Nun mal Halblang. Was mich persönlich an dieser Kritik der mangelnden Historizität stört, ist die Prinzipien- und (angebliche) Faktenreiterei. Ich hab auch schon lesen dürfen, HBOs Rom sei "unhistorisch" oder sogar "historisch verfälschend" weil es sich nicht 100%ig genau an die Jahresdaten hält. Wenn das das Hauptkriterium für die Bewertung einer historischen Grundlage eines Films oder einer Serie sein soll, dann gute Nacht.
Prosaische und Unterhaltungsfilme und ähnliche Medien sind letztlich immer nur dafür da, Geschichten zu erzählen. Dokumentationen sollten sich möglichst genau an in Geschichtsbüchern enthaltene "Fakten" halten und was da so über Rom durch die Medienlandschaft kriecht, ist bei Weitem schlimmer, vor allem wenn massenmörderische Demagogen wie Caesar als Volkshelden deklariert werden (aufgrund der Basis SEINER Memoiren (de bello gallico). Das ist als würde man "Mein Kampf" lesen und dann 'ne Doku über den deutschen Volkshelden und genialen Feldherrn Adolf Hitler drehen).
Was ich von historischen Filmen und Serien dieser Art erwarte, ist ein gut recherchiertes Zeitengemälde, ein Hintergrund, der sich mit den Motivationen und dem Leben der dortigen Menschen auseinandergesetzt hat und keine detailgetreue Aneinanderreihung von Geschichtsdaten oder den allseits beliebten und achso wichtigen Schlachtenaufstellungen- und Verläufen.
Braveheart nehme ich da raus, das ist für mich auch kein Histiorienfilm, sondern eben eine Rachemär auf pathetischem Hintergrund, genauso wie The Patriot. Mel Gibson hat einen Faible für Selbstjustiz, Rache und pathetische Gerechtigkeit, da kann man drauf stehen (wie ich), muss man aber auch nicht.
Last Samurai hinegen ist in meinen Augen historisch - nicht weil er die Umwälzungen der Meiji-Restauration möglichst detailgetreu darstellt und erst recht nicht, weil es mal wieder aus der Sicht eines Amerikaners geschildert wird (klassische Mauerschau, Leute, daran sollte man sich nicht aufhängen), sondern weil es die Lebensrealität und die innere Einstellung einer untergegangenen Kultur (in dem Fall einer einzigartigen Kriegerkaste) extrem gut abbildet. Es ist eine Ode an die Werte, die diese Menschen und ihr Handeln bestimmten und ein kleines Fenster, das Einblick in eine für die meisten westlichen Zuschauer fremde und anfänglich unverständliche Welt gewährt. Ich finde es klasse, wenn sich da überhaupt ein westlicher Hollywood-Mensch ranwagt. Das Gleiche gilt übrigens für das so oft zerrissene Apocalypto, einer der genialsten Filme seiner Zeit, wie ich finde.
Centurion und Ironclad sind wieder Sachen für sich, aber bei "The Eagle" muss ich entschieden Einspruch erheben. Es gibt keinen Film, in dem der Mithraskult sinnvoller und realistischer dargestellt würde. Natürlich ist es eine freie Interpretation (vor allem der Pikten) aber in keinem Fall eine ungerechte. Gerade durch den Blickwinkel zwischen Römer und Sklave wird ein sehr reflektierendes Bild beider Kulturen und Gesellschaften geliefert, mit dem Ergebnis, dass sogar der durch persönliche Ehrlust und Wiedergewinnung angetriebene Römer die Ideale seiner eigenen Kultur anzweifelt. Was soll daran schlecht oder unhistorisch sein? Wie gesagt, wenn man sich dann lieber darüber aufregt, dass die Überlebenden des Massackers nun mit langen Bärten pathetisch ihre Gladii auf die Kanten ihrer Scuti legen, um den Adler zu beschützen, hängt man sich meiner Meinung nach an völlig unwichtigen Details auf, die in der Prämisse eines solchen Mediums kaum eine Rolle spielen.