AW: Frage zu Magischen Thema
Können nicht magische Gegenstände und Orte die besonderes Erleben magisch werden?
Je nach dem Setting, in welchem Dein Rollenspiel gerade spielt, geht das natürlich - oder auch nicht. Bei Deadlands, welches ja ein mit Magie, Monstern und Dampftechnik angereichertes Western-Setting ist, da geht das. In einem eher historisch angelegten Western-Setting, da wäre das ziemlich unpassend.
In letzterem wäre ein in der SpielWIRKLICHKEIT vorhandener, nachprüfbarer magischer Effekt unpassend, weil es dort ansonsten ja KEINE Magie gibt. Aber: Passend wären entsprechende Gerüchte, "urban legends", Gruselgeschichten, die sich die Cowboys am Lagerfeuer über den Dead Man's Canyon erzählen, wo es mal folgende schreckliche Ereignisse gab ...
So etwas geht sowieso IMMER. Die öffentliche Meinung von Gegenständen und Orten kann in diese eine gewisse "Magie" hineinlegen, die ansonsten dem Setting innerhalb der Settingwirklichkeit fremd ist. So werden bei Firefly die Reavers durchaus wie (fast) übernatürliche Gegner mit Fähigkeiten und Verhaltensweisen jenseits des Menschlichen dargestellt - bzw. noch mehr als gezeigt - über sie geredet. Man sieht an der Angst, die selbst die harten Jungs und Mädels an Bord der Serenity beim Wort "Reavers" empfinden, was da hineininterpretiert wird, was dort an Furcht vor dem Unbekannten, dem Unverständlichen besteht.
Und in Settings, wo es auch innerhalb der Spielrealität Magie gibt, da kann solch eine - an sich irrationale - Furcht auch ganz konkret einen Ort zu einem Spukhaus, zu einem von Geistern heimgesuchten Friedhof, zu einem Schlachtfeld, wo sich, wenn die Sterne richtig stehen, die Toten erheben, werden.
Ein gutes Beispiel dafür ist Deadlands.
Hier wurde durch das Anbrechen der "Zeit der Abrechnung" das Schlachtfeld von Gettysburg am 3. Juli 1863 zu einem "Deadland", einer Region, die nicht mehr ganz in dieser Welt ist, einer Region, wo die Gefallenen als Zombies wieder auferstehen und die Lebenden morden. - Solche Gegenden, die durch magische Effekte im Umfeld von historisch Bedeutsamem zu einem übernatürlichen Charakter gekommen sind, gibt es im Weird West oft.
Und auch umgekehrt. - Wenn die Bevölkerung in einer abgelegenen Minenstadt meint, daß nächtens Leute verschwinden, wenn die Angst davor bei den Bürgern wächst, so entsteht in Deadlands aus den Ängsten ganz konkret ein übernatürlicher Schrecken, der dort diese Ängste zu schüren und zu verstärken beginnt, um seinen überaus übelen dunkelen Herren in den Ewigen Jagdgründen die Angst der Menschen servieren zu können.
Mit Gegenständen gilt bei Deadlands das gleiche. - So werden Gegenstände, dadurch, daß sie bei bedeutsamen Ereignissen in einer wichtigen Rolle beteiligt waren, zu sogenannten Relikten. - Ein Relikt in Deadlands hat IMMER eine Vorgeschichte, die seine Entstehung, die daran beteiligten Personen und seinen weiteren Weg durch die Historie beinhaltet (z.B. das Holzbein des mexikanischen Generals Santa Anna, oder die Kugel, die man dem erschossenen Abraham Lincoln aus dem Kopf operierte). Dann hat ein solches Relikt immer eine positive Wirkung (die, weshalb sich Leute gegenseitig umbringen um es besitzen zu können), und eine (im Normalfalle kaum jemandem bekannte oder bewußte) negative Wirkung (meist auf den Besitzer).
Ein Beispiel:
Wild Bill Hickocks Schießeisen
Jeder kennt ja die Geschichte, wie Wild Bill von Jack McCall von hinten erschossen wurde. Was nicht so gut bekannt ist, dürfte das Entwenden seiner beiden Schießeisen, ein Paar Single-Action Cold Navy Revolver, sein. Infolge des gewaltsamen Todes ihres legendären Besitzers haben sie von dieser Legende etwa abbekommen.
Positive Effekte: Außer wenn der Schütze einen kritischen Fehlschlag beim Schießen baut, darf der Schütze, der einen oder beide der Revolver abfeuert jede 1 auf einem Würfel nachwürfeln. (Die 1 auf dem Würfel ist in Deadlands eine "Schlimme Sache".)
Negative Effekte: Wenn der Träger einer dieser beiden Waffen von hinten durch einen Schuß getroffen wird, dann wird zum Schaden durch den Schuß noch +2W6 addiert. (Bei Deadlands ist das auch eine "Schlimme Sache".) - Und: Wild Bill hatte keine Lust sich lange die Radieschen von unten anzuschauen. Er ist zurück. Und er will seine Revolver wieder haben! Das alleine ist schon mehr Ärger, als sich ein potentieller Besitzer dieser legendären, magischen Waffen an den Hals bzw. ins Hüftholster stecken lassen möchte. Ein Untoter Wild Bill Hickock mit schlechter Laune, der hinter einem her ist, und der Tag wird nie langweilig!
So, oder so ähnlich (bei Santa Annas Holzbein ist da ein längerer Text zur Vorgeschichte und den Effekten aufgeführt) werden durch bestimmte Ereignisse magisch gewordene Waffen in Deadlands beschrieben.
Gibt es aber auch positive belastete Orte und sollten solch besondere Orte Auswirkungen auf dort gewirkte Zaubersprüche haben und wenn ja welche?
Positiv? Frag mal die Pilger der diversen Religionen, warum sie nach Lourdes, nach Mekka, nach Jerusalem pilgern.
Klar gibt es auch solche Orte.
Und man kann sich so etwas auch für Gegenstände vorstellen. Und nicht nur im Bereich aktueller religiöser Reliquien, sondern auch in magisch-fantasymäßigem Umfeld. Eine Fantasy-Kultur könnte z.B. ein Äquivalent des "
Stone of Scone" haben, welches einem darauf gekrönten Oberhaupt besondere Kräfte der Herrschaft verleihen mag. Dieses könnte entstanden sein, als vor Urzeiten (oder vor ein paar Jahren

) dort nach gewaltigen, blutigen Kämpfen der zerstrittenen Stämme sich ein einziger, starker Führer zum Herrscher über alle Stämme aufgeschwungen hat und sich dort zum Hochkönig über die gesamte Nation hat krönen lassen.
Und noch eine Frage zu Magischen Artefakten, gebt ihr diesen immer Namen, auch wenn es „nur“ ein +1 Schwert ist?
Ja. Immer. Und immer auch mit einer (sei sie noch so kurz) Vorgeschichte.
Aber in den Regelsystemen, die ich zum Spielen verwende, da gibt es eh keine "Magie von der Stange". Da ist ein Schwert, welches auch nur +1 zum Treffen, ODER zum Parieren, ODER zum Schaden verleiht, bereits ein echter Vorteil gegenüber einem Schwert, welches dieses nicht kann.
So hat es in unserer Fantasykampagne nach mehreren Jahren regelmäßigen Spielens gerade einmal vier magische Waffen gegeben. Eine ist unter tragischen Umständen bereits wieder verloren gegangen. Das +1 Schwert hingegen ist seit seiner unter enormen Gefahren erfolgten Entdeckung immer noch die Waffe der Wahl seiner Besitzerin, auch wenn zwischenzeitlich andere magische Waffen verfügbar gewesen sind (die übrigens alle mit Vorgeschichte und "Wiedererkennungswert" durch Leute, die von der Geschichte ihrer legendären Vorbesitzer wissen, ausgestattet sind).
Im Übrigen: Die heftigsten magischen Gegenstände bekommen die Spielercharaktere bei meinen Runden meist zunächst einmal selbst übergebraten. Da wird selten irgendwo ein gerade zum Obstschneiden verwandtes +1 Schwert auf dem Eßtisch liegend gefunden, sondern die wollen verdient sein.
Das liegt aber daran, daß ich Settings bevorzuge, die nicht etwa magiearm sind, sondern bei denen die FÄHIGKEITEN des einzelnen Charakters den Unterschied machen sollen, nicht dessen Arsenal an magischem Krimskrams, das er mitschleppt.
Ein neuer Zauber gelernt, den man ständig einsetzen kann, das ist mir - und meinen Spielern - mehr wert, als ein Zauberstab, der einem abgenommen, der einem zerstört werden kann, oder den man auch mal in einer Gletscherspalte auf nimmerwiedersehen verlieren kann.
Das ist aber Geschmackssache. Manche Leute individualisieren ihren Charakter lieber durch die Gegenstände, die er trägt, einsetzt, oder nur besitzt, als direkt an den Charaktereigenschaften zu schrauben. In manchen Regelsystemen ist das Ändern, das Weiterentwickeln von Charaktereigenschaften auch eng begrenzt, bzw. nur an (seltenen) Zeitpunkten des Stufenanstiegs möglich. Da ist es viel kontinuierlicher sich statt seinen Angriffswert erst alle paar Stufen erhöhen zu dürfen, wenn man sich - so man sich das leisten kann - weit öfter und unabhängig vom Erfahrungspunktestand einen Angriffswert beim "Upgrade" von eine +1 auf ein +2 Schwert erhöhen kann.
Es spielen bei solchen Settings immer das Regelsystem (insbesondere dessen gebotene Möglichkeiten zur individuellen Entwicklung der Charaktere) und die im Setting-Fluff beschriebene Verfügbarkeit von Magie und - z.T. ja im Laden angebotenen - magischen Waffen und sonstigen Ausrüstungsgegenständen eine Rolle.
Und können Gegenstände aufgrund ihrer Verwendung und Aberglaube (Religion/Relikt) magische Kräfte bekommen z.B. Der Hammer eines Schmiedes, der ein Dorf im Alleingang gegen Tausende Goblins verteidigt hat. Es kam keine Magie zum Einsatz, kann der Hammer dennoch aufgrund dieser heroischen Tat eine eigene Art von Magie entwickeln, beispielsweise einen besonderen Hass auf Goblins oder Schmiede?
Das wäre z.B. bei Deadlands eine plausibele Geschichte, warum dieser Gegenstand zu einem Relikt geworden ist (wenn Deadlands ein Fantasy-System mit Goblins wäre

).
Bei Savage Worlds gibt es die Adventure Cards. Dies sind Karten, die den Spielern über die Bennies hinausgehende Eingriffe in den Ablauf des Spiels erlauben. Eine davon ist die "Relikt"-Karte, die ein Spieler spielen kann, wenn er mit einem Gegenstand seiner Wahl eine legendäre, beeindruckende Tat vollbracht hat. Der Effekt ist der, daß diese Karte dann den Gegenstand zu einem magischen Gegenstand macht, der eine Vorgeschichte hat, die soeben gerade ausgespielt wurde.
Auch im Savage Worlds Setting "50 Fathoms" sind ja die aus Deadlands bekannten Relikte vorhanden - magische Gegenstände mit Vorteilen und z.T. heftigen Nachteilen (je nachdem, was für ein schlimmer Finger der Vorbesitzer war).
Ich würde soweit gehen und sagen, daß bei D&D-typischen Fantasy-Welten die Magieverfügbarkeit einfach höher ist, als bei vielen anderen Fantasy-Welten. Jedoch ist die Magieverfügbarkeit auf Glorantha sogar noch VIEL höher als selbst bei den heftigsten Hochstufengruppen in D&D. Auf Glorantha MUSS jeder seine persönliche Magieausstattung haben. Aber dort ist die Magie, die Effekte, die Verfügbarkeit direkt in die jeweilige Kultur hineinentworfen (das ist es, was ich u.a. mit dem Setting-Fluff meinte, der für die Rolle der Magie in einem Setting verantwortlich ist), während das Regelwerk eigentlich keine Notwendigkeit zum Aufpowern durch Gegenstände bedingt.
Auf alle Fälle schadet es auch bei sehr leicht verfügbarer Magie nicht, sich zu überlegen, ob dieser Gegenstand hergestellt wurde, oder ob er durch irgendetwas entstanden ist. Beides kann Aufhänger für viele spannende Geschichten geben.