Die Natur des Vampirs in Marroks Vampire 3.0

so, da sich doch der eine oder die andere an der Diskussion rund um das Thema (zum Teil über mehrere Threads verteilt) beteiligt habe dachte ich mir es wäre nun langsam eventuell ganz nett den Versuch meiner RPG Gruppe Vampire etwas neu zu gestalten zusammen zu fassen und vor allem wie die Ergebnisse bzw Erfahrungen damit aufzuzählen.
Vorweg: Ich hab das System bei drei verschiedenen Gruppen angewandt. Darunter befanden sich Leute aus dem Requiem, Maskerade und Randomspieler in OnlineForenForm.

Clans: Wir fingen mit normalen Clans an, erweiterten diesen dann auf eine endliche Menge, landeten wieder bei den 5 Stammclans mit Focus auf Blutlinien und schlussendlich wurden die Clans wieder ganz abgeschafft und ein reines Blutliniensystem ähnlich dem aus dem Chronicle Guide wurde eingeführt. In diesem System gehört jeder Vampir einer Blutlinie an, hat 4 Disziplinen aber nur eine Schwäche. Bei den Blutlinien handelte es sich zum Teil um kaum nennenswerte Verbindung, andere hingegen waren ein richtiger Fluch und zu guter letzt gab es (und diese Option wurde am meisten gewählt) Blutlinien die im Grunde das sind was man am ehesten als Blutfamilie bezeichnen könnte. Enge Familiengeschichten, Vergangenheit gespickt mit den üblichen Klischeebildern ohne die man scheinbar nicht leben kann. Sehr nett war aber, dass durch die Lokalität des Requiems (auch wenn wir schon sehr in Richtung Tier 3 gingen) diese Familien wirklich so etwas wie einen realistischen Focus hatten und nicht so Wischiwaschi waren/sind wie im normalen Requiem oder überzogen wie in der Maskerade. Für mich persönlich ist ein solches System so wie es sein soll und wo ich auch gerne wieder alte Clansklischees aus der Box hole sofern sie passend sind. Klingt irgendwie komisch, aber das beste Mittel um mir zu langweilige Clansklischees zu eliminieren war wohl noch ein engeres System zu erstellen

Bünde: Hier gibt es nicht viel zu sagen. Wir haben Bünde aus den GRW mit denen aus den DM vermischt und an die jeweiligen Orte angepasst. Lustig war aber irgendwie, dass je mehr wir uns an Tier 3 richteten der Invictus immer unwichtiger wurde und die Cathianer den Bund quasi in jeder Runde, entweder Ingame oder bei den Vorbereitungen eliminiert hat. Liegt aber sicher auch daran, dass wir in unserer Runde den Caths immer die beiden Faktoren Technologie und Kapitalismus zuschreiben.

Natur: In Summe kam das neue Tier/Vampir Verhältnis recht gut an, auch wenn ehrlich gesagt bei der reinen Requiemgruppe das Ganze ohnehin nicht soooviel Unterschied gemacht hat. Wir sahen das immer schon etwas lockerer. Das wir dem Vampir mehr Menschlichkeit, echte menschliche Gefühle und dergleichen zugeschrieben haben war zumindest für uns ein echter Gewinn. Eine Spielerin der Maskeraderunde meinte, dass ihr nun "menschlichster" Charakter der zeitgleich wohl unmenschlichste in ihrer Vampirzeit sei. Da sein Verhalten nicht von etwas "großen Bösen" gesteuert wird sondern von etwas tief in ihn drinnen was eben menschlich ist und somit seine Gräueltaten noch viel Schlimmer macht.
Es hat aber auch etwas Kritik gegeben. Eine andere Spielerin meinte, dass durch die Verbindung "Menschlichkeit" und dem "animalisch emotionalen" Tier sich schnell das Bild einschleicht, dass alle Vampire im Kern irgendwie doch Toreador-Gangrelhybriden seien. Ging dem Rest der Gruppen zwar nicht so aber ich kann durchaus verstehen woher der Gedanke kommt.
Durch verschiedene Kleinigkeiten haben wir auch dafür gesorgt, dass die Vampire eher unter sich sind und trotz "menschlichen" Innenleben sie sich mehr von den Menschen selbst unterscheiden bzw auf Dauer nicht wirklich unter ihnen leben können. Kosten für "menschlich wirken" wurden an Menschlichkeitswert angeglichen und je nach Runde auch noch das eine oder andere.

In Summe hat sich für uns alles ziemlich ausgezahlt und wir werden wohl bei dem System verbleiben. Nach dem letzten längeren Gespräch glaub ich sogar, dass wir noch weiter vom Original weggehen weil sich irgendwie der Wunsch auftut mehr in die Richtung "Superhero with Fangs" zu gehen. Nicht auf einem Maskerade Disziplin 5+ aber halt mit etwas mehr Power und Aktion

Komisch... das was man vor zwei Jahren noch verflucht hat wird nun zum attraktiven Ziel. ^^
 
Hmm klingt nach einer sehr interessanten Spielerfahrung, auch wenn sich für mich persönlich, das ganze nicht weit genug von Masquerade/Requiem entfernt.

Ich persönlich mag beides, sowohl Masquerade als auch Requiem, wenn auch Masquerade etwas lieber.
Doch es gibt etwas das mich schon immer gestört hat an WhiteWolfs sonst so genialem Regelwerk.
Die Menschlichkeit, einfach weil Menschlichkeit nicht genau definier und erfassbar ist für mich.
Meiner Meinung nach zählen zu Menschlichkeit nämlich nicht nur klischeehafte, pseudoartige , gute Taten.
Zur Menschlichkeit gehört eben auch die dunkle Seite, die Selbstsucht, Hass, Grausamkeit etc.
Ohne sie wäre der Mensch nicht menschlich.

Gutes Zitat dazu, aus Day of the Dead von George A. Romero.
Sarah: "Captian Rhodes kann doch nicht so unmenschlich sein!"
John: "Nein er ist nicht unmenschlich, er ist menschlich und das macht mir angst!"

Was ich mit meiner überlangen Ausführung sagen will, ist folgendes.
Dieses moralische Menschlichkeitssystem um Wesen, welche sich ihre Menschlichkeit erhalten wollen und mit inneren Raubtieren kämpfen....geht mir inzwischen einfach nur noch auf die Nerven.
Es hat natürlich einen Vorteil, es ist leicht zu spielen.

Persönlich verfolge ich momentan aber einen anderen Ansatz.
Ich habe mich mal ran gesetzt und entwickele gerade ein eigenes Vampire Rollenspiel, wird noch eine ganze Weile dauern bis es reif ist, aber ich gehe das Vampirthema gänzlich anders an.

Vampire sind bei mir Wesen, welche sich im Laufe ihrer Existenz immer mehr selber verlieren, ihre ehemalige Persönlichkeit und menschliche Kontakte bedeuten ihnen irgendwann nichts mehr.
Manchen ist dies natürlich egal, andere von ihnen hingegen kämpfen natürlich dagegen an, was auf Dauer gesehen aber vergebens sein wird.
Vampire sind "lebende Tote" , diese innere Leere und Egalität gegenüber ihrem früheren Leben und der menschlichen Gesellschaft, dass sind Dinge die ich betonen möchte.
Ihre ewige Existenz soll sie quälen und zwar wirklich quälen, egal wie sehr sie sich an ihre früheren Leben klammern, irgendwann verlieren sie sich selbst in ihrer neuen Natur und alle Hoffnung ist vergebens.

Bei den Kräften habe ich mich von meiner besten Freundin inspirieren lassen.
Vampire werden, wenn sie lange existieren unglaublich mächtig.
Das hat jedoch einen hohen Preis, je weiter und stärker sie ihre Kräfte entwickeln umso schneller prägt sich ihre innere Leere aus.
Wenn sie wirklich mächtige Fähigkeiten erlernen und diese auch einsetzen, kann und wird es aber auch passieren, dass die Konsequenzen ihrer Taten auf sie zurück fallen werden.
Beschwört ein sehr mächtiger und alter Vampir etwa die biblischen Plagen, dann fällt das auf ihn zurück und er kann zum Beispiel mit permanenter, körperlicher Entstellung gestraft werden, welche sein dämonisches Inneres nach außen kehrt.
Oder aber er wird mit Stummheit gestraft, da überlege ich noch genau, wie diese Strafen denn aussehen sollen.

Versteht mich nicht falsch, ich mag Requiem und Masquerade, aber das Moralsystem ist einfach nur nervig und öde, ebenfalls das Vampire die ewigen Raubtiere sind.
Es wird Zeit für etwas frisches.

So viel mal zu dem Thema.

Wie gesagt Marrok, alles eine nette Idee und gefällt mir.
Geht mir aber nicht weit genug, aber es war auch nie deine Absicht, dich völlig von Masquerade/Requiem zu entfernen und dafür klingt das ganze wirklich nice.
 
Doch es gibt etwas das mich schon immer gestört hat an WhiteWolfs sonst so genialem Regelwerk.
Die Menschlichkeit, einfach weil Menschlichkeit nicht genau definier und erfassbar ist für mich.
Meiner Meinung nach zählen zu Menschlichkeit nämlich nicht nur klischeehafte, pseudoartige , gute Taten.
Zur Menschlichkeit gehört eben auch die dunkle Seite, die Selbstsucht, Hass, Grausamkeit etc.
Ohne sie wäre der Mensch nicht menschlich.

Das einzige Problem, das ich an Menschlichkeit sehe, ist dass sie einen linearen, eindimensionalen Verlauf hat. Natürlich kann man sie mit den Pfaden aus Masquerade auch durch andere moralische Richtlinien ersetzen, aber auch diese sind eindimensional.

Wäre Dir evtl. dabei geholfen, wenn man die Menschlichkeit durch etwas mehrdimensionales ersetzt? Also beispielsweise aus den Tugenden und der Menschlichkeit eine mehrdimensionale Tabelle zimmert, die einen grundlegenden moralischen Kompass darstellt?

Wäre mal eine interessante Überlegung, die man auch gerne in einer separaten Diskussion auslagern könnte.
 
In Dance Macabre gibt es einige coole Ansätze. Z.B. Extrawürfel für unmenschliche Handlungen.

M.M.n sollte es aber einfach raus. Jedem sollte es überlassen sein, wie menschlich, oder unmenschlich, wie verrückt oder normal er seine Figur spielen möchte. Das schneidet mich einfach in meinen Charkonzepten ein.
 
Ich persönlich mag den Ansatz den (ich glaube) Ancient Mysteries liefert (kann aber auch Danse Macabre sein), bei dem jedenfalls bei älteren Vampiren, aber auch problemlos auf alle Vampire umsetzbar, sich nach und nach die moralischen Richtlinien mit dem Vampir verändern (komplett individuell) und einzelne Sünden wider die Menschlichkeit durch persönliche Moralrichtlinien ersetzt werden. So könnte beispielsweise bei einem Invictus-Vampir Totschlag immer weniger verwerflich werden, Eidbruch jedoch als Sünde angesehen werden (so dass es in der Tabelle den Platz von Totschlag einnimmt). Wer auch HtV kennt, dem ist das Prinzip ja schon bekannt.
 
Das einzige Problem, das ich an Menschlichkeit sehe, ist dass sie einen linearen, eindimensionalen Verlauf hat. Natürlich kann man sie mit den Pfaden aus Masquerade auch durch andere moralische Richtlinien ersetzen, aber auch diese sind eindimensional.

Wäre Dir evtl. dabei geholfen, wenn man die Menschlichkeit durch etwas mehrdimensionales ersetzt? Also beispielsweise aus den Tugenden und der Menschlichkeit eine mehrdimensionale Tabelle zimmert, die einen grundlegenden moralischen Kompass darstellt?

Wäre mal eine interessante Überlegung, die man auch gerne in einer separaten Diskussion auslagern könnte.

Das wäre toll Durro Dhun, brennt mir schon länger auf der Seele und ich würde gerne einmal ausführlich drüber diskutieren.
 
meine Gruppe nimmt das Moralsystem ohnehin nur als regeltechnische Richtlinie für "äußere" Umstände. MK 8 oder MK4 beeinflusst wie der Vampir aussieht und wie der Vampir auf Menschen reagiert, wie der Charakter sich aber gibt überlassen wir frei den Spielern

das DM Buch bietet hier ein paar nette Vorschläge, aber ich bin ganz ehrlich... uns ist das Moralsystem als ganzes zu unwichtig als hier groß Energie reinzustecken ;)

aber freut mich ne Diskussion angezettelt zu haben *gg*
 
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