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Übersetzungen sind gleichermaßen der Schlüssel und das Tor zur Erkenntnis aus fremden Kulturkreisen. Da man schlecht alle Sprachen der Welt lernen kann, wenn man noch was anderes zu tun hat, braucht es Übersetzer, die den Zugang zu sonst unverständlichen Dingen erleichtern. Die Übersetzung (was auch die Synchronisation einschließt) war mal eine hohe Kunst, wird allerdings mittlerweile von Macher- und Konsumentenseite größtenteils nur noch mit Füßen getreten.
Ich kann die allgemeine Einstellung, etwas möglichst "unverfälscht" zu lesen und sehen verstehen, ich lerne selbst Chinesisch um Konfuzius und das Daodejing irgendwann im Original lesen zu können. Aber in den letzten Jahren wird mir das vor allem hier in Deutschland ein wenig zu stark schwarz-weiß radikalisiert und es wird mir zu aggressiv missioniert, vor allem da es größtenteils "nur" um Freizeitvergnügen geht. Vor allem würde ich nicht herumlaufen und Leuten, die das Daodejing in Übersetzung lesen vorkauen, wie wichtig es ist, das Original zu kennen. Oder mich sogar dann, wenn ich es im Original lesen kann damit erhöhen, zu glauben, den besseren Durchblick zu haben.
Wer nicht im Original liest und guckt, erst recht wenn es um Englisch geht, der muss wohl zu doof dafür sein. Ist halt nicht gebildet genug. Oder er betrügt sich zumindest um die "echte" Erfahrung. Das ist alles Unsinn. Eine gute Übersetzung kann den Geist und das Thema sehr wohl gut genug einfangen, um es zu übertragen, verloren geht vielleicht ein wenig sprachliche Spielerei, das war es auch schon. Bei richtig miesen Übersetzungen wird natürlich auch der Sinn verdreht, aber das ist meiner Erfahrung nach selten der Fall.
Das Gestöhne über schlechte Übersetzungen und die missionarischen Aufforderungen, das Original zu bevorzugen, findest du mittlerweile unter so gut wie jedem medialen Verweis. Ob hier im Forum, auf Youtube, auf Amazon, im persönlichen Gespräch - scheiß egal. Überall fühlen sich die Menschen dazu aufgerufen, zu betonen, wie wichtig es angeblich sei, das Original zu kennen und nicht der dummen Masse anzugehören, die die Sprache nicht genug beherrscht, ums im Original zu lesen oder zu sehen. Dabei kann (und muss) ich ja gut damit leben, dass Jemand es mal erwähnt. "Also ein Tipp von mir: ich finde das Original besser. Muss jeder für sich selbst wissen." ist auch etwas völlig anderes, als eine durch Großschrift untermauerte Aufforderung, da sonst der Weltuntergang droht. Aber die Missionierung dient im Grunde nur der Abgrenzung und der Einteilung in Eliten.
Wenn sich nicht gerade darüber aufgeregt wird, dass die dummen Menschen in diesem Land ja der Grund dafür sind, dass wir überhaupt so viele Übersetzungen haben (wenn sie sich ein wenig bilden würden, würde ja alles nur noch im Original verfügbar, wie im Mekka Holland), dann wirste entweder mit Unverständnis wie ein Alien begafft, mit mitleidigen Blicken bestraft, oder sogar blöd von der Seite angemacht, wenn du dem Original-Trend nicht völlig zu Füßen fällst und dir vielleicht sogar gerne etwas in Übersetzung ansiehst oder liest.
Das geht mir persönlich richtig auf die Nüsse. Und es betrifft mich auch, im Gegensatz dazu, ob und wie Jemand sein Freizeitvergnügen konsumiert. Das betrifft mich nicht nämlich nicht, genauso wie es Niemanden anderen betrifft, wie ich das mache. Wenn es nach mir ginge, würden auf dieses Thema bezogen mal alle einen gehörigen Schritt rückwärts machen, sich darauf beschränken, ihre persönlichen Präferenzen kund zu tun und den ganzen, sozialumfassenden Subtext mal da raus lassen. Ich weiß natürlich, dass es nicht nach mir geht, deswegen mecker ich halt, muss auch mal sein.