AW: Gibt es Risus ohne Klischees?
Ja, alle anderen würden Risus nehmen oder settingspezifische Systeme, die hier schon genannt wurden.
Stimmt GENAU.
Wenn man ein System sucht, "das man sich hernehmen kann, um über Settings, und Hintergründe nachdenken zu können, welches nicht zu viel vorgibt, aber doch Größen und Werte hat, mit denen man spielen kann", dann nimmt man Risus.
Wenn man ein System sucht, "das dann auch zum Testen des Settings geeignet wäre, das dann auch funktioniert", dann nimmt man Risus.
Wenn man ein System sucht, "dessen Regeln übersichtlich auf ein paar Seiten unterkommen und das One-Shot-tauglich ist", dann nimmt man Risus.
Bei meinen Selbstbau-Settings bzw. Setting-Adaptionen aus Büchern, Filmen, Fernsehserien macht ich die "Risus-Analyse". - Ich suche (und finde) die für dieses Setting DEFINIERENDEN Klischees.
Diese Klischees sind die Archetypen, sind die Berufe, sind die Rollen in der Spielwelt, im Setting, die von den SCs ausgefüllt werden, wenn sie sich im Setting in den Szenarien bewegen, die ich für dieses Setting vorgesehen habe.
Mal zum Vergleich zwei Western-Settings:
Dogs in the Vineyard ist ein SEHR, SEHR ENG fokussiertes Western-Setting. Extrem eng fokussiert, um die beabsichtigten Konflikte, um die es bei Dogs in the Vineyard gehen soll, in den Vordergrund zu rücken. Daher braucht DitV u.a. folgende Klischees (SCs und NSCs): Dogs (die Glaubenspolizei, die SCs, das EINZIGE Klischee für SCs!), Stewards (Ortsvorsteher), gläubige Bürger, Zweifler, Sünder, das Bergvolk (Indianer), Ketzer, Hexen, Zauberer, usw. (allesamt NSC, mit denen die SCs im Klischee "Dog" interagieren müssen).
Deadlands ist ein weit breiter angelegtes Setting. Dort gibt es bestimmte Klischees, die über die typischen Western-Klischees (Cowboy, Großrancher, Marshal, Desperado, Gunslinger, Snakeoil Salesman, Saloon Girl) hinausgehen. Dieses sind die ABWEICHUNGEN vom normalen Western, die das Setting definieren helfen: Huckster, Gesegnete, Mad Scientists, Enlightened Martial Artists, Agency Men in Black Dusters, Harrowed, usw.
Wenn man ein Western-Setting entwerfen und die Grundideen austesten will, dann tut man gut daran sich über die üblichen, die normalen Western-Klischees im Klaren zu werden (ein Teil der Risus-Analyse) und dann zu überlegen, was die BESONDEREN, die EINZIGARTIGEN Klischees sind, die in dem besonderen Western-Setting eine Rolle spielen sollen. - Ist das erst einmal auf Basis der Klischees geklärt, so kann man überlegen, welche Klischees die SCs und welche die NSCs betreffen. Welche NUR SCs, welche NUR NSCs verkörpern sollen.
Dann baut man mal ein paar Charaktere auf Basis dieser Klischees.
Dann denkt man sich ein paar einfache, aber TYPISCHE Szenarien für das neue Setting aus.
Dann spielt man diese Szenarien mit RISUS (das funktioniert wenigstens als Regelsystem und ist vollständig und ausgetestet und lange bewährt - wenn hier etwas schiefgeht, dann nicht, weil das Regelsystem eingebaute Macken hat, sondern weil die Szenario-Durchführung nicht gut verlief oder das Setting Probleme macht).
Im Spiel der Klischee-Charaktere mit Risus erkennt man, was die Spieler mit ihren Klischees so TUN WOLLEN. - Die Dinge, die bei diesen Testspielen STÄNDIG aufgekommen sind, sollte das spätere eigene Regelsystem auf alle Fälle gut und problemlos unterstützen, weil sie augenscheinlich beim Spielen in dem Setting wichtig sind.
Ab hier kann man, wenn man will, mit einem eigenen Regelsystem oder einem der üblichen Verdächtigen an generischen Regelsystemen anfangen die nunmehr ENTDECKTEN und im Spiel mit Risus VERIFIZIERTEN wichtigen ASPEKTE des eigenen Settings in Regeln zu gießen.
Meine Vorgehensweise greift hier zum Savage Worlds Regelsystem und eventuell dem einen oder anderen Savage Worlds Toolkit - aber das liegt daran, daß mich eh im Normalfalle Settings interessieren, die sich gut mit dem pulpig-cinematischen Stil von Savage Worlds vertragen. Bei anderen Setting-Adaptionen kam hier aber z.B. HeroWars/HeroQuest als Regelwerk auf. Bei HW/HQ kann man die Klischees der Risus-Analyse gleich zur Findung der HQ-Schlüsselworte weiter verfeinern. - Bei Savage Worlds ergeben sich aus manchen Klischees neue Edges oder Hindrances, oft Professional Edges, bisweilen auch eigenen Arcane Backgrounds.
Auch definierende Ausrüstungsgegenstände fallen aus der Risus-Analyse an, da ja zu einem Klischee immer auch dessen Ausrüstung gehört. Wenn mal als Klischee z.B. einen 2Fast2Furious-Rennfahrer hat, dann gehört ein aufgemotzter Schlitten mit mehr PS als einem Panzer gut täte, einfach dazu. Und diese Ausrüstung muß man dann natürlich auch in seinem Regelsystem abbilden, wenn sie schon zum Klischee und über das Klischee zum Setting gehört.
Ich kann den Ansatz ein Setting mittels Risus zu erschließen nur empfehlen. - MIR hat dieser Ansatz schon seit Jahren (seit ich Risus und die GENIALE Konzentration auf die Klischees entdeckt hatte) die besten Dienste geleistet.