AW: Amerikanische Rollenspiel-Wettkämpfe...
Aber ein Abenteuer, mitsamt sozialer Interaktion, das stelle ich mir im Wettbewerb sehr schwierig vor, auch weil natürlich jeder Spielleiter anders leitet und somit auch keine absolute Chancengleichheit herrscht.
"Absolute" Chancengleichheit herrscht NIRGENDWO, wo Wettkampf betrieben wird!
Wer beim Ringen an seiner Matte Kampfrichter A bekommt und nicht Kampfrichter B, der an der anderen Matte "schiedst", der hat auch KEINE "absolute" Chancengleichheit.
Und weint er deswegen?
Nein.
Warum?
Weil er WEISS, daß er von unterschiedlichen Schiedsrichtern, Kampfrichter, Punktebewertern, SPIELLEITERN grundsätzlich und IMMER anders bewertet werden wird. - Solange sich ALLE die beteiligten Bewerter aber an die Bewertungsvorgaben halten, solange ist es fair, wenn auch nicht "absolut chancengleich".
Das sehe ich ein, wenn es um ein reines D&D-Metzel-Spiel geht, aber bei einem Abenteuer, wo Einfalsreichtum (das über strategischem Denken im Kampf geht) und soziale Kompetenz gefragt ist, bezweifele ich, ob man so etwas objektiv bewerten kann.
Die wirklich BLÖDEN "D&D"-Abwertungen sparst Du Dir besser, wenn Du KEINE Ahnung hast.
Gerade wurde in einem anderen Thread hier im Forum über einen Artikel von Gary Gygax von 1984 diskutiert, in welchem er einen Trend der Tournament Scenarios zu einer ÜBERGEWICHTUNG von "roleplay" gegenüber "action" und anderen Spielelementen anspricht.
Wenn man sich Tournament Adventures anschaut, wie es sie ZUHAUF nicht nur für D&D, sondern auch für Call of Cthulhu, RuneQuest, usw. gibt, dann wird man sofort erkennen, daß es sich hierbei um alles andere als um "Metzel-Spiele" handelt.
Die ZIELSETZUNG dessen, was die Gruppe erreichen soll, ist oft sehr unterschiedlich. Ein Beispiel: Die Gruppe ist in einer alten Pyramide verschüttet worden und hat als Ziel einfach wieder herauszukommen. Natürlich möglichst unbeschadet. Eine Zeitvorgabe gibt es auch noch, da nämlich die unteren Ebenen der Pyramide mit langsam wirkendem, giftigem Gas geflutet sind, so daß man sich tunlichst beeilen sollten, um wieder an die frische Luft zu kommen. - Bei dieser Zielsetzung ist das "Metzeln" vollkommen nebensächlich. Es geht einzig und allein um die PROBLEMLÖSUNG.
Bei einem RuneQuest-Wettkampfszenario geht es darum, daß eine Karawane, die in einem Sandsturm ihre Führer und wichtige (Über-)Lebensmittel verloren hat, sich aus der trockenen Ödnis in die "Zivilisation" durchschlägt.
Und wenn ich zum Vergleich an das von mir beim DSA-Turnier geleitete DSA-Szenario denke, da waren dort MEHR MUSS-Kämpfe drin, als z.B. in dem RuneQuest-Wettkampf-Szenario.
bezweifele ich, ob man so etwas objektiv bewerten kann.
stelle es mir schwierig vor, so etwas wirklich fair zu bewerten
könnte ich mir auch vorstellen, dass auch persönliche Sympathien und Antipathien seitens des SLs bei solchen Bewertungen einfließen können.
Das ist bei ALLEN Turnieren der Fall, wo der Bewerterentscheid den Ausschlag gibt. - Woher kommt denn diese völlig illusorische Vorstellung, daß man IRGENDETWAS "objektiv" bewerten kann?
Das klappt ja schon in Schule und Studium nicht und setzt sich bei der Bewertung der Arbeitsleistung später nahtlos fort.
Wenn es danach ginge, dann gäbe es die Tipp-Kick-Bundesliga nicht. Oder keine Eiskunstlauf-Meisterschaften. Oder keine Ringkampf-Meisterschaften. - Und ebensowenig gäbe es Wettbewerbe für Perserkatzen, für Pekinesen, für Hunde-Sport.
Wer als Teilnehmer oder Spielleiter/Bewerter auf ein Rollenspielturnier geht, der ist sich dessen bewußt, daß er nicht in einem überrationalen, emotionslosen Raum die unparteiischte Bewertung aller Zeiten erhalten oder abgeben wird, sondern es ist wie JEDER ANDERE WETTKAMPF AUCH. - Genauso fair, genauso "objektiv".
Das sehe ich ein, wenn es um ein reines D&D-Metzel-Spiel geht, aber bei einem Abenteuer, wo Einfalsreichtum (das über strategischem Denken im Kampf geht) und soziale Kompetenz gefragt ist, bezweifele ich, ob man so etwas objektiv bewerten kann.
Wenn Du ein einem Abenteuer, wo neben Kämpfen auch Einfallsreichtum und soziale Kompetenz gefragt ist, ERFAHRUNGSPUNKTE den einzelnen Spielerleistungen für ihre Charaktere ZUTEILST, bist Du da "objektiv"?
Eine Wettkampfbewertung ist nur ein leicht abgeändertes Regelwerk wie das, was man STÄNDIG beim Zuteilen von Erfahrungspunkten verwendet. - Man könnte auch einfach vergleichen, wieviele Erfahrungspunkte der jeweilige Charakter des Wettkampfteilnehmers im Spiel erringen konnte.
Da es Erfahrungspunkte für Kämpfe, für Problemlösungen anderer Art, für soziale Fertigkeitseinsätze, für Taktik, für diplomatisches Vorgehen, für coole Sprüche, für alles mögliche, was am Spieltisch passieren kann, gibt, kann man augenscheinlich auch all das bewerten.
Wie viele Rollenspiele gibt es denn, die solche typisch schwammigen Formulierungen wie "+X Erfahrungspunkte für 'gutes Rollenspiel' des Spielers" enthalten? - Spielen die nur Leute, die über jeden Zweifel erhaben IMMER OBJEKTIV bewerten können?
Interessanterweise wird die ART des Spiels in einem Wettkampf-Szenario viel STÄRKER durch die den Spielern bekannten Bewertungskriterien gesteuert. - Sind in einem Kriterienbogen soziale Interaktion, Gruppenintegration, Konfliktvermeidung stärker bepunktet als Einzelgängeraktionen und Gewaltlösungen, so steuert das allein schon die an einer Punktemaximierung interessierten Spieler (sonst wären sie ja nie auf einen Wettkampf gegangen!) hinsichtlich ihres Vorgehens.
Diese starke Steuerungsmöglichkeit bieten Rollenspielszenarien außerhalb der Wettkampf-Veranstaltungen eher selten, weil es nicht wirklich etwas zu GEWINNEN gibt, bzw. man kann außer ein paar XP nichts verlieren - und die XP holt man beim nächsten Szenario halt wieder rein.
Die Annahme, daß nur "verkappte D&D-like-Brettspiele" sich für ein Tournament Scenario eigneten, ist jedenfalls VÖLLIG FALSCH und entspricht auch nicht der Wettkampf-Praxis. (Die letzten reinen Hack&Slash-Tournament-Szenarien waren so um 1980 en vogue. Mit Aufkommen des "Geschichtenerzählens" in den Dragonlance-Bänden änderte sich das deutlich.)
Ein Wettkampf-Rollenspieler will zeigen, wie souverän er die Regeln beherrscht, was er aus den stets vorgegebenen Charakteren herauszuholen in der Lage ist, und wie schnell er sich in einen vorgefertigten Charakter hineinspielen kann. - Die Anforderungen an einen Wettkampf-Rollenspieler sind sehr vielfältig. Und in keinem Gebiet darf er schwächeln. - Er MUSS die Regeln auswendig bis ins Detail beherrschen. Er MUSS mit einem "Fremdcharakter" schnell und ohne anzuecken klarkommen, diese Rolle übernehmen können und sie im Spiel rollengerecht ausfüllen können. Er MUSS aus den Spielwerten des Charakters für die vorgegebene Zielsetzung des Szenarios das OPTIMUM herausholen können. Er MUSS mit den anderen Mitspielern SOFORT und RÜCKHALTLOS KOOPERIEREN können, da sonst ALLE verlieren werden. Er MUSS sich um die Integration seines Charakters und der der anderen Spieler in die Gruppe kümmern, da solche Punkte ebenfalls Bewertungskriterien sind. ... Das und noch viel mehr MUSS er unter ZEITDRUCK (feste Zeitslots für Wettkampfrunden!) bewältigen.
Das ist NICHT das genießerische Rollenspiel daheim, bei Tee und Keksen, sondern das ist das harte Wettkampf-Rollenspiel in lauten Wettkampf-Hallen, wo am Nachbartisch der Konkurrent des letzten Turniers gerade nur noch kritische Erfolge würfelt und die anderen Mitspieler auch alle erfahrene Spieler sind, die sicher das Szenario-Ziel erreichen werden, während man selbst in einer Gruppe mit zur Hälfte ERST-Wettkämpfern gelandet ist, die noch keine Ahnung haben, wie hart man ZUSAMMEN ackern muß, um in der knappen Zeit das Szenario-Ziel überhaupt zu schaffen. - Wettkampf-Rollenspiel ist wie JEDER Wettkampf STRESS PUR!
Für Spieler und Spielleiter!
Es ist eben die "sportliche" Seite des Rollenspiels. - Nicht mehr, aber auch nicht weniger.