Rollenspieltheorie Kann SF auch Fantasy sein?

Skar

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Etwas verwirrend der Titel.

Aber kann man die Lager der Science-Fiction-Anhänger (oder Future-Anhänger allgemein) von denen der Fantasy-Anhänger nominell dadurch trennen, dass Science-Fiction technisch begründbar sein könnte und dass Fantasy rein fiktional sein könnte?

Oder habt ihr schon mal futuremäßige Märchen gelesen? Bzw. gibt es Scheiss-Fiction äh Science Fiction, die nicht im mindesten den Anspruch erhebt technisch möglich zu sein? Auch Magie erscheint mir dort in den meisten Fällen psionisch angelegt zu sein, zum Beispiel als eine Weiterentwicklung des Menschen/der Rasse.
 
SF muß nicht zwingend technisch begründbar sein - diesen Anspruch hat eigentlich nur die Hard Science-Fiction. New Wave beispielsweise kommt ohne diesen Anspruch aus, und Star Wars ist schon wieder völlig losgelöst von jeglichen Naturgesetzen.
Andere sind nur teilweise technisch begründbar - ich denke da vor allem an Gibsons Beschreibungen des Cyberspace.

Es gibt auch Fantasyromane in denen die übernatürlichen Elemente natürlich erklärbar sind - da spucken Drachen kein magisches Feuer, sie produzieren halt entzündliche Gase. Im Rollenspielbereich fiele mir da das CP2020-Quellenbuch "Vampire in Chrome" ein, in dem die Übernatürlichen und ihre Kräfte naturwissenschaftlich erklärbar sind.

Abschließend noch eines meiner Lieblingszitate in diesem Zusammenhang:

"Eine hinreichend fortgeschrittene Technologie läßt sich nicht mehr von Zauberei unterscheiden."
-Arthur C. Clarke
 
Science Fiction bedient sich häufig (also noch mal betohnt nicht jedes Sci-Fi) Mitteln wie bisher unendeckten und gradezu magischen (chemischen) Elementen oder irgendwelchen Kraftfeldern die geradezu fantastische Effekte erzielen. Manchmal gibt es auch unendeckte neue Naturgesetzte die benutzt werden.
Für mich gibt es da nur den Unterschied ob es sich um bekannte fantastische Dinge oder neue fiktive Dinge handelt. Aber da mir solche Zenarien in denen sich solche Dinge begenen sowieso gefallen (Ja ich mag mein Shadowrun mit Magie ;)) kann mein Blickwinkel da auch beeinflußt sein.
 
Manchmal sind die Grenzen schon sehr fließend. Da ist natürlich das berühmte Clarke-Zitat, und in so einigen (vor allem Kurz-)Geschichten ist es dann auch so, dass manchmal jede Erklärung fehlt und der Mensch vor dem Unbegreiflichen steht. Ich erinnere mich an einen Zyklus, der in dem sogenannten Flux-Universum spielt... darin geht es mehrere Bände lang um eine Welt mit Zauberern und Fabelwesen, und im Prequelband wird dann völlig SciFi-mäßig erzählt, wie ein menschlicher Forscher den Weg in ein anderes Universum findet, in dem Gedanken Raum und Zeit beeinflussen können.

Ach ja, Kyberiade... Stanislaw Lem. Immer wieder ein Genuß. ;)
 

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Kurzer Einwurf aus der Literaturwissenschaft:

Science-Fiction und Fantasy sind (ebenso wie Horror/Grusel) Teil des Phantastischen Genres. Die Grenzen dabei sind und waren schon immer etwas fließend (siehe u.a. Jules Verne aber Dinge wie Gullivers Reisen in der nicht gekürzten und nicht für Kinder gedachten Fassung).

Aktuell befinden wir uns in der literarischen Epoche der Postmoderne (behauptet zumindest die Literaturwissenschaft), in der sich massiv die Genre-Grenzen auflösen. Insbesondere in den letzten 20 Jahren kommt kaum ein Film ohne Einschläge aus anderen Genres aus (vor allem die Komödie und der Actionfilm müssen da herhalten).

Die klassische Verknüpfung von Genres innerhalb der Phantastik ist seit Anfang dieses Jahrhunderts natürlich die Horror & Science-Fiction - Verbindung (einige Beispiele: "Das Ding aus einer anderen Welt", "Alien" oder auch "Der Unsichtbare").

"Star Wars" verknüpft ebenfalls sehr stark den Science-Fiction mit der Fantasy (ich sag nur Macht, Jedi-Ritter mit Laserschwert, weise Lehrmeister auf Sumpfplaneten, etc.) - aber das hat b_u_g ja auch schon erwähnt. Aber auch andersrum gibt es da ein paar Fälle - spontan fällt mir da Shannara ein, daß defacto auf unserer Welt in ferner Zukunft spielt, eigentlich aber ein Fantasy-Setting ist, andere Beispiele wären "Krull", wo ein außerirdisches Raumschiff auf einer Fantasywelt landet oder auch das DSA-Solo-Abenteuer "Borbarads Turm".

@Sheltem
Auf was Du da anspielst ist die sogenannte "Soft-Science-Fiction" bei der es weniger um realistische Vorhersagen über die technologische Weiterentwicklung geht, sondern mehr um Konstellationen, die stellenweise nur von einem McGuffin angetrieben werden.

Bis dann, Bücherwurm
 
Kommt drauf an, was Du unter "SF" verstehst. Mittlerweile wird es häufig als "speculative fiction" verstanden und gar nicht so sehr als "Science-fiction" (zB übliche Deutung in der rec.arts.sf.written). Unter speculative fiction kann man Fantasy problemlos einreihen. Üblicherweise ist es die Hard SF, die sich gegen alles Fantasy sträubt :D

Clear Ether!
Stayka
 
Hallo zusammen,

wie die obrigen Beispiele ja schon deutlich machen ja SF kann auch Fantasy sein.
Warum gibt es dann aber immer wieder die angeblich so strikte Trennung?

Ich glaube das liegt daran das man an die beiden Gattungen ganz unterschiedlich heran geht.
Bei Fantasy Systemen sind viele Spieler bereit Lücken in der Technologie, irrele Waffenreichweiten, irreale Waffenschäden und die Frage warum es zu keinerlei technologischem Fortschritt kommt zu ignorieren.
Von einem SF System erwarten viele Spieler jedoch das diese Lücken nicht aufkommen dürfen. Zudem haben eben mehr Spieler Erfahrung mit dem Autofahren, Computern und modernen Waffen gemacht als mit Magie, Heiltränken und Schwertkampf.

Von da aus werden Regeln zu diesen Themen immer ganz besonders kritisch gesehen so das viele SF Systeme entweder einen actionlastigen, sehr beschränkten, Hintergrund haben oder versuchen alle möglichen Dinge meistens recht komplex zu simulieren. Das wiederum schreckt natürlich Einsteiger und alle Spieler ab die sich weniger für Regeln und die Technik sondern mehr für das Erzählen und die Charakterinteraktion interessieren.

Von da aus kann SF auch zu Fantasy werden wenn man bereit ist sie zu beschränken und das eigene Spielerwissen oder noch gefährlicher Halbwissen zurücktreten zu lassen. Statt dessen sollte man einen Blick auf das Setting werfen indem man spielt. In einem Actionfilm kann der Held eben gegen ein Maschinengewehr anrennen ohne getroffen zu werden in der Realität wäre er sehr wahrscheinlich tot. Entsprechend sollte man auch technologische Einschränkungen akzeptieren. Gerade so manches Cyberpunksystem hat sich einfach technologisch überholen lassen. Ich sag da nur Faxen statt Internet und Handy bei Cyberpunk.

Gruß Jochen
 
Arkam schrieb:
Hallo zusammen,
wie die obrigen Beispiele ja schon deutlich machen ja SF kann auch Fantasy sein.
Warum gibt es dann aber immer wieder die angeblich so strikte Trennung?
Das ist schlichtweg eine Frage der Nomenklatur.

Bei der Fantasy gibt es immer etwas unerklärliches und von der Wissenschaft nicht akzeptiertes - beispielsweise Feuerbälle schmeissen, indem ich ein paar Worte vor mich hinmurmle.

Bei der Science-Fiction ist nominell alles denkbar und wissenschaftlich erklärbar (auch wenn uns aktuell dafür die Grundlagen fehlen) - beispielsweise Teleporter.

Ganz wichtig dabei ist aber, daß es weniger darum geht, ob diese Dinge tatsächlich irgendwann einmal möglich werden, sondern nur wie die Setzung innerhalb der fiktiven Welt der Erzählung ist - sprich wie etwas beschrieben wird und welche Hilfsmittel im Umgang mit ihm zum Einsatz kommt. Hierbei gilt dann wiederum Technik = Sci-Fi, keine Technik = Fantasy.

Defacto ist die Trennung aber rein literaturwissenschaftlich weitaus weniger streng als die "Fans" das gerne behaupten - wohl auch weil die Trennung halt nicht so leicht ist. Mit der Ausrede "ist halt alles Phantastisch" kommt man prima aus dieser Prädulie heraus.

Mal ein paar Beispiele:

- Es ist mehr als fraglich, ob Teleporter wie sie bei Star Trek dargestellt werden je praktikabel werden. Die Energiemengen und die Komplexität der Daten übersteigen bei weitem alles, was die Naturwissenschaften aktuell für leistbar halten. Trotzdem gilt das ganz klar als Science-Fiction, weil innerhalb der fiktiven Welt dies als erklärbar gesetzt wird und technische Gerätschaften zum Einsatz kommen.

- Der Blob aus dem gleichnamigen Film ist eine Ausserirdische Lebensform, die alles organische verspeist und dadurch enorm an Größe gewinnt, aber mit Kälte hat sie es nicht so. Ist so ein Wesen wissenschaftlich denkbar? Naja, eher sehr unwahrscheinlich. Mal ganz zu schweigen von den Unwägbarkeiten der Kometenreise auf die Erde. Trotzdem Science-Fiction, weil theoretisch geht das ja und es kommen technische Hilfsmittel beim Besiegen zum Einsatz.

- Die Magie und die Fabelwesen im Herrn der Ringe sind nicht wissenschaftlich erklärbar und scheinen auch auf die Naturgesetze nicht besonders viel wert zu legen. Sie sind einfach da und werden auch als magisch bezeichnet, um mit ihnen umzugehen bedient man sich klassischer Requisiten aber keinerlei technischer Gerätschaften (Stab, Schwert und Kugel um nur einige zu nennen). Daher fallen sie eindeutig in den Bereich der Fantasy.

- So, jetzt mal einen Grenzfall: Die Macht in Star Wars Episode IV, V & VI wird als Energiefeld bezeichnet, daß uns alle umgibt und mit dem man in Einklang kommen kann, um bestimmte Fähigkeiten auszubilden. Ist so etwas wissenschaftlich erklärbar? Nein, denn Engergiefelder haben keine Meinung (von wegen gute und böse Seite der Macht), erlauben ganz sicher nicht so vollkommen unterschiedliche Fähigkeiten (wie Telekinese, Biokinese, Telepathie und Hellsicht), mal ganz zu schweigen davon, daß die ganze Äthertheorie schon vor einer ganzen Weile gekippt wurde.
Mmmhhh, der Rest von Star Wars ist aber ziemlich deutlich Science-Fiction (von wegen Raumschiffe, Blaster, etc.). Desweiteren erinnert die Macht auch sehr deutlich an die Psiphänomene der Parapsychologen.
Ergo ist das ganze ein Grenzfall - wobei er von den meisten Lit-Wis als Fantasy-Element interpretiert wird.
Mit Episode I verschiebt sich das Kontinuum aber leicht, plötzlich ist es nicht mehr nur ein Energiefeld, sondern diese Miticlorians kommen ins Spiel, so kleine Symbionten, die das Energiefeld untereinander verändern können. Das ist sehr viel stärker ein quasi-wissenschaftlicher Ansatz (es gibt sogar einen Miticlorian-Scanner!!!). Nichtsdestotrotz läßt die Macht einige Fragezeichen offen.

Bis dann, Bücherwurm
 
Star Wars wäre vielleicht SciFi, wenn man endlich mal die Lichtschwerter entfernen würde und die Laserwaffen korrigieren würde. Schon albern wenn man Laserstrahlen (obwohl, es sind ja keine Strahlen, es sind ja Linien, wie wir ja alle in Mathe gelernt haben sollten) ausweichen kann. Das 'sehen' kann man ja noch verstehen (aus dramaturgischen Gründen) aber sonst? Albern...

Wo würdest du denn Shadowrun einordnen?
Cyberware, Matrix etc. als SciFi, Magie als Fantasy und die Goblinisierung? Magisch oder genetisch bedingt?
 
Harlekin schrieb:
Wo würdest du denn Shadowrun einordnen?
Cyberware, Matrix etc. als SciFi, Magie als Fantasy und die Goblinisierung? Magisch oder genetisch bedingt?
Shadowrun ist eindeutig eine Mischung aus Sci-Fi (in diesem Fall halt das Cyberpunk Subgenre) und Fantasy. Einzelne Elemente lassen sich natürlich klar zu orden, aber im ganzen hat man sich um eine Mischung der beiden Genres bemüht.
Das macht ja allein schon der Werbespruch deutlich: "Where Man meets Magic and Machine".

Bis dann, Bücherwurm
 
Bücherwurm schrieb:
- So, jetzt mal einen Grenzfall: Die Macht in Star Wars Episode IV, V & VI wird als Energiefeld bezeichnet, daß uns alle umgibt und mit dem man in Einklang kommen kann, um bestimmte Fähigkeiten auszubilden.

Nö, ganz so wird es nicht beschrieben. Aber ein offizier sagte ja schon zu dem Thema was auf dem DS: "Sie dürften wohl der einzige sein, der noch immer dieser Vorsintflutigen Religion angehöhrt." ;)

Ist so etwas wissenschaftlich erklärbar? Nein, denn Engergiefelder haben keine Meinung (von wegen gute und böse Seite der Macht)

Es geht ja auch eher um hell und dunkel, als gut und böse. (O.K., Wortklauberei. :D)
Aber anstelle mal diese These: Da es sich ja eh um eine Religion dreht, spielen Motive eine deutliche Rolle. Und was spricht gegen Religionen im SciFi-Genre?

, erlauben ganz sicher nicht so vollkommen unterschiedliche Fähigkeiten (wie Telekinese, Biokinese, Telepathie und Hellsicht)

Nagut, das lassen wir mal so stehen. :) (Obwohl man da sicher auch noch was finden könnte.)


*Nur mal so ein paar Cent zur entgültigen verwirrung beiwerfen will*
 
Ich würde auch noch auf den Dune-Zyklus (ja, es sind eigentlich 6 Bände) von Frank Herbert hinweisen.
Er ergeht sich zwar immer wieder auch in technischen Beschreibungen, aber solche Dinge wie die Drogen (das Todeswasser oder wie das Zeug hieß das die Sandwürmer absondern wenn sie ertränkt werden) sind meist recht abstrakt, ebenso wie bsp. die Beschreibung des Holtzmann-Generators.
Von den ganzen philosophisch-religiösen Dingen will ich erst gar nicht anfangen (ich erinnere an die Doppelgänger der Tleilaxu).
Also SF der sehr Fantasy-mäßig ist.

Zu Starswars:
Hat die Ankunft der Midichlorians nicht einen Feuersturm von Seiten der Fans ausgelöst?
 
Star Wars wäre vielleicht SciFi, wenn man endlich mal die Lichtschwerter entfernen würde und die Laserwaffen korrigieren würde.

Es mag dann ja vielleicht SciFi sein, aber es ist bestimmt nicht mehr Star Wars.

Und was spricht gegen Religionen im SciFi-Genre?

Religion und Technik scheinen bei den meisten SciFi-Autoren unvereinbare Antipole zu sein. Es ist ein meist ein "Entweder/Oder", aber niemals ein "Und". Im günstigsten Falle ist die Kirche nicht technophob (Star Wars/Jeditempel), aber meist verdammt sie Technologie als widerwärtiges Teufelszeug (Fading Suns, Warhammer 40K, zum Teil Dune).

Generell lebt eine Religion vom Glauben an eine höhere Wesenheit, und Techologie tendiert dazu, ebensolche "höheren" Wesenheiten als Aberglaube und/oder quantifizierbare, erklärbare Kraft zu dekonstruieren.

Ausnahme -> Arcanotech, wenn Magie und Technologie fusionieren, aber das ist ein eher seltenes Hintergrundelement. Eine weitere ist "Technology as magic", wobei die allerdings schon zu oft breitgetreten wurde.

Ansonsten muß ich Meister Clarke beipflichten: Irgendwo verschwimmen die Grenzen zwischen den Genres, und jegliche Unterteilung wird mutwillig.

-Silver
 
Noch ein gutes Beispiel: Neuromancer. Allein der Name ist schon ein Wortspiel mit Necromancer - und die Art und Weise wie Case mit dem Cyberspace umspringt hat etwas magisches an sich.

Ich liebe generell Gibsons Wortspiele, die in der Übersetzung leider z.T. kaum rauskommen.
 
Und natürlich die Vermischung von Technologie und Kirche (Mechwarrior, d.h. Comstar).

Verehren die Blake wirklich als Gottheit und haben ein Glaubensbekenntnis? Mir kamen die immer eher wie eine spinnerte Sekte mit Kommunikationsmonopol vor...

-Silver
 
Sekt, Kirche... ist da nicht der einzige Unterschied die Größe und die Zugänglichkeit?
Die katholische Kirche hat ja über lange Zeit auch diverse Monopole gehalten, z.B. dass der Schreiber.
 
Naja, eine Kirche sollte IMHO eine oder mehrere Gottheit(en) oder etwas konzeptionell sehr ähnliches vorweisen können. Ich könnte die Jedi als Religion betrachten, aber bei der Verehrung von Personen, egal ob tot oder lebendig, ziehe ich die Grenze und kann es nur als Sekte bezeichnen.

Semantik beiseite: Haben die KomStar-Knaben jetzt 'ne allmächtige Gottheit, oder ist das nur der 1. Wir-lieben-Blake-Fanclub, der sich verselbstständigt hat?

-Silver, BattleTechnisch ungebildet.
 
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