hängt) am besten kennt. Wenn er aber wirklich davon ausgeht, alles schon erlebt zu haben, muss er sich mit der Möglichkeit anfreunden, das Rollenspiele ihm nicht mehr das bringen können, was er sucht.

Sollte er jedoch wirklich nur ganz banal den schnöden Wunsch verfolgen, das eigene Spiel als Kunst bezeichnen zu können, bleibe ich bei meinem Vorschlag von weiter oben. Denn genau so funktioniert es bei allem anderen auch.
 
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Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis die Primitivo-Ecke sich mit einem in Versalien Gesetzten FUN in diesen Thread verirrt.

Bathora: Du hast unrecht, Rollenspiel ist eben NICHT in der Hauptsache ein SPIEL. Wer solches glaubt oder verzapft, hat keine Ahnung oder ist auf Skyrock reingefallen.

Soma: "Fun" ist primitiver Scheißdreck, zumindest wenn man ihn so versteht, wie Du hier (aller Wahrscheinlichkeit nach). "Fun" unterscheidet sich durch Kurzlebigkeit von einem Vergügen, dass befriedigend ist, gerade weil es intelektuell anregend ist. Mit irgnendeinem Zeitvertreib, der nur "Fun" ist, hätte ich mich bestimmt nicht 20 Jahre beschäftigt.
 
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@Shub-Shuman:Komisch ich verstehe unter Fun oder auch dem guten deutschen "Spass" dass ich nach einem Rollenspielabend nach Hause gehe und sage "Wow, das war toll,wann spielen wir wieder?" Wenn es süchtigmachende Diskussionen und auch Action udn alles schön aufeinander abgestimmt gewürzt mit einer Prise Humor gibt,dann ist das ein sehr schmackhaftes Rollenspiel. Wenn hingegen fünf leute sich an einem Tisch gegenübersitzen und versuchen sich mit ihrer Intellektulität und Regelkenntnis zu übertreffen nennt sich das nicht mehr "Rollenspiel" sondern "Wettbewerb" oder auch "Herumprotzerei"
 
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Werter Shub, so viel ich sonst von deiner Meinung halte, ich fürchte, hier werden wir nicht zueinander finden.

Wie gesagt, intelektuelle Beschäftigung mit Rollenspielen ist nichts Schlechtes.
Aber: Rollenspiele sind nicht in der Lage, die Grenzen der Trivialität zu verlassen. Dass das ganze emotional und durchaus auch intelektuell stimulierend sein kann, das will ich gar nicht leugnen. Man kann experimentieren, aber die grundlegenden Strukturen müssen immer simpel bleiben, will man nicht die Gefahr laufen, auf den Railroading-Express aufzuspringen.

Eigentlich ist es ganz simpel: Wo wirkliche Interaktivität herrscht, muss man sich der Trivialität und Banalität aussetzen. Das ist auch nichts schlechtes, aber es verbietet Plots, die über eine gewisse Komplexität hinausgehen. Die Befriedigung, die ich oben erwähnte, ist für mich auch ein wichtiger Teil des Spielerlebnisses, aber ich versuche nicht, die Dimension als Spiel auszublenden, das wäre für alle Beteiligten nur frustrierend. Und nur weil es mich emotional und intelektuell reizt, ist es noch lange keine Kunst. So anmaßend wäre ich nie.
 
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@Soma
Mir persönlich geht es darum dass Rollenspiel mich nicht belustigen muss um mich zu begeistern.
Was ernstes ist dabei mir sehr oft sogar lieber.
Wenn ich überall Humor einbaue lockert es vll Situationen auf, aber erzeugt nicht unbedingt eine super Erfahrung.
Wenn man da noch Ästhetik einbaut, wie perfektes Zusammenspiel vom SL, der Situation und Musik ist das doch Prima und dadurch kann man sein Erlebnis bestimmt zu etwas steigern das nicht nur "Fun/spaß" ist

Und das das Gegenteil von Ingame Action+Humor nicht Outgame Sl und/oder Spieler Faschismus ist, ist ja wohl klar.
 
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Von muss habe ich auch nichts gesagt. Ich meine nur dass Rollenspiel keine tiefgeistige oder bierernste Angelegenheit die einen zuvor absolvierten Rhetorikkurs sowie mindestens Abitur voraussetzt sein muss.

Abgesehen davon stimme ich dir zu. Wenn intellektuelle herausforderung,Stimmung und alles andere zusammenspielt ist das ein ebenso erfüllendes Erlebnis wie ein Abend voll Gelächter und Witze bei einem Bier-und-Brezel-Rollenspiel wie RISUS u.ä.
 
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Nur kurz zu Wilde, bevor es gänzlich OffTopic wird: Ein lautes Abstreiten gesellschaftlicher Relevanz von Seiten des Künstlers ist Geste, aber de facto nicht unbedingt richtig. Klappern gehört halt zur Kunst und widersprüchkiche und falsche Aussagen sind gerade zu kennzeichnent für Künstler? Man sollte solche nicht unreflektiert annehmen.

Es geht vielleicht anders, aber was soll denn der Unfug? RollenSPIEL heißt es, weil es ein Spiel ist, ein reines Unterhaltungsprodukt.
Also würdest du auch dem SPIELfilm, jegliche künstlerische Qualitätsoption absprechen?
Damit ständest du im Widerspruch zur allgemein üblichen Meinung.
Aber derartiges Wörterzerfleddern ist nicht sinnvoll.
Begriffe müssen gefüllt werden und nicht nur in ethymologische Scheibschen dekonstruiert werden.

Rollenspiele können, in gleicher Weise wie beispielsweise Literatur, ohne dadurch Überlastet zu werden oder an Spass einzubüßen, mit 'Themen' kombiniert werden und Fragen von über das Spiel selbst hinausreichender Relevanz behandeln. Sie MÜSSEN also nicht trivial sein.
Man KANN sie flach halten und möglicherweise hast du das nur so erlebt, das sei dir selbstverständlich zugestanden. Aber es muss nicht so sein.

Genau so könntest du versuchen, ein Computerspiel mit künstlerischem Anspruch zu spielen
Wenn du Rollenspiele in dergleichen Weise spielst wie ein Computerspiel, dann kann ich verstehen wieso dir die Vorstellung eines Kunstcharakters von Spielen unverständlich bleibt. Ich würde einmal unterstellen, das die meisten Rollenspieler einen erheblichen kreativen Akt beim Spielen vollbringen, der beim Komsumieren eines Computerspiels weitgehend flach fällt. Aber selbst, wenn der Betrachter eines Kunstwerks nicht Teil des Kunstwerks ist, bleibt es Kunstwerk oder Kulturgut, wie man es nennen mag.

Die Diskussion ob Computerspiele Kunstwerke sein können ist übrigens für unsere Frage hier durchaus interessant. Das sie es sind stellen inzwischen selbst Vertreter der etablierten Kulturszene fest. Nun ist der Bereich des Rollenspiels zu klein um in ähnlicher Weise größeres öffendliches Aufsehen zu erregen, aber Parallelen lassen sich ziehen.

Rollenspiel KANN Kunst sein.
 
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Meiner Meinung nach stimmt das so nicht graurabe. Wie du sagst ein Computerspiel kann Kunst sein.

Ebenso würde ich sagen ein Rollenspiel kann Kunst sein. Das Rollenspielen allerdings mag durchaus einen kreativen Akt beinhalten ist aber im Endeffekt nur der Konsum dieser Kunst.
Das ist pauschal gesagt. Genaugenommen KANN ein Spieler einen so inspirierenden Charakter spielen, der Spielleiter ein so außergewöhnliches Abenteuer leiten oder die Gruppe so genial interagieren, dass es Kunst sein könnte.

Allerdings ist das meiner Meinung nach mehr als unwahrscheinlich. Ich kam auch schon von Abenteuern nach Hause, die mich teilweise tagelang beschäftigt haben und wo ich wirklich über Moral und Sinn nachgedacht habe. Das Kunst zu nennen würde ich aber nicht wagen. Eine Therapiesitzung ist auch keine Kunst und beeinflusst trotzdem.
 
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