a/state

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Welcome to the City.
You will never forget the City.
But the City will forget you.

a/state ist ein neues britisches System auf dessen Erscheinen ich seit über einem Jahr sehnlichst gewartet habe. Diese Woche ist es endlich in Berlin eingetroffen, und bisher sind meine (ich würde sagen recht hohen) Erwartungen mindestens erfüllt worden.
In a/state trifft Cyberpunk auf Charles Dickens unterlegt mit subtilen Horror-Untertönen. In meinen Augen eine beinahe perfekte Mischung.

mfG
jdw
 
Cyberpunk auf Charles Dickens. Hört sich interessant an.

Erzähl mehr bitte. So drei oder vier Sätz. ;)
 
Vor allem zwei Punkte heben a/state von diversen anderen Cyberpunk-, Dark Future-, oder wie-man-es-sonst-bezeichnen-mag-Settings ab.
Charles Dickens (der allerdings nicht namentlich genannt oder direkt zitiert wird) und der erwähnte unterschwellige Horror.

"The City", Die Stadt, die Stadt in der a/state angesiedelt ist, enthält eigentlich alle Elemente, die man von einer Cyberpunk-Metropole erwartet.
Sie ist unglaublich gross und dreckig; in weiten Teilen herrschen geradezu anarchische Zustände; mächtige Verbrecher-Syndikate, korrupte paramilitärische Polizeistreitkräfte und skrupellose Konzerne (in a/state Macrocorps genannt) beherrschen die politische Landschaft; viele Menschen sind arbeitslos, hoffnungslos, krank, kriminell, die meisten sind arm, die wenigsten reich, ohne etwas dazwischen; Waffen und Medien scheinen allgegenwärtig.
Und hier, an diesem letzten Punkt, lässt sich Dickens am einfachsten, deutlichsten, augenfälligsten demonstrieren, obwohl er das gesamte Gebilde Der Stadt und von a/state durchzieht.
Die Waffen reichen von Holzknüppeln und Steinschlosspistolen in den Slums von Mire End, wo die Bürgersteige aus morschen Brettern bestehen und die Strassen von flackernden Gaslampen beleuchtet werden, zu den Hitech Gausskarabinern der Tentenel Konzerntruppen. Die Medien beschränken sich nicht auf Computernetze, Radio und Fernsehen, nein, es sind in weiten Teilen der Stadt Zeitungen, die auf halb-hölzernen Pressen in schmutzigen Manufakturen gedruckt werden.
Oliver Twists Waisenhaus steht direkt um die Ecke von Arclights Bürohochhäusern - wahrscheinlich gehört es Arclight.

Der Horror ist, wie gesagt, sehr subtil. Es ist mehr von einer Stimmung geprägt, als von durch die Strassen laufenden Monstern - obwohl sich auch ein Jack the Ripper, oder Schlimmeres, Unmenschlicheres, in den verfallenen Hinterhöfen Der Stadt wohlfühlen würde. In Der Stadt gibt es zwei Konstanten in den Köpfen der Menschen.
Die Stadt enthält keine Hoffnung. Hier kann man nur endlos weiter vegetieren.
Und.
Niemand kann Die Stadt verlassen. Niemand.

mfG
jdw
 
Es geht nicht. Das weiss jeder. Alleine die Vorstellung ist absurd, vielleicht sogar blasphemisch.

Es ist ein Fakt, dass das Überschreiten der Stadtgrenze für ihre Bewohner nicht möglich ist. Woran das allerdings liegt, weiss niemand in der Stadt, und die wenigsten fragen überhaupt danach, genauso wie eigentlich niemand genauer danach fragt warum es tagsüber hell ist oder Dinge nach unten fallen. Man akzeptiert es. Weil es immer so war. Auch als Spieler wird man über den Hintergrund dieser Tatsache des Lebens in Der Stadt im Dunklen gelassen.

mfG
jdw
 
ja das keiner die stadt verlassen darf........man darf es einfach nicht alle wissen es und keiner tuts und kleiner hinterfragts........
und das ist dann natürlich ein sehr schwerwiegender grund es nicht zu tun....einfach weil man es nicht darf.......
 
Kling irgendwie Cool.
Zeittechnisch gesehen sind die auf dem Level Gegenwart? Hört sich zumindest so an.
Wie sieht es aus mit Rassen? Magie?
Meine Tipps: Nur Menschen und Nein.
 
LamiaVampir schrieb:
ja das keiner die stadt verlassen darf........man darf es einfach nicht alle wissen es und keiner tuts und kleiner hinterfragts........
und das ist dann natürlich ein sehr schwerwiegender grund es nicht zu tun....einfach weil man es nicht darf.......

Nein. Nicht weil man es nicht darf. Sondern weil man weiss dass man es nicht kann.

Weshalb springst du nicht von einem Hochhaus? Weil du es nicht darfst? Oder weil du weisst dass es vermutlich ungesund wäre?

Weshalb versuchst du nicht durch Wände zu laufen?

Weshalb hörst du nicht einfach auf zu atmen?

Verstehst du jetzt den Punkt?

mfG
jdw
 
Hoffi schrieb:
Zeittechnisch gesehen sind die auf dem Level Gegenwart? Hört sich zumindest so an.

Nein. Obwohl das schwierig zu sagen ist. Die Niveaus der wissenschaftlichen und technischen, und auch der sozialen Entwicklung variieren wie angedeutet sehr stark. Vom 18./19. Jahrhundert bis hin zu Zukunftsmusik wie sie für klassischeren Cyberpunk typisch ist.

Wie sieht es aus mit Rassen? Magie?
Meine Tipps: Nur Menschen und Nein.

Ja, korrekt. Oder zumindest fast korrekt. Es gibt in Der Stadt sogenannte Shifted, Wesen die offensichtliche keine Menschen sind, aber diese sind selten, bewegen sich nur im Hintergrund, und es ist nur sehr wenig über sie bekannt. Selbst ihre Existenz ist mehr Gerücht als Tatsache.

mfG
jdw
 
Was für Regelmechanismen nutzt denn a/state?
Wer regiert denn "the city"?
Gibt es überhaupt eine Regierung, die in irgendeiner Form bekannt ist und konkreter ist als "die Partei" und dererlei Abstrakta?
Was für Charaktere kann man den generietren bzw. wie funktioniert die Generierung?
Was für Arten von Kampagnen werden denn von den Autoren am meisten durch das Buch unterstützt?

Grüße,
Hasran
 
Hasran schrieb:
Was für Regelmechanismen nutzt denn a/state?

a/state basiert auf einem vergleichsweise simplen und schlanken W100 System. Das gesamte, mit zahlreichen (ausführlichen) Beispielen versehene Regelsystem, (mit Ausnahme der Charaktererschaffung, der ein eigenes (und umfangreicheres) Kapitel eingeräumt wird) findet auf neun Seiten Platz.
Da die allgemeine Ergebnins-Ermittlung für Handlungen, wie bei vielen Prozentsystemen üblich, einfach über einen Wurf gegen eine bekannte (mit Fertigkeit oder Attribut des Handelnden identische) prozentuale Wahrscheinlichkeit abgehandelt wird, und die Erklärung dieses Grundmechanismus nicht allzu viel Platz in Anspruch nimmt, entfällt der grösste Anteil der Regeln auf die Handhabung von Kampf und Verletzungen sowie Fahrzeuge und deren Handhabung, Kampf und Verfolgungsjagden.
Das Kampfsystem von a/state ist enorm tödlich - so gut wie jeder Treffer (mit nur wenigen Ausnahmen) oder allgemein so gut wie jede Verletzung führen ohne wenigstens rudimentäre Versorgung über kurz oder lang zum Ableben des Charakters.

Wer regiert denn "the city"?

Alle. Niemand.
Zahllose Organisationen, von Verbrecherbanden und -syndikaten, über die Macrocorps, organisierte Religionen und panurbane Gilden, zu lokalen Stadtviertelregierungen streiten um und teilen die Macht über Die Stadt.

Gibt es überhaupt eine Regierung, die in irgendeiner Form bekannt ist und konkreter ist als "die Partei" und dererlei Abstrakta?

Viele Gebiete werden strikt lokal verwaltet. Beinahe eigene Städte innerhalb Der Stadt, und hier ist die Regierung - und ihre Vertreter durchaus greifbar. Schon etwas weniger konkret wird es, sobald Gebilde wie die TCMA (Three Canals Metropolitan Area) ins Spiel kommen, die grössere Teile der Stadt verwalten (oder dies versuchen), die sich aus zahlreichen Vierteln zusammensetzen - die Regierung beginnt etwas monolithisches anzunehmen, statt mit einzelnen Personen, Bürgermeistern, Stadträten, Abgeordneten, ist der Bürger hier mit der TCMAA (Three Canals Metropolitan Area Authority) konfrontiert. Die Macrocorps wie Gorunna Logistics oder Hirplakker Combine schließlich sind tatsächlich nur noch gesichtslose Machtapparate, ihre menschlichen Entscheidungsträger - wenn es sie denn gibt - so weit vom Arbeiter in einer Konzernsiedlung entfernt, dass es sie genau so gut gar nicht geben könnte.

Was für Charaktere kann man den generietren bzw. wie funktioniert die Generierung?

Die Charaktererschaffung basiert auf einem freien Punktesystem, bei dem Attribute und Fertigkeiten aus getrennten Vorräten eingekauft werden. Die Kosten für hohe Werte steigen dabei nicht linear an. Darüberhinaus können verschiedene Faktoren wie Alter, (gesellschaftliche) Klasse und Erziehung die zur Verfügung stehenden Punkte beziehungsweise die Werte selbst modifizieren.
Echte Beschränkungen gibt es über diese hinaus nicht. Das System erlaubt die Erschaffung von Obdachlosen genauso wie die von Mitgliedern der High Society, von naiven Studenten ebenso wie von narbengezeichneten Strassenkampfveteranen.
Das Charaktererschaffungskapitel schließt mit einer erfrischend breiten Auswahl an angerissenen Charakterkonzepten zur Verwendung als NSCs und einer ganzen Reihe an vollständig generierten Charakteren, die auch als Spieler-Charaktere tauglich sind.

Was für Arten von Kampagnen werden denn von den Autoren am meisten durch das Buch unterstützt?

Eines der zentralen Themen von a/state, das auch besonders im Zusammenhang, ja sogar im regeltechnischen Zusammenhang, mit (Spieler-)Charakteren hervorgehoben wird, ist Hoffnung.
Die Stadt ist ein durch und durch alptraumhafter Ort, an dem die im Elend vegetierende Bevölkerung jede Hoffnung verloren hat, und auch die Reichen auf kein Ziel ausser der gelangweilten Erhaltung des Status Quo hinarbeiten.
Es liegt an den Charakteren dies zu druchbrechen.

mfG
jdw
 
Es klingt auf jeden Fall sehr interessant! Leitest du auf nem Con mal ne Runde? Das wäre dann schon der zweite Wunsch. Erst SLA und dann dies. :)
 
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