Reality? - Unhallowed Metroplis

Nishiko

Wiedergänger
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15. Juni 2007
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Emily stand an dem großen Fenster ihrer Wohnung und schaute wie betäubt nach draußen. Die Kutsche mit Lilliam von Kassel und Doc Schneider fuhr gerade los und die Adelige winkte ihr aus dem kleinen Fenster ihres edlen Gefährtes noch einmal zu. Als sie außer Sicht waren, zog Emily die Vorhänge zu und Tränen liefen ihr über die Wangen. Die Erschöpfung der letzten Tage war ihr deutlich anzusehen und machte ihr immer noch zu schaffen. Es war ein Fehler gewesen, sich zu diesem Zeitpunkt auf dieses Gespräch einzulassen.

Doch sie spürte auch Wut in sich aufsteigen. Was erdreistete sich diese Dame, dem Lord einen Heiratsantrag vorzulegen? Jemand aus ihrem Kreis war sie auf jeden Fall nicht, denn dann wäre sie ihr nicht so in die Parade gefahren. So viel wusste die junge Diebin nun auf jeden Fall. Jeder andere ihres Standes hätte die vorsichtige Pirsch verstanden und sich zurückgehalten. Das nannte man wohl Ganovenehre. Ein verzweifeltes und trauriges Auflachen bahnte sich seinen Weg durch ihre Kehle. Magpie nannte sie sich stolz und hatte sich immer eingebildet, sie sei eine derer, die es schaffen würden…

Emily ließ sich kraftlos auf ihre große Couch fallen, was sie sofort darauf bereute, denn der Schmerz kam wieder zurück. Wellenartig breitete er sich von der langsam verheilenden Schusswunde in ihrem Torso über ihren ganzen Leib aus. Verzweifelt schloß die junge Frau die Augen, doch die Sterne wollten nicht verschwinden. Nach und nach dämmerte sie langsam in einen unruhigen Schlaf.

Es klopfte an der Tür. „Lasst mich in Ruhe“, kam heiser aus ihrer rauen Kehle, doch das Klopfen intensivierte sich. Ihr Gast schien sich nicht abweisen zu lassen. „Verschwinde“, ein weiterer verzweifelter Schrei um Ruhe. „Emily, bitte öffne die Tür“ . Sie kannte diese sanfte und doch starke Stimme, doch konnte er es nicht sein… weiteres Klopfen … Mühsam erhob sich die junge Frau von ihrem Ottomanen und ging zur Tür. Nach einem kurzen Moment des Zögerns öffnete sie die zahlreichen Schlösser und drückte die schwere Klinke nach unten. Ohne nach zu sehen, ging sie langsam wieder zurück und legte sich traurig hin. Es würde sowieso ein unschönes Gespräch werden. Sie hatte keine Kraft mehr, sich zu streiten oder zu diskutieren. Oder eine Konversation zu führen. Sie hatte sich aufgegeben.
Die Tür öffnete sich leise und schwang auf. Ein Lichtstrahl legte sich über ihre geschlossenen Augen und sie hörte ein scharfes Einziehen von Luft. Es war also so weit.
„Emily, geht es dir gut?“, schwang etwa Besorgnis in seiner Stimme mit? Kurze, rasche Schritte näherten sich ihr und eine kühle Hand legte sich vorsichtig auf ihre Wange. „Emily! So sag doch etwas“. Sie öffnete sie Augen und sah nah über ihrem Gesicht das Gesicht des jungen Lords. Sorge lag in seinen Augen und seine Hand wanderte über ihre gerötete Wange und wischte die Tränen beiseite. „Ich hatte schon befürchtet… bitte verlass mich nicht in dieser schweren Stunde. Ich habe die letzten Tage gemerkt, wie sehr ich dich brauche und wie sehr du mir und meiner Familie zur Seite gestanden bist. Außerdem sollte eine Frau wie du nicht in diesem Zustand alleine sein. Komm mit mir, wir werden dir helfen. Ich werde dir helfen.“

Es klopfte an der Tür. Von Schmerz geplagt öffnete die junge Frau die Augen. Das Klopfen intensivierte sich und die Tür ächzte in ihren Angeln. Ein Splittern war zu hören und die schwere Tür flog mit einem Knall auf und prallte gegen die Wand. Im gleißenden Licht, das ihre Augen schmerzte, machte sie mehrere dunkle Schatten aus. „Ich habe dir doch gesagt, du sollst mir nicht in die Quere kommen, Kleine. Aber du wolltest ja nicht auf mich hören.“, drang eine scharfe Stimme an ihr Ohr. Schwere Schritte näherten sich ihrer Couch und bevor sie noch eine Regung tun konnte, hagelten Schläge auf ihren geschundenen Körper ein. Der Schmerz ihrer gerade heilenden Wunde explodierte und sie spürte, wie die schwere Verletzung wieder aufbrach und Blut sich langsam in ihren zarten Körper ergoss. Eine große Hand legte sich schwer über ihre schmalen Lippen, als sie gerade um Hilfe schreien wollte. Immer mehr Schläge prasselten auf sie nieder, bevor die Dunkelheit sie mit in ihr ewiges Reich nahm.

Es klopfte an der Tür. Schmerzen durchzogen ihren schlanken Körper und die junge Diebin lag seltsam verdreht auf der Seite. „Lasst mich doch sterben“, kam fast schon unhörbar aus ihrer wunden Kehle. Das Klopfen wurde eindringlicher. Ein Schlüssel drehte sich in der Tür und die Tür schwang einige Zentimeter auf, bevor sie von den schweren Ketten gehalten wurde. „Magpie? Is alles in Ordnung?“ Sie kannte auch diese Stimme. Rasseln klang in ihren Ohren und sie hörte langsam eine Kette nach der anderen gegen die Eichentür schlagen. Mühsam öffnete Emily die Augen und sah die Tür aufschwingen. Im Rahmen stand eine durchtrainierte Gestalt und als sich ihre Augen an das eindringende Licht in ihre verdunkelte Wohnung gewöhnt hatten, erkannte sie Harris dort stehen. „Eigentlich wollt ich mich ja nur kurz bei dir bedanken, aber dann hab ich dich schreien hörn“, leichte Besorgnis, wie für einen Freund, um den man sich sorgt. So kannste hier nich bleiben. Ich hol nur kurz ´n paar Klamotten, dann bleib ick hier bei dir und pass uff dich uf, Mädel. Mach dir keenen Kopf. Harris is für dich da.“, kamen beruhigende Worte im beruhigenden Slang der Strße aus seinem Mund. „Ick pass uff dich uf.“ … Dankbarkeit … und sie sank zurück in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
 
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