[16.5.08] Eraser

Nightwind

Erzketzer
#StandWithUkraine
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11. September 2003
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Was jetzt, Meyye? Du hast es vermasselt. Wohin jetzt? Sie finden dich überall. Also, vielleicht... irgendwo hingehen wo sie dir nicht folgen. Tiefsee, ha. Oder mitten ins Sabbatgebiet, vielleicht. Wäre 'ne Überlegung wert. Die Schwert Kains-Flachwichser halt ich mir schon vom Hals.

Mit einer nachlässigen Armbewegung lässt sie die Tür zurück ins Schloss fallen, durch die sie gerade eingetreten ist und zuckt fast zusammen, als es kracht. Verdammt... sie muss vorsichtiger sein mit sowas, bei ihrer doch ziemlich angewachsenen Kraft. Aber verärgerte Nachbarn spielen jetzt auch keine Rolle mehr. Schon vor ihrem Treffen mit Kiera hat sie das Geld abgehoben das sie noch auf ihrem Konto hatte... Buchets Kröten, ironisch genug, die sie damals für das Gemälde bekommen hat... ein Gemälde, durch eine Zeitreise aus der Vergangenheit geholt, und sie selbst hat es sogar noch herausgeschmuggelt. Wer würde ihr das glauben wenn sie es ihm erzählen würde, da draussen in der grossen weiten Welt? Finstertal ist nicht nur tödlich, sondern total verrückt.

Sie geht nochmal den Gang entlang in dieser einsam gewordenen Wohnung, zu ihrem Zimmer. Tatjana hat mal mit ihr zusammen gewohnt, eine ganze Weile, dann kam Nikita dazu... zwischendurch auch Tanja, und natürlich Julian. Jetzt ist sie hier wieder allein, und im Gegensatz zu früher, vor diesem ganzen wundervollen Wahnsinn, kommt es ihr leer vor. Spielt keine Rolle mehr.. auch von dieser Behausung verabschiedet sie sich. Sie nimmt nur soviel mit wie sie tragen kann. Im Zimmer geht sie an ihren Kleiderschrank und schaut rein. Er war nie allzu voll, aber ab jetzt wird ihr ein Shirt, eine Jacke, eine Hose und Schuhe reichen. Ein wenig verzieht sie schmerzlich das Gesicht als sie den Rock aus Leder sieht, den Julian ihr gekauft hat. Zumindest nimmt sie das irische T-Shirt heraus, ebenfalls von ihm, um es anzuziehen. Sie nimmt eine Jeans-Jacke mit vielen Taschen, die robust aussieht... die muss immerhin eine Weile halten. Die Taschen stopft sie voll mit Geldscheinen. Was sie nicht unterbringt, wirft sie auf das Bett. Dem ehrlichen Finder, oder wer auch immer als erster die dann endgültig verwaiste Wohnung betritt. Vielleicht passiert das erst in Jahren. Wenn Finstertal nicht bis dahin zur Hölle gefahren ist.

Ein kurzer Blick zu ihrer Bücherkiste... wahrscheinlich hätte sie jetzt einiges an Zeit um zu lesen, aber die hat sie schon alle durch. Was noch? Was bleibt von ihr? Nicht viel, ausser dass nun auch hier die Gangrel keinen Sitz mehr in der Camarilla haben.. aber ohne sie wäre das vielleicht schon mit Cats Abgang so gewesen. Es ist die dritte Wohnung, die sie hier in Finstertal hatte, und auch an dieser hängen Erinnerungen... aber die nimmt sie mit sich, sie sind nicht wirklich etwas, das sie in der Stadt hält. Zum Teufel mit den Bonzen! Bald ist der Katastrophenprinz wieder am Ruder.. vor zwei Jahren hat er die halbe Stadt entvölkert, vor wenigen Tagen bis Wochen wollte er sie völlig vernichten (bis auf die schönen Teile!) und hätte sie beinahe Zacharii überlassen, und in weiteren zwei Jahren? Welchen Dämon, Koldun oder was auch immer er dann wieder aus dem Ärmel zieht... lange wird Finstertal das nicht mehr überstehen. Meyye ahnt nur und kann sich nichtmal rudimentär ausmalen, wieviele andere Städte viel Energie und Millionen an Euros hineinstecken mussten, um die Maskerade nicht durch das zweimalige Finstertaler Massensterben zerbrechen zu lassen wie eine dünnwandige Ming-Vase. Aber das macht alles nichts; Buchet ist der Prinz und er wird sich da rauswinden. Das können die Bonzen immer.

Stattdessen wird ihr der Prozess gemacht. Klar, das timing war grauenhaft. Sie hätte warten sollen.. warten bis nach diesem Kampf, bei dem sie einen Ansturm an Spiralentänzern erwartet haben und nur eine Handvoll bekamen. Aber sie konnte einfach nicht warten. Und Yvonne Axe war das wohl nur eine willkommener Anlass, das zu tun was sie ohnehin schon lange tun wollte. Diese unselige Allianz beenden. Vermutlich hat sie ihr einen grossen Gefallen getan. Gern geschehen, Miststück! Und fick dich, Archontenarsch! Der Prozess wird ohne sie stattfinden müssen. Sie wird abhauen, in ein Gebiet das die Camarilla nicht ohne Schmerzen erreicht, dort in der Erde versinken und sich in einen Schlaf begeben, von dem es heisst dass er verdammt lange dauern kann. Sie hat das noch nie gemacht; wenn sie mal in Starre war, dann weil ein Gargyl sie an eine Kellerwand geklatscht hat. Aber es kann so schwer nicht sein. Wenn sie das schafft, kann der Archontenschnösel sie mit seinem Präsenz-Trick so lange rufen bis ihm die Ganglien durchbrennen.

Sie schaut sich im Zimmer nochmal um als sie alles zu haben glaubt. Fassen wir also nochmal zusammen: Es gibt niemanden und nichts mehr was sie hier hält, keinen der sie braucht und ein, zwei Gründe, wegzugehen. Ziege lebt noch, sein Bild hat zweifellos Johardo irgendwo, Buchet macht weiter wie zuvor und es kann nur schlechter werden. Vielleicht sollte sie einfach mal nach Warschau gehen, dort soll doch Johardo stecken, wenn sie das richtig in Erinnerung hat. Oder gleich nach Wien, um nach Viktor zu suchen. Klingt aber beides nach Selbstmord, dann könnte sie auch gleich hierbleiben... sie kann es sich ja überlegen wenn sie wieder aufwacht, wann auch immer das sein wird.

Sie wendet sich dem Ausgang zu und hält inne.. langt nochmal in ihre Hosentasche und zieht ihr Handy heraus. Das hätte sie doch jetzt beinahe mitgenommen. Sie schnaubt kurz und kehrt nochmal um.. legt das Gerät auf das Nachtkästchen, vor den kleinen 'Schrein' für das Krähenauge. Der Geist in dem schwarzen Stein wird in Zukunft ohne auskommen müssen. Und sie wird schon irgendwo ein Billigtelefon finden, wenn sie eines Tages mal wieder eines brauchen sollte. Dann geht sie wirklich los.
 
Manchmal ist alles Kacke und man hat mit allem abgeschlossen... will alles hinter sich lassen... aufräumen oder nur ein Chaos übrig lassen. Man will niemand mehr sehen und von keinem mehr behelligt werden. Und ausgerechnet dann läuft einem einer über den Weg mit dem man nicht nur nicht gerechnet hat, sondern dem man sogar regelmäßig die Pest an den Hals wünscht. Die von der fiesen Sorte... mit Eiter, schwärenden Wunden und blutigem Auswurf.

Oder es meldete sich Enio! Genau der rief nämlich in diesem Moment der Trostlosigkeit an. Konnte man sich etwas schöneres vorstellen, wenn es einem komplett scheiße ging, als sich mit dem liebenswürdigen, verständnisvollen und warmherzigen Brujah zu unterhalten?
Aber vielleicht war Enio jedenfalls so etwas wie eine Konstante. Bei ihm wußte man wo man drann war. Meyye und er hatten sie noch nie gegenseitig über den Tisch gezogen oder auf irgendeine Art gegenseitig entäuscht oder betrogen. Jeder wußte das der andere ein Arschloch war und das er selbst von seinem Gegenüber für eines gehalten wurde. Was gab es da noch groß für Missverstädnnisse?
Aber trotz allen Konfrontationen und unterschiedlichen Zielen und Einstellungen, die die beiden schon immer hatten, war es ihnen immer gelungen zusammenzuarbeiten, wenn es eng wurde und wenn es um das Wohl der Stadt ging. Irgendwie sagte das doch auch etas aus. Und letztendlich war das wohl der Grund warum Enio überhaupt anrief... wie er es auch schon öfters getan hatte.
 
Meyye hält inne als sie schon halb durch die Tür ist und schaut zurück. Es ist beinahe als hätte eins ihrer Ohren gezuckt, aber es war nur ein leises Summen. So gut wie immer ist ihr Handy auf Vibration gestellt, weil fancy Klingeltöne einfach ungeil sind wenn sie verdunkelt durch die Stadt wandert oder in einem Versteck Werwölfe beobachtet. Das hat sie von Anfang an so gemacht; entgegen landläufiger Meinung muss sie nämlich nicht alles auf die harte Tour lernen.

Eine Weile verharrt sie etwas unentschlossen und sieht dem Gerät zu, wie es sich langsam aber sicher an den Rand der Ablagefläche vibriert. Soll sie überhaupt noch rangehen? Was kann jetzt noch wichtig sein? Sie ist so gut wie weg. Allerdings.. wenn sie jetzt schon nicht mehr erreicht wird, kommen sie vielleicht schon viel früher drauf dass sie weg ist als gut für sie wäre. Also kehrt sie um und schnappt das Gerät gerade als es über die Kante fällt. Sie drückt den Knopf und hält es an's Ohr ohne auf das Display zu schauen.

"Was?" fragt sie einfach. Enio hatte schon oft genug mit ihr zu tun und es wird ihm vermutlich auffallen.. irgendwie fehlt etwas. Da ist weder diese 'Wie kannst du es wagen mich anzurufen?'-Wut noch die schlichte 'Geh sterben!'-Verachtung, die so oft Meyyes eindrucksvollen Charme ausgemacht haben. Das Wort ist einfach nur ein Schatten seiner selbst.
 
Meyye bekam ohne weiteres mit, daß jemand am Apparat war, da die Hintergrundgeräusche undeutlich zu hören waren aber es kam eine kurze Pause bevor der Telefonpartner sich meldete. Die Pause benötigte Enio um kurz das Telefon vom Ohr zu nehmen und auf das Display zu schauen, da er sich nicht sicher war ob er sich verwählt hatte. Aber nein… die Nummer passte oder Meyye hatte ihr Handy verschenkt. Die niedergeschlagene Stimme am anderen Ende verwirrte den Brujah jedenfalls ein wenig aber er mußte wohl davon ausgehen, daß er die Gangrel am sprechenden Knochen hatte.

Auch wenn es sicher nicht beabsichtig war aber Meyyes Stimme hatte ihre Wirkung und aufgrund von irgenwelchen untoten Spiegelneuronen, über die sich jeder menschliche Wissenschaftler die Zähne ausbeißen würde, weil sie gar nicht existieren dürften – genauso wie Vampire übrigens – passte sich Enio irgendwie unbewußt dem Ton von Meyye an und eine sehr ungewohnte Milde schlich sich in seine Stimme. „Ähm… Enio hier. Ich bin seit heute wieder in Finstertal. Können wir uns kurz treffen?“ Wenn man sich eh treffen will brauch man je nicht noch ewig telefonieren und groß ausbreiten was man zu sagen hatte… jedenfalls als Mann!! Aber das würde Meyye in ihrem derzeitigen Zustand warscheinlich wenig Motivation geben den Verlauf des heutigen Abends komplett über den Haufen zu werfen. Aber einfach auflegen konnte auch gefährlich sein… der Brujah würde sie vielleicht sogar suchen, wenn es wichtig war was er von ihr wollte.
 
Solche Wartezeiten kündigen meistens nichts Gutes an, und so ist es auch diesmal.. der Anrufer lässt sich Zeit und stellt sich dann als Enio heraus. Bisher hat sie sich recht zivilisiert auf ihre Flucht aus Finstertal vorbereitet, aber jetzt wäre wohl der richtige Zeitpunkt, schreiend wegzulaufen. Er ist also wieder in der Stadt, das ist irgendwie der passende letzte Sargnagel auf dem ganzen.

Jetzt ist es Meyye, die eine Pause macht. Warum will er sich mit ihr treffen? Zweifellos ist sie nicht die erste, die er hier in Finstertal kontaktiert.. mehr wahrscheinlich ist, dass sie die letzte ist. Er wird also schon alles gehört haben.. wie die Kämpfe am Skilift und in der Mine ausgegangen sind, wie sie das Bündnis mit den Garou vermasselt hat, vielleicht sogar von ihrem heutigen Treffen mit Kiera. Es könnte durchaus eine Falle sein. "Warum?" fragt sie daher einfach mal in argwöhnischem Tonfall.
Natürlich, wenn es ne Falle is sagt er gleich: Na weil wir dir ne Falle stellen wollen. Hätt gleich auflegen sollen.
 
Eine berechtigte Frage! Nervig auf jeden Fall aber leider berechtigt. Es war ja nicht so, daß Enio Meyye zum ersten Mal angerufen hatte und um ein Treffen gebeten hatte. Bisher hatte sie nicht so argwöhnisch reagiert… ehr genervt, zickig, kampflustig. Aber letztendlich war die Frage doch noch so normal, daß sich der Brujah keine weiteren Gedanken darüber machte und sich vornahm sie einfach so gut wie möglich zu beantworten. Aber am besten ohne alles was er mit ihr bereden wollte schon am Telefon zu verzapfen.

„Zwei Dinge! Ersten ist morgen die… nennen wir es spaßeshalber mal Verhandlung gegen Buchet. Du hast viele Informationen, warst bei vielen Dingen die ihn belasten könnten dabei… auch damals als wir Ziege zum ersten Mal dingsfest gemacht haben und ich will bequasseln wo du stehst und ob du etwas beizutragen hast und willst. Ich will morgen nicht als einziger dastehen und mit dem Finger auf Buchet zeigen. Der Alte ist ein Idiot und hat bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Boden mit uns gewischt… ich hab da keinen Bock mehr drauf.“ Das Meyye kein großer Freund von Buchet war, war wohl für niemand ein Geheimnis aber womöglich war es für die Gangrel neu, daß Enio neuerdings ein Hühnchen mit dem Ex-Prinzen zu rupfen hatte. Oder es war halt doch nur eine Falle!

„Das andere ist… mir wurde gesagt, daß unser Verhältnis zu den Wölflingen nicht mehr dasselbe ist wie zu dem Zeitpunkt als ich die Stadt verlassen habe. Auserdem bahaupten alle das du es versaut hast. Ich weiß nicht warum, habe mir die Sicht der Archonten erspart und will deine Version hören.“ Enio hatte keinen Grund Meyye zu belügen und auch keinen Grund seine Worte auf irgendeine Weise in Watte zu packen oder zu verschönern. Das würde es für Meyye warscheinlich auch nicht erträglicher machen aber sie konnte vielleicht erahnen, daß Enio sie nicht angerufen hatte um unter fadenscheinigen Gründen ein Treffen mit ihr zu vereinbaren um sie dann über dem Lagerfeuer zu grillen. Das hätte man sicherlich rethorisch besser einfädel können als der Italiener gerade.
 
Ein wenig ungläubig fast hört sie dass es um die Verhandlung geht, die ihren Namen nicht verdient... wie er ja selbst feststellt. Und trotzdem will er sich da engagieren.. Meyye wusste schon immer, dass der Brujah zwar gern einen auf Mister Oberschlau macht, aber im Grunde seines Hirns eigentlich ein Trottel ist.
"Ernsthaft? Du willst da hingehen?" gibt sie ihrer Meinung dann auch Ausdruck. "Ich sag dir wie's ausgeht: Die Archonten-Obertrottel machen ne grosse Schau wie ernst und gerecht und toll sie sin', Buchet macht ne grosse Schau draus dass er der allerunschuldigste von allen is, vielleicht schiebt er noch einem von uns die Schuld zu, wer weiß, und die Archonten nicken weise und setzen ihn wieder als Prinz ein. Dann räumt er mit allen auf die zuviel drüber wissen was er so angestellt hat, und als allererstes nimmt er sich die vor, die sich bei seiner Persilschein-Ausstellung in die Schusslinie gestellt haben. Kotzbrocken Ziege is weg, sein Bild is weg, das Vernichtungsritual is weg... das Karussell dreht sich weiter."

Das ist ihre Ansicht, in der passend geharnischten Stimme vorgetragen, was noch eine Ecke schärfer und knapp-an-Raserei-vorbei mehr klingt als sie Ziege erwähnt... vermutlich der einzige den sie noch mehr hasst als Buchet (ja, Enio ist erst Platz 3... traurig, aber wahr). Wenn es etwas gäbe das sie noch hier halten könnte, dann eine reelle Chance, Buchet oder Ziege an den Karren zu fahren - oder am besten beiden (und Enio, damit er sich nicht so vernachlässigt fühlt). Erstaunlicherweise stellt sie gar nicht in Frage, dass Enio was gegen Buchet hat nach all der Scheisse durch die sie hindurchwaten mussten.. sie denkt wohl dass sogar ein Trottel auf den richtigen Trichter kommen musste.

"Was die Wölfe angeht, das stimmt. War das alles?" sagt sie einfach nur so kühl wie möglich. Was soll sie da auch noch groß darauf herumreiten. Enio hatte ohnehin schon länger das bessere Verhältnis zu den 'neuen' Garou, vielleicht kann er da noch was kitten. Sie geht das nichts mehr an, und sie will auch nicht darüber reden, das zumindest ist deutlich zu hören.
 
Enio verdrehte die Augen und hätte sich fast dazu hinreisen lassen eine Grimasse dem Telefon zu schneiden aber soweit war der Brujah doch noch nicht und hatte sich noch im Griff. Die Gangrel hatte eine typische Meyye-Antwort gegeben und Enio war geneigt eine typische Enio-Erwiederung anzusetzen und dann würde es ganz sicher ein typisches Enio-Meyye-Gespräch werden. Mit viel Vorwüfen und Unverständnis, wenig Entgegenkommen, Flexibilität und Verstehen aber vor allem ohne Resultat und einem Fortschritt. Der rote Schleier war immer etwas, daß zwischen Enio und Meyye eine Barriere bildetet und keiner schaffte es lange mit dem anderen zu reden ohne das einer von beiden oder meistens beide wütend wurden. Enio war nur bedingt in der Lage heute etwas anders zu sein als sonst aber er sah das Ziel vor Augen und wollte sich Mühe geben es zu verfolgen. Zumindest hatte er noch Ziele... die Gangrel hörte sich langsam an als ob sie keine mehr hatte und die Flinte ins Korn werfen wollte. Das war eigentlich sehr untypisch für sie. Irgendetwas war anders!

Enio bieb relativ ruhig. „Womöglich hast du recht. Ich denke, daß keiner hier glaubt, daß man Buchet anklagen, verurteilen und hinrichten wird. Das wäre wohl eher sehr untypisch für die Camarilla. Aber ich sehe trotzdem eine Chance dem Toreador auf die Finger zu hauen und ihm für die Zukunft Ketten anzulegen. Ich bin nicht der einzige in der Stadt der so denkt. Aber gut... wenn wir mit dir nicht mehr rechnen können. Es hört sich zumindest so an als ob du aufgegeben hast und dich ergibst. Ich für meinen Teil habe das nicht vor und ich habe auch keine Angst davor nachher auf Buchets Abschussliste zu stehen.“ Enio war klar, daß sich das Ganze in gewisser Weise nach Kindergartenrethorik anhörte aber es war das was er dachte und er hatte nunmal noch keinen Meyye-Überredungskurs besucht und wußte nicht welche Knöpfe man bei der Gangrel genau drücken mußte um das zu erreichen was man wollte.

Zu dem Thema Garou verhielt sich Meyye noch zickiger als es der Brujah erwartet hatte. Ihre Antwort war keine und das wußte sie. Enio wollte das nicht so stehen lassen und das obwohl er wußte, daß es sehr unwarscheinlich war etwas mehr aus ihr herauszulocken. Sie wollte womöglich nicht darüber reden aber Enio hielt es für sein Recht etwas darüber zu erfahren. Mehr als jemals zuvor. „Nein das war nicht ALLES! Verdammt Meyye... Als ich gegangen bin habe ich DICH weiterempfohlen um sich der Sache mit den Garou anzunehmen und mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Ich habe gedacht du hast das im Griff und hättest sogar so etwas wie Interesse daran. Es ist mir verflucht schwer gefallen diese Schritte mit meinen ehemaligen Feinden zu gehen und ich habe mich bei der Sache... bewegt.“ Tatsächlich würde es verändert noch mehr treffen. Bis Finstertal hatte Enio immer nur gegen die Wölflingen gekämpft und noch niemals zuvor mit ihnen zusammen. Enio hatte seither sehr viel dazugelernt aber die Gangrel offenbar nicht. Das war bitter und gab einem immer mehr das Gefühl in einer Sackgasse zu stecken. „Also warum zur Hölle glaubst du das ich nicht ein bißchen mehr darüber erfahren sollte was aus dem geworden ist was ich DIR hinterlassen habe Hmm?“ Die Frage war berechtigt. Ob die Gangrel darauf eingehen würde oder jetzt einfach wütend auflegen war unklar. Enio rechnete eher mit Letzterem.
 
Soll er doch daraus machen was er will. Sie ist so gut wie weg. Wenn er dableiben will und sich mit dem Evil Mastermind kloppen, dann bitte, wie auch immer es ausgeht, es erwischt keinen Falschen. Eigentlich ist das ein Motto, das für ganz Finstertal gilt. Wobei... wo Alexander Stahl abgeblieben ist, weiß sie nicht, aber dass er sich schon länger nicht mehr hat sehen lassen deutet darauf hin dass er was Schlaues getan und sich abgesetzt hat. Und Jenny... aber die kann auf sich selbst aufpassen, und sie hat sich nie in diese verdammten Bonzenspinnfäden verstricken lassen.

Dass er ihr recht gibt ist immerhin ungewöhnlich. Vielleicht sollte sie sich den Tag rot im Kalender anstreichen, aber sie nimmt keinen Kalender mit. Ihm auf die Finger hauen... schön wär's. Aber das gibt nicht den Ausschlag; und wer sagt dass man bei Meyye nicht von Zeit zu Zeit mit Kindergartenrhetorik weiterkommt?
"Von wegen ergeben." knurrt sie, was bedeutet dass Enio schonmal einen Knopf gefunden hat.. ob es einer der richtigen ist, wird sich noch zeigen. Ich zeig denen ein letztesmal den Finger, und dann bin ich weg! Aber das klingt sogar als sie es nur denkt schon schal. "Und Angst hab ich schon zweimal nich, ich mach bloß kein' Selbstmord für ne sinnlose Sache."

Und wenn sie doch was machen können? Er hat gesagt er ist nicht der einzige. Sie überlegt schon ob sie nachfragen oder sich doch mit ihm treffen will, aber dann reitet er auf der Sache mit den Garou herum. Und seine Worte versetzen ihm den ein oder anderen Stich, aber auch das kann sie natürlich unmöglich zugeben. Er hat sich in die richtige Richtung bewegt... und sie sich in die falsche, obwohl sie glaubte, alles richtig zu machen. Alles geht zum Teufel, und ich weiß nicht warum.
"Weil's da nix zu sagen gibt!" antwortet sie patzig. "Weiß nich ob du's gemerkt hast; aber den gemeinsamen Feind gibt's nich mehr! Die haben immer klipp und klar gesagt dass sie mit uns nix am Hut haben wollen, wir sin' jetz wieder die Draugar für die. Freunde waren wir nie, und Respekt... naja, vielleicht reissen sie dir ganz respektvoll den Kopf ab wenn'de zu denen gehst, vielleicht reden sie vorher noch 'n paar Worte mit dir... kannst es ja gern mal versuchen, bist herzlich eingeladen. Ach ja, und eins noch.. DU hast mir NIX hinterlassen, ich hab dich mitgenommen in MEINE Welt als du zum erstenmal mit ner Garou geredet hast anstatt sofort zerrissen zu werden! Das Dummgesülze kannste vergessen, das zeigt mir bloß dass'de immer noch kein Hirn hast. Verpiss dich!" Und damit legt sie auf.

Danach starrt sie das vermaledeite Gerät nochmal ein Weilchen an. Ja, wenn sie es objektiv betrachtet und nicht von Enio gesagt bekommt, kann sie zugeben dass sie aufgegeben hat. Warum auch nicht. Langsam aber sicher hat die Welt alles weggepflückt was ihr zwischendurch unverhofft zuteil geworden war, und als sie ihr noch Julian entrissen hat, war das sowas wie der Todesstoß. Nichts hat mehr einen Sinn, da kann sie auch gleich tabula rasa machen und verschwinden. Buchet und Ziege noch den Garaus zu machen... wär schon toll, aber wie soll das gehen? Natürlich kann's sein, dass andere mehr wissen als sie. Wer würde ihr schon mehr als nötig sagen.

Gerade kommt sie zu der Erkenntnis, dass sie eigentlich Zeit verschwendet und längst in der Luft sein könnte, als das verfluchte Ding nochmal zu elektronischem Leben erwacht. SMS... von Helena. Buchet-Fan Nummer Eins, was kann die wollen? Ein Schlag gegen Ziege? Von der? Wahrscheinlich nicht ihr allein.. vielleicht eine von denen die Enio erwähnt hat, und vielleicht wissen sie wirklich was. Wo Ziege ist. Wo das Bild ist. Wo das Ritual ist. Vielleicht... sollte sie sich das zumindest mal anhören. Danach kann sie ja immer noch abhauen. Es hat keine Eile. Sie weiß ja bisher noch nichtmal wann ihr eigenes kleines Tribunal stattfinden soll.

Sie antwortet nicht Helena, sondern Enio, was ihn vermutlich durchaus überraschen wird. Eine Textnachricht:
Stadtpark Südeingang in 10 min

Friss, Vogel, oder stirb.
 
Enio kam nicht mehr zu Wort. Irgendwie hatte er damit gerechnet. Die Gangrel wirkte jedenfalls etwas betroffen. Nicht sonderlich wegen der Anspielung auf das Aufgeben aber doch etwas mehr wegen der Sache mit den Garou. Sie hatte jedenfalls auf beides reagiert. Auf Letzteres mit einem gewissen Eskalationspotential. Das war zwar gut aber leider hatte es nichts gebracht. Sie hatte trotzdem aufgelegt.

Enio legte mit einem leisen Seufzen das Telefon beiseite. Und nun? Die Gangrel mußte er wohl abschreiben. Das war zwar schade aber trotzdem einkalkuliert. Der Anruf hatte ein gewisses Maß an Sinnlosigkeit schon im Vorfeld besessen.

Nur ein paar Minuten des Schweigens und unbeweglich Herumsitzens benötigte es und plötzlich kam eine SMS rein. Geistig müde und genervt sah der Brujah-Ahn auf das Display. Überraschung! Meyye wollte sich doch mit ihm treffen? Bei ihr hieß verpiß dich offenbar nicht das gleiche wie bei Enio. Die Gangrel verhielt sich manchmal ebenso sprunghaft wie Jenny.

Enio zog seine Jacke an und machte sich auf den Weg. Eine Antwort schrieb er nicht mehr. Wozu auch? Auf dem Weg machte sich Enio Gedanken wie das Treffen ablaufen könnte. Der Brujah blieb auf der Hut. Meyye könnte auch ausgerastet sein nachdem sie aufgelegt hatte und dann kurzerhand entschieden haben ihren alten Widersacher zu treffen um ihn endgültig verschwinden zu lassen. Enio wußte um die Gefährlichkeit der Gangrel und hatte großen Respekt vor ihren Fertigkeiten im Kampf. Aber bei solchen Sachen war er immer noch Krieger. Man geht eben da hin wo es gefährlich sein könnte und stellt sich dem was kommt. Zu irgendetwas mußte man ja schließlich taugen. Schöne Verse schreiben oder Blumen binden konnte Enio nicht. Aber er konnte kämpfen und deshalb ging er dort hin wo es auch zu einem Kampf kommen könnte. Nicht laut und johlend wie es vielleicht Jenny machen würde… aber leise, stumm und vor allem vorbereitet.

Enio hatte wieder einmal das Auto von Philipp geliehen. Er hatte wie immer nicht nachgefragt aber trotzdem darauf hingewiesen, daß es auch für Enio nicht verkehrt wäre sich endlich mal ein Auto zu kaufen. Enio empfand das er recht gehabt hatte.
Ein paar Minuten später war er am Südeingang. Was nun Zicke vom Clan des Tiers? Wirst du über mich herfallen, willst du dich mit mir treffen um mich anzuschreien oder willst du heute Nacht zur Abwechslung dein Gehirn benutzen?

Der Italiener verzichtete darauf sich eine Kippe anzuzünden. Er stand im Dunkeln und wartete. Die Arme am Körper herabhängend und in einer Hand – schwer bis fast gar nicht erkennbar – eine bereits gezogene Klinge, die paralell zu seinem Unterarm an den Körper gepresst war.
 
Natürlich bedeutet Verpiss dich! in Meyyes Sprache dasselbe wie in der Enios... wobei, vermutlich noch was viel Schlimmeres. Aber eine Frau darf ihre Meinung ändern, und das durchaus auch radikal. Und auch wenn sie ihm zutrauen würde dass es an seiner charismatischen, durch das Telefon übertragbaren Ausstrahlung liegt, ist nicht er der Grund dass sie sich jetzt auf das Treffen eingeht. Nein, nichtmal Helenas Kurznachricht. Der eigentliche Grund liegt zerfetzt und zerknüllt in ihrem Papierkorb, verspricht fünf Millionen Euro und sonstige Märchenpreise und war der Tropfen, der ein schon seit langem überlaufendes Faß daran erinnert hat, dass es noch viel mehr überlaufen sollte.

Sie hat es ja auch nicht weit zum Stadtpark und muss sich dafür nichtmal in einen Vogel verwandeln. Doch obwohl sie für überhöhte Geschwindigkeiten berüchtigt ist, kommt sie 3 Minuten und 54 Sekunden zu spät... was bestimmt auch pure Absicht ist. Es liegt sicher auch daran, dass sie erst einmal ungesehen in den Schatten der Bäume herumschleichen muss und sich vergewissern, dass Enio allein gekommen ist. Als sie zufrieden ist (naja.. ein relativer Begriff), kommt sie von der Seite auf ihn zu, und er bemerkt sie erst als sie schon viel näher ist als ihm lieb sein kann.

"Also, was hast du?" fragt sie und irgendwie scheint Leben in die Stimme zurückgekehrt zu sein.. wenn Leben einen Unterton von 'Als wenn ich von DIR irgendwas erwarten könnte...' bedeutet.
 
Die Annäherung war plötzlich aber schien auf den ersten Blick nicht feindselig... oder zumindest nicht akut gefährlich. Enio blieb auf der Hut. Meyye war launisch wie des Teufels Schwiegermutter und Enio würde sich auch mit der nur unterhalten wenn es sein müßte.

Meyye kam gleich zur Sache. So war das mit Enio und Meyye normalerweise immer. Das lag wohl daran, daß die beiden sich eigentlich nie etwas zu sagen hatten was über den Austausch von Fakten, fiesen Kommentaren oder Beleidigungen hinaus ging. Wie sollte man das ein Aufeinandertreffen auch groß rethorisch aufbessern oder in die Länge ziehen?

Immer noch die Klinge verbergend begann der Brujah zu sprechen. „Ich habe mich heute mit einigen Leuten in Finstertal unterhalten und eigentlich sind alle einer Meinung. Ziege muß weg... komme was wolle. Vorher wird hier keine Ruhe mehr einkehren oder sowas wie Normalzustand. Genauso denken viele, daß Buchet das nicht zulassen will und wird. Sogar diejenige, die immer noch dem Toreador die Fahnenstange halten wollen, glauben nicht, daß Buchet sein Verhalten ändern wird solange er wie besessen hinter dem Geheimnis des Wiedergängers her ist.“ Ohne es aussprechen zu müssen war Enio fest davon überzeugt, daß Meyye ebenso wie er daran interessiert war den ehemaligen Helfeshelfer von Zacharii in die Hölle zu befördern. Sie hatte mit ihm mindestens genausoviel durchgemacht wie Enio selbst.

„Es gibt ein paar Finstertaler – unter anderem sogar überraschendeweise der Sheriff selbst – die eine Alternative in Erwägung ziehen würden und diese auch unterstützen wollen. Jemand mit einem gewissen Unsicherheitspotential und dubioser Vergangenheit. Die Rede ist von Noir.“ Mehr gab es vorerst nicht. Meyye sollte zuerst ihre Gesprächbereitschaft siganlisieren. Wenn sie jetzt gleich mit Hasstiraden auf das Kind von Buchet loslegen würde und Enio einen Idioten schimpfen würde, dann war diese Unterhaltung so schnell vorbei wie sie angefangen hatte.
 
Meyye behält die Hände ganz lässig in den Jackentaschen.. was bedeuten könnte dass sie ihre Trotzphase überwunden hat oder dass sie darin Krallen verbirgt. Das hat sie in Enios Gegenwart noch nicht so gemacht, aber wenn er schon eine Waffe versteckt, könnte sie das auch tun. Und eins ist ja wohl sicher.. der Teufel würde seine Hochzeit abblasen und seine Braut in den Wind schießen, wenn er erkennt dass er dann Meyye zur Schwiegermutter bekäme (das ist auch gut so, denn das würde wohl Nikita Crow zur Braut machen, und das wünscht ihr doch auch keiner...).

Natürlich kommt sie gleich zur Sache. So ein Zusammensein mit Enio muss nun wirklich nicht künstlich in die Länge gezogen werden. Sie hört sich also mal an, was er zu sagen hat. Gut.. das hört sich ja fast wirklich so an als wären die Finstertaler, was Buchet angeht, aufgewacht... fragt sich nur ob das reichen wird, ihn vom Thron fernzuhalten, denn dahingehend haben nicht die Stadtbewohner das Sagen sondern die camarillaweite Mauschel- und Intrigenpolitik. Wobei... dieser GAM (Grösster Anzunehmender Maskeradebruch) den er da fabriziert hat muss doch auch die mal aus dem Tiefschlaf wecken? Wie auch immer... richtig ist natürlich auch, dass Ziege und Bonzchet auf ihrer persönlichen Abschussliste verbissen um den ersten Platz kämpfen, und sie auf jeden Fall dafür ist, dem wirklich das Licht auszublasen. Um Buchets weiterhin irre Parteigänger kann person sich später kümmern.

Sie runzelt die Stirn als sie von der Alternative hört... Noir, Buchets Angetraute. Die Frau allerdings, die in der Zacharii-Krise alles gemanagt hat, als die Kacke am Dampfen war.. die ausserdem massiv geholfen hat ihn zu besiegen. Oder war das die Portugisische Witwe gewesen? Es ist irgendwie nicht leicht, da noch durchzublicken. Und sie ahnt dass das auch in Zukunft nicht leicht wird. "Kann die sich gegen ihren Göttergatten denn durchsetzen?" fragt sie, noch immer skeptisch.
 
Enio zuckte mit den Schultern. Als ob er sich diese Frage nicht schon selbst oft genug in den letzten paar Stunden gestellt hatte. Diese und andere, die sich mit der Glaubwürdigkeit und dem Durchsetzungsvermögen der Toreador - oder was immer sie genau war – beschäftigte. Dort lagen die Risiken und an dieser Stelle würde der Plan gelingen oder vor die Hunde gehen.

Jetzt war es so, daß sich Meyye momentan mit demjenigen unterhielt der mit hoher Warscheinlichkeit zu den sehr schlecht Informierten in Sachen Noir gehörten und viele andere zu diesem Zeitpunkt viel mehr in die Tiefe gegangen waren was eventuelle Pläne anging und die Komplexität der Intrige. Wenn man sie denn überhaupt so nennen konnte.
Aber der Brujah drückte sich wenigstens so aus das man es verstand... auch wenn einem nicht immer passte was er zu sagen hatte oder es einen nervte auf welche Weise man von ihm nicht angelogen wurde.

„Tja... das und noch eine weitere Frage wird das Interessanteste daran und birg das größte Risiko. Kann sie sich gegen ihn behaupten und... ist sie wirklich das was sie vorzugeben scheint und nicht ein noch größeres Übel. Ich für meinen Teil sehe das momentan sehr pragmatisch und einfach. Wenn eine Mehrheit der Finstertaler sich hinter Noir stellt wird dem alten Toreador warscheinlich das Gesicht vom Kopf fallen. Er und die Archonten werden jedenfalls sehen, daß wir keinen Bock auf einen Schauprozess haben und murrend aber mit eingezogenem Schwanz jedes Urteil akzeptieren werden. Buchet hat sein Vertrauen verspielt und das bei so ziemlich jedem, der irgendwann einmal an ihn geglaubt hat. Inklusive seiner Frau und Kind. Die Scheiße mit Zacharii hat den Bogen überspannt. Selbst wenn Noir sich nicht gegen ihn behaupten kann, wird es unmöglich für ihn sein einfach so die Herrschaft über die Stadt zu übernehmen. Was hat ein Prinz schon Wert, wenn niemand ihm Loyalität schuldet und keiner mit ihm zusammenarbeiten will? Das ist unter Garantie nicht die Form von Stabilität, die der Camarilla vorschwebt. Das Ganze aber... funktioniert nur, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Sonst sind wir alle am Arsch!“

Blieb natürlich immer noch die Frage offen was wäre, wenn Noir die große, böse Obertante mit Masterplan war und alle total übel einseifte. Sie wären viel mehr als am Arsch.
 
Hat schon mal jemand behauptet, es wäre einfach in Finstertal? Vermutlich nur um einen Witz zu machen oder sarkastisch zu sein. Noir ist das Kind des Prinzen und zugleich die Angetraute, aber vielleicht ja auch nicht mehr sondern ein Mischmasch aus Persönlichkeiten, mindestens drei an der Zahl, wobei mit dem Ende der Witwe eine gegangen ist - oder noch ein Stück Zach mit dazugekommen ist. Meyye würde inzwischen bei weitem keine Wetten mehr darauf abschließen, wie es in der ehemaligen Schauspielerin wirklich aussieht. Nach dem Bock machen sie da vielleicht sogar den Endlagerstandortsucher zum Gärtner.

Andererseits, wenn sie Buchet jetzt nicht loswerden, wie und wann werden sie ihn noch los? Wenn Noir Scheisse baut ist es recht einfach, mit dem Finger auf sie zu zeigen und sie ein Buchet-Marionettchen, Witwen-Vehikel, verkappte Seelenfresserin oder sonst was zu nennen. Zu dem Schluss kommt sie bei Enios Rede und zuckt nun ihrerseits die Schultern. "Wenn's drauf ankommt werden wir die leichter wieder los als Buchet, wenn der mal wieder im Sattel sitzt. Noir kriegt meine Stimme." sagt sie, nicht ohne eine gewisse Ironie, denn sie hat keine Stimme mehr.. nicht in dem Gremium, auf das es morgen ankommt.

"Okay, was is jetz mit Ziege? Er is weg, das Bild is weg, das Buch is weg. Habt ihr schon 'nen Plan oder sin' das alles bloß gute Absichten bis jetz?" Offenbar sind da ja doch einige Dinge gelaufen in der Schnelle, die irgendwas bringen könnten. Und das sogar ohne sie, sie ist ja fast stolz auf ihre Finstertaler (aber nur mit Sarkasmus-Schild).
 
Seit wann stellte die Gangrel so gute Fragen? Das mußte aufhören!
Aber Enio war ja nicht ganz mit leeren Händen gekommen und er konnte auch getrost auf andere verweisen, die ihr mehr erklären konnten. Lurker zum Beispiel. Oh sie würde es lieben, wenn die wüßte, daß der Nosferatu auch einer der Konspiranten war mit dem Meyye dann an einem Strick ziehen durfte. Aber nein... man sollte jetzt ja nicht gleich alle Überraschungen auf einmal raushauen. Auserdem hatte Enio weiterhin vor Meyye mit im Spiel zu halten. Daher sammelte er kurz alles Gesagt und Besprochene und kam zu dem Entschluß, daß es sicher war, daß Lena Buchet das Bild vernichten konnte. Als gesicherte Information sah Enio das selbst nicht aber das gehörte nunmal ebenfalls zum Risikoanteil. Sie bewegten sich hier tatsächlich inmitten lauter guter Vorsätze, die alle wie ein Haus aus kantigen und rassiermesserscharfen Karten zusammenfallen konnte. Aber jetzt erschien es Enio irgendwie zu spät um die vielen Wenn und Aber umherzuwälzen. Die Gangrel hatte im Verlauf des Gesprächs den Eindruck erweckt als wenn wieder etwas Leben und Kampfgeist in sie gefahren wäre. Damit war sie zwar noch nerviger als sonst aber wenigsten zu etwas zu gebrauchen.

„Wir haben das Bid nicht aber Noir weiß angeblich wie man es vernichten kann und will das auch tun. Wie genau wir an das Bild kommen... muß ich gerade passen aber ich bin auch erst vorhin wieder hier angekommen und habe noch viele Informationslücken.“ Aber ich bin der einzige, der dich aufgesucht hat... ist es nicht so? Enio wußte das nicht mit Sicherheit aber er durfte ja auch mal pokern. „Mit Gewissheit weiß ich aber wer Ziege momentan hat und wer ihn an niemand herausrücken wird.“ Zähne blitzten kurz in der Dunkelheit auf. Es könnte ein Grinsen gewesen sein.

„Viele Informationen laufen gerade beim Sheriff zusammen. Er hat sich auch selbst mit Noir unterhalten. Falls das Ganze ein Trick sein soll, dann wüßte ich nicht wohin er führen solllte und zu was er nützlich sein wird. Er wikte jedenfalls ernsthaft... vergrätzt was Buchet angeht. Aber scheiß drauf... wir werden es ja erfahren. Er kann dir auf jeden Fall etwas mehr erzählen wie genau das ganze ablaufen soll. Faierweise muß ich wohl dazu sagen, daß ich selbst ihm noch nicht zugesagt habe, daß ich mitmache. Ich wollte mich zuerst noch mit ein paar anderen... alteingesessenen Finstertalern unterhalten... unter anderem mit dir.“ Oh wow... gleich fielen sie sich in die Arme und er würde ihr gestehen, daß er es war, der ihr in der 3.Klasse Kaugummi ins Haar geschmiert hatte.

Aber nein natürlich nicht! Enio und Meyye würden wohl immer nur einen gemeinsamen Feind oder wichtige gemeinsame Interessen brauchen um auf der selben Spur zu laufen.
„Apropos Stimme. Du hast selbst genug Mist mit Buchet und vor allem Ziege mitgemacht auserdem bist du auch eine von denen, die schon früher gegen Zacharii gekämpft haben. Nach meiner Meinung ist im Prinzip durch sein Verhalten Buchet auch dafür ein Stück weit verantwortlich. Du warst bei Zieges Geständnis mit dabei nachdem wir die große Fenstermalerei unter dem Dom gefunden haben. Du warst in Buchets Keller und hast das Bild in Händen gehalten. Du wars in allen merkwürdigen Traumebene von Zach mit dabei und du hast auch gegen diesen Dämon gekämpft. Also wie sieht es aus... ich bräuchte jemand wie dich um Morgen gegen Buchet auszusagen. Davon ausgehend, daß du keine weiche Knie in Gegenwart der beiden Archonten und Buchet selbst bekommst und nur noch unzusammenhänge Grüze vor dich hin stammelst.“ Da war sie wieder... die Kindergartenrethorik.
Meyye hatte eine Chance morgen reinen Tisch zu machen und alles los zu werden was sie los werden wollte. Die Gangrel war einer der wenigen bei denen sich Enio sicher war, daß sie kein Blatt vor den Mund nehmen würde und sich von irgendetwas beeindrucken lassen würde.
 
Meyye ist geübt darin, unangenehme Fragen zu stellen, manchmal sind die sogar gut. Auch eine blinde Gangrel mit Huhnverwandlung säuft mal ein Korn, oder so. Was nun Lurkers Teilnahme angeht.. das hat doch auch in der Vergangenheit recht gut geklappt, mit ihm am selben Strang zu ziehen. Solange der Strang lang genug ist und sie weit genug von einander entfernt, um sich nicht gegenseitig zur Kenntnis nehmen zu müssen. Wäre eigentlich auch mal ein gutes Rezept für den Umgang mit Enio, andererseits sind sie wohl beide eher von der Sorte, die sich lieber von Angesicht zu Angesicht angiftet, anstatt so zu tun als könnten sie sich ignorieren. Was das nun für Lurker und sie bedeutet, so weit sind ihre Gedankengänge in diesem komplexen Themenfeld noch nicht gediehen (ehrlich gesagt sind die noch beim Korn).

Das Bild vernichten kann also Noir... aha, gute Sache. Oooder... sie gibt es halt ihrem Angetrauten und diese ganze Sache dient nur dazu, das Bild für Buchet zu sichern, weil es im Augenblick... Johardo hat? Und der Mit-Mistkerl der eigentlich morgen neben Buchet sitzen sollte hat sich verzogen. "Warschau, wenn'de mich fragst." wirft sie dann auch kurz ein als es um den Aufenthaltsort des Bildes geht. Da ist der Lord ja inzwischen und macht für die Tremere irgendwas Großkotziges mit Titel... sie hat vergessen was das für einer ist. "Genau wissen das wohl bloß Johardo und sein steinernes Schoßhündchen." Auch jemand mit dem sie noch eine Rechnung offen hat...

Die Andeutung wegen Ziege sitzt. Sie hebt die Brauen und sieht Enio weniger feindselig und umso durchdringender an. Nee, oder? Er hat Ziege eingesackt? Die erste gute Nachricht heute... oder überhaupt in letzter Zeit. Denn dass Enio kein Freund des Kotzbrockens ist und es ehrlich meint mit der Suche nach einer Möglichkeit, ihn zu töten, kann sie ihm ohne weitere Überprüfung glauben, ganz egal was sie sonst von ihm hält. Der neue Sheriff, hm... der muss ja nicht eingeweiht sein in das was Noir wirklich plant, wenn es was Mieses ist. "Vielleicht will Buchet über Noir nur sein Bild wiederkriegen." gibt sie dann mal ihre Bedenken preis. "Muss nich sein, dass der Sheriff da eingeweiht is. Wir müssen ihr ganz genau auf die Finger schaun, wenn sie ihren Hokuspokus abzieht." Ach, es gibt jetzt schon ein Wir?

Das mit dem Kaugummi würde ja einiges erklären. Unbewusst erinnert sie sich wohl daran und streckt Enio deswegen immer wieder die Zunge raus. Aber momentan nicht... momentan hört sie sich an was er zu sagen hat und auf seine Überzeugungskraft sollte er nicht allzu viel geben... aber vielleicht darauf, wie er sie daran erinnert wieviel Wut und Hass sie eigentlich noch gegen gewisse Personen im Inneren aufgestaut hat und wie sie ihnen am meisten schaden kann. Ziege weg, Buchets Unlebensinhalt perdu... das würde ihr auf jeden Fall gefallen. Und den Archonten geigen was eine echte Finstertalerin dank der Prinzenkanaille alles durchgemacht hat bevor sie gekommen sind um scheinheilig die Krümel einzusammeln und was für ein Schwachmatenverein die Camarilla wäre wenn sie ihn wirklich wieder auf den Thron setzen würde? Meyye zeigt die Zähne... es ist so eine Art Lächeln, aber auch wieder nicht, am Ende seiner Rede, und sie ignoriert sogar großmütig seinen nun doch recht ungenügenden Provokationsversuch. "Not only yeah, but hell yeah."
 
Das mit Warschau ist zwar für Enio nichts Neues mehr aber er bezweifelt, daß das Bild immer noch dort ist. Das wiederum war aber lediglich eine Schlußfolgerung aus den aktuellen Geschehnissen beziehungsweise Gesprächen. Letztendlich hofft er, daß die Suche nach dem Bild einfacher wurde als der ganze andere Mist. Aber dabei würde der Brujah sich wohl oder übel auf andere verlassen müssen und das fiel ihm schwer genug. Als Meyye Johrado erwähnt wird Enio wieder klar, daß morgen definitiv einer zu wenig auf der Anklagebank saß. „Ja… Johardo sollte eine mit verpasst bekommen. Aber wer weiß… vielleicht fallen Weihnachten und Ostern ja irgendwann ja mal auf den gleichen Tag und wir erleben das auch noch.“ Die Hoffnung starb ja bekanntermaßen zuletzt aber Enio wollte sich einfach nicht der rosaroten-Brillen-Version hingeben, daß Lord Oberwichtig auch vor irgendein Gericht gezerrt wurde.

Meyye hat die gleichen Bedenken wie Enio. Oder zumindest teilweise. Enio hatte nämlich noch viel mehr Bedenken und sah mindestens noch 100 weitere Versionen wie man sie mit der Sache durch und durch verarschen könnte. Aber wozu jetzt unnötig Pessimismus verstreuen? „Ja das müssen wir. Wie gesagt… eine große Portion Risiko ist bei der ganzen Sache mit dabei. Wir müssen wohl auch dem Sheriff selbst ein wenig auf die Finger schauen, denn ich kenne ihn leider erst viel zu kurz um behaupten zu können… das er definitiv koscher ist.“ Ein lustiges aber unbeabsichtigtes Wortspiel, wenn man bedachte, daß ben Levy Jude war.
Die Vorgehensweise und der Plan war im Gunde grotesk aber alles beruhte auf der total schlechten und inakzeptablen Alternative dazu. Und die war Buchet ungeschoren davon kommen zu lassen und ihn danach wieder auf dem Finstertaler Thron sitzen zu sehen.

Aus Meyyes letzter Reaktion schöpfte Enio soetwas wie Hoffnung für den Moment. Wenn jemand so starrköpfiges und kurzsichtiges wie Meyye einlenken konnte und sogar kurzfrisitig für ein vernünftiges Gespräch bereit war, dann war wohl doch nicht Hopfen und Malz in dieser Nacht verloren und wer weiß… vielleicht fällt ja in Finstertal doch noch Weihnachten auf Ostern. Im Moment wollte der Italiener jedenfalls dran glauben.

„Ausgezeichnet! Die Verhandlung beginnt ja um 23:00 Uhr. Komm einfach um die Zeit zur Akademie und falls dich irgendjemand abwimmel will, sag einfach das du als Zeuge eingeladen wurdest.“ Enio war sogar so vorsichtig und vermied das Wort vorgeladen. Man mußte den Bogen ja nicht überspannen.

Eigentlich waren sie hier fertig oder? Enio machte einen Schritt Rückwärts um seinen Abgang anzudeuten. Die Gangrel hatte sicherlich auch nichts mehr zu sagen. Morgen würde die Nacht sein an der viel gesprochen wurde. „Vielleicht haben wir ja ein bißchen Dusel und es geht morgen nicht so viel schief wie sonst oft. Bis dann!“ Das könnte das neue finstertaler Credo werden. Nicht pessimistisch sondern realistisch und geprägt von vielen Nächten des Wahnsinns und der Kunst des Überdauerns.
 
"Und wenn nich dann stellen wir halt den Kalender um." sagt sie erstmal nur trocken und das ist auch so eine gute Absicht... Johardo doch noch irgendwann dranzukriegen, am Weihnachts-Ostertag. Da sie sowieso nach Warschau müssen, davon geht Meyye jedenfalls nach wie vor aus weil sie keine anderen Informationen hat (und sich keinen Grund denken kann warum das Bild, das sie schon einmal fast gekriegt hätte, wieder in Finstertal weilen sollte wo es Gangrel gibt denen nicht mal der prinzliche Akademiekeller heilig ist), lässt sich vielleicht das angenehm-nützliche mit dem anderen angenehm-nützlichen verbinden.

Sie nickt nur, mehr als einverstanden dass so gut wie allen auf die Finger geschaut wird die da behaupten, sie würden jetzt mithelfen. Sie kennt den Sheriff auch nicht gut... ein ganz nettes Gespräch im Auto noch während der Zacharii-Sache ist wie die Schwalbe, die noch keinen Sommer macht. Wer weiß schon, was der wirklich vorhat. Er hat gegen Zach und die Werwölfe gekämpft, aber das haben Noir und die Archonten auch, und erstere hat sich als Witwen-Steigbügelhalterin entpuppt, zweitere als... naja, Archonten. Das sagt ja alles.

Also mal die Verhandlung anschauen und sich wieder beliebt machen bei Oliver Buchet - über die Zeit sollte sie bewiesen haben, dass sie genau das am allerbesten kann. Wer sie abwimmeln will... sollte sowieso gut gepolstert sein. Und damit ist alles gesagt, was es wert war gesagt zu werden. Viel mehr als Meyye gedacht hätte. Seinen Ansatz zum Rückzug nimmt sie daher einfach als Signal, dass sie jetzt endlich auch gehen kann. Sie hat die Jagd gestern ein wenig vernachlässigt... das sollte sie jetzt nachholen. Für seinen ungewöhnlichen Regenbogenanfall von Optimismus erntet er noch einen schrägen Blick, dann sagt sie nur neutral: "Bis dann.", dreht sich um und verschwindet wieder im Park.
 
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