“Vom Norden her kamen im Jahre 1860 Schüler des Ordens der Senussi und während sie zuerst als bescheidene Lehrer auftraten und sich hinter die Frauen und Kinder steckten, sehen wir sie jetzt in Farafrah im Besitze eines schönen Gebäudes, des besten in ganz Farafrah, und der besten und schönsten Palmengärten.”

(aus Drei Monate in der libyschen Wüste von Gerhard Rohlfs)



In Sturm über Ägypten haben wir auf Seite 169 bei der Beschreibung der Oase Farafra die an sich an Libyen stammenden Senussi erwähnt. Wir zitieren mal:

“Hierbei handelt es sich um einen politisch-religiösen Orden, der 1837 von Sayyid Muhammad ibn Ali es-Senussi, dem Großen Senussi, gegründet wurde. Die Senussi sind Fanatiker, deren Sorge dem Verfall des Islams sowie der sich abzeichnenden Schwächung der politischen Integrität der Muslime gilt. Die Senussi schotten sich streng gegenüber Europäern und anderen Außenseitern ab, so dass um 1880 über ihre Ziele, Pläne und Ansichten sehr widersprüchliche Vorstellungen im Umlauf sind. Sie stehen Europäern, die in ihre Gebiete eindringen wollen, sehr ablehnend gegenüber und plädieren für Isolation.”

In seinem Expeditionsbericht Drei Monate in der libyschen Wüste (1875) weiß Gerhard Rohlfs in einer Fußnote auf Seite 78 folgendes über die Senussi zu sagen:

“Die Senussi sind eine neue Sekte unter den Mohammedanern; gestiftet in den vierziger Jahren von Mohammed Senussi aus Algerien. Obwohl sie sich selbst zur malekitischen Form bekennen, haben sie doch in der äusserlichen Ausübung ihrer Religionsverrichtung manches abweichende, so dass sie von vielen für Choms d.i. für solche angesehen werden, die außerhalb den vier allein geltenden orthodoxen Bekenntnisen stehen. Der Stifter ist bereits verstorben, nach ihm folgte als General des Ordens sein Sohn Mohammed al Madhi. Das Hauptkloster ist in Sarabub, 2 Tagesreisen westlich von Sinah.”

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Die Malikiten sind eines der vier anerkannten Glaubenbekenntnisse des sunnitischen Islam.

Die Senussi bleiben in der gesamten libyschen Wüste bis Februar 1917 im Bündnis mit den Deutschen bzw. Osmanen ein Unruhefaktor, der sich bis nach Kharga erstreckt; als die Briten im Ersten Weltkrieg ihre Senussi-Kampagne durchführen, ziehen sich die Angehörigen des Ordens zurück.

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Der Einfluss der Senussi kann sich auch bereits während Sturm über Ägypten spüren lassen. Als Anreiz hierzu bieten wir ein Bild eines spätrömischen/frühchristlichen Grabes in Ezbat el-Baschandi im Nordosten von Dakhla, das später als Grab des namensgebenden Scheichs des Dorfes und im Ersten Weltkrieg von den Senussi als Versteck genutzt wurde; dies könnte ebenso gut schon 1882 der Fall gewesen sein.


Das quadratische Grab mit der Seitenlänge von etwa 7,50 Metern, ursprünglich aus Sandsteinblöcken errichtet, wurde später um den Oberbau und die Kuppel aus Lehmziegeln ergänzt, um dem Scheich ein würdigeres Grab zu geben. Einziger Schmuck sind die in den Sandsteinblocken angedeuteten Pilaster und die Festeröffnungen im Oberbau. Der Eingang befindet sich an der Nordseite. Der Innenraum besitzt eine flache Kuppel, die aber nicht identisch mit der von außen sichtbaren Kuppel ist. Auch dringt kein Licht durch die Fensteröffnungen in den Grabraum. An der Südseite des Grabs befindet sich die Gebetsnische und an ihren beiden Seiten jeweils eine weitere kleine Nische. An den Wänden verläuft ein heute schwer zu erkennendes Band in roter Farbe. Auch der Oberteil der Seitennischen wurde dekoriert. An einigen Stellen befinden sich zudem arabische Inschriften, ebenfalls in roter Farbe. Der Kenotaph, das oberirdische Scheingrab, befindet sich an der linken Eingangswand.

Das Grab hat eine weitere Besonderheit: Stellt man sich in eine der Ecken und flüstert in Richtung der Wand, kann jemand, der in einer gegenüberliegenden Ecke steht, aus einer ähnlichen Öffnung genau hören, was gesagt wurde (und entsprechend antworten), ohne dass es eine andere Person im Raum mitbekommt.

Schauen wir uns die untenstehende Stanford-Karte von Dakhla und Kharga von 1907 an, finden wir zwar Ezbat al-Baschindi nicht, aber wir können es einordnen: Es liegt etwa fünf Kilometer südsüdöstlich von Ballat und sechs Kilometer nordwestlich von Tineda.

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Diese moderne Karte von Dakhla und Umgebung zeigt in die Lage von Baschindi etwas genauer (Al-Qasr ist El Kasr aus der obigen Karte, in Sturm über Ägypten auf Seite 170 als Qasr Dakhla aufgeführt; Rohlfs benutzt die Bezeichnung Gassr):

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Abenteuer 1880

Die Tiefen der Elbe


Eine Erzählung über die Gefahren, die für jung und alt zu Hause lauern können. Einschließlich einer Abhandlung über die frühen Mühen der Sozialdemokratie.

Und zugleich Teil 2 der „Bibliothekswelten“-Kampagne

„Wie oft er auch nach Hamburg zurückgekehrt war, immer wieder hatte ihn Erregung erfasst, wenn die Türme der Stadt auftauchten und der Zug die Süderelbe überquerte und danach den Oberhafen, wenn sich im Brooktorhafen, im Waldrahmsfleet, im Zollkanal die Schiffsaufbauten und Schornsteine und Kräne türmten.“

(aus Die Auswanderer von Gerd Fuchs)​



Hamburg, das deutsche Tor zur Welt, ist eine Stadt voller Widersprüche und innerer Unruhe. Die Zollunion der freien Reichsstadt mit dem Deutschen Reich steht kurz bevor, und gleichzeitig kommt es aufgrund der beginnenden Durchsetzung der Sozialistengesetze zu immer stärkeren Auseinandersetzungen mit den erstarkenden Sozialdemokraten.

Vor diesem Hintergrund kommt es für die Spielerfiguren zur Begegnung mit einer alten Bekannten, die sie von einem Abenteuer her kennen, das sie vor über einem Jahr in London erlebt haben. Erneut wird die Gruppe in die Geheimnisse der Freunde des Britischen Bibliothekswesens verstrickt, nur dass es diesmal um deutlich mehr zu gehen scheint. Neue Hintergründe und neue Gefahren enthüllen sich in der Hansestadt …

Dieser Band gibt der Spielleiterin ein in sich abgeschlossenes Abenteuer an die Hand, das auf Das Mädchen aus der Themse aufbaut, aber auch auf sich allein gestellt gespielt werden kann – alle relevanten Informationen sind in diesem Band enthalten. Dank integrierter Quellenbuchtexte sowie Auszügen aus zeitgenössischen Reiseberichten und historischen Romanen entsteht so für die Spieler ein atmosphärisch dichtes Erlebnis im Hamburg des Jahres 1884 …



„Ich bin ja SO aufgeregt!“

(Clara Hochbruck)​

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Abenteuer 1880

Das große Rennen der Söhne Odins


Eine aufregende und epische Rundreise durch Island für Abenteuer 1880

„Höret ihr Recken, höret ihr Seefahrer! Fühlt Euch willkommen geheißen, hier am Platz alter Ehr. Kommt zum Platze vor der großen Halle damit die wahren Söhne Asgards Euch begrüßen und Euch die vor Euch liegende Wiking erklären!“

(Óskar Óskarson, erster Gode der Söhne Asgards)​

Island – Reich der Mythen um die skandinavischen Götter, Land alter Geheimisse im Norden. Hierhin, in diesen verlassenen Teil der Welt, führt die Teilnahme an einem sonderbaren Rennen die Abenteurer. An einem Wettrennen mit einem Wagengespann um die ganze Insel sollen sie teilnehmen, um einen sagenhaften Preis zu erringen: einen der von Legenden umwobenen Äpfel der Iduna.

Aber die Spielerfiguren sind nicht allein in ihrem Unterfangen: Noch sieben andere Mannschaften haben sich für den Wettbewerb angemeldet, manche davon in durchaus prominenter Besetzung -und so kommt es schnell zu einem spannenden Wettlauf, der die Gruppe vor eine Vielzahl von Problemen stellen wird – nicht nur mit den Unbilden der isländischen Natur, sondern auch mit ihren Mitbewerbern. Und immer noch sind die alten nordischen Legenden spürbar …

Dieser Band gibt der Spielleiterin ein in sich abgeschlossenes Abenteuer an die Hand, das ohne Bezug auf andere Abenteuer gespielt werden kann – alle relevanten Informationen sind in diesem Buch enthalten. Dank integrierter Quellenbuchtexte, Auszügen aus zeitgenössischen Reiseberichten und mittelalterlichen Sagas sowie umfassender Regeln für eine spannende Renngestaltung entsteht so für die Spieler ein unvergessliches Erlebnis im Island des Jahres 1885 …



„Alle alten Sprichwörter haben etwas in sich.“

(isländisches Sprichwort)​

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“Mit dem Geld ist es wie mit dem Toilettenpapier. Wenn man es braucht, braucht man es dringend.”

(Upton Beall Sinclair)



Die Idee der Reinigung des menschlichen Hinterteils nach dem Toilettengang hat eine lange Geschichte und Tradition. Schon früh ist der Mensch auf die Hygiene bedacht und überlegt sich Methoden zur Reinigung.

Die früheste bekannte Methode ist die „bösen Hand”. Gemeint ist die linke Hand, die in vielen (insbesondere asiatischen) Kulturen zur Körperreinigung dient. Dies ist einer der Gründe, warum es Tradition ist, sich zur Begrüßung die rechte Hand zu reichen.

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Doch schon bald setzt der Einsatz von Hilfsmitteln ein. Archäologische Funde im ältesten Salzbergwerk der Welt, dem Salzberg bei Hallstatt, lassen vermuten, dass Pestwurzen-Blätter in der Bronzezeit auch als Toilettenpapier verwendet wurden. Deshalb gibt es in Bayern noch immer die volkstümliche Bezeichnung „Arschwurzen“ für diese Pflanze. Auch andere Pflanzenblätter werden benutzt, in manchen Quellen ist von lebenden Hühnern die Rede. Wer es sich leisten, kann, benutzt alte Lumpen über Schwämme.

Die erste Erwähnung von Papier für diesen Zweck findet sich im China des 6. Jahrhunderts nach Christus. Der Gelehrte Yan Zhitui (531–591) schreibt im Jahr 589: „Ich würde es nie wagen, Papier mit Zitaten oder Kommentaren aus den Fünf Klassikern oder Namen von Weisen darauf für die Toilette zu verwenden.“ Im Jahr 851 schreibt ein Reisender: „Sie [die Chinesen] sind nicht sehr sorgfältig mit Sauberkeit, und sie waschen sich nicht mit Wasser, wenn sie ihr Geschäft erledigt haben, sondern wischen sich nur mit Papier ab.“ Für das frühe 14. Jahrhundert findet sich in Aufzeichnungen für den Raum der heutigen Provinz Zhejiang eine jährliche Produktion von 10 Millionen Packungen mit je 1.000 bis 10.000 Blatt Toilettenpapier. Der kaiserliche Hof in Nanjing verbraucht 1393 etwa 720.000 Blatt mit einer Größe von 2 auf 3 Fuß. Kaiser Hongwu und seine Familie verbrauchen in diesem Jahr 15.000 Blatt einer besonders weichen und parfümierten Toilettenpapiersorte.

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In Europa ist aus dem Mittelalter die Verwendung von alten Lappen, Stoffresten, Wollbällchen oder auch Moos, Blättern, Heu und Stroh belegt, ab dem 16. Jahrhundert auch die von Abfall- und minderwertigem Papier. Ausgrabungen mittelalterlicher Latrinen, beispielsweise aus der Hansestadt Tartu (Estland), wo mehr als 3.200 als Toilettenpapier genutzte Textilreste aus mehreren Haushalten ausgewertet wurden, ergeben qualitative Unterschiede der als Toilettenpapier genutzten Textilien analog zu dem sozialen Status des zugehörigen Haushaltes. So bestehen die Mehrzahl der Textilreste aus wohlhabenden Haushalten aus in Streifen gerissenen, feinen und weichen Wollstoffen aus stark abgetragener (teils mit Seide verzierter) Alltagskleidung. Demgegenüber setzen sich die Textilreste aus sozial schlechter gestellten Haushalten aus eher groben, einfachen Stoffen zusammen, die wohl von der einfachen Alltagskleidung stammen. Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen beschreib 1669 in seiner Continuatio des Abentheuerlichen Simplicissimi, wie aus einem Hanfsamen nacheinander Kleidung, Windeln, Schreibpapier und Packpapier wird, bis der Bogen schließlich am Abort endet.

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Die Nutzung von Papier steigt mit der Verbreitung von Zeitungen und dem Aufkommen der industriellen Papierherstellung im 19. Jahrhundert an. Mit der Verbreitung des Wasserklosetts in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunächst in England wird allerdings spezielles Papier benötigt, das nicht zur Verstopfung der Abwasserleitungen führt. Und so produziert Joseph Gayetty 1857 in den USA das erste moderne, kommerziell erhältliche Papier, das in einer Fabrik speziell als Toilettenpapier hergestellt wird. Es besteht aus einzelnen Blättern in einer Schachtel und ist mit Aloe-Extrakten getränkt. Das perforierte Toilettenpapier auf Rollen hingegen stammt aus dem späten 19. Jahrhundert. Das Fachblatt Papier-Zeitung erwähnt 1879 in einem Bericht über gelochtes Rollenpapier für Verpackungszwecke, dass vielfach auch derartiges „Closetpapier“ angeboten werde.

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Schon 1888 gehören zum vielfältigen Angebot der Eisenwerke Gaggenau neben perforiertem Toilettenpapier auch passende Halter („Closetclipse für Rollenpapier“). 1891 produziert das Unternehmen täglich 2000 Rollen gelochtes Closetpapier in seiner Papier-Perforier-Anstalt, der nach eigener Darstellung damals einzigen derartigen Einrichtung in Europa außerhalb von Großbritannien.

Es dauert noch bis 1928, bis Hans Klenk in Ludwigsburg die Toilettenpapierfabrik Hakle gründet. Zu dieser Zeit besteht eine Rolle aus 1.000 Blatt rauen Krepppapiers. Erst 1958 verbreitet sich im Westen Deutschlands – aus Amerika kommend – das weichere Tissue-Papier, das auf der Haut angenehmer ist. Zweilagiges Toilettenpapier muss noch bis 1972 warten, dreilagiges bis 1984.



Der Beitrag Eine kurze Kulturgeschichte des Toilettenpapiers erschien zuerst auf Midgard-1880.

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Abenteuer auch? Da muss ich mal schauen ob da was interessantes dabei ist. Die Regelwerke hab ich ja eh dank der Codes in den Büchern.
 
Die Gratis-Downloads für Kodex und Arkanum gelten bis 30. April. Die Abenteuer kann man unter "Spielhilfen" auch ohne Registrierung herunterladen.

Edit: Das Grundregelwerk für Midgard 1880 (2. Auflage) gibt es ebenfalls gratis: Produkte Archiv - Midgard-1880
 
Zuletzt bearbeitet:

„Es war ein Septembermorgen, noch nicht sieben Uhr, nach einem trüben Tag. Dichter, nieseliger Nebel lag tief über der großen Stadt, schmutzige Wolken schwebten trist über den schmutzigen Straßen. Die Laternen längs des »Strands« waren nur diffuse Lichtflecken, die einen schwachen, runden Glimmerkreis auf das nasse Pflaster darunter warfen. Das gelbe Licht der Schaufenster strömte in die dicke, dampfende Luft und versickerte über der verkehrsreichen Fahrbahn. Ich empfand etwas Unheimliches und Geisterhaftes in diesem endlosen Vorübergleiten von Gesichtern, die ab und an von den Lichtbündeln gestreift wurden – traurige und frohe Gesichter waren es, abgehärmte und glückliche. Sie glitten aus dem Dunkel ins Licht und wieder zurück ins Dunkel.“

(aus Im Zeichen der Vier von Arthur Conan Doyle)



Der nachstehende Beitrag lag seit 2010 auf unserer Festplatte und ist noch deutlich älter. Er entstammt dem Materialfundes der Ende der Achtzigerjahre geplanten deutschen Ausgabe des Cthulhu-Rollenspiels, dem wir auch zwei der Abenteuer in Wenn das Tier erwacht verdanken. Wir haben die Angaben, die für die Cthulhu-Spielzeit (Zwanzigerjahre) gedacht sind, entfernt; es fand zudem eine leichte redaktionelle Bearbeitung statt. Die mit den Glühbirnen markierten Erklärungstexte sowie die Bebilderung sind von uns. Der Name des Autors ist in den vergangenen zwanzig oder so Jahren leider verlorengegangen; wenn er sich meldet, tragen wir das gern nach.



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Im neunzehnten Jahrhundert ist der Begriff Transport synonym mit dem Pferd und den auf dessen Zugkraft basierenden Fahrzeugen. In praktisch jedem Zweig des Verkehrswesens sind die Pferde unentbehrlich. Sie ziehen die 7.400 gemeldeten Hansoms, die knapp 4.000 Four-Wheeler, die stets überfüllten Omnibusse und die Straßenbahn. An den Seitenwegen sind spezielle Tränken angebracht, an denen die Pferde nach Bedarf ihren Durst stillen können. Doch mit dem Jahrhundertwechsel wendet sich das Blatt im Verkehrswesen. Die Pferde werden langsam von mit Benzinmotoren betriebenen Cabs verdrängt, und bei Ausbruch des ersten Weltkrieges dominieren die 7.260 gemeldeten Motorcabs die Straßen, und nur 232 einsame Hansoms und 1159 Four-Wheeler erinnern an das zu viktorianischen Zeiten vorherrschende Straßenbild.

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Weiter unten geben wir gelegentlich Preise in britischer Währung an. Das Britische Pfund (Pound) entspricht etwa 20 Mark. Es existieren folgende Unterteilungen: 4 Farthings = 1 Penny (Mz. Pence), 12 Pence = 1 Shilling, 2 Shillings = 1 Florin, 5 Shillings = 1 Crown, 20 Shillings = 1 Pound oder 1 Sovereign, 21 Shillings = 1 Guinea (Gold). Weitere Informationen zur britischen Währung geben wir unter England 1880 und das Geld.



Droschken (Cabs)


Die Reichen besitzen ihre eigenen, dekorativen Kutschen, und die Armen nutzen die günstigeren Omnibusse oder gehen zu Fuß, so dass es vor allem Vertreter des aufkommenden Mittelstandes, Angehörige der Oberklasse ohne eigene Kutsche und Nicht-Ansässige sind, die zu den Kunden der Cabmen gehören. Je nach Anzahl der Reisenden, Schwere des Gepäcks und Eiligkeit der Reise fällt die Wahl auf eine der zwei unterschiedlichen Arten von Pferdedroschken, die gegen Ende der viktorianischen Ära ihre größte Verbreitung genießen.

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Der zweirädrige Hansom ist eine leichte, schnelle Kutsche, die zwei, maximal drei Personen aufnehmen kann und eine Geschwindigkeit von 24 km/h erreicht. Der Prototyp stammt aus dem Jahre 1836 und ist nach seinem Erfinder Joseph A. Hansom benannt; was man allerdings tatsächlich auf den Straßen sieht, ist ein von Joseph Chapman gänzlich umgestalteter Typus. Der Kutscher sitzt auf einem hoch angelegten Kutschbock an der Rückseite des Verdecks, um das Fahrzeug auszubalancieren. Die Zügel werden über den nach vorne hin offenen Fahrgastraum hinweg geführt. Der Nachteil dieser Konstruktion ist, dass der Kutscher nunmehr nur die Ohren seines Pferdes zu Gesicht bekommt, und dies auch nur, weil der Sitz in über zwei Meter Höhe angebracht ist. Zudem, da der Fahrgastraum nach vorne hin offen ist, sind die Insassen nur bedingt vor Regen, Schnee und sonstigen Dingen, die aus dem Himmel fallen mögen, geschützt. Eine in der Decke des Fahrgastraumes angebrachte Klappe ermöglicht es, dem Kutscher während der Fahrt etwaige Wünsche zukommen zu lassen. Schon Sherlock Holmes hat den Hansom zu seinem bevorzugten Transportmittel erkoren, und wer alleine oder in kleiner Gesellschaft reist und in kurzer Zeit kleinere Strecken zurücklegen möchte, wird kaum ein geeigneteres Fortbewegungsmittel finden.

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Im schwerfälligeren, vierrädrigen Clarence oder Four-Wheeler, im Volksmund besser als Growler bekannt (der Titel stammt vom ohrenbetäubenden Geräusch, den die Kutsche macht, wenn sie über den Makadam braust), finden vier Reisende Platz. Falls nötig, kann sich ein fünfter den knapp bemessenen Platz auf der Sitzbank mit dem Kutscher teilen. Der Kutschbock ist an der Vorderseite des Vehikels angebracht und der Fahrgastraum ist zu allen Seiten geschlossen. Größere Reisegesellschaften, vor allem wenn sie schweres Gepäck bei sich tragen, sollten den Four-Wheeler als Transportmittel vorziehen.

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Der Begriff Makadam bezeichnet eine spezielle Bauweise von Straßen, bei der drei Schichten mit jeweils unterschiedlich großen, gebrochenen und gut verdichteten Gesteinskörnungen den Straßenoberbau bilden. Das Verfahren ist seit dem frühen neunzehnten Jahrhundert in Gebrauch.

Beide Droschkentypen sind Einspänner und Fahrten werden nach demselben Tarifsystem entgolten, wobei zwischen Fahrten nach Zeit und Fahrten nach Entfernung unterschieden wird.

Fahrten nach Entfernung. Eine einfache Droschkenfahrt bis 3,2 km kostet 1s, jede darüberhinaus zurückgelegte Meile, oder ein Teil derselben, erhöht den Fahrpreis um je 6d. Falls mehr als zwei Personen mitfahren, so zahlt jede zusätzliche Person 6d für die gesamte Fahrt. Sperriges Gepäck, das außen am Wagen angebracht werden muss, wird mit 2d pro Gepäckstück verrechnet. Der Kutscher ist nicht dazu verpflichtet, Fahrten über mehr als 10 Kilometer anzutreten. Außerhalb einer Entfernung von 6 km von Charing Cross (dem Zentrum des Droschkenbezirks) kostet jede angefangene Meile 1s. Falls man auf der Fahrt anhalten läßt, beläuft sich das Wartegeld je Viertelstunde auf 6d für vierrädrige und 8d für zweirädrige Droschken.

Zeitfahrten. Der Fahrpreis für die erste Stunde oder einen Teil derselben beträgt 2s für vierrädrige Droschken, 2s 6d für Hansoms; für jede weiter Viertelstunde entsprechend 6d und 8d. Über den 6 Kilometer-Radius um Charing Cross hinaus kostet jede Droschkenfahrt 2s 6d und jede zusätzliche Viertelstunde 8d. Der Kutscher braucht sich für mehr als eine volle Stunde nicht mieten zu lassen, und zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr morgens ist er überhaupt nicht dazu verpflichtet, sich auf Zeit zu verdingen.

Für Ausflüge, die eher sozialen Zwecken dienlich sind, ist die Fly zu favorisieren, die in vielen der Londoner Parks als alleiniges Transportmittel zugelassen ist. Die Fahrten sind vergleichsweise teurer und müssen vorbestellt werden bei der Coupé & Dunlop Brougham Company, 14 Regent Street, S.W. Die Kosten für einen Einspänner belaufen sich auf 7s 6d für die ersten zwei Stunden, jede weitere Stunde 3s 6d. Hin- und Rückfahrt zum Theater: 9s 6d. Die Tarife für Zweispänner betragen nicht ganz das doppelte, im geringsten Fall aber 15s.

Der Beitrag Londoner Transportmittel erschien zuerst auf Midgard-1880.

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„Willkommen! Ich habe Sie schon erwartet, denn wissen Sie: ein großes metaphysisches Ereignis kündigt sich schon seit langem an.“

(Hjalmar Soltanen im 1880-Abenteuer „Endstation Jenseits“ von Sven Görts und Gerd Hupperich, 1997)



An dieser Stelle sammeln wir bis zum Erscheinen des Cabinetts der Curiositäten und Mirakel alle Beiträge, die wir bislang zum Übernatürlichen für Abenteuer 1880 zugänglich gemacht haben.



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Zuerst wäre da: Zauberei bei Abenteuer 1880 – eine Kurzeinführung: Macht genau das, was der Titel sagt.

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Dann hätten wir: Mein erster Magier: Ermöglicht im Zusammenspiel mit der obigen Seite das Spielen eines magiekundigen Abenteurers.

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Zusammengefasst und leicht bearbeitet sowie ergänzt finden wir diese beiden Texte im kostenlosen PDF Mein erster Magier.

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Eine etwas andere Seite des Übernatürlichen bietet das kostenlose PDF zu Halbkreaturen als Spielerfiguren.

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Und hier haben wir Anmerkungen zum Spielen von Riss in der Zeit nach den neuen Magieregeln.

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Die Spielerfiguren von Actae M sind für das Spielen übernatürlicher Abenteurer vorbereitet und auf dem aktuellen Stand der Magieregeln.

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Die Kraft des Erddrachen ist ein kostenloses PDF-Abenteuer mit einer starken übernatürlichen Komponente.

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Gleiches gilt für Belsazzars Fest.

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Und Das Hügelgrab bei Reynoldston ist ein kostenloses PDF-Abenteuer mit optionalen übernatürlichen Elementen.



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Weitere Beiträge werden folgen, sobald wir sie haben.





Der Beitrag Magie und Übernatürliches bei Abenteuer 1880 erschien zuerst auf Midgard-1880.

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„Die Mastaba des Ni-Ka-Nisut ist ein dünner Abklatsch der realweltlichen Mastaba des Ka-Ni-Nisut, eines Beamten aus der 4. Dynastie des Alten Reiches.“

(aus dem Impressum zu Den Sabil hinauf)



Als Rainer beschloss, dass die Ägyptische Edition ein Abenteuer enthalten sollte, beschloss er auch, dass es schnell gehen sollte. Zum Glück hat er ja schon einiges mit ägyptischem (oder pseudo-ägyptischem, wenn es um Fantasy geht) geschrieben. Insbesondere boten sich drei Abenteuer für MIDGARD an, die Rainer 2008 und 2009 für die Verwendung auf MIDGARD-Cons geschrieben hatte.

Eines davon, das im Zitat erwähnte Den Sabil hinauf (im Prinzip ein an eine Nilreise angelehnte und auf Echar übertragenes Reiseabenteuer), enthielt eine kurze Begegnung mit dem Titel “Die einsame Mastaba”. Eine Mastaba ist eine arabische Sitzbank aus Stein, und da viele Gräber so aussehen, steht das Wort hier für das zu erforschende Grab.

Rainer wollte den Namen des Begrabenen eigentlich wieder in den des Originals umbenennen, aber das hätte eine Überarbeitung der Karte von Lars Böttcher aus dem alten Abenteuer bedeutet. Und davon gab es nur noch eine schwachauflösende PDF-Datei. Also heißt Ka-Ni-Nisut nun auf bei Abenteuer 1880 Ni-Ka-Nisut.

Im MIDGARD-Abenteuer wurde diese Szene noch durch einen Wettstreit mit einer Gruppe Gegner aufgelockert. Das waren Ararcht, und so etwas gibt es bei Abenteuer 1880 natürlich nicht. Also wurden die gestrichen – der Text wäre sonst auch zu lang geworden, der Platz war ja beschränkt.

Und so mussten nur die Spieldaten angepasst (1880-Mumien funktionieren leicht anders als die bei MIDGARD) und die Fantasy-Elemente entfernt werden.



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„Wende Dich auf dem Ostufer, vom alten Al-Uqsor ausgehend, in die Richtung des Tales der Könige. Du darfst es aber nicht erreichen, sondern musst ein Zehntel Iteru, bevor du es erreichst, an einer Stelle, an der ein Felsen thront, der Dich eines Kameles gemahnt, nach Westen, hinein in die Hügel, die selbst die Grabräuber wegen ihrer Kargheit scheuen.“

(aus der Wegbeschreibung im Spielleiterinnen-Pack)



Im Spielleiterinnen-Pack findet sich zuerst einmal ein Satz vorgefertigter Spielerfiguren. Wir haben uns dabei (wieder einmal) der Abenteurer von Actae M bedient, wie wir sie im Vorgriff auf das Cabinett der Curiositäten und Mirakel überarbeitet haben. Entsprechend gibt es auch aktuelle Versionen der Fertigkeiten Geister bannen und Hellsehen. Ebenso enthalten sind umfassende Beschreibungen des für die Broschüre zentralen Grimoires sowie der darin enthaltenen sechs Zauber, so gestaltet, dass sie direkt an die Spieler ausgehändigt werden können.

An sich beginnt das Kurzabenteuer direkt vor dem Grab. Wer möchte, kann auf Grundlage einer ebenfalls im Spielleiterinnen-Pack enthaltenen Wegbeschreibung, die erst einmal entschlüsselt werden muss, auch die Anreise ausspielen; das diese Seite einleitende Zitat ist der Anfang dieses Textes. Es werden mehrere Wegmarker erwähnt, für die wir Bilder beigefügt haben (die wir in Ägypten selbst gemacht haben).

Weiterhin gibt es Bilder der Umgebung des Grabes (ebenfalls von uns gemacht) sowie dessen Inhaltes. Eines der Umgebungsbilder zeigen wir hier:

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„Gullveig stammt aus einem kleinen waelischen Dorf; im Alter von zehn Jahren wurde sie von Njord in den Wolfsschädel geholt, um ihm Gesellschaft zu leisten.“

(aus Gullveigs Beschreibung in Im Reich des Frosthexers)



Gullveig Jørgensdottir ist eine Entlehnung aus dem MIDGARD-Abenteuer Im Reich des Frosthexers von Jürgen E. Franke und Rainer Nagel (1989), deren Spieldaten praktisch unverändert übernommen wurden; ihr Nachname (im MIDGARD-Original hat sie keinen) entspringt der Tatsache, dass Jürgen E. Franke der Schöpfer der Figur ist. Auch ihr Bildnis auf S. 18 des Abenteuers (@ 1989 Hank Wolf) erschien in diesem Band; wir veröffentlichen es mit freundlicher Genehmigung des Zeichners.



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‚Du recherchierst aber gründlich‘, meinte Marc Stubba, als ich ihn auf ein kleines Detail bezüglich Dairaba aus seinem Fan-Abenteuer Das größte Rennen der Dekade ansprach. Ich hoffe, dass er da recht hat, und dass mir nichts von dem entgangen ist, dass sich seit der Erstveröffentlichung der Kulturbeschreibung getan hat (außer ‚Ormuts Feuerstrahl‘ in Barbarenwut und Ritterehre; das habe ich bewusst ignoriert).“

(aus dem Vorwort des Manuskripts der Zweitauflage von Die Pyramiden von Eschar)



Ja, die Zweitauflage des alten Eschar-Quellenbandes von 1991 … ziemlich viel Arbeit, 2014 abgegeben, 2020 immer noch nicht erschienen … Er ist aber nicht gestorben, meint Elsa, sondern wird noch erscheinen – wenn vielleicht auch nur als PDF. Aber das ist Rainer Nagel eher egal – Hauptsache, er erscheint noch.

Rainer hat sich den kleinen Scherz erlaubt, diesen Band als Grimoire in das Cabinett der Curiositäten und Mirakel einzubauen. Hier kommt der dortige Eintrag im aus der Reihe Mein erster Magier bekannten Format:



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Die Pyramiden von Kemet



Autor: „Raynor MacNahar“ (s.u.)

Entstehung: um 1870

Sprache: Deutsch mit Zaubersprüchen in Arabisch

Aussehen: dickes, aber ordentlich strukturiertes und sauber geschriebenes handschriftliches Manuskript

Inhalt: In diesem nie veröffentlichten Werk berichtet der Autor von seinen Reisen durch Ägypten und den Wundern, die er dort erlebte. Der Text ist eine kuriose Mischung aus einer Auseinandersetzung mit Herodot, eigenen Beobachtungen und dem Versuch einer wissenschaftlichen Betrachtung, die aber immer wieder von der Begeisterung des Autors für Ägypten unterbrochen wird, weshalb die Pyramiden letztlich als Romantisch einzustufen sind. Es gibt mehrere ausführliche Schilderungen von Begegnungen mit Dschinn, die nach der Lektüre des Buches den Lesern +2 auf alle EW und WW verschaffen, die mit Dschinn zu tun haben, sowohk im Umgang mit diesen Wesen als auch bei der Herstellung von Dschinn-bezogenen Gegenständen. Aufgrund des Stils und anderer textueller Hinweise geht die Fachwelt davon aus, dass der Verfasser des Werkes Doctor Nagelius höchstpersönlich ist; die in völlig anderer Hand auf arabisch eingestreuten fünf Zaubersprüche stammen „von meinem Freund Hassan“.

Ort: Nach aktuellem Wissensstand ist das Manuskript irgendwo auf dem Weg zwischen Autor und Verlag verlorengegangen.

Paradigma: Romantisch

Zauber: Fata Morgana, Lichtblitz (als Blenden), Sandmeisterschaft, Visio elementis (als Sinne der Dschinn), Voraussicht (als Al-Karama)

Fertigkeiten: Animata erschaffen, Archäologie, Geschichte, Landeskunde, Tanzen, Überleben



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„In Vatnsdalur an den Hügeln Þrístapar hat sie wunderbare Misteln gefunden, aus denen sie einen heilsamen Tee kocht.“

(aus dem Originalmanuskript von Das große Rennen der Söhne Asgards)



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Am 7. Januar 2016 schrieb Jürgen Stoll:

Hallo Rainer,
heute bin ich durch ein Outdoor-Forum darüber gestolpert, dass Misteltee nicht gekocht, sondern als Kaltauszug hergestellt wird, weil das Gift sich kalt nicht löst. Selbst danach wird er nicht erwärmt, weil das Erwärmen die Heilwirkung herabsetzt (also die heilenden Wirkstoffe zerstört). Der auf S. 28 von Elin gekochte Misteltee wäre also nicht heilsam, sondern giftig …
Weiterführende Infos zu Misteln habe ich hier gefunden: http://heilkraeuter.de/lexikon/mistel.htm


Besagter Rainer schrieb am nächsten Tag zurück:

„Hallo Jürgen,
herzlichen Dank für die Information! Dann werden wir das wohl ändern müssen …
Grüße aus Ägypten,
Rainer“


Woran man sieht, wie gründlich unsere Spielleiter sind, dass Jürgen ein halbes Jahr in die Beschäftigung mit dem Abenteuer gesteckt hat und dass Rainer auch im Urlaub eifrig an Abenteuer 1880 arbeitet…



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Der Beitrag Vom Umgang mit Misteln erschien zuerst auf Midgard-1880.

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„Beim ‚Größten Rennen der Dekade‘ handelt es sich um ein actionbetontes Abenteuer für MIDGARD.“

(Marc Stubba in der Einleitung in Dausend Dode Drolle 25)



Vergleichen wir Das größte Rennen der Dekade mit Das große Rennen der Söhne Asgards, wird schnell klar, wie erfolgreich es Marc gelungen ist, das erprobte Konzept in einen neuen Zusammenhang zu stellen.

In beiden Fällen nehmen acht Mannschaften (eine davon die Spielerfiguren) an einem Rundrennen mit Wagen teil, bei dem mehrere Stationen abzufahren sind, an denen es Zeugnisse abzuholen gilt (rote Fahnen in der Fantasy-Variante, diverse mit den nordischen Göttern in Verbindung stehende Insignien bei uns), um zu belegen, dass man tatsächlich da war.

In beiden Fällen ist der Hauptpreis ein magischer Gegenstand, der das Leben verlängert oder Krankheiten heilt (das „Wasser des Lebens“ bzw. die Äpfel der Iduna).

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Das Ausgangslager zu Beginn des Rennens sieht dem unseren sehr ähnlich, es gibt in beiden Abenteuern eine Zwischenstation zum Aufstocken der Vorräte. Die Rennregeln sind praktisch gleich, wobei in unserem Fall noch die Regeln zur Überquerung des Meeres hinzukommen (was in Eschar keinen Sinn ergeben hätte), dafür fallen die Entbehrungsregeln für die Wüste weg. Auch die Regelmechanismen und Spieldaten zu den Wagen sind gleich – wobei es in der Fantasy-Variante natürlich Dinge wie untote Pferde und einen gnomischen Dampfwagen gibt.

In Das größte Rennen der Dekade werden diverse Senken in der Wüste angefahren, bei uns sind es geschichts- und mythologieträchtige Orte. Beide Abenteuer haben einen unterirdischen Abschnitt, wobei der in der Fantasy-Variante umfangreicher ist und an ein klassisches „Dungeon“ erinnert. Die Begegnungen unterwegs sind auch eher an den Konventionen der Fantasy orientiert („Ganze Kreaturen mussten Kontinente hinter sich lassen“, schreibt Marc in seinem DDD-Nachwort), als dies bei uns der Fall sein konnte.

Dem Vernehmen nach unterschieden sich die Kommentare der 1880-Testspieler deshalb auch kaum von denen der Spieler auf den diversen MIDGARD-Cons.



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„Höret ihr Recken, höret ihr Seefahrer! Fühlt Euch willkommen geheißen, hier am Platz alter Ehr. Kommt zum Platze vor der großen Halle damit die wahren Söhne Asgards Euch begrüßen und Euch die vor Euch liegende Wiking erklären!“

(Óskar Óskarsson, erster Gode der Söhne Asgards)



Auf dieser Seite liefern wir Hintergründe und Links zu Abenteuer Das große Rennen der Söhne Asgards.



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Zur Entstehung des Abenteuers haben wir hier eine umfassende Abhandlung geschrieben, die von der ersten Ideenfindung, dem MIDGARD-Vorläufer und der 1880-Entwicklung berichtet.

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Auf Seite 2 des Bandes seht ihr rechts unten einen Aufkleber. Dieser nennt euch den Hashcode, mit dem ihr die kostenlose PDF-Version der Regeln herunterladen könnt. Dazu müsst ihr euch in euren Account by Branwens Basar einloggen und dort dann den Code eingeben. Damit habt ihr Zugriff auf die PDF-Version.

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Auf Seite 24 erwähnen wir eine zum Abenteuer passende Ausgabe von Mein erster Magier. Diese “Runenschneider-Edition” befasst sich auf 24 Seiten mit der Neo-Paganistischen Runenmagie und der 1880-Version von Trollen, einschließlich enes kurzen Abenteuers. Ihr könnt sie hier kostenlos herunterladen (PDF mit 818 KB).

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Hier bieten wir (ebenfalls von Marc Stubba erstellte) alternative Versionen der Streckensegmente von der Rückseite der Posterkarte an (ZIP-Datei mir 4 JPEG-Dateien, zusammen 4,19 MB). Wir haben uns aus Gründen der höheren Auflösung für die gedruckten Versionen entschieden, wobei diese hier aber auch nützlich sein mögen.



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“Und darum bin Ich gerade der festen Überzeugung, dass, wenn wir diesen Übergang aus der französischen Revolution in das 19. Jahrhundert in einfacher, objektiver Weise in den Grundzügen den jungen Leuten klarmachen, so bekommen sie ein ganz anderes Verständnis für die heutigen Fragen, wie sie es bisher hatten.”

(aus der Eröffnungsansprache Kaiser Wilhelms II. zur Deutschen Schulkonferenz 1890)



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Nachstehend befassen wir uns mit der Entstehungsgeschichte von Abenteuer 1880, den Einflüssen darauf, den Prinzipien und der Philosophie hinter den Regeln sowie der Entwicklung des Spiels seit seiner Erstveröffentlichung 1994. Gedacht ist das Ganze als umfassender Streifzug durch die Geschichte des Spiels, garniert mit allerlei Anekdoten, Hintergrundinformationen und Verlinkungen zu weiterführenden Materialien. Dabei lernen wir auch einiges zu Verstrickungen in der deutschen Rollenspielszene und der Wiederverwertung von Materialien.

Die Abschnitte zur Erstauflage der Regeln wurden begleitend zur Erstveröffentlichung geschrieben und stammen von Elsa und Jürgen Franke; sie erschienen ursprünglich 1994 im Gildenbrief 32, mit einer späteren Fortschreibung (Einstellungsvermerk) auf der Homepage. Alle darauf folgenden Passagen (beginnend mit Die Veröffentlichungen zur Erstauflage) wurden von Rainer Nagel verfasst. Eine kurze Geschichte des “Mutterspiels” MIDGARD (auf dessen Regeln Abenteuer 1880 aufbaut), in der auch unser Spiel gewürdigt wird, findet ihr hier.





Inhaltsverzeichnis​

„Ich sehe also durch, was ich mir von unseren Abenteuern notiert habe. Die Aufzählung ist vollständig, was ich durch Zahlenmaterial belegen kann, habe ich belegt. Es wurde nichts ausgelassen, nichts übertrieben, was vorliegt, ist der getreue Bericht einer Expedition in ein Element, das dem Menschen bisher nicht zugänglich war.“

(Professor Aronnax in 20 000 Meilen unter den Meeren von Jules Verne)









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Die Erstauflage der Regeln​


„Ein weites Feld, Luise.“

(der alte Briest in Effi Briest von Theodor Fontane)



Idee und Entwicklung

Die Idee für ein Rollenspiel, das die Zeit der großen Abenteuer vor der Jahrhundertwende lebendig werden lässt, geht auf das Jahr 1987 zurück, dem hundertjährigen “Geburtstag” von Sherlock Holmes. Wir wollten dem Spieler die Möglichkeit bieten, unter anderem seine Abenteuer nachzuempfinden. Oder die Anregungen umzusetzen, die die Filme um Indiana Jones, die Romane von H. Rider Haggard sowie die köstlichen Bände von George MacDonald Fraser um Flashman bieten. Uns reizte ein Rollenspiel, das in einer “modernen” Welt spielt, gleichzeitig aber noch genügend Raum für die Phantasie lässt. Von den Büchern und Filmen des Abenteuergenres und unseren Neigungen her kam dafür nur die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts in Frage.

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Den ersten Regelentwurf lieferte Heinrich Glumpler Anfang 1988; er wurde dann noch zweimal grundlegend überarbeitet. Obwohl alle Eingeweihten von der Idee begeistert waren, wurde die Veröffentlichung von Abenteuer 1880 jedoch aus verlagsinternen Gründen bis ins Jahr 1994 verschoben. Dem Spiel hat diese Reifezeit aber nur gut getan: die Regeln gehören dank Heinrich Glumplers langjähriger Erfahrung als Autor und Übersetzer in ihrer Einfachheit und gleichzeitigen Flexibilität zu dem besten, was moderne Rollenspiele bieten, sind elegant und stimmig. Die wesentliche Spielmechanik ist mit MIDGARD – Das Fantasy-Rollenspiel identisch, so dass sich MIDGARD-Spieler sofort zu Hause fühlen. Die Epoche macht es natürlich erforderlich, dass einige Schwerpunkte anders gesetzt werden: So haben beispielsweise Schusswaffen einen entscheidenden Einfluss auf den Kampfablauf, während Zauberei eine – wenn auch wichtige – Nebenrolle spielt.

Aber bereits wenige Jahre später kam das Aus für Abenteuer 1880. Zu klein war der Kreis der Autoren, die bereit waren, Abenteuer für das Rollenspiel zu verfassen. Und auch der Kreis der Spieler, die sich für Abenteuer 1880 interessierten, war für den Print-Bereich nicht ausreichend. Daher fasste der Verlag für F&SF-Spiele 1998 den Entschluss, das Spiel einzustellen.

(Natürlich endet die Geschichte des Spiels damit nicht, sonst wären wir jetzt nicht hier – auch wenn die MIDGARD Wiki das Spiel immer noch für eingestellt hält. – RN)



Simulation

Abenteuer 1880 ist als breit angelegtes Rollenspiel vor dem Hintergrund der ersten großen Welle der Abenteuerliteratur etwas Neues. Andere Spiele in der Epoche sind eng mit dem speziellen literarischen Hintergrund verbunden oder konzentrieren sich nur auf einzelne Aspekte des Genres. Abenteuer 1880 ist dagegen ein Allzweck-Spiel; je nach Lust und Laune kann man die verschiedensten Kampagnen spielen: Kriminal- und Politabenteuer (mit Sherlock Holmes, einer etwas früher angesiedelte Mata Hari oder dem Urgroßvater von James Bond), Abenteuer und Entdeckung (Allan Quatermain, Tarzan etc.), historisches Abenteuer (vom Sikh-Aufstand über den Fall von Khartum bis Little Big Horn), ernsthafte Gothic Fantasy im Stil von Bram Stokers Romanen oder von Cthulhu by Gaslight, Horror Opera (etwa in der Art der in dieser Zeit angesiedelten Hexer-Romane von Wolfgang Hohlbein) oder auch alles zusammen bunt gemischt.

Abenteuer 1880 trägt den Untertitel Historic Fantasy, um zu betonen, dass das Spielgeschehen nicht sklavisch am geschichtlichen Vorbild kleben muss. Unsere bekannte Welt als Spielhintergrund ist zwar ein Riesenvorteil, da der Spielleiter viele Dinge als bekannt voraussetzen kann. Das kann aber auch zur Plage werden, wenn man anfängt, jedes Detail mit der geschichtlichen Realität zu vergleichen. Daher mag Abenteuer 1880 auf einer Parallelwelt angesiedelt sein, die mit dem 19. Jahrhundert weitgehend übereinstimmt, wo es aber in Kleinigkeiten Abweichungen gibt. Denn natürlich kann und soll die literarische Phantastik der Epoche in das Spiel einbezogen werden: In der Welt von 1880 gibt es Vampire, Werwölfe und Frankensteins Monster, Zeitreisen sind ebenso möglich wie das – seltene – Auftreten von Zauberei, und natürlich kann man neben historischen Persönlichkeiten auch fiktiven Helden wie Kapitän Nemo oder Allan Quatermain begegnen.



Spielerfiguren

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Entsprechend vielfältig wie die Abenteuer sind die Personen, in deren Rolle die Spieler schlüpfen können. Abenteuer 1880 betont mehr noch als MIDGARD – Das Fantasy-Rollenspiel die Fertigkeiten, durch deren Auswahl man sich seinen Wunschabenteurer basteln kann. Als Rollenmuster werden 15 Abenteurertypen zuzüglich einiger Untergruppen angeboten: Agent, Archäologe, Arzt, Diplomat, Entdecker, Feldforscher (das umfasst u.a. Geograph, Völkerkundler und Reiseschriftsteller), Glücksritter, Ingenieur, Händler, Journalist, Kirchenmann (das steht für Pfarrer a la Pater Brown, für Missionare und für im Dienste des Vatikans auch politisch tätige Ordensbrüder), Kriminalist, Künstler, Naturforscher und Soldat. Natürlich passt nicht jeder dieser Helden in jede Kampagne: ein Opernsänger wird sich im Amazonasdschungel ziemlich fehl am Platz vorkommen, wenn man nicht gerade Fitzcarraldo nachspielen will.

Man muss sich schon etwas einfallen lassen, warum so unterschiedliche Personen in einer “modernen” Welt regelmäßig in Abenteuer verwickelt werden. Das Regelwerk gibt als Standardlösung einen lockeren Bund von Leuten vor, die sich zum Teil während des Studiums kennengelernt und sich – in bester viktorianischer oder wilhelminischer Tradition – dem selbstlosen Einsatz “Für Zivilisation und Fortschritt” verschrieben haben. Man kann die Spielerfiguren auch durch einen gemeinsamen Gegner zusammenschweißen, z.B. einen nach Macht und Einfluss strebenden esoterischen Zirkel. Vergleichsweise offen vorgehende Freimaurer oder unter strikter Geheimhaltung agierende Illuminaten passen bestens in die Epoche. Interessant können auch exotischere Optionen sein, die allerdings den Spielern Einschränkungen bei der Wahl ihrer Helden auferlegen. Einer unserer Favoriten ist eine Kampagne um die V.O.P. (Vaticani Opes Peculiares), eine Spezialtruppe des Vatikans, die in ganz Europa und darüber hinaus gegen innerkirchliche, weltliche und übernatürliche Unruhestifter vorgeht. Ihr mangelt es weder an Aufträgen noch an Motivation, und dank der weitreichenden Verbindungen des Vatikans auch nicht an der nötigen weltweiten Unterstützung, wenn sie dahin wollen, wo die Bürger von der Straße nicht hinkönnen.



Regeln

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Im Vergleich zu MIDGARD-Fantasy gibt es wenige Unterschiede. Hier wie dort gibt es die Willenskraft als Fähigkeit, Geist und Körper unter Kontrolle zu halten, da dies sowohl bei kriminalistischen und Agentenabenteuern wie auch bei einer Konfrontation mit den übernatürlichen Mächten der Gothic Fantasy wichtig wird. Zum Teil ersetzte das die Resistenz, die wegen der Ausnahmerolle von Magie im Spiel wegfiel, zum Teil übernahm es einige Funktionen der Selbstbeherrschung, die präziser gefasst wurde. DasZaubertalent wurde durch das mediale Talent ersetzt, das weniger die Begabung für aktive Zauberei, sondern die Empfänglichkeit für übernatürliche Einflüsse widerspiegelt.

Erfolgs- und Widerstandswürfen stehen im Wechselspiel. Jede Fertigkeit hat einen Erfolgswert (der allerdings bei manchen Fähigkeiten wie z.B. Tanzen oder Trinken nur in Ausnahmesituationen zum Tragen kommt). Man kann generell versuchen, mit passenden eigenen Fertigkeiten und einem Widerstandswurf die erfolgreiche Anwendung gegnerischer Fertigkeiten zu vereiteln. Ob Schauspielern erfolgreich ist, entscheidet zum Beispiel ein WW:Menschenkenntnis. In Situationen, wo es keine passende Fertigkeit gibt, können auch Eigenschaften für den Widerstandswurf eingesetzt werden, z.B. ein WW:Willenskraft/10 gegen einen EW:Hypnose.

Der Grad, der schon in der Fantasy-Version (abgesehen von seiner Funktion als willkommenes Anzeichen für die Fortschritte der eigenen Spielerfigur) nur eine sekundäre Rolle spielt, ist gänzlich weggefallen. Stattdessen gibt es den Ruhm, nach dem Abenteurer streben und der sich auch im Spiel auswirkt. Berühmte Personen erhalten leichter Unterstützung von ihren Mitmenschen, werden aber auch in Situationen erkannt, in denen sie vielleicht lieber inkognito bleiben möchten. Außerdem besteht beim Jagen nach Ruhm immer die Gefahr, dass auch Misserfolge publik werden, und dass man dank peinlicher Enthüllungen in den einschlägigen Presseorganen eher berüchtigt als berühmt wird.

Magie wird im Regelbuch nur knapp abgehandelt, in erster Linie um die Auswirkungen von gegnerischer Zauberei auf die Abenteurer handhaben zu können. Möglicherweise wird in es in der Zukunft ein Quellenbuch geben, das mehr Licht auf die übernatürlichen Seiten des Genres wirft. Im Grunde ist aber die Welt von 1880 magiearm, d.h. Zauberei und Übernatürliches sind selten und außergewöhnlich, ganz in der Tradition der einschlägigen Literatur. Sie können dennoch das zentrale Thema einer Kampagne sein, aber die Spielerfiguren sollten sich bewusst sein, dass sie selbst zu den wenigen Eingeweihten gehören, die sich mit Zauberei herumschlagen, dass sie davon aber tunlichst nichts an die Öffentlichkeit dringen lassen, wenn sie nicht für verrückt erklärt werden wollen.

Abenteuer 1880 ist wie MIDGARD – Fantasy ganz bewusst als Vielzweck-Regelsystem angelegt, um allen an der Epoche Interessierten gerecht zu werden.





Die Veröffentlichungen zur Erstauflage​


„Das ist ein zu weites Feld, Luise.“

(Der alte Briest in Effi Briest von Theodor Fontane)

Wir schicken voraus: Die erste Anzeige für Abenteuer 1880 erschien im Mai 1994 in ganzseitigem Format auf der vorderen Umschlaginnenseite des Gildenbriefs 30; Text und Gestaltung entsprachen genau der Rückseite der späteren Schachtel. Die gleiche Anzeige findet sch noch einmal im Gildenbrief 31 vom Juli 1984, kurioserweise sowohl auf der vorderen als auch auf der hinteren Umschlaginnenseite. Im Vorwort der Ausgabe 31 fragte der neue Redakteuer Alexander Huiskes nach Leserwünschen bezüglich des Inhalts des Gildenbriefs, wozu auch gehörte: “Wollt ihr eine regelmäßige Rubik zum MIDGARD 1880-Rollenspiel?”

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Das Regelwerk kam in der erwähnten Schachtel, die neben Datenblättern, einem Spielleiterschirm und Würfeln noch ein zweites Heft mit drei Abenteuern enthielt; Schachteln (an sich ein verlegerischer Albtraum bei Rollenspielen) waren damals Mode, als MIDGARD von 1989 bis 1996 bei Klee Spiele verlegt wurde. Das mit Wenn das Tier erwacht betitelte Abenteuerheft enthielt: Im Dschungel von Zentralafrika von Rainer Nagel (hier in einer auf die aktuellen Regeln überarbeiteten Version herunterladbar); Wenn das Tier erwacht von Heinrich Glumpler (derzeit nur antiquarisch erhältlich); und Im Bann der Mumie von Heinrich Glumpler (wird gerade für einen bearbeiteten Nachdruck im Cabinett der Curiositäten vorbereitet). Von diesen drei Texten war nur Rainers Abenteuer speziell für Abenteuer 1880 geschrieben; die anderen beiden stammten aus dem Materialfundus eines von vom Hamburger Laurin-Verlag geplanten, aber nicht mehr veröffentlichten Cthulhu-Quellenbandes zu Deutschland, waren also vergleichsweise schnell publikationsfähig. Dies erklärt, warum das Regelwerk zwar großen Wert darauf legt, dass Magie nur eine unterordnete Rolle im Spiel einnimmt, aber zwei Drittel des ersten Abenteuerbandes dem Übernatürlichen verschrieben sind. Dies sollte – nicht zuletzt den Interessen der beteiligten Autoren geschuldet – auch für den Rest der Erstauflage großteils so bleiben. (Im Bann der Mumie ist übrigens die überarbeitete Version eines Cthulhu-Abenteuers, das erstmals 1989 unter dem Titel Viertausend Jahre in der Spielwelt 36 erschienen war.) Auch Im Dschungel von Zentralafrika hat übrigens seine Vorgeschichte (wie gesagt: die Abenteuer für die Schachtel mussten schnell erstellt werden …). Und aus dem alten Cthulhu-Fundus haben wir uns später noch einmal bedient: Londoner Transportmittel.

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Es folgte Aus der Erde dunklem Schoß (1996). Der Band enthielt die Abenteuer Ein Wintermärchen von Steffen Schütte (hier in seiner ursprünglichen Version als PDF herunterladbar) sowie Die Kraft des Erddrachen von Gerd Hupperich (hier in seiner ursprünglichen Version als PDF herunterladbar). Beide weisen die bereits erwähnte starke übernatürliche Prägung auf, wobei im Wintermärchen die Abenteurer Schüler an einer Ritterakademie (also einer Privatschule für Zöglinge des Adels) darstellen, deren “Weihnachtsfeier in einem Inferno eiszeitlicher Magie zu enden” droht, wie uns der Klappentext verrät. Die darin enthaltenen Regeln für jüngere Abenteurer haben wir mit freundlicher Genehmigung des Autors ab der Zweitauflage in die Grundregeln übernommen. In Die Kraft des Erddrachen (inspiriert von Bram Stokers Kurzgeschichte “Die sieben Finger des Todes”) ist die übernatürliche Komponente allerdings auf das Ende des Abenteuers beschränkt, die die Spielleiterin ohne große Probleme auch unkommentiert stehenlassen kann. Da der Beginn des Abenteuers die keltischen Druiden sowie “die Überlieferungen des alten Atlantis” erwähnt, könnte man das auch in die Ecke “verlorengegangene Supertechnologie der Vorzeit” steuern. Der Großteil des Abenteuers ist hübsche wissenschaftliche Recherche, die in ein stimmungsvolles Abenteuer umgesetzt wurde.

In Zwischen den Welten (1997) fand sich mit Heinrich Glumplers Der Apparat des Dr. Negesti d
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as neben Im Dschungel von Zentralafrika einzige im Druck erschienene Abenteuer der Erstauflage, das keinen übernatürlichen Fokus hat, sondern mit dem Gedanken der Weiterentwicklung der Wissenschaft spielt, der ja zur Handlungszeit die Gesellschaft durchzieht (“Wunder der Technik oder okkulte Mächte – eine abendliche Vorführung bei einem bekannten Bankier weckt das Interesse der Abenteurer”, so der Klappentext). Hier böte sich ein Nachdruck im Umfeld des angedachten Quellenbands Welt der Abenteuer an, bei dem es ja nicht zuletzt um “futuristische” Technologien (aus der Sicht des ausgehenden 19. Jahrhunderts) geht. (Man muss gegen Ende übrigens ein wenig aufpassen, die die beiden Scherenschalter im Lageplan nicht so angeordnet sind, wie sie im Text beschrieben werden.) Der zweite Teil des Bandes war Endstation Jenseits von Gerd Hupperich und Sven Görts, ein sehr stimmungsvolles Abenteuer, das ebenfalls eine übernatürliche Prämisse hat, ohne die die Handlung nicht funktioniert. Beide Abenteuer sind derzeit vergriffen, wobei es bezüglich Endstation Jenseits Gerüchte über eine Umarbeitung für das Cthulhu-Rollenspiel gibt. Der Titel des Bandes fasst die Inhalte der beiden doch sehr unterschiedlichen Abenteuer sehr treffend zusammen, da in beiden die Abenteurer “den mystischen Geheimnissen nachspüren, die sich jenseits des gesicherten Schulwissens auftun” (Klappentext).

Hinzu kommt die Ausgabe 32 des MIDGARD-Magazins Gildenbrief (1994), welche neben der weiter oben neu veröffentlichten Einführung in das Spiel das Abenteuer Belsazzars Fest von Gerd Hupperich enthielt (hier in seiner ursprünglichen Version als PDF herunterladbar), dessen Titel bereits darauf schließen lässt, dass es ebenfalls um Magie geht. Bei seinem Handlungsjahr (1911) wird besonders deutlich, woher es letztlich kommt. “Will man das Abenteuer als Start einer Kampagne für Abenteuer 1880 nehmen, läßt es sich selbstverständlich ein paarJahrzehnte früher ansiedeln, muß dann aber – sofern man ‘historisch’ spielen will – an einen anderen Ort verlegt werden”, sagt uns das Vorwort.

Beim Gildenbrief-Titelbild beachte man die Burg (siehe auch oben auf der Seite). Sie ist eine Anspielung auf die Titelbilder der diversen MIDGARD-Grundregelwerke, auf denen die Abenteurer stets vor einer Burg stehen. Hier stehen sie vor der gleichen Burg (abzüglich der auf dem Cover der Schachtel vom Werwolf entführten halbnackten Frau), nur dass sie mittlerweile eine Ruine ist (aber dafür bequem mit der Eisenbahn zu erreichen). Wir benutzen dieses Bild auch heute noch immer wieder gerne – es hat so etwas Ikonisches. Wir haben die Burg zum ersten Mal auf Seite 192 in Sturm über Ägypten verwendet, um im Abschnitt Spielen wie in alter Zeit? die Unterschiede zwischen den Regeln der Erstauflage und denen der Zweitauflage zu illustrieren, und natürlich ziert sie das Impressum der Drittauflage des Buches der Regeln.

Sieht man vom Themenschwerpunkt der Ausgabe ab (zählt man die sehr 1880-lastige Vorstellung von Heinrich Glumpler mit, entfallen 18 der 42 Seiten auf unser Spiel), erfolgte die Einführung des neuen Spiels im Gildenbrief eher unspektakulär. Im Vorwort schrieb Alexander Huiskes: MIDGARD -Abenteuer 1880 ist auf dem Markt, nachdem sich alles wieder einmal ein wenig verzögert hatte. Daher auch die heutige Schwerpunktausgabe, wobei mich natürlich auch Eure Meinungen zu Abenteuer 1880 im allgemeinen interessieren.” Auch die in Leserbriefen messbare Resonanz war überschaubar; immerhin schrieb Ralf Tschulena im Gildenbrief 37 vom Dezember 1995: “Ihr solltet auch mehr über Midgard 1880 berichten.” Alexander Huiskes’ Antwort darauf: “… über Midgard 1880 ist der letzte Artikel auch noch nicht geschrieben.”

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Und tatsächlich gab es noch weitere 1880-bezogene Beiträge in den Gildenbriefen dieser Zeit, die allesamt ihren Weg auf unsere Seite gefunden haben: Noch aus der Ausgabe 32 stammen die Figurenbeschreibung der 1880-Version von Jack the Ripper von Christian Herwig und Mareen Göbel (nach den neuen Magieregeln so nicht mehr machbar, aber das lassen wir mal als Kuriosum durchgehen) sowie der (mittlerweile überarbeitete und bis 1885 aktualisierte) erste Teil des Weltanzeigers, den Ludger Fischer konzipiert hat. Spätere Ausgaben enthielten noch: Frank Stans von Christian Herwig (GB 35, 1995), der zweite Teil (spielweltchronologisch gesehen eher der erste, da er die Jahre 1877 bis 1879 behandelt) des Weltanzeigers von Ludger Fischer (GB 35, 1995), Feuerwaffen 1880 von Thomas Kreutz (GB 36, 1995), Europas Flotten anno 1877 von Rainer Nagel (GB 38, 1996 – nicht zwingend Rainers spannendster Beitrag zum Spiel – wobei überraschenderweise Robert Eibl in einem Leserbrief im GB 39 dazu vermerkte: “kurz, prägnant, informativ, ja, neben dem Stadtplan von KuenKung der beste Artikel des GB38, vorbildhaft!”), Zehn Gebote für Jungfrauen von Stephanie Lammers nach einer Postkarte von 1908 (GB 40, 1996), Mrs. Vera Pembroke: die Baby-Farmerin von Stephanie Lammers (GB 40, 1996), Drunter und drüber von Antje Klos (GB 40, 1996), Der Templerorden von Ralf Tschulena (GB 42, 1997 – auf der Homepage ohne Spieldaten; ist für einen Nachdruck im Cabinett der Curiositäten und Mirakel vorgesehen) und Psychologie – Angst für Jedermann von Sven Scheurer und Michael Haberer (GB 43, 1998 – mittlerweile in leicht überarbeiteter Form Teil des Buchs der Regeln). Erstaunlicherweise erhielt gerade dieser Artikel im Gildenbrief 44 von zwei Lesern vernichtende Kritiken, die sich darüber beschwerten, dass er nicht in ihr MIDGARD passe (einer der beiden sah seinen “sauguten” Ritter durch diese Regel ernsthaft bedroht). Das könnte – möglicherweise, vielleicht und eventuell – daran gelegen haben, dass der Beitrag nicht für das Fantasy-MIDGARD geschrieben war.

(Die erwähnte “übernatürliche Vielfalt”, die von der Redaktion damals kaum gesteuert wurde, führte zu einigem Arbeitsaufwand, als wir 2018/2019 bei der Fertigstellung des Cabinetts der Curiositäten und Mirakel daran gingen, die früheren Veröffentlichungen mit übernatürlichen Elementen in Einklang mit den aktuellen Regeln zu bringen. Die Zauber in diesen alten Abenteuern sind einzig dafür gedacht, von Nichtspielerfiguren angewandt zu werden, da Abenteurer ja nicht zaubern können; entsprechend “heftig” sind einige davon. Sie folgen auch keinem einheitlichen Magiekonzept. War nicht immer einfach …)

Erwähnen sollte man zudem den Ringboten 16 (1998), damals die Hauszeitschrift von Pegasus Spiele. Da Pegasus 1996 die MIDGARD-Lizenz übernommen hatte, sollte der Ringbote auch Beiträge für dieses Spiel enthalten. In der Ausgabe 16 kam dann auch 1880 zum Zug, nämlich in der Urfassung von Riss in der Zeit (urprünglich ein Turnierabenteuer auf der Spiel 1994, mit dem in der Fantasy-Gemeinde für 1880 geworben werden sollte), das wir dann 2015 noch einmal für den Gratis-Rollenspieltag überarbeitet und in einer kleinen Auflage zusammen m dem Verlag für F&SF-Spiele herausgebracht haben (wie links zu sehen; man beachte das zweigeteilte Logo). Das von Rainer Nagel verfasste Abenteuer beginnt nach MIDGARD-Regeln in Tidford und führt dann zu einem zweiten Teil, in dem es die Fantasy-Abenteurer gleichsam in die Körper von 1880-Figuren verschlägt, die zu Ende bringen müssen, was im ersten Teil begann. Und da hat dann auch Rainer ganz ordentlich den übernatürlichen Hammer geschwungen, weil er ja dem Spiel Fantasy-Interessierte zuführen wollte. Madame Chalbert, die Hauptschurkin im zweiten Teil von Riss, hat sich hartnäckig gehalten und sogar einen Platz in Adel verpflichtet gefunden (Seite 247). Eine Anpassung von Riss an die neuen Magieregeln findet sich übrigens hier.

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Ebenso im Ringboten 16 fand sich ein Abenteuer namens Kachina Dana von Ingo Siekmann, für Space:1889 geschrieben und auf der Venus angesiedelt (die sich im Space:1889-Universum ideal für 1880 anbietet). Da ja MIGARD in der Zeitschrift vertreten sein sollte, hat Rainer 1880-Spieldaten beigesteuert. Das war ein interessantes Experiment und die Zusammenarbeit mit den Space:1889-Leuten war angenehm. Seitdem hatten wir uns immer wieder mal überlegt, eine erneute Kooperation zu machen, aber irgendwie ist nie etwas daraus geworden. Und mit der aktuellen Insolvenz des Uhrwerk-Verlages scheint sich diese Tür einstweilen ganz geschlossen zu haben.

Letztlich debütierte im Ringboten 16 der Kampagnenhintergrund “Actae M” von Ludger Fischer und Tomas Kreutz mit seinen speziell für die Begegnung mit dem (damaligen, noch unsortierten) Übernatürlichen ausgelegten Spielerfiguren, die wir hier in einer aktualisierten, bereits mit den Regeln im Cabinett der Curiositäten und Mirakel kompatiblen Version anbieten. Diese Figuren sind ein wenig besser für magische Abenteuer gerüstet als die des Jason-Bundes aus dem Buch der Regeln.

Abschließend für die “erste Epoche” des Spiels, erst 2002 und nur als PDF erschienen, aber konzeptionell noch Teil der Erstauflage, ist Ein Wochenende auf Cleathorpes Manor von Gerd Hupperich zu nennen, das “ohne Tentakeln” (wie der Autor selbst schreibt) auskommt.

Anzumerken wäre noch, dass Rainer Nagel am ursprünglichen Regelwerk nur in sehr marginaler Form beteiligt war: Die Regeln für Sprachen sowie die Fertigkeit Linguistik stammen von ihm – was bei seinem wissenschaftlichen Hintergrund wenig verwundert. (Ähnlich war es dann 2008 bei der Erstellung der Regeln für PERRY RHODAN – Das Rollenspiel. In Alexander Huiskes’ ursprünglichem Regelentwurf bestand der Regeltext der Fertigkeitsbeschreibung von Linguistik aus: “Rainer.”)



Gedanken an Verschollenes, Liegengebliebenes und beinahe Veröffentlichtes

Rainer Nagel
hatte ein kurzes Abenteuer geschrieben, das “Schwindel im Museum” hieß und sich darum drehte, dass die Abenteurer eine plötzlich aufgetauchte “Original-Gutenbergbibel” aus dem 15. Jahrhundert auf ihre Echtheit untersuchen (und danach den Fälscher finden) sollten. Die Handlung lief noch nicht ganz rund, und auch am Hintergrund hätte noch gearbeitet werden müssen, aber an sich wäre das ein schönes kleines Detektivabenteuer geworden. Und dann war da noch ein etwas länger angelegter Text, bei dem es um ein Attentat auf entweder den Kaiser oder den Reichskanzler während eines Festaktes im Mainzer Schloss ging, der aber nie über die Entwurfphase hinauskam. Selbst Rainer weiß nicht mehr, was er da eigentlich vorhatte (fiese französische Verschwörer, vermutlich). Und dann war da noch Rainers Abenteuer, in dem die Spielerfiguren zusammen mit H.G. Wells in eine ferne Zukunft reisen, die von William Hope Hodgsons Das Nachtland inspiriert ist; das fiel aber beim Spieltest (damals in Braunschweig, mit Stephanie und Stefan Lammers, Michael Haberer, Sven Scheurer und Alexandra Velten) solchermaßen durch, dass man nie wieder davon hören wird.

Von Heinrich Glumpler lag ein fertiges Abenteuer zum Spieltest vor, das in einem Zug spielte, der durch den Balkan fuhr und im Schnee steckenblieb – es könnte der Orient-Express gewesen sein, wir sind uns nicht mehr sicher (und der Titel will uns auch nicht mehr einfallen). Es war eine hübsche “klassische” Detektivgeschichte. Wir erinnern uns noch, dass an einer Stelle Klebeband eine Rolle spielte und der Autor hilfreich anmerkte: “Der Spielleiter sollte hier den Namen einer real existierenden Firma in Bulgarien einsetzen, die um diese Zeit Klebeband hergestellt hat.” Dieses Abenteuer würde richtig gut in den geplanten Quellenband zum Balkan passen

Leider finden wir von all diesen Texten weder die seinerzeitigen (damals mit professionellem 9-Punkt-Nadeldrucker erstellten) Ausdrucke noch die Dateien. Und selbst wenn wir die Dateien fänden (auf 25 Jahre alten Disketten), könnten wir sie wohl nicht mehr lesen, da wir damals mit Word Perfect gearbeitet haben.





Zwischenspiel: Doctor Nagelius’ Encyclopaedisches Compendium


„Es ist merkwürdig, wie, wenn immer irgendeine Schwierigkeit in Europa entsteht, die Augen aller Leute auf Bismarck gerichtet sind. Wie denkt er über die Sache? Was wird er tun? Für wen wird er Partei ergreifen? Das sind die allgemeinen Fragen.“

(aus der englischen Zeitung Morning Advertiser, 1882)



Ganz so tot wie am Ende der Beschreibung der Regeln zur Erstauflage erwähnt war das Spiel dann aber doch nicht: Es wurde über das Internet weiterhin gepflegt, und 2002 brachte Rainer Nagel mit Dr. Nagelius’ Encyclopaedisches Compendium den lange in Planung befindlichen Quellenband heraus.

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Dessen Geschichte führt uns zurück an das Ende des Jahres 1993, als Abenteuer 1880 noch ganz frisch war. Die Schachtel enthielt viel an Regeln (und die erwähnten drei Abenteuer), aber keinerlei Informationen zur Welt des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts. Kurzum: Ein Quellenbuch musste her. Das Projekt durchlief verschiedene Entwicklungsstadien, Autorinnn und Autoren, bis es schließlich hieß: “Rainer, mach’ ‘mal. Da hast Du die bereits geschriebenen Teile, und in einem halben Jahr möchten wir ein Quellenbuch.”

Die “bereits geschriebenen Teile” umfassten eine Gliederung sowie etwa zwanzig Manuskriptseiten. Rainers Auftrag bestand nun darin, daraus ein Werk zu basteln, das den Spielern das viktorianische bzw. wilhelminische Zeitalter, das dem unseren doch ein wenig fremder ist, als so mancher denkt, näher bringt. “Mach’ es aber nicht so lang”, sagte Jürgen E. Franke hilfreich, “nicht mehr als 104 Seiten, höchstens 108.” Innerhalb der nächsten acht Monate entstand dann die Urfassung des Textes, ziemlich genau 104 Druckseiten lang (ohne Illustrationen). Rainer lieferte den Text ab, mit leicht schlechtem Gewissen wegen der Terminüberziehung, und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Es kam aber nichts – außer einem kurzen Vermerk, dass der Text doch ein wenig knapp sei.

Die Gründe für die Stille sind vielfältig und im Nebel der jüngeren deutschen Rollenspielgeschichte verschollen; zudem sind sie höchst kompliziert und von normalen Sterblichen nicht zu durchschauen. Eine weise Person sagte dazu, es gäbe nur drei Personen, die sie völlig verstanden hätten: sie selbst, aber sie hätte sie wieder vergessen; Otto von Bismarck, aber der sei tot; und ein Kaiserslauterer Gelehrter, der aber darüber wahnsinnig geworden sei. Insofern ging es uns also ähnlich wie Schleswig und Holstein im 19. Jahrhundert (was eine Anspielung auf den Roman Flashman – Prinz von Dänemark von George MacDonald Fraser ist).

Nachdem sich die Pause noch etwas länger hingezogen hatte (und klar was, dass das Spiel eingestellt worden war), kam für eine kurze Zeit die Idee auf, das Manuskript im Internet zu veröffentlichen. Dann aber gelangte Rainer zu dem Schluss, dass ihm die Mühen einer Überarbeitung für einen nur eingeschränkt verfügbaren Text zu aufwändig seien. Besagte Überarbeitung nahm dann noch einmal gut zehn Monate in Anspruch und blähte den Textumfang auf das Doppelte auf (insbesondere wegen der Rundboxen mit Zitaten und sonstigen Anekdoten). Am Ende stand dann das erschienene Produkt, für das wir noch die Effing Flying Green Pig Press gründen mussten. Überzeugt hat uns damals nicht zuletzt Daniel Stanke, der uns versicherte, allein er würde “zwischen drei und fünf” Exemplare abnehmen (später wurde daraus: “Für den Laden, meinte ich doch. Für den Laden. Will meinen: mit Rabatt – Daniel betrieb zu diesem Zeitpunkt einen Rollenspielladen in Hannover.). Eine vorbereitende Subskription erbrachte 47 Vorbestellungen, was einen recht positiven Eindruck hinterließ.

Rechteinhaberin Elsa Franke bestand darauf, dass der Text vor dem Erscheinen von einem anderen MIDGARD-Mitarbeiter gegengelesen würde. Die Wahl fiel auf Gerd Hupperich, der viele nützliche Anmerkungen beisteuerte, insbesondere zu Kunst, Literatur und Musik.

Alexandra Velten übernahm das Lektorat und auch den Satz (damals noch mit PageMaker 5, ein echtes Abenteuer – die “eierlegende Wollmilchsau” der Layout-Programme, das neue PageMaker 6, lief auf ihrem Rechner nicht; wir konnten damals noch keine Bilder direkt in den Text einfügen, sondern mussten Platzhalter in der passenden Größe setzen), Thomas Römer erschuf die Darstellung des Doctor Nagelius, die auf dem Titelbild zu bewundern ist. Dazu musste Rainer ein Passfoto ohne Brille anfertigen lassen, weshalb er so ein bisschen verloren ins Nichts schaut, wenn man genau hinsieht. Seit 2012 gibt es übrigens ein weiteres Bild des Doctor Nagelius, erstellt von einem wandernden Zeichner in einem Kaffeehaus im ägyptischen Hurghada, das wir zum ersten Mal 2013 auf Seite 59 von Doctor Nagelius’ Wohlfeile Handreichungen veröffentlicht haben. Auch Verlagsname und -logo gehen auf Alexandra zurück; mehr zu diesem Thema gibt es hier.

Im Sommer 2001 verfassten wir eine vierseitige Werbebroschüre, die Auszüge aus dem Band, die innere Titelseite sowie ein paar Informationen enthielt. Der “offizielle” Erscheinungstermin wurde auf den SüdCon vom 30. November bis zum 2. Dezember 2001 gelegt. Das hat nicht ganz geklappt, aber doch fast. Die Datei für diese Broschüre ist verlorengegangen, aber wir haben im Archiv ein Exemplar gefunden, dem man seine fast zwanzig Jahre auch gut ansieht. Wir haben den Text neu eingescannt und hier für Historiker zur Ansicht bereitgestellt.

Wir ließen ganz optimistisch bei der Druckerei, die auch die MIDGARD-Publikationen herstellte, 1.000 Exemplare drucken (es wurden 1.066, um genau zu sein), was dazu führte, dass der Band noch bis Ende Juli 2020 erhältlich war (am 27. Juli bestellte Pegasus unsere letzten drei Exemplare). Eine grundlegend überarbeitete und deutlich deutlich erweiterte Neuauflage ist in Arbeit, kommt aber nicht vor 2021.

Das Compendium führte eine Reihe von Ideen ein, an denen wir seitdem festgehalten haben. Zum einen sind da die Zitate zum Kapitelanfang – wir halten es da (außer im Buch der Regeln) mit Thomas Love Peacock, der 1831 in Crotchet Castle schrieb: “Ein Buch ohne Zitate ist, me judice, kein Buch – es ist ein Spielzeug.” Und zum anderen haben wir das “Kompositcover” eingeführt: ein Titelbild, auf dem mehrere zeitgenössische Fotos oder Illustrationen über einer Landkarte liegen, um einen ersten Eindruck vom Inhalt des Bandes zu vermitteln. Hier ist es eine Landkarte der Türkei (sie passte farblich gut; allerdings muss man im Nachhinein feststellen, dass der Titelschriftzug ruhig etwas kräftiger hätte geraten können). Otto von Bismarck darf natürlich nicht fehlen, die Werbung mit Kleopatras Nadel (für Nähnadeln, wer hätt’s gedacht) steht für den Zeitgeist, das Exotische zu vereinnahmen. Die Briefmarke links oben stellt eine Szene aus der “indischen Meuterei” dar und symbolisiert den Kolonialismus/Imperialismus der Zeit. Das Stück Papier rechts unten ist ein Busticket aus Kairo (wie man sieht, hat es 25 Piaster gekostet); es hat keine tiefergehende Bedeutung, aber es sah cool aus. Die Umschlagseiten hat Elsa Franke erstellt. Das Zitat oben auf der Rückseite (heutzutage würden wir es kursiv setzen) ist gar keines, sondern eine Erfindung von Elke und Michael Haberer, die sich auf einem unserer früher regelmäßigen Treffen in Braunschweig ergeben hat; es bezieht sich auf das Jahr 1882, als nach einer Niederlage des britischen Cricket-Teams gegen Australien der Pokal The Ashes ins Leben gerufen wird. Auch die anderen Zitate (mit Ausnahme des Holmes-Spruches) sind erfunden; die verspätete Ausgabe der Zeitschrift für Ägyptologie ist ein Insider-Scherz aus Ägyptologenkreisen, den Alexandra Velten beigesteuert hat, die Bücher der Herren Mowat und Palmade gibt es wirklich (allerdings ohne diese Zitate).





Die Zweitauflage des Regelwerks


„Ist Ihnen noch etwas unklar?“

(Sherlock Holmes in Studie in Scharlachrot von Arthur Conan Doyle)



Etwas später kam Rainer auf die Idee, die Produktlinie lose mit einer in Ägypten spielenden Abenteuerkampagne weiterzuführen. Dies zog sich einstweilen ein wenig dahin, da es auf der Liste der zu erledigenden Arbeiten nicht wirklich hoch stand.

Mitte 2009 stellte sich heraus, dass die alten Regelboxen, die sich Anfang des Jahrtausends mittlerweile wieder halbwegs gut verkauft hatten (“Kauft Abenteuer 1880 für 18,80 Mark!”), nirgendwo mehr erhältlich waren. Eine neue Kampagne ohne Regelwerk, auf das neue Spieler zurückgreifen konnten, ergab aber nicht den geringsten Sinn. So fragte Rainer Nagel auf der Essener Spielemesse 2009 Elsa Franke, ob er denn einen begrenzten Nachdruck der Regeln herausbringen dürfe, damit seine Kampagne nicht so “in der Luft hinge”. Die (etwas überraschende) Antwort war: “Warum übernimmst du nicht einfach die Lizenz?” Rainer hatte ja bislang nur eine Genehmigung zur Veröffentlichung eines einzelnen Bandes; eine Lizenz würde das alles etwas vereinfachen.

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Die vertraglichen Details wurden Anfang 2010 geklärt. Ursprünglich dachte Rainer an eine direkte Neuauflage mit möglichst wenig Änderungen bei so wenig Layoutumstellungen wie möglich, aber dann stellte sich aufgrund von Spielerwünschen sowie eigenen Beobachtungen heraus, dass vielleicht doch mehr zu tun sei als eine milde Umarbeitung einiger Elemente in Richtung der vierten Auflage von MIDGARD. Insbesondere die Regeln zum Lernen und Steigern gaben Anlass zur Kritik, einige als wichtig empfundene Fertigkeiten fehlten, manche Elemente aus anderen Spielen (z.B. PERRY RHODAN – Das Rollenspiel) konnten sicherlich auch nicht schaden … und so zog sich die Überarbeitung länger als gedacht. Zu den prominentesten Ergänzungen gehören die Regeln für junge Abenteuer, die Steffen Schüttes “Wintermärchen” entnommen sind, die an das Stargate-Rollenspiel von Alderac Entertainment angelehnten Regeln zur Komplexen Anwendung von Fertigkeiten sowie die auf dieser Homepage veröffentlichten Regeln für psychische Belastbarkeit von Sven Scheurer und Michael Haberer. Die Änderungen in den Lernregeln gehen in großen Teilen auf Ideen von Alexandra Velten zurück, damals, in El Ezba bei Luxor, auf der Terrasse … Mit dem Athlet kam ein neuer Abenteurertyp hinzu, der es erleichtern sollte, Sportler und Schausteller abzubilden, die mit dem Schauspieler nur schwer abdeckbar waren.

Gelegentliche Kritik erbrachte die (bereits im Compendium vorgenommene) verbale Trennung in die Spielleiterin und der Spieler. Dies war eine bewusste Entscheidung, um zu betonen, dass Rollenspiel durchaus auch für Frauen geeignet ist. Liest man sich die Erstauflage von 1994 durch, sieht man aufgrund der großen Mühe, die sich die seinerzeitigen Autoren mit der Betonung dieser Tatsache gaben, ja durchaus, dass dies als Problem erachtet wurde. Erläuterungen wie “Ja, wir wissen, dass auch Frauen rollenspielen, aber aus Gründen der Vereinfachung benutzen wir trotzdem immer die männliche Form.” helfen da gar nicht und zementieren letztlich in iher Einfachheit nur den bestehenden Zustand. Und Wortungeheuer wie SpielleiterIn oder Spielleiter/in widersprechen dem Sprachgefühl der Herausgeber.

Dankend zu erwähnen ist Christoph Tinius, der sich das Gesamtmanuskript mit großer Regelkenntnis durchgesehen und viele gute Vorschläge gemacht (sowie peinliche Fehler gefunden) hat. Eine weitere gründliche Durchsicht nahm – allerdings erst nach der Veröffentlichung der Printausgabe – Lutz Rawcliffe-Reimers vor; seine Anmerkungen wurden die Grundlage zur PDF-Ausgabe, die seitdem immer wieder aktualisiert wurde (und später die Basis für die Drittauflage bildete).

Letztlich wurde ein komplett neues Layout nötig, und Rainer sowie Gestalterin Katja Nickmann entschlossen sich zu einer völlig neuen Bilderauswahl (die Zahl der Illustrationen stieg auf 65), einschließlich eines neuen Titelbildes, diesmal im Komposit-Verfahren. Katja hatte bei der Gestaltung weitgehende Freiheiten; ihre einzigen Vorgaben waren, dass es ein Kompositcover auf einer Landkarte sein sollte, das die Atmosphäre des Spiels einfängt. Sie wählte ein primär indisches Motiv (die Landkarte von Indien kann man noch erkennen). Woher der Fakir im Hintergrund kommt, vermag ich nicht mehr zu sagen; die Frau zur Linken soll Frau Aouda aus Jules Vernes Reise um die Erde in achtzig Tagen darstellen. Der Mann rechts im Vordergrund ist indes keinesfalls Phileas Fogg, sondern ein uns namentlich unbekannter Besucher des Café Josty am Potsdamer Platz in Berlin. Katjas urprünglicher Entwurf des Titelsbilds enthielt links vorn noch eine russische Bäuerin, die uns aber zu sehr nach einer Hexe ausssah. Insgesamt finden wir den Aspekt der Abenteuer in exotischen Ländern sehr schön wiedergegeben; es erzählt seine eigene kleine Geschichte, die das Spiel gut zusammenfasst.

Das Regelwerk enthielt auf Seite 13 eine Anzeige für das englische Browser-Spiel Fallen London, das wir über Jahre hinweg sehr gern gespielt haben. Im Gegenzug erhielten wir in der Leiste der Werbebanner des Spiels eine Anzeige für die englische Ausgabe von Abenteuer 1880 für Einsteiger mit einem Durchlauf von 10.000 Einblendungen, was wir für sehr ordentlich hielten.

Die Lizenzübernahme brachte es mit sich, dass wir aus der bislang nur vage auf dem Papier existierenden Effing Flying Green Pig Press einen ernsthaften Verlag machen mussten, einschließlich einer Anmeldung beim Gewerbeamt sowie der VLB und einer Erklärung, dass wir beabsichtigen, Gewinn zu machen (und kein Abschreibunternehmen sind). Neben dem bürokratischen Aufwand erhöhte das auch die Arbeit kommender Steuererklärungen beträchtlich. Sie sind auch heute noch unser mit Abstand beliebtester Teil der Verlagsarbeit.

Als Duckerei wählten wir auf Vermittlung von Günter Doil die Firma Pario Print in Polen, mit der wir nach wie vor sehr zufrieden sind (weniger indes mit der beauftragten Spedition, wie man ab und an in den weiteren Ausführungen auf dieser Seite wird sehen können).

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Die Zweitauflage trug uns die zweitliebste Rezension unserer Tätigkeit im Rollenspielbereich ein. In einer Online-Ausgabe des Ringboten (die wir nicht mehr finden) schrieb ein Rezensent (dessen Namen wir gnädigerweise vergessen haben, oder zumindest überzeugend so tun, als ob wir das hätten) das Inhaltsverzeichnis ab, fasste die einleitenden Abschnitte der Kapitel zusammen, gab die Grundzüge der MIDGARD-Fantasy-Regeln wieder und kam zu dem Fazit, Abenteuer 1880 sei eine schöne Ergänzung für MIDGARD, sofern man denn über dessen Grundregelwerk verfüge. Überraschenderweise erhielt der Ringbote Online danach keine Rezensionsexemplare mehr von uns. (Unsere Lieblingsrezension ist übrigens eine zu einem der Abenteuer zu PERRY RHODAN – Das Rollenspiel, in der uns die Rezensentin vorwarf, unsere Deutschkenntnisse seien mangelhaft, da wir dauernd von “die Space-Jet” schreiben würden, wo es doch “der Jet” heißen müsse; zum Glück war sie von PERRY RHODAN und seiner etablierten Terminologie vollkommen unbeleckt. Aber das nur am Rande.)

Die vorgefertigten Figuren des Jason-Bundes können hier mit ihren Zweitauflage-Daten eingesehen und direkt im Spiel eingesetzt werden.

Auf der Spielemesse 2010 in Essen verteilten wir am Stand ein Kreuzworträtsel mit Begriffen aus dem Regelwerk, bei dessen vollständiger Abgabe während der Messe man ein Regelwerk kostenlos erhielt. Eine weitere begleitende Werbemaßnahme war das Solo-Abenteuer Der Tempel im Dschungel, das eine zentrale Szene aus Im Dschungel von Zentralafrika für einen Spieler umsetzt; das Heft wurde in erster Linie auf MIDGARD-Cons verteilt. Wir haben es hier zum Herunterladen aufbereitet. Und wir hatten zwölfseitige Broschüren zum Verteilen auf Cons vorbereitet, die die Unterschiede zu den alten Regeln zusammenfassten, einschließlich einer Konvertierungshilfe. Die PDF-Version davon gibt es hier. Letztlich gibt es auch eine Reihe von Errata zur Zweitauflage.

Bereits ein halbes Jahr vor dem Erscheinen des neuen Regelwerks hatten wir in Zusammenarbeit mit Forumsbetreiber Hansjoachim Maier den 1880-Teil des MIDGARD-Forums komplett überarbeitet und neustrukturiert (das entsprechende Papier stammt vom 6. März 2010). Natürlich war schon lange davor im Forum über das Spiel diskutiert worden, aber doch vergleichsweise unstrukturiert. So war es besser.





Sturm über Ägypten​


„Ich will nun ausführlich von Ägypten erzählen, weil es mehr wunderbare Dinge und erstaunliche Werke enthält, als alle anderen Länder.“

(aus Historien, Buch II von Herodot)



Da wir nun ein Regelwerk hatten, das tat, was wir wollten, konnten wir endlich an die große Kampagne gehen. In Ägypten sollte sie spielen, da wir Ägypten lieben, dort jedes Jahr unseren Winterurlaub verbringen und so den Text mit einer Vielzahl eigener Erfahrungen beleben konnten. Und auch eigenen Bilder – immerhin vier der etwas über 100 Fotos und Illustrationen des Bandes sind von uns (wobei der Eingang zum Nilometer von Medinet Habu auf Seite 128 als “Loch im Boden” und Zugang zu einem geheimen Antiquitätenlager herhalten musste).

Die Kampagne beteht ja aus vier Abenteuern, deren erstes Rainer bereits seit 1998 mehrfach auf Cons und Spielertreffen vorgestellt und getestet hatte. Ein Bedarf schien also gegeben. Was als Suche nach einem religiösen Artefakt mit einer gewissen Sprengkaft für das Christentum beginnt, ändert in der zweiten Hälfte die Richtung und wird zu einer Expedition in die Wüste. Dies liegt daran, dass wir eine zeitlang nicht wussten, wo wir am Ende hinwollten, bis Alexandra schließlich sagte: “Lies doch mal diesen Roman. In diese Richtung würde ich gern etwas machen.”

“Dieser Roman”
war Der Fluch der Isis von Paul Sussman (im Original The Lost Army of Cambyses). Der Roman war gar nicht mal so gut, aber die Geschichte faszinierend. Der Perserkönig Kambyses und seine “verlorene Armee” gehören zu den großen Mysterien der ägyptischen Geschichte, und da wollten wir unsere eigene Interpretation hinzufügen. Der arme Kambyses wird von Herodot ziemlich heruntergemacht, und deshalb gilt er noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts als die Person, die fast das ganze alte Ägypten kaputtgemacht hat. Das stimmt jetzt nicht wirklich, aber bis Ende des 19. Jahrhunderts hielt man Herodot für eine ernstzunehmende Quelle, ohne daran zu denken, dass seine Historien weniger eine Geschichtsdarstellung sind als ein politisches Traktat, in dem er die Demokratie der Griechen mit der Monarchie der Perser vergleicht, was natürlich schlecht für die Perser ausgeht.

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Als kampagnenübergreifenden Gegenspieler entwickelten wir die Figur des Affrit – eine Idee von Alexandra, angelehnt an Sethos aus den Amelia-Peabody-Romanen von Elizabeth Peters, eine ihrer literatischen Lieblingsfiguren. Die Idee seiner Verbindung zu Kapitän Nemo (ebenfalls eine Figur, die sich dem kolonialen Joch der Briten widersetzt) stammt dann wiederum von Rainer. Der Anfang der Kampagne ermöglichte uns ausführliche Anmerkungen zu Kriegsberichterstattern und Geheimagenten, für die Reise in der Wüste passten wir (mit freundlicher Genehmigung des Verlags für F&SF-Spiele) die MIDGARD-Entbehrungsregeln aus dem Kompendium von 2002 an (deren volle Fassung zusammen mit den Regeln für Reisegeschwindigkeiten und Belastung 2013 als “Reisen und Entbehrungen” in Dausend Dode Drolle 26 abgedruckt wurde).

Viele Details entstammen eigener Erfahrung (nahezu alle beschriebenen Orte haben wir selbst besucht – insbesondere über Kharga und Dakhla hätten wir noch seitenlang weiterschreiben können, von Luxor ganz zu schweigen), viele Nebenpersonen sind Bekannte oder Freunde. Dies gilt insbesondere für den Kamelhändler Hassan Bahas auf Seite 146 sowie den auf Seite 186 sogar mit Spieldaten versehene Hosni Ja’far Hassan Malik, in dessen Haus wir lange gewohnt haben, bis wir unsere eigene Wohnung in Ägypten hatten – damals, in El Ezba bei Luxor (siehe oben) … auf besagter Terrasse haben wir auch die Druckfahnen der Kampagne gelesen. Er ist leider 2018 verstorben. Die beiden heißen natürlich nicht wirklich so, aber man erkennt sie wieder. Der koptische Schneider Hamid auf Seite 81 ist auch ein Bekannter, wenn auch kein guter – und ein bisschen “windig” war er auch, als er Geld für zwei Galabiyahs annahm und dann “vergaß”, eine davon auch tatsächlich zu schneidern, was ihm am Tag vor unserer Abreise einfiel. War doof für ihn und besorgte ihm eine unerwartete Nachtschicht. Und über Abdul den Betrüger (Seite 107f.) breiten wir besser den Mantel des Schweigens. Oder auch nicht. Zusätzlich haben wir die Reiseliteratur der Zeit sowie die Amelia-Peabody-Romane “geplündert”, damit die Atmosphäre passt.

Sturm über Ägypten enthält auch unseren ersten (optionalen) Ausflug in das Übernatürliche, den wir ja kürzlich auf den aktuellen Stand der Magieregeln gebracht haben. Jim Moreau (Seite 176) wird, nach einer kurzen Erwähnung in Der Dampfhammer, in Die Tiefen der Elbe eine tragende Rolle bekommen.

Besonders stolz sind wir auf die wunderschöne Ägyptenkarte von Sabine Weiss, auch wenn deren Proportionen in Richtung libysche Wüste nicht ganz stimmen – aber das ist für die Kampagne ziemlich egal, und es hat sich auch noch niemand beklagt (die einzigen Beschwerden bezüglich der Karte kamen von zwei Käufern, die so lange behaupteten, sie läge nicht bei, bis Rainer sie überzeugen konnte, doch mal am Ende des Buches nachschauen, da sei sie eingeklebt). Zudem beginnt mit dieser Publikation unsere Zusammenarbeit mit Lars Böttcher bei der Erstellung von Plänen und Karten.

Für Sturm über Ägypten wechselten wir bei der Gestaltung zu Bettina und Christian Hanisch (die damals noch nicht verheiratet waren), bei denen wir bis heute geblieben sind. Die Bilder auf dem Cover sind im Original noch knallig-buntere Postkarten aus den Sechzigerjahren, de wir von einem Postkartenhändler gekauft haben (in Luxor, wenn die Erinnerung nicht trügt). Pegasus Spiele gebührt Dank für die Erlaubnis, die von Franz Mertikat ursprünglich für das Cthulhu-Waffenhandbuch angefertigte Zeichnung einer Turbiaux-Handballenpistole abzudrucken,

Der 2011 erschienene Band macht auch heute noch einen sehr guten Eindruck und ist fast vollkommen fehlerfrei – da hat Lektor Martin Asbach wirklich gute Arbeit geleistet. Es gibt eigentlich nur ein ernsthaftes Erratum: Auf Seite 102 sprechen wir in der mittleren Spalte von “402 km von Assiut bis Kairo”; das muss natürlich heißen: “402 km von Assiut bis Luxor“. Und der Mückenschwarm auf Seite 20 sollte an die neuen Regeln für Insektenschwärme angepasst werden. Zwei der Tippfehler haben allerdings mittlerweile Kultstatus erreicht: die Feststellung, dass Kriegsminister Arabi auf Seite 12 “Alexandra befestigen” lässt sowie die gefürchteten “britischen Treppen” auf Seite 6 (was Alexandra kommentierte mit: “Ja, diese alten britischen Treppen mit ihren angenagelten Stoffbeschlägen sind schon ziemich gefährlich, da kann man leicht ausrutschen.”).

Wir haben Sturm über Ägypten eine eigene Unterseite mit Hintergründen und Zusatzmaterialien gewidmet, die das Spielerlebnis noch etwas intensiver werden lassen (das Logo dort wurde von Hansjoachim Maier angefertigt). Dort hat es auch die wenigen Errata sowie eine kurze Notiz zu der auf Seite 93 versprochenen Farbversion der Karte zur Ruhestätte der Verlorenen Armee. Damals, auf der Terrasse in El Ezba, hatten wir ganz ernsthaft beschlossen, zeitnah eine solche Karte zu erstellen. Aber irgendwie sind wir nie dazu gekommen, es gab noch nicht einmal einen Entwurf. Und dann geriet diese Karte leider in Vergessenheit … Velleicht kommt sie ja noch irgendwann, aber wir wollen da erst einmal nichts versprechen.

Die ganze Kampagne (einschließlich der Posterkarte) ist zudem in unserem PDF-Shop für 9,95 Euro erhältlich (30,6 MB); diese Datei enthält neben den beiden im nächsten Abschnitt erwähnten Zusatzkarten auch noch eine zeitgenössische Karte der Oasen sowie den Brief einer besorgten Engländerin, die sich zum Zeitpunkt der Geschehnisse in Alexandria aufhält. Zudem haben wir das Solo-Abenteuer Vor dem Donner der Kanonen, ursprünglich in einer Auflage von 50 Exemplaren für die Spielertage in Essen gedruckt, in unserem PDF-Shop zugänglich gemacht. Auf seinen 44 Seiten bietet es einer Spielerfigur die Möglichkeit, trotz der britischen Blockade (halbwegs) unversehrt nach Alexandria zu gelangen und dabei sogar noch die eine oder andere nützliche Information zu erhalten. Anmerkungen, wie man das Solo-Abenteuer in ein Gruppenabenteuer umwandeln kann, gibt es hier.

Mitte März 2020 haben wir zwei Zusatzkarten von Lars Böttcher, mit denen die Spielleiterin die Begegnungen Überfall! und Das Räuberlager (Seite 153 bis 155) besser nachvollziehen kann. Diese beiden Karten sind in unserem PDF-Shop für 1,00 Euro erhältlich (8,82 MB).





Abenteuer 1880 für Einsteiger​


“Eine komische Sache, nicht wahr?”

(Dr. Watson zu Sherlock Holmes in All-Consuming Fire von Andy Lane)



Im Jahre 2011 waren “Einsteigerbände” in – Kurzfassungen der Regeln mit einem Spielbeispiel sowie einem einführenden Abenteuer. MIDGARD und PERRY RHODAN hatten welche, Pegasus brachte sie für Cthulhu und Shadowrun auf den Markt – und da wollten wir auch eines. Rainer Nagel, der bereits PERRY RHODAN für Einsteiger verfasst hatte, machte sich also nach dem bewährten Muster ans Werk.

“Kurzfassung der Regeln” bedeutet in erster Linie, dass es vorgefertigte Figuren gibt, man also direkt losspielen kann (und die Regeln zur Abenteurererschaffung entfallen können); somit müssen nur noch jene Fertigkeiten aufgeführt werden (und selbst die teilweise in geküzter Form), die die vorgegebenen Figuren auch tatsächlich beherrschen. In unserem Fall konnten auch die Regeln für Ruhm und Erfahrung auf das Minimum gekürzt werden – Sinn des Einsteigerbandes ist ja letztlich, dass begeisterte Spieler sich das Buch der Regeln kaufen und dann richtig einsteigen.

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Die Kurzregeln nehmen die ersten zwölf Seiten des insgesamt 32 Seiten starken Heftchens im Format DIN-A-5 (zugegebenermaßen in eher kleiner Schrifttype) ein; sie sind in einen Teil für Spieler und einen für Spielleiterinnen geteilt, damit nicht jeder alles lesen muss. Es liegen vier ausgearbeitete Spielerfiguren bei, die direkt zum Spiel vorbereitet sind (je zwei pro Seite) und die man herauskopieren kann. Sie haben keine Namen, sondern stellen generische Archetypen dar: britischer Kavallerieoffizier, amerikanischer Kriegsberichterstatter, deutscher Auslandsagent und französischer Kolonialdiplomat. Das Geschlecht ist frei wählbar.

Es schließt sich eine Doppelseite mit einem Spielbeispiel an, das dem Höhepunkt des Abenteuers entstammt; spätestens hier sollte man als Spieler also mit dem Lesen aufhören. Im Beispiel tummeln sich unter Spielleiterin Alexandra Velten zwei Spielerinnen und zwei Spieler, die dem Bekanntenkreis der Redaktion entstammen. Man erkennt Katja und Robert Nickmann (Katja hat das Layout der Zweiauflage erstellt, Robert ist ihr Ehemann); hinzu kommen Claudia Klieber und Andreas Stoppel.

Für das Abenteuer, das den Rest des Heftes einnimmt, suchte Rainer nach einer Möglichkeit, eine Einführung in die Welt und die Regeln mit einer Einleitung in die übergreifende Kampagne zu verbinden. Seinen Aufhänger fand er im Eintrag zur Bibliothek des Heiligen Johannes des Geköpften auf Seite 129 des Compendiums. Diese hatte er aus dem Doctor Who-Roman All-Consuming Fire von Andy Lane entlehnt, einem seiner Lieblingsromane. Als Betreiber dieser Bibliothek wurden die Freunde des Britischen Bibliothekswesens erfunden, was den Übergang zur “Bibliothekswelten-Kampagne” sowie das im Folgejahr erscheinende Abenteuer Das Mädchen aus der Themse (siehe den nächsten Eintrag) ermöglichte. Durch den Einbau des aus Sturm über Ägypten bekannten Affrit (hier unter seinem englischen Tarnnamen “Selkie”) ließ sich zudem ein Bezug zur Ägyptenkampagne herstellen. Diese war zwar schon seit einem halben Jahr auf dem Markt, aber da nicht jeder Rollenspieler sofort alles spielt, was er kauft, waren wir da guter Dinge. Und so entstand In geheimer Mission.

Besonders viel Spaß hatten wir mit dem Kasten zu den Büchern, die in der Bibliothek zu finden sind (Seite 31). Darauf nehmen wir heute noch gerne Bezug, nicht zuletzt im Cabinett der Curiositäten und Mirakel, wenn es um die Aufbewahrungsorte von Grimoires geht. Und wir haben den Flammenwerfer als bei Abenteuer 1880 einsetzbare Waffe eingeführt, wenn auch in einer sehr experimentellen und störungsanfälligen (will meinen: für den Benutzer gefährlichen) Form. Die technischen Voraussetzungen dafür gab es 1880 durchaus, es hielt nur niemand für nötig, eine solche Waffe zu entwickeln – da musste erst der Erste Weltkrieg kommen.

Als Titelbild nahmen wir das für das Grundregelwerk für neuem Titel, das Lektorat wurde von Sönke Brodersen und (auf eigenen Wunsch ohne Erwähnung) Robert Nickmann durchgeführt. Auf der Rückseite prangt eine unserer frühen Werbeanzeigen, auf der das Buch der Regeln sowie Sturm über Ägypten beworben werden. Wiederum gebührt Pegasus Spiele Dank für die Erlaubnis, eine Illustration von Franz Mertikat aus dem Waffenhandbuch für das Cthulhu-Rollenspiel abzudrucken (in unserem Heft auf Seite 30).

Das Heft ist kostenlos und wird auf Cons und Messen verteilt (oder gegen 1,50 Euro für Porto und Verpackung von uns verschickt; wir legen es in der Regeln auch Bestellungen von Kunden bei, die drei oder mehr Bücher auf einmal kaufen). Eine PDF-Version gibt es hier.

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Im Jahre 2013 haben wir für den Gratis-Rollenspieltag die Ergänzung Kutsche des Todes verfasst, deren letzte Restexemplare ebenfalls in große Bestellungen gingen und nun, nachdem die Aufage aufgebraucht ist, für gerade einmal 1 Euro in unserem PDF-Shop erhältlich ist. Kutsche des Todes erweitert die Spielhandlung um eine weitere Facette (und etwa eine Viertel- bis halbe Stunde Spieldauer). Die Begegnung stellt zudem einen Bezug zu Das Mädchen aus der Themse her und verwendet eine Nebenfigur, die manche von den vorgefertigten Spielerfiguren für Cons kennen könnten. Die Begegnung kann nahtlos in das Abenteuer im Einsteigerband eingebaut und mit den dort gelieferten vorgefertigten Figuren gespielt werden. Natürlich kann man sowohl In geheimer Mission als auch Kutsche des Todes mit eigenen Figuren spielen; der beste Effekt wird dabei erzielt, wenn man dies vor Das Mädchen aus der Themse tut.

Nebenbei: Die leeren Seite im PDF von Kutsche des Todes gehen auf die seinerzeitige Druckversion zurück, sind also kein Fehler! Sie sorgen dafür, dass beim Druck als Broschüre die Rückseiten der Karten freibleiben. Wer einfach nur den Text mit den Plänen ausdrucken möchte, sollte diese Seiten überspringen. Eine Neuauflage von Kutsche des Todes in gedruckter Form ist derzeit nicht angedacht.

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Im März 2020, als die zweite Auflage des Einsteigerheftes zur Neige ging, haben wir eine Drittauflage produziert. Sie unterscheidet sich inhaltlich nicht von den früheren Versionen (sieht man von den notwendigen Änderungen im Impressum ab) und behält auch das alte Layout bei. Eine komplette Anpassung des Layouts wäre zu umständich (und letztlich auch unnötig) gewesen und hätte zudem den Umfang des Heftes vergrößert, da das Layout der Drittauflage großzügiger ist als das der Zweitauflage. Wir haben allerdings das Titelbild auf das der Drittauflage des Buchs der Regeln umgestellt und die Anzeige auf der hinteren Umschlagaußenseite ausgetauscht; sie animiert jetzt zum Kauf das aktuellen Regelwerks, das ja der erste Anlaufpunkt für neue Spieler sein sollte. Insbesondere wenn man über die vorgefertigten Spielerfiguren zu Abenteuer 1880 findet, liefer der Einsteigerband ja keine Regeln, diese zu steigern oder mit neuen Fertigkeiten zu versehen. Der Kauf von Quellenbänden und Abenteuern kommt erst später.





Adventure 1880 for Beginners​


“A rum business, what?”

(Dr. Watson to Sherlock Holmes in All-Consuming Fire)



Nach der Fertigstellung von Abenteuer 1880 für Einsteiger wagten wir uns an einen Testballon: eine englischsprachige Ausgabe von Abenteuer 1880! Die Erfahrungen mit der Übersetzung der vierten Version von Das Schwarze Auge, die Rainer Nagel und Alexandra Velten erstellt hatten, für den amerikanischen Markt (letztlich wurden 5.000 Exemplare gedruckt, die in den USA untergingen) hatte uns gezeigt, dass sich eine direkte Druckausgabe nicht rentiert – nicht umsonst läuft die aktuelle englische DSA-Ausgabe von Ulisses Spiele rein über Kickstarter. Also entschieden wir, dass der Versuchsballon nur online und auf den gerade erschienenen Kurzregeln basieren sollte.

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Nach einiger Überlegung blieben wir bei einer direkten Übersetzung des Titels (MIDGARD 1880 for Beginners schied aus, da es in den USA bereits ein Rollenspiel mit dem Titel Midgard gab (das in keinerlei Beziehung zum deutschen MIDGARD steht) und wir Verwechselungen sowie rechtliche Probleme vermeiden wollen. Wir änderten allerdings den Titel des Abenteuers zu Mission in London ab, damit etwas klarer wurde, was zu erwarten war. Da erneute Kosten für das Layout anfallen würden und das Produkt kostenfrei angeboten werden sollte, konnten wir uns keinen Übersetzer leisten, und Rainer musste selbst ran. Er erstellte ein Glossar der Fachbegriff (dessen aktuelle – noch auf die Zweitauflage der Regeln beschränkte – Endversion vom 25. November 2011 hier eingesehen werden kann) und fing an.

Wir ließen beim fertigen Produkt die Anzeige auf der Rückseite weg (wer kein Deutsch kann, kauft auch kein deutsches Regelwerk) und setzten an ihre Stelle Lerntabellen, die es ermöglichen sollten, zumindest die vorgegebenen Fertigkeiten zu steigern und die vorgefertigten Spielerfiguren ansatzweise weiterentwickeln zu können. Ansonsten arbeiteteten wir den deutschen Text so genau wie möglich um. Juliana Perry besorgte das Lektorat (als in Philadelphia lebende Amerikanerin kämpfte sie gelegentlich etwas mit den Britizismen, leistete aber einen ausgezeichneten Job), Bettina Scholten und Christian Hanisch übernahmen erneut die Gestaltung.

Das fertige Produkt stellten wir Ende Oktober 2011 auf die Homepage, die eine zeitlang sogar eine englischsprachige Version der Startseite aufwies. Unsere einzige Werbemaßnahme war die weiter oben erwähnte Anzeige in Fallen London, deren Banner man anklicken konnte, was zur Download-Seite der englischen Sektion der Homepage führte. Viel gebracht hat das alles nichts, substantielles Interesse aus dem englischsprachigen Ausland blieb (nicht unbedingt überraschend) aus. Wir haben das Projekt dann auf Eis gelegt.

Aber immerhin haben wir jetzt eine englische Version der Kurzregeln. Wer möchte, kann sie sich hier herunterladen (PDF, 9 MB).





Das Mädchen aus der Themse​


“Nichts ist zu lang oder auch zu kurz, wenn man eine wahre und interessante Geschichte hat und das, was ich einen ‘bildlichen’ Stil nenne, sowie ein erzieherisches Ziel.”

(Mattie Ross in True Grit von Charles Portis)



Unser erstes ernsthaftes Abenteuer nach dem Ägyptenband entsprang dem Wunsch, einige der in Sturm über Ägypten angerissenen Dinge in einen größeren Zusammenhang zu stellen und zugleich eine übergreifende Kampagne zu beginnen, deren Bände jeweils etwa ein bis zwei Jahre Spielzeit auseinanderliegen sollen, damit die niedrige Veröffentlichungsfrequenz keinen allzu großen Schaden anrichtet (dass es bis zu Die Tiefe der Elbe nun deutlich länger gedauert hat, ist einer Reihe von Gründen geschuldet, die wir beim dortigen Eintrag besprechen).

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Die Ränke von Kapitän Nemo sowie seines Partners, des Affrit, sollten eine Rolle spielen, und die bereits am Ende von Sturm über Ägypten aufgetauchte Nautilus sollte einen weiteren Auftritt bekommen. Damit war über Nemos Gefolgsleute ein gewisses indisches Ambiente vorgegeben. Dass die Nautilus gerade in Wapping liegt, wurde aufgrund der einschlägigen Abenteuerliteratur der Zeit entschieden, wo so mancher Schurke sein Hauptquartier in Wapping hat. Natürlich hat auch Alan Moores The League of Extraordinary Gentlemen eine Rolle gespielt, an deren Design der Nautilus wir uns orientiert haben, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie noch in Sturm über Ägypten – die League-Nautilus (und wir meinen hier die Comics, ganz bestimmt nicht den Film, dessen Nautilus ist scheußlich) ist unseres Erachtens der eleganteste aller uns bekannten Entwürfe, und das schließt den Disney-Film von 1954 ein. Auch der Mann mit der “Harpunen-Armbrust” ist an Moores Ishmael (den Moore wiederum aus Moby Dick entlehnt hat) orientiert. All dies wird in Die Tiefen der Elbe noch deutlich stärker zum Ausdruck kommen.

Auf Seite 52 haben wir zudem eine Verbindung zu Abenteuer 1880 für Einsteiger eingebaut, und zwar über die Zusatzbegegnung Kutsche des Todes, die wir für den Gratis-Rollenspieltag 2013 geschrieben hatten. Dieses Produkt kannte zwar zum Zeitpunkt des Erscheinens von Das Mädchen aus der Themse noch niemand, aber wir planen ja vor und erfreuen uns an komplexen, sich langsam entfaltenden Handlungssträngen.

Als eigentliche Handlung stellte sich Rainer eine Art Studienreise junger Schülerinnen und Schüler nach Großbritannien vor, hinter der ein größeres, dunkleres Geheimnis lauern sollte. Einen Ansatz dafür hatte er bereits beim Schreiben von Abenteuer 1880 für Einsteiger gefunden, als er die Bibliothek des Heiligen Johannes des Geköpften eigeführt hatte. An dieser Stelle wurde es aufgrund des aufmerksamen Spieltests von Roland Ritthaler notwendig, den in Lanes Roman und danach von uns genutzten Kardinal Ruffo-Scilla mit dessen realer Geschichte zu vereinbaren, was wir auf Seite 28 des Abenteuers dann auch getan haben. Als dann klar wurde, dass Nemo (und der Affrit, der in In geheimer Mission unter seinem britischen Tarnnamen “Selkie” erwähnt wird) die Gegenspieler der Freunde des Britischen Bibliothekswesens sind, stand die Handlung im Großen und Ganzen.

Einige der dreizehn Anwärterinnen und Anwärter tragen mehr oder weniger deutlich Züge von Schülerinnen und Schülern, die Rainer damals unterrichtete (sie haben alle mittlerweile ihr Abitur und erkennen sich hoffentlich nicht wieder). Bei der Hauptfigur, Clara Hochbruck, sind zudem stärke Anklänge an Mattie Ross aus Charles Portis’ Roman True Grit zu erkennen. Und es war Christiane Spath, die darauf bestand, dass Louises erst im Spieltest entstandene Zwillingsschwester ja wohl nur Lieselotte heißen könne.

Einige Teile seiner Atmosphäre verdankt das Abenteuer dem Roman Diary of a Murder von Lee Jackson; die Idee mit der “Prostituiertendroschke” beispielsweise ist direkt davon inspiriert. Der bereits in Sturm über Ägypten eingesetzten Urs Böndli stammt aus dem weiter oben beim Ringboten 16 erwähnten Kampagnenhintergrund „Actae M“ von Ludger Fischer und Thomas Kreutz. Das Konzept der Pferdekopfamulette schließlich, das wir hier nach einigen “Kurzauftritten” in Sturm über Ägypten und In geheimer Mission zum ersten Mal stärker in den Vordergrund rücken (auch hier wird es weiterführende Erklärungen in Die Tiefen der Elbe geben), ist dem Browserspiel Echo Bazaar entnommen und wird mit freundlicher Genehmigung von Failbetter Games verwendet. Und ein wenig (sind wir mal ehrlich) hat uns auch die Handlung des James-Bond-Films Im Geheimdienst Ihrer Majestät von 1969 beeinflusst.

Den übergreifenden Hintergrund tauften wir die Bibliothekswelten-Kampagne (hier mit eigener Seite mit Zusatzinformationen und herunterladbaren Versionen der Karten und Pläne). Es geht ja um Bücher, nicht nur im tatschlichen Sinne der Ausbildung der dreizehn jungen Menschen zu “Buchwächtern”, sondern auch im übertragenen Sinne, da wir uns aus dem Fundus vorhandener literarischer Werke bedient haben. Das wird noch deutlicher, wenn wir mit der Zeit Claras Hintergrund enthüllen; auch hier wird uns Die Tiefen der Elbe weiterbringen, und eine etwas vollständigere Geschichte der Freunde wird zudem im Cabinett der Cutiositäten und Mirakel enthalten sein. Wie wir erst später festgestellt haben, liefern auch die Invisible Library-Romane von Genevieve Cogman hier gute Anregungen. Mit der Idee des “Besuchs” aus einer Parallelwelt spielen wir schon länger; die Professor-Olivero-Romane von Andrea Instone (derzeit Melisande die Fee und Swanhild die Blutige) waren dabei sicherlich nicht ganz unschuldig (wobei auch die Amazon Prime-Serie The Man in the High Castle eine gewisse Mitschuld trägt).

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Alexander Huiskes besorgte ein gründliches Lektorat, die Lagepläne stammen von Lars Böttcher, der Band wurde wie immer von Bettina und Christian Hanisch gestaltet. Auf dem Titelbild sehen wir diesmal auf einer Karte der Londoner Innenstadt links oben ein Schiff, das die Reise der Anwärter nach Großbritannien symbolisiert. Die Werbung der Great Western Railway steht für die vielbeschworene englische Idylle, die recht schnell der harten Realität des Abenteuers weichen muss. Rechts davon sehen wir oben eine zeitgenössische Postkarte des Embankment, wo die Handlung beginnt, und darunter eine Ansicht von der Straße Cheapside in der City of London, die die Atmosphäre von Holborn vermitteln soll, wo sie weitergeht. Die über die Bilder gelegten Waffen (Armbrust und Khukri) spielen ihre Rollen im Abenteuer (in dem wir die Spieldaten der Armbrust eingeführt und von dort später in die Drittauflage der Regeln übernommen haben). Und die Bücher unten rechts stehen für die Kampagne – deren Logo (zugleich das Logo der Freunde) man auf der Rückseite des Bandes sieht: ein Buch über einem Schlüssel auf dem Union Jack (Rainer hatte sich bei Kollegin Margarete Fahrnschläder, die katholische Religion unterrichtet, versichert, dass die Farbgebung für eine katholische Organisation angemessen ist). Die Karten auf den inneren Umschlagseiten stammen beide aus Baedeker’s London and its Environs von 1887; die vordere zeigt einen Auzug aus der Innenstadt (Holborn, Fleet Street, Strand), die hintere einen Plan des U-Bahn- (blau) und Schienennetzes (rot).

Mit Die Tiefen der Elbe haben wir derzeit den zweiten Teil der Bibliothekswelten-Kampagne in Arbeit, angesiedelt eineinviertel Jahre nach Das Mädchen aus der Themse.





Der Abenteuer-Wettbewerb​


“Das fertige Abenteuer sollte eine Länge von 15 bis 20 Seiten haben, bei ca. 5700 Anschlägen / Seite.”

(aus dem Beitrag im MIDGARD-Forum zum Thema)



Am 14. Januar 2011 feierte das MIDGARD-Forum sein zehnjähriges Bestehen. Aus diesem Grunde wurden drei Abenteuer-Wettbewerbe aufgerufen: zuerst zu MIDGARD (als dem Mutterspiel, ohne das es kein Forum gegeben hätte), dann einer zu PERRY RHODAN – Das Rollenspiel (das war gerade aktuell) und einer zu Abenteuer 1880 (weil das gab’s ja auch noch). Den Aufruf zu diesem Wettbewerb (vom 1. Februar 2011) kann man hier immer noch einsehen.

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Wir wollten den Autoren so wenig inhaltliche Vorgaben machen wie möglich, und deshalb beschränkten wir uns darauf, uns die Einbeziehung eines Pferdekopfamuletts zu wünschen. Dadurch wurde zumindest ein ganz loser Bezug zu unserer übergreifenden Handlung hergestellt – und wir fanden es interessant, wie andere Autoren ohne Vorgaben mit diesem Thema umgehen würden. Sie taten es dann auch in sehr unterschiedlicher Art und Weise …

Die fertigen Exposés wurden am 5. April 2011 anonym im Forum eingestellt und zur Abstimmung freigegeben. Alle fünf Abenteuer qualifizierten sich für die Endrunde, bis zum 31. Juli 2011 waren die Abenteuer einzureichen. Es gingen dann aber letztlich nur drei Ausarbeitungen ein, die wir in ihren Originalformen zwecks Endabstimmung ebenfalls ohne Autorennennung im Forum einstellten – der MIDGARD-Wettbwerb hatte gezeigt, dass viele Forumsmitglieder nach Autoren abstimmten und nicht nach Inhalt.

Wie am Ende des letzten verlinkten Beitrags nachzulesen, entschieden sich die Forumsmitglieder für diese Reihenfolge:

1. Der Mahdi-Aufstand von Manuel Lerch

2. Hart, schön und leer von Christiane Spath

3. Rosen, Tulpen, Nelken von Christiane Spath

Die Redaktionsjury, bestehend aus Rainer Nagel und Alexandra Velten, schloss sich dieser Bewertung an. Alle drei Abenteuer waren veröffentlichungswürdig, also gingen wir daran, diese Veröffentlichungen vorzubereiten.

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Das Siegerabenteuer war zugleich das mit Abstand ungewöhnlichste: Es kam mit vorgefertigten Spielerfiguren und war vor einem Hintergrund angesiedelt, dem ein normaler Abenteurer nur schwer angehören konnte – man spielte einen Aufständischen gegen die Macht der Briten im Sudan 1884/85. Aber allein die gut ausgearbeitete Darstellung des Sudan lässt es zu einer sinnvollen Ergänzung zu Sturm über Ägypten werden, und mit etwas Mühe könnte man die Mahdisten-Spielerfiguren durch westliche Spione ersetzen (was das Abenteuer aber sehr erschwert). Das Pferdekopfamulett ist etwa 10 cm groß und aus Elfenbein mit Einschüben aus blau glasierten Tonscherben; man erhält es am Ende des Abenteuers als Belohnung des Mahdis. Wir bieten Der Mahdi-Aufstand hier mt Karten von Lars Böttcher und gestaltet von Bettina Scholten zum kostenfreien Herunterladen an.

Hart, schön und leer spielt 1885 im südenglischen Lymington; es ist ein hübsches kleines Detektivabenteuer. Wir boten es Carsten Grebe für Dausend Dode Drolle an, als er uns nach einem Abenteuer für unser Spiel fragte, das er in seiner Zeitschrift veröffentlichen konnte. Das Pferdekopfamulett taucht in etwas ungewöhnlicher Form auf: in den Boden einer knapp 50 cm durchmessenden Bowlescharle aus dickem böhmischen Kristallglas eingelassen; seitdem überlegen wir uns, wie es dorthin gelangt sein könnte. Im Jahre 2013 erschien das Abenteuer in DDD 25 als unser erster offizieller Beitrag für diese Zeitschrift mit von Carsten Grebe gestalterem Layout.

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Auch Rosen, Tulpen, Nelken ist ein Detektivabenteuer, angesiedelt im kleinen Örtchen Straelen am Niederrhein im Frühsommer des Jahres 1883. Das Pferdekopfamulett ist auch hier aus Elfenbein mit Einschüben aus blau glasierten Tonsplittern und 10 cm hoch. Es befindet sich im Besitz von Lilia ter Cate, die es von ihrer verstorbenen Mutter geerbt hat. Es lässt sich auf das späte achtzehnte Jahrhundert datieren, ist also etwa neunzig Jahre alt. Das fertige Abenteuer in der Gestaltung von Christian Hanisch bieten wir hier zum kostenfreien Herunterladen an.

Der Abenteuer-Wettbewerb hatte zwar nicht die umwerfendste Beteiligung, aber er brachte uns drei schöne Abenteuer ein, die nicht nur unsere Internetpräsenz verstärkten, sondern auch unsere Zusammenarbeit mit Dausend Dode Drolle begründeten. Vielleicht sollten wir so etwas wieder tun …





Dausend Dode Drolle​


“26 Ausgaben hat es gedauert, bis wir zum ersten Mal eine offizielle Regelergänzung in der DDD abdrucken dürfen.”

(Carsten Grebe im Vorwort zu DDD 26)



Im Jahre 2013 wurde auf Anfrage von Carsten Grebe mit Ausgabe 26 die Zeitschrift Dausend Dode Drolle des DDD-Verlages unsere neue “Hauszeitschrift”, nachdem bereits in Heft 25 ein Abenteuer erschienen war. Carsten hatte bereits am 3. Dezember 2012 bezüglich einer regelmäßigen 1880.Kolumne angefragt, da sich Midgard 1880 immer größerer Beliebtheit erfreut, und ja auch immer wieder auf den Cons gespielt wird.” Da sagt man doch gerne zu.

Beiträge, die dort erscheinen, gelten von unserer Seite aus als “offiziell” oder als Vorabveröffentlichungen (die so lange “offiziell” sind, bis das tatsächliche Produkt erscheint). Damit nehmen die Drolle die Rolle ein, die für die Erstauflage der MIDGARD-Gildenbrief innehatte. Bislang sind erschienen:

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Ausgabe 25
(2013): “Hart, schön und leer”, ein Abenteuer im Jahre 1885 in Südengland von Christiane Spath

Ausgabe 26 (2013): “Reisen und Entbehrungen”, eine Regelergänzung von Rainer Nagel

Ausgabe 27 (2014): “Das Herzogtum Salzburg”, ein Vorabdruck aus Adel verpflichtet von Nadine Fuchs

Ausgabe 28 (2017): “Neue Kurzbiografien”, ein Vorabdruck aus der in Arbeit befindlichen Neuauflage von Doctor Nagelius’ Encyclopaedischem Compendium von Rainer Nagel

Ausgabe 30 (2017): “Was auf den Tisch kommt”, ein Vorabdruck aus der in Arbeit befindlichen Neuauflage von Doctor Nagelius’ Encyclopaedischem Compendium von Rainer Nagel

Ausgabe 31 (2019): “Der Okkulte Forscher”, ein spielbarer Vorabdruck aus dem Cabinett der Curiositäten und Mirakel, der neben dem titelgebenden Abenteurertyp auch die Beschreibung der Fertigkeit Geister bannen enthält, von Rainer Nagel

Ausgabe 31 (2019): “Riesenkraken – ein Schrecken der Meere”, Beschreibung und Spieldaten für Riesenkraken im Stil von 20.000 Meilen unter dem Meer von Rainer Nagel

Ausgabe 32/33 (2019): “Auf Krokodillenjagd”, ein Abenteuer im Kongo im Jahre 1884, das als Prolog für eine der möglichen Einleitungen von Die Tiefen der Elbe genutzt werden kann (aber nicht muss) von Rainer Nagel und Alexandra Velten

Ausgabe 34/35 (2020): “Mantik – eine neue Fertigkeit für Abenteuer 1880”, ein spielbarer Vorabdruck einer neuen Fertigkeit aus dem Cabinett der Curiositäten und Mirakel von Rainer Nagel

Ausgabe 34/35 (2020): “Das Paranormale Compartment des kuk Evidenzbüros”, eine Geheimorganisation als Vorabdruck aus dem Cabinett der Curiositäten und Mirakel sowie als Ergänzung zu Adel verpfichtet von Rainer Nagel

Ausgabe 34/35 (2020): “Über das Zusammenspiel von Geschichte und Fantasie”, ein Hintergrundbericht zu Adel verpflichtet von Rainer Nagel

Zudem vertreibt Carsten unsere Produkte auf MIDGARD-Cons und am Stand der Drolle auf der Spielemesse in Essien, wofür wir sehr dankbar sind.





Dr. Nagelius’ Miszellen​


“Jetzt hat es den Anschein, als wolle Herr Fogg nach England zurückkehren. Meinetwegen, ich werde ihn fortwährend begleiten. Aber nun ist mir darum zu thun, die Hindernisse sorgfältig aus dem Weg zu räumen, wie bisher, sie zu häufen.”

(Detectiv Fix in In 80 Tagen um die Welt von Jules Verne)



Die Erstauflage kam ja mit einem Spielleiterschirm, und so ließen die Anfragen nach einem solchen Produkt für die Zweitauflage nicht lange auf sich warten. Also machten wir uns entsprechende Gedanken. Nun sind Spielleiterschirme (oder, in unserem Fall, Spielleiterinnenschirme) immer so eine Sache, da nicht jeder so etwas braucht, also mit geringeren Abverkäufen zu rechnen war – und gleichzeitig sind sie teuer in der Herstellung. Es musste also ein (in der Herstellung nicht so teurer) “Mehrwert” dazu – ein “Spielleiterinnen-Pack”, sozusagen. Normalerweise packt man ein Abenteuer dazu, aber wir hatten gerade keines. Wir arbeiteten zwar am Hügelgrab bei Reynoldston und am Dampfhammer, aber die waren beide als Download-PDFs eingeplant – wir hätten also noch etwas völlig Neues entwerfen müssen. Das dauerte uns zu lange. Wir dachten kurz über einen Stapel mit Datenblättern zum Abreißen nach, aber wer benutzt das in Zeiten des Internets noch?

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Also gingen wir erst einmal an den Schirm. Umfragen in der Spielergemeinde hatten ergeben, dass vier Seiten besser seien als drei und Querformat besser als Hochformat – man kann beim Spielen besser drüberblicken. Statt eines Bildes auf der Spielerseite wünschte man sich von Spielern nutzbare Informationen. Und so entstand der vierseitige quergelegte Schirm. Auf der den Spielern zugewandten Vorseite waren Auszüge aus den Preislisten sowie Angaben zu den Währungen und Regierenden der wichtigsten Länder zu finden, während die Rückseite ganz klassisch die wichtigen Tabellen und Kurzregeln aufwies.

Den Spielleiterinnenschirm gibt es mittlerweils auch in unserem Shop als kostenfreies PDF. Es handelt sich dabei um eine an die Drittauflage der Regeln angepasste Version, die allerdings das Layout der Zweitauflage beibehält.

Für die Beilage kam uns die Idee, einen Band mit Zusatzregeln zu erstellen. Dazu gehörten mit dem Diener und dem Eingeborenen zwei neue Abenteurertypen, die nicht so ganz in das bisherige Schema passten, da sie doch eher speziell sind – der Diener ist in seinen Handlungen nicht frei, und der Eingeborene spiegelt gnadenlos die Klischees der Zeit wider. Aber sie erweitern die Spielpalette in historisch stimmiger Weise, weshalb wir sie mit einigen erklärenden und mahnenden Worten dann doch veröffentlicht (und später auch in die Drittauflage der Regeln übernommen) haben.

Hinzu kam die Idee, einige der doch sehr breit aufgestellten Abenteurertypen als “Alternativen” zu bearbeiten. Sie sollten es ermöglichen, schneller bestimmte Auslegungen von Figuren zu erschaffen, zu denen man ansonsten tief in die Punktekiste der Untypischen Fertigkeiten hätte greifen müssen. Dies erlaubte es uns nicht zuletzt, den schon lange in der Schublade liegenden Cowboy von Stephanie Lammers ins Spiel einzubringen. Weitere Beiträge in dieser Sektion kamen von Sönke Brodersen (Handelsschiffer), Thomas Langner (Regelteil des Juristen) und Lucas Walz (Politiker). Und da wir gerade dabei waren und das ausführlich geübt hatten, folgten allgemeine Anmerkungen zum Erschaffen neuer Abenteurertypen sowie zum Erstellen neuer Fertigkeiten. Damals tobte gerade im MIDGARD-Forum eine Diskussion über die fehlenden Fertigkeiten Navigieren und Mathematik, ohne die das Spiel vollkommen sinnlos bzw. ein bestimmtes Abenteurerkonzept vollkommen unerstellbar wäre; deshalb haben wir uns in unseren Anmerkungen verstärkt darauf bezogen (und letztlich die Fertigkeiten als Himmelskunde und Mathematik für die Drittauflage der Regeln ausgearbeitet). Einige der neuen Figurentypen machten selbst neue Fertigkeiten erforderlich – so entstanden Handwerk, Lasso und Skifahren. Flammenwerfer aus Abenteuer 1880 für Einsteiger haben wir leicht bearbeitet ebenfalls nachgedruckt, da sich diese Fertigkeit gut zum Erklären der Feinheiten beim Entwurf solcher Ergänzungen nutzen ließ.

Für die zweite Hälfte des Bandes holten wir uns von Jürgen E. Franke und Alexander Huiskes die Genehmigung, die 2004 im Grundregelwerk von PERRY RHODAN – Das Rollenspiel veröffentlichten Regeln für Vorteile und Nachteile aus Vorzüge und Mängel angepasst nachzudrucken (die wiederum auf eine Idee von Rainer Nagel zurückgingen, die dieser in einer kürzeren, regeltechnisch völlig anderen – da für die Zweitauflage von MIDGARD bestimmt – und nur auf Mängel konzentrierten Form bereits 1986 als “Ängste und Schwächen” für den Gildenbrief 6 verfasst hatte; die Welt des Rollenspiels ist klein). Und nur böse Zungen würden behaupten, Rainer habe den Mangel Orientierunslos nach sich selbst modelliert. Dabei haben wir auch einige Vorzüge und Mängel eingeführt, die erst mit dem Cabinett der Curiositäten und Mirakel voll spielbar sein werden, darunter eine (vom heutigen Gesichtspunkt) Vorform von Hellsehen.

Am Ende des Heftes druckten wir einen kurzen Abschnitt aus der Erstauflage der Regeln nach: die Zusatzregeln zu Charakterlichen Eigenheiten, da sie thematisch halbwegs passten, auch wenn sie mit den neuen Vorzügen und Mängeln nicht vereinbar waren. Aber ein bisschen Nostalgie kann ja nichts schaden … Damals, 1994, herrschte die Idee vor, man müsse das “Charakterrollenspiel” stärker fördern und den Figuren Persönlichkeitszüge mit auf den Weg geben – aber bitte nur ausgewürfelt, da es ja gar nicht geht, dass die Spieler sich eine “Wunschfigur” zusammenstellen (die Wurzeln von MIDGARD in der welt der Simulationsspiele werfen manchmal lange Schatten). Man muss dann halt ausspielen, was man erwürfelt hat – in den Tiefen der Achtziger verwurzelte Spiele wie Maelstrom Gothic gehen ja heute noch so vor. Jedenfalls konnten wir da unter dem Titel Spielen wie in alter Zeit ein weiteres Mal schön die Burg zur Geltung bringen. Der fertige Band erhielt seinen eigenen Titel: Doctor Nagelius’ Wohlfeile Handreichungen zur Erschaffung von Kuriositäten, Faktoren und Heroen (wir sind im Übrigen eher stolz auf unsere manchmal eher länglichen Titel).

Die von MIDGARD adaptierten Entbehrungsregeln (die in jenen Teilen, die für die Handlung notwendig waren, bereits in Auszügen in Sturm über Ägypten zum Einsatz gekommen waren) hätten eigentlich auch noch in ihrer kompletten Gänze in diesen Band gesollt, aber letztlich erschienen sie uns nicht zum Rest des Inhalts (der doch sehr auf das Erstellen und Ausarbeiten von Spielerfiguren ausgelegt war) zu passen. Wir entschieden uns, sie bei Gelegenheit auf der Homepage nachzureichen. Dann allerdings tat sich die DDD-Tür auf, und so erschienen sie 2013 in Dausend Dode Drolle 26 unter dem Titel “Reisen und Entbehrungen” – was wohl die bessere Entscheidung war.

Oh, und die experimentellen Regeln für die erweiterte Anwendung von Schicksalsgunst (inspiriert von Torg, einem unserer Lieblingsrollenspiele) hätten ebenfalls Eingang finden sollen. Sie führten bei ernsthafter Betrachtung allerdings zu mehr Fragen, als der bestehende Text löste, und so stellten wir das Thema zurück, zumal auch die Testspieler von der Idee nur bedingt begeistert waren und nach deutlich mehr Klarstellungen riefen, als wir in dem Moment zu leisten gewillt waren. Na, ganz aus der Welt sind sie ja nicht …

Abgerundet werden sollte das “Spielleiterinnen-Pack” durch zwei große, im Spiel nützliche Posterkarten im Format 698 x 558 mm. Rainer war schon länger mit den Karten auf den Umschlaginnenseiten des Compendiums unzufrieden und wollte etwas haben, mit dem man Reisen planen bzw. Reisestrecken einsehen konnte. Die Suche danach nahm spürbare Teile eines London-Urlaubs in Anspruch und gestaltete sich anspruchsvoll. Die Karten mit den Eisenbahnstrecken Europas fand Rainer schließlich (für durchaus grausige 150 Pfund) in einem Londoner Antiquariat in einem Buch von 1882: Europe: chemins de fer et communications maritime. Genauer gesagt: Das Buch war die Karte. Man konnte es komplett ausklappen und erhielt so eine vollständige Europakarte mit Streckennetz. Diese allerdings war so stabil aufgemacht, dass zwischen jedem Kartensegment Verbindungsstücke eingesetzt waren, die den Lesefluss unterbrachen. Gestalter Christian Hanisch musste also jedes einzelne Kartensegment separat einscannen und danach alles wieder zusammenfügen. Das war viel Arbeit, für die wir sehr dankbar sind. Die Karte des Britisch Empire kaufte Rainer (wegen der Schifffahrtsrouten) als Auslaufmodell in einem auf Reiseliteratur spezialisierten Buchladen. Sie basiert auf einem Original von 1907 und wird vom Verlag in dieser Form nicht mehr verkauft, was das Copyright-Problem löste. Es war indes nicht so einfach, einen Copyshop zu finden, der diese Karte auch als Druckvorlage einscannen konnte … Aber wir haben auch das hinbekommen.

Das Lektorat des fertigen Textes besorgte passenderweise Alexander Huiskes, die eigentliche Gestaltung übernahm Bettina Hanisch (damals noch Bettina Scholten). Wieder einmal gebührt Pegasus Spiele dank für die Erlaubnis, die Zeichnung des Flammenwerfers von Franz Mertikat ein weiteres Mal verwenden zu dürfen. Da der Band mit den Zusatzregeln als Softcover ohne Einband erscheinen sollte, entschieden wir uns nach Absprache mit der Druckerei, noch ein Vorsatzblatt zu erstellen, das oben auf dem eingeschweißten Produkt liegen sollte, damit man auch erkennt, um was es geht. Dazu legten die Ausschnitte der beiden Posterkarten über eine Sepia-Version der Eisenbahnkarte und packten neben dem Titel auch die Informationen, die sonst auf der Rückseite eines Bandes sind (Logos und ISBN) nach vorne. Die Druckerei tat sich etwas schwer mit dem Erstellen des Schirms, hat es aber ganz offensichtlich letztlich doch hinbekommen. Und die Diskussionen, welcher Teil des Pakets in welcher Richtung gefaltet werden und wo zu liegen kommen soll, hat fast eine Woche in Anspruch genommen.

Das veröffentlichte Produkt brachte uns dann einen der wenigen unschönen Moment unserer bisherigen Verlegerkarriere ein. Ein Käufer warf uns öffentlich Betrug vor, da die Abbildung der Miszellen den Eindruck erwecke, es sei ein Buch mit Einband. Wir hatten zwar in den Ankündigungen und Beschreibungen nie den Begriff “Band” oder gar “Buch” verwendet, sondern immer nur von einem “Heft” gesprochen, aber dazu hätte man ja mitlesen und mitdenken müssen. Ein Angebot an den Kunden, den Kaufpreis zurückzuerstatten, wurde abgelehnt mit der Begründung, das sei ja nur Teil des Betrugs. Dann halt nicht. Rainer erinnerte sich schließlich an die weisen Worte einer Schülerinnenmutter am Ende seines allerersten Elternabends als Klassenlehrer: “Sie haben ja gesehen, Exoten gibt es immer.” Wie wahr.

Und eine kleine Anekdote noch zum Untertitel, dem leicht altertümelnden “Ein Compendium für abentheuerlustige Charaktere”. Sieht man mal davon ab, dass wir hier zum wohl einzigen Mal offiziell das Wort “Charaktere” verwenden (das wir ja normalerweise meiden, weil das die falsche Terminologie ist), meldete sich ein besorgter Testleser: “Dir ist aber schon klar, dass da in ‘abentheuerlustige’ ein Tippfehler drin ist? Und das auf der ersten Seite!”





Von Hügelgrab und Dampfhammer​


“Nein, ich gebe zu, dass ich auch keinen Zusammenhang mit unserem Fall sehe. Trotzdem ist es zweifellos ein wichtiges Dokument.”

(Sherlock Holmes in Im Zeichen der Vier von Arthur Conan Doyle)



Dieser 2014 erschienene Band mit zwei Kurzabenteuern in Großbritannien hat seinen Ursprung in unseren Bemühungen, die auf der Homepage angebotenen PDF-Abenteuer aufzustocken. Und das zeigte uns, dass, gleichwohl es einige sehr lautstarke Befürworter von herunterladbaren Abenteuern gibt, die Käuferdecke dafür doch vergleichsweise dünn ist. Aber der Reihe nach.

Ende 2012 befassten wir uns mit der Idee eines Kaufabenteuers, das nur als PDF angeboten werden sollte. Da wir gerade den ersten Avengers-Film gesehen hatten (sieben Mal, um genau zu sein), machte sich Rainer Nagel Gedanken darüber, wie man denn so etwas wie den Panzeranzug von Tony Stark / Iron Man für Abenteuer 1880 umsetzen könnte. Im Hintergrund lauerte dabei auch die Idee, einen ersten Ausflug in das Steampunk-Genre zu unternehmen, um Käufer aus dieser Ecke anzuziehen. Ein Bild aus dem Internet, das eine Steampunk-Version der Rüstung aus dem Film zeigte, feuerte Rainers Fantasie zusätzlich an (auch wenn “unser” Anzug dann anders aussah).

Die Handlung war schnell erdacht: Ein verbrecherischer Bastler sollte mit einem flugfähigen Panzeranzug die Bank of England berauben (da spielte auch der Anfang des Films The League of Extraordinary Gentlemen eine gewisse Rolle) und die Abenteuerer ihn dann aufspüren und fangen – mit der Option, den Anzug behalten zu können (ob wirklich jemand den Anzug an sich genommen hat, entzieht sich bislang allerdings unserer Kenntnis). Für den im März 2013 anstehenden nächsten London-Urlaub nahm sich Rainer vor, einen Abstecher zur Bank of England zu machen, um Lokalkolorit einzufangen sowie hoffentlich verwendbare Bilder zu erhalten.

Das Hauptproblem war der Anzug. Er sollte in der Welt des späten 19. Jahrhunderts pseudowissenschaftlich erklärbar sein und nachvollziehbar funktionieren. Das erwies sich als gar nicht so einfach. Mit ein wenig Recherche war klar, dass er eine Vanadiumpanzerung haben konnte und in einer Art Rucksack eine kleine Dampfmaschine hatte. Dann kam es zu einer Reihe von Berechnungen, die zu einem vagen Entwurf führten, und mit einem halbfertigen Manuskript flogen wir nach London.

Nachdem Rainer sowohl außer- als auch innerhalb der Bank seine Bilder gemacht (man findet sie im PDF auf den Seite 3, 6 und 10 bzw. in der Printausgabe auf den Seiten 37, 40 und 44) und sich im Laden der Bank mit Zusatzmaterial zu deren Geschichte versorgt hatte, saßen wir eines Abends im Hotel zusammen und besprachen die Details des Anzuges. Alexandra Velten, die ganz eindeutig mehr Ahnung von Physik hat als Rainer, verwarf einen Großteil der bisherigen Ideen und erstellte sogar die eine oder andere Konstruktionsskizze, wie so ein Anzug aufgebaut sein könnte. Ab diesem Moment lief der Rest des Abenteuers fast von allein. Spieldateninspirationen kamen aus GURPS Steampunk (Steve Jackson Games) und DragonMech (Green Ronin Press) – auch wenn die entscheidenden Anregungen zu den Spieldaten dann doch vom MIDGARD-Golem stammen … Die Informationen zu London sind Baedecker’s London and Environs von 1892 entnommen, die Details zu Londons Straßen (sowie der Kartenauszug auf Seite 14) der Ordnance Survey Map Bank & The City von 1873. Victor Stassow ist eine kleine Anspielung auf das Private Eye-Abenteuer Tiefe Wasser von Jan Christoph Steines; die Figur taucht dort in einer deutlich späteren Version auf. Und ja, Hiram Flaversham ist ein Bezug auf den Disney-Zeichentrickfilm Basil, der große Mäusedetektiv. Von Woking wüsste natürlich niemand etwas, wenn dort nicht bei H.G. Wells die Marsianer gelandet wären. Baseborn and Fowlingpiece ist eine ganz kleine Hommage an das Browserspiel Echo Bazaar. Die Vorstellung der Inheriten ist ein (leicht gekürzter) Vorabdruck aus dem Manuskript von Cabinett der Curiositäten und Mirakel.

Die Testspiele verliefen sehr positiv (wenn auch manchmal bemängelt wurde, es sei kein wirkliches Abenteuer, sondern eher eine verlängerte Begegnung), Lars Böttcher erstellte Karten, Alexander Huiskes lektorierte, Bettina Scholten gestaltete, und am 7. Uni 2013 um 11.03 Uhr stellten wir das fertige Abenteuer Der Dampfhammer (gleichzeitig unser Name für den Panzeranzug) für 4,95 Euro in unseren PDF-Shop ein. In der Tradition der bisherigen PDF-Abenteuer hat das Abenteuer kein eigenes Titelbild, sondern beginnt direkt mit dem Text.

Währenddessen hatten wir mit den Arbeiten an einem neuen Abenteuer zum kostenfreien Herunterladen begonnen. Rainer hatte schon lange vor, das von Elsa Franke verfasst Hügelgrab bei Caetherlach/Clydach, einer der ewigen Klassiker unter den MIDARD-Abenteuern, der uns durch jede Ausgabe dieses Rollenspiels begleitet hat, in einer 1880-Version herauszubringen (das gleiche hatte er schon seinerzeit bei PERRY RHODAN – Das Rollenspiel im Sinn, aber es kam ihm keine gescheite Idee, den Schauplatz in einen SF-Hintergrund zu verlegen). Die Genehmigung zum Nutzen des Textes sowie der ursprünglichen Pläne (von Klaus-Michael Bitzer) war schnell erteilt, und so konnte die Bearbeitung beginnen.

Wir hatten uns bewusst diesen Klassiker ausgesucht, denn kostenlose PDF-Abenteuer sind Kostenfresser, wenn sie ein gescheites Layout haben wollen (und nicht, sagen wir, die ärmliche Entschuldigung für ein Layout, die Rainer bei Im Dschungel von Zentralafrika mit Word gebastelt hatte). Die Gestaltung eines PDFs kostet uns ebenso viel wie die eines Druckabenteuers (es wird billiger durch den Wegfall der Druckkosten), also machen wir das nicht allzu häufig. Das Hügelgrab hat bei Spielern mehrerer Generationen einen wohlwollenden Eindruck hinterlassen, das erschien uns für unseren ersten eigenen ernsthaften Versuch passend.

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Wir überarbeiteten das Originalmanuskript dahingehend, dass wir es nach Südwales verlegten (da kennen wir uns aus) und mit der keltischen Urversion der Artuslegende verknüpften. Ausgangspunkt des Abenteuers ist jetzt Swansea, und dann geht es in die Hügel des nordwestlichen Gower, etwa 30 Kilometer nach Westen. Reynoldston gibt es wirklich (auch wenn wir nie dort waren – das von Lars Böttcher auf Google Maps gefundene Schild zur Rechten ist natürlich ein modernes; Rainer schrieb dazu am 20. September 2013: “Da hat der Eber aber ganz schönen Schaden angerichtet …”); es hat zur Zeit der Handlung ungefähr 100 Einwohner und lebt in erster Linie von der Landwirtschaft. Hinzu kommt ein wenig lokaler Artus-Tourismus – der gern im King Arthur Hotel übernachtet, von dem wir auch ein halbwegs zeitgenössisches Bild auftreiben konnten. Die Geschichte von Twrch Trwyth wurde nach Stories from Wales von Gwyn Jones nacherzählt, wobei die Cryffni sowie der Komet hinzugefügt wurden, um den Bezug zum Originalabenteuer zu erhalten. Durch die Leichen in der Fallgrube (Raum 1) sowie das dort zu findende Pferdekopfamulett stellten wir zudem eine Verbindung zur Bibliothekswelten-Kampagne her. Der Pathfinder Guide Gower, Swansea and Cardiff: Walks sowie die Ordnance Survey Map Swansea 1897 waren ungemein nützlich. Weitere historische Bilder von Swansea und Umgebung finden sich in Around Swansea: Photographic Memories von Tony Cornish (The Francis Frith Collection, 2000).

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Das Abenteuer lässt sich sowohl in einer „natürlichen“ als auch in einer „übernatürlichen“ Variante spielen. Im ersten Falle gibt es keinerlei übernatürlichen Elemente im Hügelgrab, und die Klassifizierung gemäß Dr. Horreums Plausibilitäts-Indikator liegt bei [1000]. In der „übernatürlichen“ Variante hat der Indikator den Wert [1220], und einige der Kreaturen im Grab sind tatsächlich nicht von dieser Welt bzw. die Überbleibsel finsterer Magie. Der Fließtext des Abenteuers enthält grundsätzlich nur die Beschreibungen der „natürlichen“ Variante. An den entsprechenden Stellen finden sich mit Das übernatürliche Hügelgrab betitelte Rundkästen, die die notwendigen Zusatzinformationen liefern. Die übernatürlichen Elemente wurden entweder der damaligen Version des Manuskripts von Cabinett der Curiositäten und Mirakel entlehnt oder (wie im Falle der an den Roman A Madness of Angels von Kate Griffin angelehnten Totenverträge der Leichen in Raum 8) später in dieses übernommen. Insofern sind hier keine Widersprüche zu den neuen Magieregeln zu finden.

Auch hier gingen Schreiben und Testspielen recht schnell. Mike Preuß übernahm das Lektorat, Lars Böttcher erstellte eine Umgebungskarte, und Bettina Scholten sorgte für die gestalterische Umsetzung. Wieder gibt es kein eigenes Titelbild. Das fertige Produkt kann hier heruntergeladen werden.

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Die Download-Zahlen der beiden Abenteuer waren überschaubar, und da schon lange kein Printprodukt mehr erschienen war, kam uns die Idee, während des Wartens auf diverse andere Projekte, die in verschiedenen “Flaschenhälsen” feststeckten, den Dampfhammer und das Hügelgrab unter dem Arbeitstitel Grabhammer mit leichten Ergänzungen drucken zu lassen. Dazu wurden die (um einige Tippfehler erleichterten) Originalabenteuer nahezu unverändert übernommen. Eine Einleitungsseite gibt nun Hinweise, wie man sie zumindest reisetechnisch miteinander verknüpfen und auch mit früheren Abenteuern in England (insbesondere Das Mädchen aus der Themse) verbinden kann. Damit diese Seite voll wurde, haben wir noch einen Auszug aus Alfred Brennekes Buch Alt-England von 1887 (eine sehr ergiebige Quelle) eingefügt. Neu sind zudem die kurzen Texte auf Seite 6 (ein Bericht über die Kometenschlacht) sowie Seite 34 (ein Auszug aus dem fiktiven Buch Der Dampfhammer! des Schurkens Jebediah Rock). Die London-Karte aus dem PDF-Dampfhammer kam auf die hintere innere Umschlagseite. die Karte von Glamorganshire (urprünglich Seite 27 des PDFs) auf die vordere.

Schon das neue Vorwort sagt auf Seite 4 zu den beiden Abenteuern: “Sie sind fast vollkommen frei von unseren größeren Kampagnenzusammenhängen ….”, was wir dann auch im Zitat auf der Umschlagrückseite (s. oben zu Beginn des Eintrags) mit einem leichten Augenzwinkern widerspiegeln.

Ein erneutes Außenlektorat fand nicht statt, Bettina Scholten erstellte die endgültige Satzversion. Das Cover (es ist die zweite Version; Alexandra fand die Bildauswahl für die erste scheußlich) zeigt auf einem Auszug der Karte des südlichen Großbritanniens oben das südwalisische Mumbles und darunter ein Bild von Arthur’s Stone (Maen Ceti auf Walisisch) bei Swansea, über das wir passenderweise eine Sichel gelegt haben; diese Bilder stellen den Bezug zum ersten Abenteuer her. Rechts davon zeigt das Cover eine (von Bettina nachträglich eingefärbte) Anzeige für eine Dampfmaschine sowie ein zeitgenössisches Bild der Bank of England, womit auch das zweite Abenteuer abgedeckt ist. Das aus dem Titelbild von Das Mädchen aus der Themse wiederverwertete Schiff symbolisiert die für das Spielen der Abenteuer nötige Schiffsreise.

In der Tat hat sich Von Hügelgrab und Dampfhammer besser verkauft als die beiden Einzelabenteuer zusammen, selbst wenn man die Download-Zahlen des kostenlosen Hügelgrabs einrechnet. Das war eine wertvolle Lektion für weitere Produkte.





Die Android-Soloabenteuer​


“Wir schreiben den Morgen des 9. Juli 1882 – ein Sonntag. Leider befindest du dich auf dem Weg zu einem Ort, an dem es alles andere als ruhig zugeht – du bist auf dem Weg nach Alexandria. An sich wäre das kein großes Problem, ist die alte ägyptische Hafenstadt am Mittelmeer doch stets ein interessantes Reiseziel. Allerdings gibt es dort derzeit aber diese leidigen Probleme mit dem Aufstand der Einheimischen unter diesem Aufrührer Arabi. Doch es hilft alles nichts – du musst in die Stadt!”

(der erste Absatz des Manuskripts des Soloabenteuers)



Nie davon gehört? Tja. Also, das war so …

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Im Spätsommer 2014 nahm Heiko Mosemann, Professor an der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik an der Hochschule Bremen, mit uns Kontakt auf. Er hatte gerade mit seiner Firma ByteVooDoo Soloabenteuer für Handys mit Android-Betriebssystem auf den Markt gebracht, und das, wenn man diesem Artikel Glauben schenken wollte (was wir taten), mit guten Erfolg. Und er wollte sein Sortiment um Abenteuer 1880 ergänzen. Da das klassische Rollenspiel sich bekanntlich schwer tut, jüngere Käuferschichten zu erreichen, waren wir durchaus interessiert. Lizenzgeberin Elsa Franke (die wir fragen mussten, da wir nicht eigenständig Sublizenzen vergeben dürfen) riet zur Vorsicht, wollte uns aber unseren Enthusiasmus nicht ausreden.

Wir vereinbarten ein Treffen auf der Spiel 2014 in Essen, das in angenehmer Atmosphäre sehr harmonisch verlief. Wir vereinbarten eine Serie von zusammenhängenden Abenteuern, und Heiko erhielt eine Ausgabe der Regeln, um sich in die Spielmechanismen einlesen zu können. Wir beschlossen, mit einer deutlich erweiterten Neuausgabe von Vor dem Donner der Kanonen zu beginnen, die sich parallel zur Bibliothekswelten-Kampagne entwickeln und letztlich mit dieser zusammenlaufen sollte – an der (immer noch zu schreibenden) Stelle, an der Clara Hochbruck mit ihrer Familie in Ägypten überwintern würde. Insofern sahen wir die App-Abenteuer auch als Teil unserer übergreifenden Gesamtplanung an. Wer die Gruppenabenteuer kannte, würde den einen oder anderen “Aha!”-Effekt erleben, ohne dass das für gänzlich neue Spieler störend wirken würde.

Schon bald kam von ByteVooDoo ein Statement of Intent, also ein Vorvertrag, der den Abschluss eines Vertrages vorsah, sofern bis zum 1. Apil 2015 das erste Abenteuer eingereicht würde. In Abschnitt 1 steht: “Dr. Rainer Nagel beabsichtigt, ein Abenteuer mit dem Arbeitstitel Vor dem Donner der Kanonen nach den Midgard 1880 Regel zu schreiben. ByteVooDoo entwickelt ein Autorensystem zur Erstellung interaktiver Abenteuer-Spiel-Bücher für Smartphones. Beide gehen eine Partnerschaft ein, die als Ziel die Erstellung von interaktiven Abenteuer-Spiel-Bücher für Smartphones und -Tablets hat.” Die versprochenen Konditionen klangen gut; sie ließen erwarten, dass recht schnell Gewinne eingefahren werden konnten. Also setzte Rainer Nagel sich im Ägypten-Urlaub 2014/15 hin und erweiterte das Abenteuer um einen eigenen Handlungsstrang, der eine Mini-Kampagne in Gang setzen sollte. Wir wählten einen anderen Einstieg als bei Sturm über Ägypten und schickten den Abenteurer im Auftrag von Dr. Richard Negesti (bekannt aus Heinrich Glumplers Abenteuer Der Apparat des Dr. Negesti) nach Alexandria, um Gerüchten über eine neue Fortbewegungsart nachzugehen

Am Ende umfasste Geheimsache Alexandria 585 Abschnitte auf 139 Textseiten, und wir waren zufrieden. Neben der Handlung um das Eindringen in die Stadt während der britischen Besetzung Ägyptens 1882 hatten wir auf Anregung von Alexandra Velten ein Konzept eingebaut, das ursprünglich für ein angedachtes Perry-Rhodan-Steampunk-Rollenspiel vorgesehen war: Die Ersetzung der PR-Mutanten durch Personen, die mit grenzwertigen Geräten experimentiert hatten, die ihnen übernatürliche Kräfte verliehen, aber sich auch mit ihrem Fleisch verbanden, was doch sehr unangenehm war. Eine solche Person, die teleportieren konnte (womit sich der Bezug zum einleitenden Auftrag auflöste), tauchte am Ende von Geheimsache Alexandria auf, und es war geplant, die damit zusammenhängenden Geheimnisse in späteren Android-Abenteuern zu lüften. Diese Idee war weit genug von den “üblichen” 1880-Elementen entfernt, um den ByteVooDoo-Veröffentlichungen ihren ganz eigenen “Touch” zu geben. Teil 2 sollte in einem Zug spielen (Rainer wollte sich an ein paar Ideen aus dem Film Snowpiercer anlehnen, ohne genau zu wissen, wie er das tun wollte), und letztlich wollten wir über Luxor nach Assuan. Es sollten vier mögliche Spielerfiguren zur Auswahl stehen – jene aus Abenteuer 1880 für Einsteiger (siehe oben). In Teil 2 wollten wir zudem eine Abenteurergruppe einbauen, die Sturm über Ägypten gespielt; nach einem entsprechenden Aufruf war Andrea Guhl so nett, uns etwas aus ihrer Kampagne zur Verfügung zu stellen.

Das fertige Manuskript ging in den Spieltest, und da wir Ende März/Anfang April in London in Urlaub waren und einer der Spieltester sich leider erst sehr spät (und auf Anfrage) daran erinnerte, dass er einen Spieltest hatte machen wollen, konnten wir das fertige Manuskript erst am 6. April 2015 abgeben. Die Reaktion war … verhalten. Unsere beigefügten Bilder gefielen nicht, sie sollten durch solche einer “begabten jungen Künstlerin” (deren Namen uns entfallen ist) ersetzt werden, die natürlich gegen Bezahlung erstellt werden sollten. Wir waren mit dem Stil der Zeichnungen nicht glücklich, aber wenn es denn half, jüngere Leser anzuziehen, wollten wir großzügig sein. Zudem wurden Musikstücke als unbedingt notwendig erachtet, die natürlich auch noch einmal Geld kosten sollten. Und auf einmal standen Beträge im Raum (insgesamt niedrig vierstellig), die wir zwar nicht hätten aufbringen müssen, die aber von den möglichen Gewinnen erst einmal abgezogen worden wären. Unter dem Strich hieß das, dass eine erschreckend hohe Anzahl von Apps hätte verkauft werden müssen, bis wir die ersten Erträge gesehen hätten. Rainer war nicht erfreut und ließ dies auch recht wortgewandt wissen.

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Danach passierte … nichts mehr. Es mag sein, dass ByteVooDoo den Arbeitsaufwand für die Implementierung der im Vergleich zur existierenden Produktpalette eher komplexen 1880-Regeln scheute (unsere Überziehung des Angabetermins hätte Heiko einen soliden Grund gegeben, den Vorvertrag nicht weiterzuverfolgen). Es mögen auch andere Gründe vorgelegen haben, denn ByteVooDoo verschwand Ende 2015 ziemlich abrupt von der Bildfläche: Der letzte Facebook-Eintrag datiert vom 14. September 2015, und die Firma hat keine Internetpräsenz mehr.

Wie dem auch sei: Wir sitzen jetzt auf 139 Textseiten mit 585 Soloabenteuer-Abschnitten und wissen nicht, wohin damit. Die Abschnitte sind noch chronologisch durchnummeriert, die Zahlen dienen nur zum Herstellen der Links – bei einer Veröffentlichung als App hätte das im Endprodukt ja keine Rolle gespielt. Sollten wir das in gedruckter Form oder als PDF herausbringen wollen, müssten wir das alles noch einmal komplett durcheinanderwürfeln, damit man nicht einfach weiterlesen kann. Vor diesem Aufwand graut uns derzeit sehr, zumal wir Dringenderes zu tun haben. Also werden wir Geheimsache Alexandria wohl als Steinbruch für andere Veröffenlichungen nehmen (zum Beispiel hier). Hätten wir mal auf Elsa gehört …





Die Drittauflage des Regelwerks


“Hier sind nun die Regeln der perfekten Schlachtensimulation, wie wir sie in einem ganz normalen Zimmer spielen.”

(H.G. Wells in Little Wars, 1913)



Ende 2015 wurde absehbar, dass die Zweitauflage gegen Ende 2016 ausverkauft sein würde. Also gingen Rainer Nagel und Alexandra Velten daran, sich mit einer Neuauflage zu beschäftigen. Von Bettina und Christian Hanisch kam der Wunsch, das Design von Grund auf neu zu entwickeln. Die Bearbeitung wuchs und wuchs (um J.R.R. Tolkien zu paraphrasieren), bis sie schließlich von einer leichten Überarbeitung mit Ausmerzung von Fehlern zu einer Neuauflage mit neuer ISBN gewachsen war. Am Ende dieser Entwicklung stand eine großzügigere Gestaltung mit mehr Illustrationen (85 statt der bisherigen 65) und erneut einem neuen Titelbild. Zusätzlich erhielten die sieben ausgearbeiteten Beispielfiguren Illustrationen von Alexander Huiskes. Das fertige Regelwerk ging an vier aufmerksame Testleser, die in mehreren Wochen harter Arbeit noch eine Reihe von Problemen und Fehlern fanden, die in nicht minder harter Arbeit in das bereits gesetzte Produkt eingearbeitet werden mussten.

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Die neue Auflage bietet auf ihren nun 140 Seiten eine behutsame “Überarbeitung” der Zweitauflage von 2010. Es wurden nochmals Regeln gestrafft und andere hinzugefügt, die den Spielablauf beschleunigen sowie den Spielspaß erhöhen sollen – zum Beispiel die von Dungeons & Dragons inspirierten Regeln für die automatische 10 und die automatische 20. Insbesondere wurden die von den Spielleiterinnen und Spielern immer noch als zu lang empfundenen Lernzeiten ein weiteres Mal halbiert – und zudem als optional erklärt. Die von vielen Spielern als nur schwer umsetzbar empfundenen Regeln zum Abrichten haben wir zu einer nun deutlich einfacher handhabbaren Komplexen Anwendung der Fertigkeit umgeschrieben. Wir sind auch ein wenig großzügiger geworden, was die Erhöhung der Ausdauerpunkte angeht. Einige wichtige Regelelemente, die in den Publikationen seit 2010 eingeführt worden sind, wurden aufgenommen – da hat sich in fünf Jahren einiges angesammelt.

So stammen der Diener und der Einheimische aus dem Zusatzregelband Doctor Nagelius’ Wohlfeile Handreichungen. Beide setzen sich dadurch von den bislang existierenden Abenteurertypen ab, dass sie einem anderen sozialen oder kulturellen Umfeld entstammen und sich, von Ansehen und Stellung her, vom Rest der Gesellschaft unterscheiden. Ihr Einsatz im Spiel ist also mit ein wenig Vorsicht zu behandeln, da sie die soziale Dynamik innerhalb einer Gruppe durcheinanderbringen können. Ganz neu hingegen ist der Abenteurertyp des Gelehrten, für den Wilhelm von Humboldt und Abraham van Helsing Pate gestanden haben. Der Seefahrer letztlich basiert auf dem Handelsfahrer aus den Handreichungen, wurde aber grundlegend überarbeitet. Die Zusatzregeln zur Statur entstammen dem Abenteuer Der Dampfhammer. Aus den Handreichungen wurden zudem die Fertigkeiten Handwerk, Skifahren sowie Lasso übernommen, die Armbrust taucht zum ersten Mal in Das Mädchen aus der Themse auf; Linguistik hat eine Ergänzung erhalten, zu Maschinenwesen und Mechanik gibt es jetzt ein ergänzendes Beispiel, wie man Autos bauen kann. Hinzu kommen Himmelskunde, Landeskunde, Lehren, Mathematik und Meditation als neue Fertigkeiten. Neu sind zudem die Daten für das Scharfschützengewehr. Die Idee, Wörterbücher zum Entziffern von Texten benutzen zu können, taucht zum ersten Mal in Sturm über Ägypten auf, die Regeln zum Schreiben von Büchern debütierten in Das Mädchen aus der Themse. Und wir haben Dr. C. Horreums Plausibilitäts-Indikator zu einem festen Bestandteil der Regeln gemacht.

Wir haben den Text aber auch inhaltlich an vielen Stellen bearbeitet. Von Testlesern als störend empfundene Hintergrundpassagen in Regeltexten (insbesondere Fertigkeitsbeschreibungen) haben wir in Geschichtskästen verschoben, damit schneller klar wird, was Regelmechanismus ist und was schmückendes Beiwerk. Auf Wunsch einer Testleserin wurden auch viele Passagen “entschärft”, die sich mit “gutem Rollenspiel” befassen und die wir 2010 direkt aus der Erstauflage übernommen haben. Um 1994 herrschte in der deutschen Rollenspielszene der Trend, dass “gutes” Rollenspiel bedeutet, dass man, insbesondere bei der Anwendung sozialer Fertigkeiten, möglichst viel selbst am Tisch ausspielt und durch Abzüge auf den Würfelwurf “bestraft” wird, wenn man das nicht tut (wir erinnern uns noch gut an wilde Diskussionen in diversen Magazinen über die Freuden und Gefahren des “freien Rollenspiels”). Hier sind wir dazu übergegangen, durch Zuschläge zu “belohnen”, wenn Geschehnisse ausgespielt werden – nicht jeder Rollenspieler sieht sich als heranreifenden Schauspieler.

Ein Beispiel hierzu: In der Beschreibung der Fertigkeit Verführen steht auf Seite 78 der Zweitauflage: “Einem gedankenlos agierenden Spieler, der sich nur auf den Würfel verlässt, sollte der Erfolgswurf durch Abzüge deutlich erschwert werden, während er für eine besonders originelle Werbung mit Zuschlägen rechnen kann.” Die Drittauflage hat an dieser Stelle nun (Seite 91): “Die Spielleiterin kann der Situation angemessenes Rollenspiel durch Zuschläge belohnen.”

Und ja, wir haben an der Spielleiterin festgehalten. Zwar kam der Vorschlag, das Wort durch den “zeitgemäßeren” Begriff die Spielleitung zu ersetzen, abe da fiel uns Wilhelm I. ein, der 1871 vor der Kaiserkrönung zu Versailles fragte: “Soll ich denn im Deutschen Reich ein reiner Grüßaugust sein, ein Neutrum?” Und ebenso wie Wilhelm II. bei der Rechtschreibreform von 1901 durchsetzen konnte, dass seinem Thron nicht das h weggenommen wird, haben wir beschlossen, dass unsere Spielleiterinnen zwar durchaus auch Männer sein dürfen, aber ganz sicherlich keine Neutren sind.

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Neu in gestalterischer Hinsicht ist die Idee der beiden “Vorsatzseiten” mit einem großformatigen, zum Thema eines Kapitels passenden Bildes sowie einer Eröffnungsseite mt einem Zitat und einem einführenden Absatz. Das Titelbild erzählt diesmal nicht, wie das der Zweitauflage, seine eigene kleine Geschichte, sondern ist näher an der ursprünglichen Idee des Kompositcovers mit diversen kleinen Vignetten, die Elemente des Spiels betonen. Und so sehen wir auf einem Auszug der Eisenbahnkarte Europas, die Dr. Nagelius’ Miszellen beilag, mit Königin Viktoria und Otto von Bismarck die beiden beherrschenden politischen Figuren der Epoche (Rainer liebt das Werbebild zum Bismarck-Senf). Die Pyramiden von Giseh verkörpern das Element der Reisen an exotische Orte, der Zug links unten verstärkt das Reisemotiv. Die rote Dame rechts unten erklärt sich daraus, dass beide Redaktionsmitglieder überzeugte Sozialdemokraten sind (und die Sozialdemokratie ja in dieser Epoche entsteht, was wir nicht zuletzt in Die Tiefen der Elbe beleuchten werden). Der Krake, der sich links oben ein Schiff greift (eine zeitgenössische Streichholzschachtel), steht für das Übernatürliche. Das neue Logo der Reihe wurde von Bettina und Christian Hanisch gestaltet, die auch die ganzen Einzelelemente zu einer Komposition verbanden und die Buchklappenstruktur entwarfen. Die vorgefertigten Spielerfiguren des Jason-Bundes erhielten neben einer leichten Überarbeitung zur Berücksichtigung insbesondere der neuen Fertigkeiten Illustrationen von Alexander Huiskes; diese drei Seiten aus dem Regelwerk kann man oben auf dieser Seite herunterladen.

Grundsätzlich haben wir uns bei den Regeln der Drittauflage etwas stärker von MIDGARD gelöst und gehen seitdem bei vielen Regelmechanismen unsere eigenen Wege (und seitdem heißt das Spiel auch nur Abenteuer 1880 und nicht mehr MIDGARD Abenteuer 1880 oder MIDGARD 1880, gleichwohl wir das alte MIDGARD-1880-Logo aus Gründen der Verbundenheit weiterhin führen). Man sollte also nicht zwingend davon ausgehen, dass eine Handlung bei 1880 auf gleiche Art und Weise verläuft wie bei MIDGARD, da uns insbesondere mit der Komplexen Anwendung von Fertigkeiten, den Hilfsfertigkeiten sowie der automatischen 10 und 20 andere Mittel zur Verfügung stehen. Auch haben wir mit der Jahrzehnte alten MIDGARD-Tradition gebrochen, dass Abenteurer nichts von ihren Gefährten lernen können, indem wir die Fertigkeit Lehren eingeführt haben (was völlig überraschender Weise Rainers Beruf als Lehrer geschuldet ist). Denn wie schrieb schon 1846 der französische Historiker Michelet: „Der Mann, der sich in Frankreich die größten Verdienste erworben, der am elendsten lebt und den man völlig vergisst, ist der Schulmeister.“

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Wann immer es beim Nachdruck eines Regelelements aus einer früheren Publikation Widersprüche zum Original gibt, haben die Regeln im neuen Band natürlich Vorrang. Die Drittauflage ergänzt die Zweitauflage an vielen Stellen, die beiden Ausgaben sind allerdings vollständig miteinander kompatibel; es wird keine Konvertierung bestehender Figuren oder Abenteuer notwendig.

Auch zur Drittauflage gab es eine zwölfseitige Broschüre, die die Änderungen und Ergänzungen zusammenfasste, diesmal allerdings aus den genannten Gründen ohne Konvertierungshilfe; sie ist hier als PDF verfügbar. Und wir haben später einen Sichtschirm für die Drittauflage erstellt, der auf dem für die Zweitauflage aufbaut, aber die nötigen Ergänzungen für die Drittauflage vornimmt und auf deren Layout umgestellt wurde. Er ist nur als PDF verfügbar – sieht man davon ab, dass wir eine einmalige Druckauflage für die Luxusausgabe der Regeln von 2018 haben anfertigen lassen. Hier gibt es das Datenblatt aus dem Regelwerk zum Herunterladen – und darüber hinaus ein viel schöneres, zweiseitiges in Farbe von Thomas Richter.

Und letztlich gibt es auch eine Reihe von Errata zur Drittauflage.





Adel verpflichtet​


“Gäbe es Österreich nicht, müsste Europa es erfinden.”

(der böhmische Historiker Palacký)



Es muss schon ziemich bald nach unserer Übernahme der 1880-Lizenz gewesen sein, wohl noch Ende 2010 (Teile des Mailaustauschs zum Thema vor 2012 sind uns irgendwie verlorengegangen), dass Dieter Fuchs aus München (den wir dank einer sehr fruchtbaren Zusammenarbeit bei PERRY RHODAN – Das Rollenspiel kennen und schätzen gelernt hatten) darauf ansprach, ob wir nicht Interesse an einem 1880-Quellenband zum Thema Österreich-Ungarn hätten. Zu diesem Zeitpunkt war das PR-Rollenspiel eingestellt (es kam später noch einmal zu einer kurzfristigen Renaissance beim Münchener GamesIn-Verlag, aber das gehört jetzt nicht hierher), und Dieter, der Österreich liebt und dort gern Urlaub macht, hatte freie Kapazitäten.

Wir hatten Interesse und schickten Dieter unsere Vorstellungen, wie ein Länder-Quellenband für 1880 aussehen sollte, sowie einen Link zu Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage, 1885-1892 zwecks zeitgenössischer Informationen. Dieter ging an die Arbeit, und Rainer harrte der Dinge, die da kommen sollten. Hintergrund unseres Interesses war zum einen, dass Quellenbücher sich immer gut verkaufen (besser als Abenteuer, wenn auch schlechter als Regeln) und ein Band zu Österreich-Ungarn auf dem deutschen Markt praktisch konkurrenzlos sein würde (deshalb auch unser Interesse an einem späteren Folgeband zum Balkan, der wäre ähnlich konkurrenzlos und auch inhaltich stimmig passend, allerdings vom Thema her nicht ganz so attraktiv wie die glamouröse Donaumonarchie).

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Dieter war schnell, und monatlich kamen neue, aktualisierte Versionen des Textes. Rainer war nicht minder fleißig und verfasste Ergänzungen. Die früheste davon ist ein Beitrag zur Geschichte von Österreich-Ungarn vom 14. Mai 2011, eine andere trug den Titel “Details zu Reisen in Österreich” und stammt vom 2. Juni 2012. Und so wuchs das Quellenbuch und wuchs, und bald war abzusehen, dass dieses Projekt noch ambitionierter werden würde als die Miszellen – unser erster Band als Hardcover. Projektiert war ein Umfang von ungefähr 250 Seiten, am Ende wurden es 268. Mit einer vorläufigen Gliederung vom 8. Februar 2013 sowie der Datei “Planung II” vom 24. Oktober 2013 hatte der Band im Großen und Ganzen die inhaltliche Gliederung erfahren, die man im fertigen Produkt sieht.

Dieter war ein gründlicher Arbeiter mit einem unerschütterlichen Vertrauen in seinen Herausgeber. Oft enthielten seine Manuskripte Anmerkungen wie “Damit bin ich noch unzufrieden.”, “Das ist noch unvollständig.” oder “Zu kurz.”, markiert in diversen Farben. Die entsprechenden Lücken durfte dann Rainer schließen. Ein Beispiel für ein solches Teilmanuskript sehen wir hier in seiner Originalform: den Text zu Legenden und Mythen. Er sah dann in seiner über den Band verteilten Endform, die sich auch Auszügen aus dem Manuskript von Cabinett der Curiositäten und Mirakel bediente, ein wenig anders aus … Zudem konnten wir mit Christiane Spath eine zuverlässige Mitarbeiterin gewinnen, die den Beitrag zu den Habsburgern, die Beschreibung von Prag sowie einige kleinere Texte erstellte. Am Ende einigten wir uns darauf, dass 60% des Bandes von Dieter, 30% von Rainer und 10% von Christiane sind – das war wichtig für die spätere Berechnung der Autorenzahlungen.

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Im Jahre 2014, als sich langsam die Fertigstellung des Manuskripts abzeichnete, fasste Rainer einige notwendige Informationen aus dem Einleitungskapitel, die Beschreibung des Herzogtums Salzburgs sowie den Text zur gleichnamigen Stadt zu einem Artikel mit dem Titel Das Herzogtum Salzburg zusammen, der auf fünf Seiten im Layout von Carsten Grebe in Dausend Dode Drolle 27 erschien. Diese Vorabveröffentlichung führte zu wilden Protesten eines leibhaftigen Österreichers, der uns vorwarf, der Artikel wäre voller Fehler und es sähe in Salzburg ganz anders aus. Und die Namen wären oft falsch. Es war gar nicht so einfach, ihm klarzumachen, dass sich Österreich vor 140 Jahren eher anders darbot als heute und dass die heutigen Grenzen eines Bundeslandes nicht zwingend mit denen von 1880 übereinstimmen müssen (von Sachverhalten wie den kontinuierlich wechselnden Bezirksaufteilungen der Stadt Wien ganz zu schweigen). Wir haben diesem Spieler dann unausgesprochen folgenden Satz in der Einleitung von Adel verpflichtet (Seite 6) gewidmet: “Bei den Orts- und Personennamen haben wir uns bemüht, uns auf die seinerzeit geläufige Hauptform aus der Sicht der Bewohner der Donaumonarchie zu konzentrieren.”

Während wir die Bilder zur Illustration aussuchten, gaben wir zugleich einige Karten und Pläne in Auftrag. Lars Böttcher fertigte eine funktionale Übersichtskarte der Donaumonarchie an, die zugleich so gestaltet werden sollte, dass die 19 behandelten Einzelregionen in ihren Umrissen separat verfügbar waren, um die jeweiligen Kapitel einzuleiten; diese Aufgabe hat Lars mit Bravour gelöst. Rainer hatte im Bildatlas zur Geschichte Österreichs von Wihelm J. Wagner (2011) auf Seite 175 eine brillante Übersichtsdarstellung der Organisationsstruktur des Reiches gefunden, die er unbedingt unterbringen wollte, aber aus Copyrightgründen nicht konnte. Also bat er zwei seiner Schüler (Sophie Marstatt und Valentin Posautz), ihm dieses Schema leicht ungenau und mit kleinen Fehlern abzuzeichnen, damit er sie als Schülerarbeit der Zeit ausgeben konnte. Die beiden erstellten die Zeichnung auf kariertem Papier, was zu etwas hektischer Recherche führte, ob es das denn damals überhaupt schon gab. Es gab es (wenn auch noch nicht lange) und war teuer, aber da Rainer an einer Privatschule unterrichtet, passte das ja. Das Ergebnis (im Layout durch einen Füllfederhalter und einen Tintenklecks kongenial abgerundet) kann man auf Seite 28 von Adel verpflichtet bewundern. Die wiederum von Lars Böttcher erstellte Bevölkerungskarte auf Seite 55 setzte Rainer dann gar im Geschichtsunterricht ein, um zu testen, ob sie verständlich war (sie war und führte im Vergleich mit einer Ethnienkarte des Deutschen Reichs aus dem Schulbuch zu einer interessanten und lehrreichen Unterrichtsstunde). Und Solange Richter, ebenfalls eine Schülerin, steuerte die Zeichnung von Dracula auf Seite 232 bei; sie ist im Original ein Gemälde im Format 60 x 60 Zentimeter, das als Kreativaufgabe für ein Lesetagebuch während der Lektüre des gleichnamigen Romans in der 9. Klasse entstand (und mittlerweile eine von Rainers Wohnzimmerwänden ziert).

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Nach dem wie immer gründlichen Lektorat von Martin Asbach ging das Manuskript im März 2015 in den Satz (nachdem wir eine Satzversion vom Februar noch einmal hatten überarbeiten müssen, als wir die sechs – von Thomas Langner lektorierten – Seiten mit Kurzspieldaten für Die Bewohner der Monarchie nachreichten). Während Bettina Hanisch an der Gestaltung arbeitete, stellten wir die Komponenten des Titelbilds zusammen. Es zeigt auf einem Kartenauszug der Donaumonarchie den Kaiser (ohne den ging es nicht) bei einem Hofball, zur Betonung der Wichtigkeit der Donau sowie des entstehenden Massentourismus ein Werbeplakat für die Donaudampfschfffahrtsgesellschaft, die Stefanskirche in Wien als bekanntes Wahrzeichen, das Staatswappen und die kombinierte Handelsflagge. Für die Umschlaginnenseiten wählten wir ein Motiv der jungen kaiserlichen Familie sowie einen Bilderreigen von Franz Joseph I. im Lauf seines Lebens aus. Und wir gingen auf die Suche nach den Motiven für die Posterkarte, die wir beilegen wollten. Diese sollte auf einer Seite einen Stadtplan von Wien und auf der anderen eine Übersichtskarte von Österreich-Ungarn zeigen. Der Stadtplan von Wien entstammt letztlich Baedeker’s Österreich-Ungarn von 1898 (wozu Rainer den Bücherscanner der Universitätsbibliothek der Johannes Gutenberg-Universität Mainz benutzen musste), während die Karte des ganzen Landes nach langer Suche – Rainer stand kurz davor, den Wiener Verlag Freytag & Berndt in Wien wegen seiner schönen Karte Österreich-Ungarn 1914 anzuschreiben und um die Nachdruckrechte zu bitten, nachdem man ihm dies bei einem Besuch des Ladengeschäfts dieser Firma 2016 in Wien empfohlen hatte – schließlich dem Buch Landeskunde von Österreich-Ungarn von Dr. Alfrend Grund von 1905 entnommen wurde (die war rechtefrei). Als neues Gestaltungselement kam zudem die einleitende Doppelseite mit verschiedenen Zitaten über Österreich-Ungarn hinzu – eine Praxis, die wir auch in späteren Quellenbänden beibehalten werden.

Es dauerte wie immer ein wenig, bis alles fertig war (diesmal sogar mit einer ganzseitigen Version der Burg auf Seite 3), und als dann alles fertig war, waren am Ende zwei Seiten frei. Das muss ja nicht sein. Ursprünglich hatte Rainer die Idee, eine Art Index zur regionalen Figurenerschaffung zu erstellen, in dem für jede Region angemessene Fertigkeiten und Vorzüge bzw. Mängel gemäß der Handreichungen aufgeführt werden wollten, aber der zündende Funke, wie wirklich alle Regionen angemessen vertreten sein konnten, wollte sich einfach nicht einstellen. Also stellte er statt dessen einen Personenindex zusammen, was bei einem Werk von diesem Umfang sicherlich nicht schaden kann. Eine weitere Freiseite hatten wir bereits mit einem Datenblatt gefüllt; hier gibt es zudem ein zweiseitiges in Farbe von Thomas Richter.

Seitens der Druckerei kam es zu den üblichen Rückfragen, von denen die, in welcher Richtung die Posterkarte gefaltet werden sollte, noch die einfachste war. Schwieriger war die Sache mit den Lesebändchen. Drei sollten es sei, und die in den Farben der Doppelmonarchie. Klang einfach, dachten wir – bis die Auwahldatei der Druckerei zwecks Bestimmung der genauen Farbtöne bei uns eintraf. Wer hätte gedacht, dass es so viele verschiedene Versionen von “rot” und “grün” gibt …

Als das alles erledigt war und wir die Druckfreigabe erteilt hatten, warteten wir. Die Druckerei hatte versprochen, sich zu melden, wenn sie die Bücher mit der Spedition bei Alexandra Velten (bei der wir unser Lager haben) anliefern lässt. Es kam aber keine Mitteilung. Dafür kamen die Bücher, ganz unangekündigt. Stellen wir uns folgende Situation vor: Rainer sitzt in seinem Büro, es ist ein Dienstag, so gegen halb 6, und bereitet sich auf seinen Kurs zur Aussprache des Englischen, von denen er pro Semester als nebenberufliches Hobby zwei abhält. Da vermeldet Alexandra, dass “jemand” in ihrer Abwesenheit eine Palette voller Kisten unter ihren Carport gestellt habe, sie also jetzt nicht mit dem Auto in den Hof fahren könne. Also brach Rainer nach seinem Kurs um 20 Uhr auf und war dann bis 22 Uhr damit beschäftigt, 60 Kisten zu je 15 Kilogramm ins Lager zu schaffen (bzw. einige davon in sein Auto, um die Vorbestellungen abarbeiten zu können). Die Freude war groß. Die Druckerei stellte ein ernstes Wort mit der Spedition in Aussicht und versprach, nun ganz wirklich immer mitzuteilen, wenn die Spedition die Ware abholt.

Danach beruhigte sich die Welt wieder. Die Vorbestellungen wurden versandt, die Händler beliefert, das Buch verkauft sich gut. Es haben sich einige (wenige) Errata angesammelt, die wir hier zusammengetellt haben. Die Tatsache, dass Dieter Fuchs nun Nadine Fuchs ist, war uns wichtig genug, nach Absprache mit ihr jedem Buch eine entsprechende Mitteilung beizulegen. Wir hatten uns Ende 2015 ein wenig aus den Augen verloren, so dass wir das gar nicht mitbekommen hatten.

Und so endet einstweilen die Geschichte unseres bislang ambitioniertesten Projekts. Bis zum nächsten Mal – sowohl die Neuauflage des Compendiums als auch das Cabinett der Curiositäten und Mirakel werden wohl noch dicker werden. Und Adel verpflichtet ist das Grundmuster, an dem sich weitere Länder-Quellenbücher zu orientieren haben werden.





Die Luxusausgabe


„Diesmal aber wurde unsere Kühnheit mit vollständigem Erfolge gekrönt.“

(Aus Drei Monate in der libyschen Wüste von Gerhard Rohlfs)



Im Jahe 2018 haben wir auf Wunsch vieler Spieler eine “Luxusausgabe” im Hardcover herausgebracht, “damit die Regeln auch mal was hermachen”. Inhaltlich ist diese Ausgabe nahezu unverändert, aber einige Änderungen hat es doch gegeben. Natürlich haben wir die zu diesem Zeitpunkt bekannten Errata zur Drittauflage eingearbeitet. Vorangegangen war eine Subskriptionsphase, die durch eine Anzahl von 50 festen Vorbestellungen dafür sorgen sollte, dass wir das Produkt auch wirklich in Angriff nahmen; am Ende der Subskription waren es 71 Vorbestellungen, das war ordentlich.

Die einzige wichtige Änderung liegt in der Einführung der neuen Fertigkeit Lippenlesen (der schweren Herzens das Bild von Isambard Kingdom Brunel zum Opfer fiel, den wir eigentlich sehr schätzen).

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Hinzu kommt eine klare (und diesmal konsequente) Trennung der Verwendung der Begriffe “Fähigkeit” und “Fertigkeit”. Als Fertigkeit bezeichnen wir Kenntnisse oder Wissen, die eine Spielerfigur durch Ausbildung erworben hat. Sie können im Spielverlauf erlernt und gesteigert werden. Auch die universellen Fertigkeiten (s. Buch der Regeln, S. 27 und 64) bezeichnen wir als Fertigkeiten, zum einen, da sie „reduzierte“ Versionen von Fertigkeiten gleichen Namens sind, zum anderen, da die „Vollversionen“ ebenfalls im Spielverlauf erlernt und gesteigert werden können. Eine Fähigkeit hingegen ist nie steigerbar; sie beruht nicht auf Ausbildung, sondern auf angeborenem Talent. Wir bezeichnen mit dem Begriff also die angeborenen Fähigkeiten von Spielerfiguren (s. Buch der Regeln, S. 22) sowie die Sinne (s. Buch der Regeln, S. 64).

Die Luxusausgabe (die als Extras noch die einzige jemals verfügbare Druckversion des Spielleiterschirmes der Drittauflage, eine zweiseitige Zusammenfassung der Abenteurererschaffung sowie eine satirische Posterkarte Europas um 1900 enthielt) ist zwar mittlerweile ausverkauft, aber die in unserem PDF-Shop erhältliche elektronische Version des Regelwerks bildet den Text der Luxusausgabe ab, ist also so aktuell, wie es nur geht.

Die Gestaltung durch Bettina und Christian Hanisch war erfreulich einfach, nachdem klar war, wie sich der Hardcover-Einband in der Größe vom dem des Softcovers unterschied. Wir hatten kurz andiskutiert, den Spieleriterinnenschirm auf deutlich dickerer Pappe zu drucken (wie beim aktuellen MIDGARD-Schirm der 5. Auflage), aber dem schob die Druckerei einen Riegel vor, da sie nur bis zu einer bestimmten Papierstärke drucken kann. “Meine Druckerei kann das”, sagte Elsa Franke hilfreich, “aber du willst nicht wissen, was das gekostet hat.” Der Schirm wurde gegenüber dem bereits online erhältlichen leicht bearbeitet, um Wünschen der Druckerei nachzukommen.

Zum ersten Mal arbeiteten wir mit einem Hashcode, der den Käufern durch einen in das Buch eingeklebten Aufkleber kostenlos die PDF-Ausgabe der Regeln zugänglich machte. Gleichzeitig wurde ein zweiter Aufkleber entworfen, auf dem die genau 100 Exemplare des Regelwerks durchnummeriert wurden. Die Aufkleber erstellte die Druckerei auf Grundlage zweier Excel-Dateien; ihre genaue Anbringung führte zu einigen Diskussionen. Und wir waren erneut erstaunt, als uns die Druckerei ihre Farbmuster für die drei Lesebändchen schickte; wer hätte gedacht, dass es auch so viele verschiedene Gold-, Silber- und Bronzetöne gibt …?

Immerhin lieferte die Druckerei die Palette diesmal nicht unangemeldet an Alexandras Carport, doch schaffte es die deutsche Spedition, die Auslieferung um fast zwei Wochen zu verzögern; Druckerei und Spedition schoben sich erst gegenseitig und dann uns die Schuld zu. Das alles verhinderte den geplanten Versand in den Herbstferien, und so musste Rainer im Verlauf der folgenden Wochen die 100 Exemplare in Schüben eintüten und zur Post bringen. Immerhin war die Auflage durch Vorbestellungen und Belegexemplare komplett ausverkauft, so dass keine Lagerhaltung mehr anfiel.

Alles in allem war die Luxusausgabe eine runde Sache, wenn auch knapp kalkuliert und ohne großen Gewinn. Aber der wird sich im Laufe der Zeit durch die PDF-Abverkäufe nachträglich einstellen (die ursprünglichen Kosten des Regelwerks samt der ersten PDF-Version sind längst eingespielt).

Auch hier gilt: Die Regeln der Luxusausgabe (bzw. des auf ihr basierenden Kauf-PDFs) brechen bei Widersprüchen Regeln aus der Drittauflage. Das ist aber diesmal eher Kleinkram.





Das Spiel des Schicksals​


„Und passend zu der Idee eines Feiertages bestand er darauf, dass wir nach dem Essen Karten spielten.“

(der Erzähler in War of the Worlds von H.G. Wells)



Unser Herausgeber Rainer Nagel war schon seit jeher (also seit 1990) ein großer Freund des Multi-Genre Rollenspiels TORG (seinerzeit von West End Games veröffentlicht, heute in einer gründlich bearbeiteten Version als TORG Eternity bei Ulisses Spiele), das ihm wegen seiner epischen Breite sowie seiner innovativen Regelmechanismen sehr zusagte, was zu einer über ein Jahrzehnt laufenden Kampagne führte. Eines dieser Regelelemente war das Drama Deck, eine Sammlung von 180 Spielkarten, mit denen Spieleffekte geregelt wurden und über die die Spieler direkt in das Geschehen eingreifen, ja sogar ein Abenteuer um eigene Elemente bereichern konnten. So etwas mag Rainer. Und so dachte er sich im Sommer 2014, das müsse sich doch auch für Abenteuer 1880 umsetzen lassen.

Nach einem ersten (und nicht konsequent durchdachten) Versuch, TORG-Elemente in Form der erweiterten Nutzung von Schicksalsgunst einzubauen, ging Rainer daran, das Drama Deck für 1880-Zwecke zu adaptieren. Schnell stellte sich heraus, dass das nicht ganz so einfach war wie gedacht, denn die TORG-Karten sind ein integrierter Bestandteil des Regelwerks und steuern nicht zuletzt auch die Initiative sowie das Abhandeln komplexer Fertigkeitsanwendungen in entscheidenden Situationen. Dafür hatten wir aber bereits Regeln – das Spielsystem war ja ohne die Notwendigkeit von Karten konzipiert worden. Und die Karten sollten eine optionale Ergänzung sein, ohne das ganze Spielsystem auf den Kopf zu stellen (das wäre auch beim Schreiben künftiger Abenteuer problematisch geworden). Also musste die direkte Einbindung in die Spielmechanik wegfallen.

Was blieb, war die Idee des stärkeren Einflusses auf das Spielgeschehen. Nach einigem Hin und Her einigten sich Rainer und Alexandra Velten auf ein System, das auf vier Kartentypen aufbaut, die sich allesamt an ihren Entsprechungen bei TORG orientieren: Aktionskarten, Handlungskarten, Hilfskarten und Nebenhandlungskarten. Aktionskarten wirken sich auf einen Würfelwurf aus; Handlungskarten erzielen zusätzliche Spieleffekte; Hilfskarten gewähren dem Spieler Unterstützung von außen; und Nebenhandlungskarten ermöglichen das Bereichern des Abenteuers um eigene Ideen. Funktion und Auswirkung der beiden letzten Typen obliegen letztlich der Entscheidung der Spielleiterin, die ersten beiden Kartenarten hingegen nicht.

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Auch ein grundsätzliches Kartenlayout war schnell erdacht: Die Karten sollten eine Nummer haben, um sie beispielsweise schnell niederschreiben zu können. Ein aussagekräftiger Titel musste her, und der Kartentyp sollte auf den ersten Bick erkennbar sein, also am besten durch ein Bild. Der Hauptteil der Karte wäre die Spielwirkung, und aus Atmosphäregründen sollte jede Karte mit einem passenden Zitat abgerundet werden. Manche Karten sollten öfter vorkommen als andere (zum Beispiel sollten Karten, die +2 auf einen Würfelwurf geben, häufiger sein als Karten, mit denen man Informationen erhalten kann, während die Nebenhandlungskarten in der Regel Unikate sind, damit das Abenteuer nicht durch eine Vielzahl ähnlicher Nebenhandlungen zerfasert wird), und hier hatte Rainer von Anfang an den Ehrgeiz, Karten mit gleichen Titeln und somit Spielwirkungen zumindest unterschiedliche Zitate zu geben. Rechts sehen wir die Endversion einer Karte; die Rückseite folgt weiter unten.

Das erste Regelwerk bemühte sich, die grundlegenden Mechanismen zum Erhalten, Ausspielen und Nachziehen von Karten an die bewährten TORG-Vorlagen anzulehnen und diese nur dann abzuändern, wenn es die grundlegend andere Struktur von Abenteuer 1880 unbedingt nötig machte. Das war vergleichsweise einfach. Die größte Ergänzung war die Anbindung des Kartenflusses an Akte und Szenen. Dazu bemühte sich Rainer um die nachträgliche Definition dieses Konzeptes, die er mit Beispielen aus Das Mädchen aus der Themse (das war damals aktuell, aber nicht mehr so neu, dass jeder Satz ein Spoiler werden würde) zu illustrieren. Grundsätzlich ist ein Akt ein Kapitel eines Abenteuers (in unseren Produkten in erster Linie daran erkennbar, dass der Überschrift ein Zitat folgt, was bei uns die Gliederungsebene 2 ist), während alle anderen Überschriften (unsere Gliederungsebenen 3 und ggf. 4) einzelne Szenen sind. Beim Planen eigener Abenteuer gilt: Begibt sich die Handlung an einen neuen Schauplatz oder kommt ein neues Element hinzu, beginnt eine neue Szene; Kämpfe gelten grundsätzlich als eigene Szenen, da sie zeitaufwändig sind und Ressourcen ziehen. Das klappt meist auch ganz gut.

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Nun suchte Rainer ein paar Bilder aus, bastelte ein 24-seitiges Regelwerk in schauerlichem Word-Layout und erstellte die Karten zu Spieltestzwecken in einem nicht minder schauerlichen Word-Format (man beachte den nicht unerheblichen Unterschied zur fertigen Karte weiter oben). Die Testkarten waren also eher … unanschaulich (so stand an der Stelle des Symbols ein Platzhalter), aber für einen Spieltest erfüllten sie ihren Zweck. Wir ließen auf Grundlage einer PDF-Version 50 Exemplare drucken, heften und schneiden, die an die Testspieler gehen sowie auf Cons an interessierte Spieler verkauft werden sollten (für 5 Euro pro Satz); einige wenige davon haben wir sogar noch. Der Copyshop, bei dem wir drucken ließen, nahm es freiwillig auf sich, die Karten zu sortieren – nach Nummern, nicht nach Sätzen mit insgesamt 180 Karten. Das war … ärgerlich. Marianne Velten, die damals das Lager führte und den Versand erledigte, sortierte dankenswerterweise die Karten korrekt und steckte alles in vorbereitete Umschläge, die einen schwarz-weißen Ausdruck einer eher primitiven Vorabversion des heutigen Covers enthielten.

Warum gerade 180 Karten? Nun, auch TORG hatte 180 Karten, und das erschien uns auch als ein gutes Format, um später in zwei eingeschweißten 90er-Stapeln mit Mittelteilung in einer Schachtel veröffentlichen zu können – denn ursprünglich sollte das ein gedrucktes Produkt werden (wir waren da etwas blauäugig, was die Herstellungskosten anging). Während die Testspieler spieltesteten, gab Rainer bei zwei zeichenbegabten Schülern aus seiner Klasse (Sophie Marstatt und Valentin Posautz – wir kennen sie bereits aus Adel verpflichtet) vier kleine Symbole in Auftrag: einen Würfel für die Aktionskarten (die sodann auch Würfelkarten hießen); einen Blitz für die Handlungskarten (Blitzkarten); einen Stern für die Hilfskarten (Sternkarten); und ein Buch für die Nebenhandlungskarten (Buchkarten). Das Symbol für die Buchkarten haben wir bereits 2016 als Füllillustration auf Seite 53 der Drittauflage des Buchs der Regeln eingebaut.

Die Rückläufe aus den Testspielen erbrachten nicht nur viel Lob für die originelle Idee (ganz offensichtlich war TORG in der 1880-Gemeinde eher unbekannt), sondern auch die gewünschte und erhoffte Feinabstimmung der Regeln an das Spielgefühl von Abenteuer 1880; vor allem Roland Ritthaler trug dazu federführend bei. Die Regeln wurden geglättet, ein paar Kartentexte inhaltlich leicht verändert. Insbesondere unser vorsichtiger Vorschlag, man könne nicht nur das Ausspielen, sondern auch das Tauschen von Karte mit rollenspielerischen Einlagen verbinden, fand nicht überall Anklang.

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Mittlerweile hatte Rainer bei diversen Druckereien Kostenvoranschläge eingeholt. Das Ergebnis war … ernüchternd. Selbst als günstig geltende Unternehmen ließen sich für 180 Karten in Pappschachtel mit Pappeinlage und beigelegtem Regelwerk nicht zu unter 6.000 Euro bewegen. Dieser Preis war auf unsere übliche Auflage von 600 kalkuliert; „richtig billig“ wäre es ab 1.000 Exemplaren geworden, und ab 3.000 wären die Herstellungskosten wohl ein echtes Schnäppchen gewesen, wenn man den hilfreichen Antworten der Druckereien Glauben schenkt. Jetzt mögen 6.000 Euro rückwirkend gar nicht so viel gewesen sein, wenn man bedenkt, dass auch Adel verpflichtet mit etwas über 4.000 Euro an Druckkosten zu Buche schlug; aber es ist eine andere Sache, einen praktisch konkurrenzlosen Quellenband zu verkaufen als ein nicht wirklich benötigtes Ergänzungsprodukt, dessen Sinn und Nutzen sich ohnehin nicht jedem 1880-Spieler erschließen würde.

Auch weiterführende Überlegungen (Kickstarter sind nicht die ultimate Lösung für alle anderweitig unfinanzierbaren Produkte, insbesondere wenn es sich um ein Nischenprodukt zu einem Nischenprodukt handelt) trugen nichts ein, und so legten wir das Projekt schweren Herzens auf Eis.

Dort lag es dann eine Weile, auch weil andere, tatsächlich umsetzbare Produkte wichtiger waren. Die Schicksalskarten regten aber immer irgendwo im Hintergrund, auch weil wir sie als prächtigen Steinbruch für Zitate für diverse Produkte immer wieder heranzogen und gar nicht erst vergessen konnten. Ende 2018 kam Rainer dann auf die brillante Idee, dass man die Karten ja auch als reines PDF-Produkt veröffentlichen könnte (die 1880-Mühlen mahlen manchmal langsam). Er trat mit der Idee ganz vorsichtig an Bettina und Christian Hanisch heran, und Christian hatte die nicht minder brillante Idee, man könne die Karten ja so aufbereiten, dass dem Käufer die Möglichkeit gegeben würde, sie sich selbst von einem Online-Drucker erstellen zu lassen. Womit wir wieder einmal sehen, dass ein anständiges 1880-Produkt das Ergebnis erfolgreicher Teamarbeit ist.

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Derart neu motiviert, schrieb Rainer am 5. Dezember 2018 im MIDGARD Forum: „Ich möchte nach drei Jahren noch einmal auf die Schicksalskarten zurückkommen, an denen ich heute wieder einmal gearbeitet habe. Nach dem derzeitigen Plan besteht diese Spielhilfe aus insgesamt 180 Spielkarten, die mit einem einfachen Regelmechanismus problemlos in ein Abenteuer, ja eine ganze Kampagne, integriert werden können. Das Regelheft erklärt mit vielen einleuchtenden Beispielen den Einsatz der Karten. Spieler könnten damit: ihre Würfelwürfe verbessern; zusätzliche Schicksalspunkte erhalten; erfolgreiche Würfe der Gegenspieler fehlschlagen lassen; im Abenteuer Informationen und Gegenstände finden; Einfluss auf die Handlungen eines Abenteuers nehmen; und ihre eigenen Nebenhandlungen einbringen. Angedacht ist mittlerweile ein reines PDF-Produkt, weil die Druckkosten nicht tragbar sind.“

Die Suche nach Online-Kartendruckern zog sich ein wenig hin, und schließlich landeten wir bei PikSieben. Und ein neues Problem tat sich auf: 180 Karten sind für Online-Druckereien, die hauptsächlich einige vorgefertigte Formate anbieten, nur unter Problemen (also mit Mehrkosten) zu machen. Aber 110, das ist eine schöne Größe. Oder zweimal 110. Also mussten aus 180 Karten zweimal 110 Karten werden (was jetzt nicht so das Problem war) und auch 40 Zitate neu gefunden werden (was ein bisschen Arbeitsaufwand bedeutete). Aber schließlich konnten 220 Karten und ein 32-seitiges Regelwerk in den Satz gehen. Und wir entschieden uns für eine Größe von 63 x 88 Millimetern; das ist normale Sammelkartengröße, man kann also auch die üblichen Hüllen verwenden (und nach Wunsch eigene Karten hinzufügen, ohne dass es beim Ziehen auffällt).

Nach dem Satz folgte eine Phase des externen Korrekturlesens der Satzvorlagen, um Tippfehler und Regelunklarheiten auszumerzen. Das erwies sich als ausgesprochen sinnvoll – es war schon erschreckend, was uns trotz mehrjähriger Beschäftigung mit dem Produkt doch so alles durchgegangen war. Herzlicher Dank geht an Thomas Hessedenz (Karten), Christiane Spath (Regeln), Jürgen Stoll (Regeln und Karten) sowie Marc Wickel (Regeln) – und natürlich an Alexander Huiskes, der sich bereits 2015 um das Erstlektorat kümmerte (und dessen Bemühungen durch die späteren Überarbeitungen mit neuen Autorenfehlern teilweise wieder zunicht gemacht wurden).

Der Rest war der übliche (wenn auch wie immer zeitaufwändige) Kleinkram, den keiner mitbekommt, der aber trotzdem erledigt werden muss (einschließlich einer Anzeige in Dausend Dode Drolle 32/33 – hier die Version mit Anschnittkanten), und nun können wir die Schicksalskarten endlich in unserem PDF-Shop anbieten. Das Regelwerk kann man entweder in fortlaufenden Seiten ausdrucken oder als Broschüre im Kleinformat (mit bereits entsprechend sortierten Seiten, sowohl mit als auch ohne Anschnitt), die Karten zum Drucken bei PikSieben hochladen oder in Sätzen von neun pro Seite selbst ausdrucken (wozu es auch eine Seite mit neun Rückseiten gibt).

Natürlich hatte sich trotz aller Vorarbeit am Ende doch noch ein Fehler eingeschlichen: Auf Seite 18 rechts oben sorgte ein fehlendes “nicht” dafür, dass ein Teil der Erläuterung zu einem Kartentext dem Rest der Erläuterung direkt widersprach. Das war ärgerlich. Mittlerweile ist die korrigierte Version im Shop, die Käufer, die bis dahin bestellt hatten, erhielten eine Austauschlieferung. Bei einem PDF-Produkt geht so etwas ja zum Glück eher einfach.

Auf die im Compendium vertretenen Länder sowie das Cabinett der Curiositäten und Mirakel bezogene Ergänzungs-Kartensätze sind in Arbeit. Für deren Veröffentlichung muss sich natürlich erst einmal das Grundspiel angemessen verkaufen …





Mein erster Magier​


„Magier wie mich gibt es nicht häufig, aber wir sind auch nicht so selten, wie Sie vielleicht denken.“

(Alex Verus in Fated von Benedict Jacka)



Als sich im Herbst 2019 abzuzeichnen begann, dass sich die Veröffentlichung des Cabinetts der Curiositäten und Mirakel, des Quellenbandes zur Magie und zum Übernatürlichen für Abenteuer 1880, aufgrund von Lektorats- und Bearbeitungsmaßnahmen verzögern würde, kamen wir auf die Idee, zumindest grundsätzliche Teile der Regeln für die Allgemeinheit zugänglich zu machen, damit magiekundige Abenteurer zumindest in Ansätzen spielbar würden.

Wir begannen mit einer Einführung in die Zauberei bei Abenteuer 1880, hier auf der Homepage. Sie sollte in erster Linie dafür sorgen, dass die Grundprinzipien bekannt waren und ältere Abenteuer angepasst werden konnten. Insbesondere enthält dieser Text Hinweise, wie die in unseren seit 2010 neu veröffentlichten Publikationen erwähnten Zauber zu handhaben sind – und was getan werden konnte, falls jemand die tatsächlich gelernt hat. Dem folgte kurz danach die Seite Mein erster Magier, die weitere Regeln, ein Grimoire (zum Zaubern nötiges Buch) und sechs Beispielzauber enthält. Seitdem ist es möglich, zumindest eingeschränkt einen Zauberer zu spielen, der tatsächlich sinnvolle Dinge tun kann. Und wir schoben noch die Paradigmata der Magieanwendung nach.

Alles zusammen packten wir schließlich in leicht bearbeiteter und ergänzter Form unter dem Titel Mein erster Magier in ein kostenloses PDF zum Herunterladen (aktuell ist die bereinigte Version 2 vom März 2020, 509 KB). Diese Broschüre kann zudem in gedruckter Form gegen einen Portokostenersatz von 1,55 Euro bei uns bestellt werden.

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Für den Gratisrollenspieltag am 10. Oktober 2020 (ursprünglich war der 14. März geplant, aber dann kam die Corona-Pandemie dazwischen) haben wir eine spezielle Ausgabe der Broschüre Mein erster Magier vorbereitet: die “Ägyptsche Edition”. Die Arbeiten begannen im November, beim lezten Urlaub in Ägypten haben wir noch ein paar Bilder germacht. Die Spieltester Dirk Kapfenberger und Günther Schollmayer lieferten pünktlich ab, so dass das Heft Ende Januar 2020 in den Druck konnte, um bis Mitte Februar bei Pegasus zur Verteilung zu sein. Es hat einen ägyptischen Schwerpunkt und enthält ein neues, für diesen Hintergrund ausgesuchtes Grimoire mit sechs der allgemeinen Öffentlichkeit bislang unbekannten Zaubern. Hinzu kommt ein Artikel zu Mumien bei Abenteuer 1880 sowie eine kurze Schauplatzbeschreibung mit dem Titel “Die einsame Mastaba” von Rainer Nagel, in der man auf Mumien treffen kann.

Die Broschüre umfasst 20 Seiten und ist Teil des Pakets für den Gratisrollenspieltag. Wer möchte, kann “Die einsame Mastaba” auch als Demoabenteuer nutzen; das fertige Produkt kann von Spielleiterinnen, die das Abenteuer auf dem GRT oder auf anderen Veranstaltungen leiten möchten, zusammen mit einem 27-seitigen Spielleiterinnen-Pack mit Handouts, Bildern und vorgefertigten Spielerfiguren bei uns angefordert werden. Wir schicken die Materialien dann gern zu. Man kann mit dem Paket auch ganz prima Einführungsrunden in die 1880-Magie leiten, ohne dass ein GRT ansteht.

Die über die teilnehmenden Örtlichkeiten verteilten 250 Ausgaben dieser Broschüre sind seinerzeit an die teilnehmenden Spieleläden verschickt worden; vielleicht ist die andere oder andere davon ja noch irgendwo erhältlich. Ansonsten müsst ihr euch mit dem oben verlinkteen PDF begnügen …

Was allerdings bereits fertig ist und kostenlos als PDF heruntergeladen werden kann, ist der Vorabdruck der Regeln für Halbkreaturen als Spielerfiguren aus dem Cabinett im Rahmen dieser Reihe.

Halbkreaturen – das sind Abkömmlinge von Dämonen, Dryaden, Feen und Vampiren mit einem menschlichen Elternteil. Die sechzehnseitige Broschüre enthält Regeln für diese vier Abenteurertypen. Mit Ausnahme spezieller angeborener Fähigkeiten anstelle der im Buch der Regeln vorgegebenen werden sie wie normale Spielerfiguren erschaffen, sind also ausbalanciert; durch ein System von Vorzügen und Mängeln können sie weiter individualisiert werden, ohne dass die Spielbalance gefährdet wird. Und doch bleibt die phantastische Exotik gewahrt.

Hinzu kommt eine Einführung in das Konzept der zauberähnlichen Fähigkeiten – die Anwendung von Zaubern als universelle Fähigkeiten, also die Anwendung eines einzelnen Zaubers als Fähigkeit mit einem nicht steigerbaren Bonus, ohne dass man dafür die Fertigkeit Zaubern erlernt haben muss. Der Zaubervorgang ist also deutlich einfacher wie in den anderen Produkten der Reihe beschrieben, dafür aber eingeschränkter. Die für die beschriebenen Halbkreaturen notwendigen zauberähnlichen Fähigkeiten liefern wir natürlich mit. Wir stellen damit eine weitere Facette des Quellenbandes zur Magie und zum Übernatürlichen vor, die bislang noch unbekannt ist – und direkt im Spiel eingesetzt werden kann, wenn man dies denn möchte. Ein eigenes Abenteuer gibt es in dieser Broschüre allerdings nicht.

Parallel zu Das große Rennen der Söhne Asgards haben wir eine Runenschneider-Edition veröffentlicht. Sie beschäftigt sich mit nordischer Runenmagie, stellt 1880-Trolle als Kreaturen vor und enthält ein kurzes Abenteuer mit dem Titel “Troll!” Sie enthält Regeln, ein Grimoire und sechs Zauber zum Neo-Paganistischen Paradigma. Man kann den Band mit seinem Abenteuer als eigenständige Einführung in den Runenmagie-Aspekt unserer Magieregeln verwenden oder aber in den Gesamtzusammenhang des großen Rennens einbauen.





Das große Rennen der Söhne Asgards​


„Höret ihr Recken, höret ihr Seefahrer! Fühlt Euch willkommen geheißen, hier am Platz alter Ehr. Kommt zum Platze vor der großen Halle, damit die wahren Söhne Asgards Euch begrüßen und Euch die vor Euch liegende Wiking erklären!“

(Óskar Óskarsson, erster Gode der Söhne Asgards)



Es ist schon eine ganze Weile her und nicht mehr mit letzter Bestimmtheit zu datieren (sollte aber wohl so um das Jahr 2010 gewesen sein), da zeigte Marc Stubba unserem Chefredakteur ein Rollenspiel-Abenteuer, das er für die MIDGARD-Regeln geschrieben hatte und das er mit großem Anklang auf MIDGARD-Cons leitete – dem Vernehmen nach war es ein echtes Ereignis. Es hieß Das große Donnersturm-Rennen, und die Spielerfiguren waren Teilnehmer an einem Wagenrennen durch die Wüste des Midgard-Landes Eschar. Diverse Rennteams waren komplett ausgearbeitet, einschließlich ihrer Gefährte, Regeln für Wettrennen, zu lösenden Aufgaben unterwegs und was man noch so alles brauchte. Marc war sogar so weit gegangen, für die Kutschen Modelle zu basteln, die er beim Spielen einsetzte. Wie gesagt: ein Ereignis.

Nun wollte Marc wissen, ob das Abenteuer für eine Veröffentlichung bei MIDGARD in Frage käme; also schaute Rainer es sich an. Leider musste er dabei schnell feststellen, dass es sich bei der Interpretation der Geografie der Spielwelt sowie der Platzierung von Kreaturen zu viele Freiheiten nahm, als dass man es hätte in Betracht ziehen können. Das war schade, aber leider nicht zu ändern. Also beschied Rainer Marc entsprechend und hielt die Sache für beendet.

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Drei Jahre später hatte Marc eine alternative Veröffentlichungsmöglichkeit gefunden, und das Abenteuer erschien (mittlerweile unter dem Titel Das größte Rennen der Dekade) in Ausgabe 25 von Dausend Dode Drolle. Carsten Grebe schrieb dazu im Vorwort der Ausgabe: „ein spannendes Wagenrennen abseits des offiziellen Midgard-Kanons, nichts desto weniger hoch spektakulär und dramatisch bis zur letzten Wagenlänge.“ (Zufälligerweise war dies die gleiche DDD-Ausgabe, in der auch zum ersten Mal seit unserer Übernahme der Lizenz ein 1880-Abenteuer erschien: Christiane Spaths Hart, schön und leer.) Wir freuten uns für Marc, dass er sein sehr schönes Abenteuer dann doch noch hatte unterbringen können.

Spulen wir etwa ein Jahr weiter, in den Spätsommer 2014. Rainer hatte gerade die Arbeiten an der Neuauflage des Eschar-Quellenbandes Die Pyramiden von Eschar abgeschlossen und sann über neue Produkte für Abenteuer 1880 nach. Und da kam ihm die Idee, Marc zu fragen, ob er nicht eine 1880-Version seines Rennens schreiben wollte. Die Grundmechanismen konnten ja in etwa so bleiben, die Geschichte musste halt an das ausgehende neunzehnte Jahrhundert angepasst werden.

Marc antwortete am 31. August 2014: „Mit 1880 habe ich bisher wenig Kontakt, habe es einmal geleitet (da war es gerade erschienen). Ich werde mich mal ein wenig damit beschäftigen und schauen, ob ich eine Idee habe. Ich melde mich dann wieder.“ Und am 2. September legte er nach: „Erst einmal muss ich einen Ansatzpunkt finden, der den passenden Rahmen für die Welt von 1880 bietet. Je nach Hintergrund kommen dann die Fahrzeuge ins Spiel. Damit es auch Rennsituationen gibt, bin ich schon auf Gespanne bzw. Boote gekommen. Dann brauche ich passend zum Plot eine natürliche Rennstrecke, da habe ich momentan schon Europa (Städterennen), den Nil, Island, Großbritannien, den Amazonas, den Jakobsweg, die Seidenstraße oder die chinesische Mauer in Blick – wird sich halt je nach der Hintergrundstory entscheiden. Das Material von 1880 in verschiedenen Auflagen besitze ich, habe es halt nur nicht genutzt. Gib mir einfach etwas Zeit!“

Diese Zeit gaben wir ihm. Sie sollte bis zum Mai 2015 andauern. Dann meldeten sich Christa und Frank Hallenberger: Marc hätte ihnen auf einem MIDGARD-Con ein Paket mit einem Abenteuer und diversen Beilagen mitgegeben, das auf Abholung warte. Also fuhr Rainer nach Heidesheim, Christa und Frank besuchen. Dabei nahm er einen Datenträger, einen 91-seitigen Ausdruck, eine farbige Landkarte in DIN-A-3 sowie eine Farbseite mit Spielsteinen für die Wagen in Empfang. Das Ganze nannte sich Das große Rennen der Söhne Asgards.

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Der Text war sehr … unkonventionell aufbereitet, bereits mit einem vollständigen zweispaltigen Seitenlayout, eingearbeiteten Bildern usw.; das ließ auf den ersten Blick einiges an Umbauarbeit erwarten. Wer möchte, kann sich eine Originalseite ansehen (kleine Version rechts) – und dann mit der fertigen Seite 38 im gedruckten Abenteuer vergleichen.

Aber inhaltlich war das Abenteuer genau das, was wir uns gewünscht hatten: ein spannendes Wettrennen mit aktiver Spielerbeteiligung im Stile des MIDGARD-„Originals“. Es war im Jahre 1882 auf Island angesiedelt und bediente sich der Mythologie die Wikinger (für die Rainer ohnehin ein Faible hat). In den anderen Rennteams tummelten sich zahlreiche Persönlichkeiten der Zeit, weit mehr, als wir gemeinhin in unsere Produkte einbauen. Das war zwar historisch alles eher inkorrekt, führte aber, um Marc zu zitieren, zu „ganz großem Sport“.

Aufgrund des zu erwartenden hohen Aufwands bei der Bearbeitung für den Druck entschied sich Rainer dafür, Marcs Version erst einmal direkt in den Spieltest zu geben. Es meldeten sich Roland Ritthaler und Jürgen Stoll, die auch gleich ans Werk gingen. Insbesondere Jürgen legte sich mit zwei Gruppen sehr ins Zeug und schrieb derart ausführliche Kommentare und Ergänzungen, dass schnell klar wurde, dass er als Beiträger mit erwähnt werden musste. Der Großteil seiner Kommentare traf im September ein, Anfang Januar 2016 gab es noch einen kleinen Nachtrag zum Thema Misteln. Das Abenteuer stieß bei den Testern auf großen Zuspruch, wenngleich einige Lücken und Probleme angemerkt wurden. Jürgen Stoll schrieb am 28. November 2015: „Das Abenteuer ist GUT! Und hat Spaß gemacht.“ Grundkonzept und Handlung ließen wir entsprechend unangetastet.

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Rainer schaute sich das alles in Ruhe an und begann dann im Frühjahr 2016 mit der Umformatierung des Manuskripts sowie der Einarbeitung der Anmerkungen aus den Testspielen. Zu den wichtigsten Änderungen und Ergänzungen gehörten eine Tabelle mit einer Übersicht über den Nahrungsmittelbedarf pro Teilstrecke sowie eine Übersicht des zeitlichen Ablaufs des Abenteuers für die Spielleiterin. Die wohl größte Änderung am Rennen an sich war, dass wir einführten, dass sich die Teilnehmer des Rennens den Erwerb einer Insignie gleichsam in einem Fahrtenbuch „quittieren“ lassen müssen. Es war da wohl in einem Testspiel zu Betrugsversuchen gekommen …

Zudem hatte Marc mit einer Beteiligung des nordischen Gottes Loki eine übernatürliche Komponente angedeutet, die wir stärker ausgebaut haben. Hinzu kamen Vorschläge, wie sich die anderen Rennteams an den Orten der Prüfungen während des Rennes verhalten. Und wir verlegten die Handlung von 1882 nach 1885, da das besser in unseren übergreifenden Plan passte. Entsprechend mussten die Nichtspielerfiguren bearbeitet werden, da sie nun alle plötzlich drei Jahre älter waren.

Irgendwann im Herbst 2016 (Rainer war gerade mit der Bearbeitung der vierten Rennetappe fertig geworden) schlief das Projekt einstweilen ein, da mit der Neuauflage des Compendiums sowie dem Cabinett der Curiositäten und Mirakel, mit dem es ja irgendwann ernsthaft weitergehen sollte, andere Belange ihre Häupter reckten.

Und so lag Das große Rennen der Söhne Asgards bis Anfang 2020 und ruhte sanft. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das fertige Manuskript zum Cabinett in einer ausführlichen externen Kontrolle, und Rainer stellte sich nun die Frage, ob er sich mit der lektorierten Version der Zweitauflage des Compendiums beschäftigen (viel Arbeit, weil viel Text). Dann wieder, so dachte er, wäre es auch wieder einmal schön, statt an umfassenden, lange dauernden Projekten zu arbeiten, zur Überraschung aller etwas zu veröffentlichen (Adel verpflichtet war ja schon 2018 herausgekommen). Und da bot sich ein vergleichsweise kurzes Abenteuer durchaus an.

Was man dazu noch wissen muss, ist, dass Das große Rennen eigentlich zusammen mit einem noch nicht vorliegenden Abenteuer von Roland Ritthaler, bei dem es um ein Dampfwagenrennen durch die USA geht, veröffentlicht werden sollte; da befand sich die Kommunikation aber noch auf dem Stand von 2015. Und wir stellten fest, dass Marcs Text allein schon deutlich länger werden würde als Das Mädchen aus der Themse mit seinen 64 Seiten (im Endeffekt nicht ganz doppelt so lang), sich also eine eigenständige Veröffentlichung lohnen würde.

Marcs großformatige Karte von Island bot sich geradezu als Posterbeilage an, und da Marc auch Taktikkarten zum Ausspielen von Rennsituationen erstellt hatte, entschieden wir, diese auf der Rückseite des Posters unterzubringen. Und da es sehr viele Tabellen, Vorlagen und Diagramme gab, beschlossen wir, zusätzlich zur Druckfassung des Abenteuers mittels Hashcode eine PDF-Version mitzuliefern; das ersparte es uns, die ganzen Vorlagen separat auf die Homepage zu setzen.

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Da wir nun mit dem Cabinett deutlich weiter waren als 2016, mussten vor allem die optionalen übernatürlichen Elemente (Lokis Eingriffe in das Rennen) mit dem aktuellen Stand der Magieregeln abgeglichen werden. Und da wir zu diesem Zeitpunkt bereits mit thematischen Vorabveröffentlichungen von Teilen des Cabinetts in der Reihe Mein erster Magier begonnen hatten, entschieden wir, die nordische Runenmagie in Form einer Runenschneider-Edition einzubinden; diese ist direkt aus dem PDF abrufbar. Als Verbindungselement bauten wir eine weitere optionale übernatürliche Komponente in das Abenteuer ein, in Form der Runenschneiderin Gullveig Jørgensdóttir.

Die Runenschneider-Edition befasst sich mit der Neo-Paganistischen Runenmagie und der 1880-Version von Trollen. Sie ist 24 Seiten stark und beinhaltet das Kurzabenteuer Troll!. Sie wurde separat von Mike Sander und Günther Schollmayer getestet; Lars Böttcher erstellte einen Lageplan für das Abenteuer.

Unabhängig davon ging das fertige Manuskript von Das große Rennen der Söhne Asgards am 28. Februar 2020 zum Lektorat an Martin Asbach. Martin lieferte Mitte April wie immer eine sehr gute Lektoratsarbeit ab, die zu einigen Ergänzungen im Manuskript führte (zum Beispiel den Möglichkeiten, in Liverpool auf Informationssuche zu gehen).

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Ende April ging dann alles an Bettina und Christian Hanisch zur Gestaltung der Druckvorlagen. Als feststand, dass das fertige Produkt 116 Seiten umfassende würde, konnten wir auch einen Kostenvoranschlag der Druckerei einholen, was die Ermittlung des Verkaufspreises (wichtig nicht zuletzt für die kleine Datei mit der ISBN-Angabe) ermöglichte. Während Bettina die Gestaltung erledigte, erstellte Elsa Franke die ISBN-Datei sowie die 600 Hashcodes (sie hat Programme für derlei, wir nicht).

Das Komposit-Titelbild beruht auf einer mittelalterlichen, mit fantastischen Elementen angereicherten Islandkarte, deren Details allerdings nur schwer zu erkennen sind; eigentlich hatten wir einen Auszug der Posterkarte als Unterlage nehmen wollen, aber die war vom Kontrast her nicht stark genug. Auf der Landkarte liegen wie immer Bilder, die sich mit diversen Aspekten des Abenteuers befassen. Links oben ist das Titelbild einer Ausgabe von Snorri Sturlusons “Prosa-Edda” aus dem Jahr 1665 zu sehen; dieser Text ist ja eine der Grundlagen für die Mythen um die nordische Götterwelt, die das Abenteuer durchziehen. Das bereits vom Titelbild von Das Mädchen aus der Themse bekannte Schiff steht für die Seereise, und dass es nach Island geht, zeigen wir direkt darunter. Das Rennen dreht sich um die Äpfel der Iduna, und da der Wettbewerb so großen Platz einnimmt, haben wir ein Bild mit einer Rennsitation sowie einen ruhenden Wagen (hier wird wohl ein Nachtlager vorbereitet) hinzugefügt. Links unten ist die von Marc Stubba gestaltete Lagerkarte, gleichsam als “Basis”, und rechts weist eine mittelalterliche Darstellung von Loki auf das übernatürliche Element hin.

Im Laufe der Gestaltung stellte sich heraus, dass einige der Bilder und Zeichnungen von der Auflösung her problematisch waren, so dass trotz aller Nachbearbeitung Alternativen gefunden werden mussten; Ende Mai wurden wir deshalb auch noch einmal bei Marc vorstellig, der dankenswerterweise noch einige Originale aus seiner Sammlung einscannte und uns zukommen ließ.

Weiterhin fielen im Laufe der Gestaltung Unregelmäßigkeiten in der Darstellung der Spieldaten auf, die sich konsequent durch die Produkte der letzten zehn Jahre ziehen, insbesondere die Verwendung der Begriffe Angriff vs. Waffenfertigkeiten und Sprachen vs. Sprechen/Schreiben. All dies haben wir jetzt vereinheitlicht und festgeschrieben, so dass es in späteren Veröffentlichungen beibehalten werden kann. So ist nun festgelegt, dass Menschen über Waffenfertigkeiten verfügen (auch wenn sie diese Waffe nicht zwingend dabeihaben; das entnimmt man dann der Ausrüstungsauflistung), während wir bei Tieren einen Angriff angeben. Wir haben zudem die Angaben zu den optionalen Vorzügen und Mängeln direkt in den Text eingebaut, was die Zahl der Kastentexte deutlich herabgesetzt hat.

Ganz am Ende des Gestaltungsvorganges, als uns auffiel, dass noch ein wenig Platz war, fügten wir noch eine besser lesbare Version des in Liverpool zu beschaffenden Hintergrundbriefes sowie zwei neue Fertigkeiten ein (Beidhändiger Kampf und Schildkampf), die zwar keine Rolle im Abenteuer spielen, aber für das Buch der Regeln zu speziell sind. In einer Umgebung wie dem mythischen Island kann man sie sicherlich eher lernen als im Herzen von Europa, deshalb passen sie hier ganz gut.

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Am 6. Juni kam die Freigabe der Satzdateien durch Lizenzgeberin Elsa Franke. Zeitgleich eröffneten wir Anfang Juni auf Branwens Basar eine Subskription, durch die Vorbesteller bis Ende Juni das Abenteuer für 16,95 Euro statt 18,95 erhalten konnten. Am 22. Juni gingen die Dateien an die Druckerei, vier Tage später konnten wir nach einem kleinen Problem mit falsch eingereihten Seiten (Kommentar der Druckerei: „Sie haben recht.“) die Freigabe erteilen. Nach dem Druckvorgang zog sich der “Kleinkram” mit dem Einkleben der Aufkleber mit den Hashcodes und der Plastiklaschen für die Islandkarten noch ein wenig hin, wie das halt so ist, aber am 20. Juli konnten wir die letzte Freigabe erteilen.

Die Auslieferung wurde für den 24. oder 27. Juli angekündigt, woraufhin wir um den 27. Juli und vorherigen Anruf baten, damit auch jemand da und vorbereitet ist, wenn die Palette kommt. Da es bereits bei den letzten Auslieferungen Probleme mit der Spedition gab, hätte man sich denken können, dass das auch dieses Mal so sein würde, und siehe – um 9 Uhr am 24. Juli stand (natürlich ohne Anruf) eine Palette mit 24 Kisten zu 25 Heften vor der Tür. Seufz.

Aber immerhin konnten wir dadurch die Vorbestellungen bereits am Wochenende fertigmachen und am 27. Juli in die Post geben. Bislang gab es nur eine einzige Reklamation aufgrund eines Fehldrucks.

Wir haben für Das große Rennen der Söhne Asgards eine eigene Seite eingerichtet. Sie enthält Links und Zusatzmaterial.





Vorzüge und Mängel: Überarbeitete, ergänzte und an die Regeln der Drittauflage angepasste Ausgabe​


„Sie wissen, wer ich bin, und ich weiß genau, was Sie sind – ein brutaler zügelloser Raufbold. Jawohl, aber mit gewissen Fähigkeiten, die Sie nach meinen Anordnungen einsetzen werden.“

(Otto von Bismarck zu Harry Flashman in Flashman – Prinz von Dänemark von George MacDonald Fraser)



Wie weiter oben beschrieben, veröffentlichten wir im Jahre 2013 mit Doctor Nagelius‘ Wohlfeile Handreichungen zur Erschaffung von Kuriositäten, Faktoten und Heroen mit dem nicht minder hübschen Untertitel Ein Compendium für abentheuerlustige Charaktere einen Band mit Zusatzregeln für die Zweitauflage von Abenteuer 1880. Er enthielt zwei neue Abenteurertypen, eine Reihe von „alternativen Abenteuern“, Anmerkungen zum Erschaffen neuer Typen und Fertigkeiten – und eine längere Auflistung von Vorzügen und Mängeln. Zu diesen schrieben wir seinerzeit im Vorwort:

„Letztlich stellen wir im Kapitel Vorzüge und Mängel ein neues Untersystem vor, das den Vorgang der Abenteurererschaffung ergänzt und auch an die Stelle des Auswürfelns der angeborenen Eigenschaft treten kann. Mit diesem System wird es möglich, Figuren zielgerichteter auf ein gewünschtes rollenspielerisches Konzept hin auszuarbeiten. Sie werden dadurch aber in der Regel auch stärker, so dass sich jede Spielleiterin diese Regeln mit großer Sorgfalt ansehen sollte. Wahlweise kann dieses System das Erwürfeln der angeborenen Fähigkeit ersetzen, oder aber daneben eingesetzt werden.“

Das war natürlich alles für die Zweitauflage gedacht und seit dem Erscheinen der Drittauflage in Teilen überholt. So hatten der Diener und der Eingeborene, die beiden neuen Abenteurertypen, den Weg in das neue Buch der Regeln gefunden, und die Beispiele, die wir zum Erstellen neuer Fertigkeiten angeboten hatten, hatten wir mittlerweile selbst umgesetzt.

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Das bringt uns an den Beginn des Jahres 2020, als Dirk Kapfenberger nachfragte, ob wir nicht eine PDF-Version der Handreichungen herausbringen wollten. Für den Band in seiner Gesamtheit hätte sich das aus den bereits genannten Gründen nicht rentiert. Aber wir konnten die Vorzüge und Mängel herausziehen – und dann auch gleich auf die Drittauflage aktualisieren. Das solte ja wohl wirklich schnell gehen: Man nehme das Original-PDF, tippe ein paar Anmerkungen zu den nötigen Anpassungen an die neuen Regeln (zum Beispiel eine Bereinigung der in diesem Band noch vorhandenen Verwirrung bezüglich der Verwendung der Begriffe “Fertigkeit” und “Fähigkeit”, die im Drittauflage-Buch der Regeln mitterweile behoben war) – und voilá, ein schnelles neues Produkt. Vielleicht noch das eine oder andere neue Bild, das gut passen würde – zum Beispiel den nebenstehend zu sehenden patriotischen Dackel mit Pickelhaube, eines unserer erklärten Lieblingsbilder, das sehr schön mit der Marotte harmonieren würde. Am besten gleich nur als PDF, das beschleunigte den Vorgang – und bei 20 Seiten lohnte sich der Druck ohnehin nicht. Das Layout dann in die Vorlagen für die Drittauflage einfließen lassen, das alte Titelbild in den neuen Rahmen – sollte ja schnell gehen. Und, ach ja, wir hatten ja in Das große Rennen der Söhne Asgards einen neuen Vorzug vorgestellt (Gesellig), der konnte dann gleich auch noch hinein. War ja kaum Text, sollte ohne großen Umbau der Seite gehen.

Dabei blieb es natürlich nicht, sobald wir erst einmal mit der Bearbeitung angefangen hatten. Es gab noch so viele schöne Vorzüge und Mängel, die die bestehenden ergänzen konnten. Und es fehlten ja auch noch Vorzüge, die die in der Drittauflage neu hinzugekommenen Fähigkeiten verstärkten. Und eigentlich wussten wir zu diesem Zeitpunkt schon sehr genau, wie das Cabinett der Curiositäten und Mirakel (der Quellenband zu Magie und zum Übernatürlichen) aussehen würde, also wäe es doch sicherlich eine gute Idee, bereits jetzt einige Einträge passgenau darauf zuschneiden, gleichsam als Vorgriff, damit wir später nicht noch eine Überarbeitung oder eine eigene Ergänzung machen mussten. Man würde die meisten dieser Vorzüge oder Mängel noch nicht nutzen können (zum Beispiele sind die beiden, die +1 oder -1 auf Fertigkeiten geben, deren Leiteigenschaft mediales Talent ist, vergleichsweise sinnlos, solange es keine Fertigkeiten gibt, deren Leitfertigkeit mediales Talent ist), aber wir planen ja längerfristig … Einige der im Spiel des Schicksals eingeführten Karten würden sich auch ganz gut als Vorzüge oder Mängel machen …

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Dann hatten wir die Idee, den Vorzug Trinkfestigkeit einzuführen. Der konnte aber ohne Alkoholregeln nicht funktionieren. Zum Glück erinnerten wir uns daran, dass Michael Haberer 1994 im MIDGRAD-Magazin Gildenbrief 33 genau solche Regeln für MIDGARD veröffentlicht hatte. Also schrieben wir ihn an und fragten, ob wir diese nachdrucken dürften (leicht bearbeitet, da sich die beiden Systeme ja an einigen Stellen unterscheiden). Wir durften.

Und dann hatte Rainer noch eine wirklich brillante Idee: Es gab da doch eine Reihe von Fertigkeiten, die in späteren Publikationen eingeführt worden waren (sagen wir, Bewegung in Rüstung aus Der Dampfhammer oder Flammenwerfer aus In geheimer Mission), die nicht im Buch der Regeln enthalten sind und es wohl auch nie sein werden (da sie doch eher … speziell sind). Wäre es nicht schön, einen Regelmechanismus zu haben, mit dem man diese Fertigkeiten trotzdem erlernen kann, und sei es nur zu Spielbeginn und mit passender Hintergrundgeschichte? Wie wäre es denn mit einem Vorzug, der gegen eine bestimmte Zahl von Lernpunkten solche Fertigkeiten zugänglich machen würde? Ja, das wäre schön. Und da wir gerade dabei waren … Wie wäre es denn damit, noch ein paar neue, eher … spezielle Fertigkeiten einzuführen und auf die gleiche Art verfügbar zu machen, die das Spielgeschehen ein bisschen exotischer und abenteuerlicher machen würden? Auch eine schöne Idee, oder? Und so entstanden die Fertigkeiten Beidhändiger Kampf, Geschosse abwehren Nahkampfwaffen abwehren und Schildkampf. Alle hübsch und sinnvoll, aber sicherlich nicht nach jedermanns Geschmack.

Alles in allem hatte sich die Zahi der Vorzüge und Mängel am Ende in etwa verdoppelt.

In einigen Fällen haben wir zudem Vorzüge oder Mängel, die seinerzeit in den Handreichungen veröffentlicht wurden, überarbeitet. Schnellziehen zum Beispiel wurde etwas nützlicher gemacht, mit der Einführung von Giftresistenz musste Kerngesund schwächer werden, Wahrnehmung wirkt sich jetzt zusätzlich auf Lippenlesen aus, Zuversicht auch auf Lehren. Bei Widersprüchen zwischen der alten und der neuen Ausgabe gelten im Zweifelsfall die neuen Anmerkungen.

Nachdem letztlich noch unsere bereits auf der Homepage veröffentlichten Kurzanmerkungen zur regeltechnischen Umsetzung von “Steampunk” und “Clockpunk” Aufnahme gefunden hatten, ging das Manuskript an die Spielerinnen und Spieler. Torsten Hachtel, Dirk Kapfenberger, Thomas Richter, Mike Sander und Jürgen Stoll lasen die neuen Vorzüge und Mängel gegen, testeten und kommentierten, Romy Stauch besorgte das Lektorat. Erwartungsgemäß fanden insbesondere Geschosse abwehren und Nahkampfwaffen abwehren nicht jedermanns Zustimmung, während bei den neuen Vorzügen Nur eine Fleischwunde! in die Kritik geriet (wegen der Reduktion von LP-Verlusten im Kampf um -1“das nimmt dann doch jeder!”). Ein bissschen wundert uns, dass alle kommentarlos Kampfkontrolle durchgewunken haben, einen Vorzug, der das Durchqueren eines Kontrollbereichs dank eines erfolgreichen Erfolgswurfs auf Körperbeherrschung aufheben kann … auch Meister des Schicksals, mit dem man eingesetzte Punkte Schicksalsgunst zurückholen kann, erzeugte erstaunlich wenig Wellen.

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Danach ging alles (zusammen mit insgesamt dann doch zehn neuen Bildern) an Bettina und Christian Hanisch zur Gestaltung, die Texte vorsichtshalber nicht nur als Anmerkungen, sondern auch als eine Word-Datei. Und das war auch gut so, denn mit so vielen Anmerkungen war das PDF-Konvolut ausgesprochen unhandhabbar geworden, was die Gestaltung deutlich verkomplizierte – für beide Seiten. In dieser Form machen wir das sicherlich nicht noch einmal … Zudem musste neue Symbole zur Kennzeichnung neuer Regelmechanismen gefunden werden (z.B. Blitze für Vorzüge und Mängel, die ohne das Cabinett keinen Sinn ergaben, oder gekreuzte Werkzeug, die die neuen Fertigkeiten kennzeichneten). Im Endeffekt war es also nichts mit dem “schnellen Produkt”.

Aber nun ist es fertig, hat 34 Seiten, und man kann es in unserem Shop kaufen – bis 15. Januar 2021 für 2,35 Euro, danach für 3,95 Euro.

Der Schriftzug auf dem Titelbild ist übrigens mit Absicht nicht zentriert, sondern “asymmetrisch” gestaltet. Zum einen wirkt dies dynamischer, zum anderen bleiben dadurch die Augen von Otto von Bismarck frei – ich bin mir sicher, das hätte er sich so erbeten.

Neben Gesellig haben wir übrigens auch die Fertigkeiten Beidhändiger Kampf und Schildkampf bereits in Das große Rennen der Söhne Asgards allgemein zugänglich gemacht – sie schienen uns zur dortigen Atmosphäre gut zu passen.





Was kommen wird

“Es ist zu früh, Watson, jetzt schon an dieses Buch zu denken. Wir haben einen weiten Weg vor uns.”

(Sherlock Holmes in Sherlock Holmes und das Geheimnis der Sachertorte von Gerhard Tötschinger)



Wer wissen will, wie es nun weitergeht mit dem Spiel, erhält hier zumindest einige Hinweise. Diese sind aus den auf der Seite genannten Gründen mit einer gewissen Vorsicht zu genießen.



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Der Beitrag Rollenspiel im 19. Jahrhundert – die Geschichte von Abenteuer 1880 erschien zuerst auf Midgard-1880.

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“Sie will die Karte.”
(Neenadh el-Bedruwig, Alleshändler in Luxor)

Vor langer Zeit, als Sturm über Ägypten erschien, versprachen wir (auf Seite 93 der Kampane war’s), eine Farbversion der Karte, die zum Höhepunkt des Abenteuers führt, als Farbversion auf der Homepage anzubieten. Dann ging es vergessen. Anfang 2023 indes schickte Katharina Prinz einen Bericht über die von ihr geleitete Kampagne, zu dem auch zwei von ihr erstellte Karten gehörten. Sie hat uns für diese beiden Karten die Genehmigung zur Verwendung auf der Homepage erteilt. Ihr findet sie hier. Um die Karten herunterzuladen, klickt auf das jeweilige Bild, dann gibt es eine größere Version. Das erste Bild ist die Originalversion der Karte mit der altägyptischen Beschriftung:

Die zweite Karte ist eine Übersetzung, die in Katharinas Kampagne von dem französischen Ägyptologen Gaston Maspero angefertigt wurde – aber das kann ja in jeder Kampagne anders sein.


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