[12.05.] Einen schlechten Menschen zu fangen...

Woher sollte Jack denn auch wissen, dass hier eine Artverwandte vor ihm stand? Einen Moment zuvor war er im Begriff das Gebäude abzureißen.

"Es tut mir aufrichtig Leid, wenn ich Sie beleidigt haben sollte. Aber hier geht es um eine private Angelegenheit von hoher Wichtigkeit. Ich dachte, dass Sie bloß Geld wollten und uns dann in Ruhe lassen würden. Wenn dem nicht so ist, entschuldige ich mich dafür."

Jack war nun völlig verwirrt. Was war denn hier los? Vor nicht einmal dreißig Sekunden wollte er den ganzen Häuserblock niederreißen.
 
Aus einem der Fenster auf der anderen Straßenseite ertönte eine frustriert klingende Männerstimme: "Verdammt noch eins, es ist mitten in der Nacht und normale berufstätige Menschen versuchen zu schlafen, geben Sie endlich Ruhe dort unten oder ich rufe die Polizei!"
 
Dumm wie Bohnenstroh, aber jetzt den Hals retten wollen... Die mochte sie besonders gerne !

"Das sollte es auch !" knurrte sie, als der Kerl aus einem der Gebäude dazwischenbrüllte.

"JAJA !" rief sie zurück. Eine dieser beiden Witzfiguren war besser Hal Black, ansonsten würde es was geben... Der Bordsteinschwalbentyp fiel aus, blieb noch der andere.
Abwartend sah sie diesen an. Sagte er was falsches, hieße das, daß die Kanalratte sie versetzt hatte, und das war keine erfreuliche Aussicht für jeden Beteiligten.
 
Katharina konnte den Anwohner förmlich murmel hören "Jaja bedeutet leck mich am Arsch!" während dessen Fenster lautstark zugeknallt wurde. Das Licht in der Wohnung verlosch aber nicht.
 
So ein verdammter Scheiß ! Verdammter Scheiß ! Allmählich besteht die Möglichkeit, daß die Nachbarn aufmerksam werden und die Bullen rufen... Kann ich gar nicht gebrauchen...

Mit einem leicht verzerrten Grinsen begann Hal sich von dem Haus entfernen und bedeutete den beiden, ihm zu folgen. Als eine sichere Entfernung erreicht war und sie beieinander standen, nahm er sich die Zeit, die beiden vorzustellen.

"Jack, das ist Frau Zimmermann, ich habe ihr die gleiche Nachricht geschrieben wie dir. Frau Zimmermann, das ist Jack, ein Bekannter von mir. So, jetzt kommen wir alle erst einmal runter und überlegen, wie wir jetzt dierichtigen Maßnahmen ergreifen... Mit etwas Pech haben wir bald die Bullen auf dem Hals oder Schlimmeres, daher sollten wir uns überlegen, wie wir in das Haus kommen und das Ding noch retten. Also, Vorschläge ?"
 
Jack folgte aufs Wort und hörte Hal zu.

"Frau Zimmermann? Ich muss mich aufrichtig entschuldigen, doch ich hielt Sie für ein Abelskind. Aber nun wo wir hier sind... Warten wir doch eine Viertelstunde bis die Luft rein ist. Dann gehe ich zum Apartment und räume auf. Wo ist das Problem?"

Jack flüsterte nun.
 
"Hrmpf." machte sie, ob das hieß, daß sie die Entschuldigung angenommen hatte oder nicht, war nicht ersichtlich. Sie blickte immer noch ziemlich finster drein, besonders, als Jack weitersprach.

Apartment ? Aufräumen ? Was war hier überhaupt los und was hatte sie damit zu tun ?

"Bis ich nicht weiß, was hier los ist, geht niemand nirgendwohin und räumt auch nicht auf, verstanden ? Also, was soll der verfluchte Zirkus, ihr Schwachköpfe ?" fragte sie gedämpft. Ihre Lust, sich diese Deppen länger als unbedingt nötig anzutun, schwand allmählich.
 
Schwachkopf? Sagte die Frau tatsächlich Schwachkopf zu Jack?

Der Brujah brodelte wie ein Vulkan und stand kurz vor dem Ausbruch.
 
Also die ganze Erklärung nochmal... Hoffentlich hilft sie mir dabei Jacky im Zaum zu halten, sonst kann ich meine Arbeit für Herrn Hergül vergessen und mich besser gleich der Sonne aussetzen...

Hal räusperte sich kurz, bevor er im Flüsterton eine kurze Erklärung abgab.

"Nun, die Kurzfassung sieht so aus: Im dritten Stock wohnt ein Buchhalter der für die Igors arbeitet und den hätte ich ganz gern aus persönlichen Gründen und zwar lebend und identifizierbar. Jetzt müssen wir ohne viel Aufsehen zu erregen in die Wohnung und ihn da rausholen, damit ich ihm ein passendes Ende arrangieren kann... Hätten Sie eine Idee, wie das zu bewerkstelligen wäre ?"
 
Jack war zu wütend um antworten zu können. Kannte man hier noch die Werbung mit dem HB-Männchen? Genau so sah Jack im Moment aus.
 
Wunderbar... Die einzige Frage die sie hat, ist ob wir motorisiert sind und Jacky kocht schon fast wieder...Scheiß !

"Also ich bin zu Fuß hier... Wie es mit Jack aussieht weiß ich nicht..."

Nach einem kurzen sorgenvollen Blick auf den Brujah wandte er sich diesem zu und redete leise auf ihn ein.

"Beruhige dich, Jack... Bitte reg dich jetzt nicht auf, das können wir gar nicht gebrauchen... Das hat sie bestimmt nicht so gemeint..."
 
"Natürlich nicht." In diesem Fall machte sie sich sogar die Mühe, die Ironie zu verstecken. Extra für die Deppen. "Also wie sieht es aus, Jack ?"
Mal sehen, wie lange es dauert, bis Äffchen wieder zur Sprache zurückfindet...
 
"Mhhhhhhhhh..."

Dem Brujah fehlte nur noch ein Funke um in die Luft zu fliegen.

"Mein Geländewagen parkt einen Straßenzug weiter."

Mehr brachte der stinkwütende Jack nicht hervor. In seinem Kopf stellte er sich nur noch vor, wie er die räudigen Tiere im dritten Stock mit bloßen Händen zerfetzen würde.
 
"Wie wäre es denn, wenn wir den Plan nicht auf offener Straße, sondern im Auto diskutieren, wo es weniger Anwohner mitbekommen können ?" schlug sie leise vor.
Jack hatte sich spätestens jetzt für die Brujah Schublade qualifiziert. Und zwar für das 'Instabilen' Fach.

"Beruhigen sie sich etwas, Jack, es hat keinen Sinn, hier hochzugehen. Wie wäre es, wenn sie uns zum Wagen bringen und an etwas denken, das sie mögen. Wie wäre es mit einer Kiste Kätzchen ?"
Am liebsten hätte sie wahlweise sich oder einem der anderen Anwesenden die flache Hand mit Schmackes ins Gesicht geschlagen. Sich, weil sie sich von der Kanalratte hatte anlocken lassen oder den Gurken... Nunja, weil es Gurken waren. Jetzt klang sie schon bald wie eine Kindergartentante, die ein Kind mit Aggressionsproblemen gut zuredete !
 
"In Ordnung. Folgen Sie mir bitte."

Jack - noch immer wütend ohne Ende - ging wortkarg voraus bis die Gruppe zum Wagen kam. Da stand er, der riesengroße hummerrote Hummer H1. Der Wagen besaß kaum technische Spielereien. Er wirkte auch sehr abgenutzt und gebraucht. Das gute Stück hatte nun 15 Jahre hinter sich. Jack schloss die Türen auf. Im Innenraum erwartete die beiden Gäste eine große Überraschung. Hinter den beiden Sitzen war alles ausgeräumt worden. Es gab keine Rückbank. Stattdessen gab es ein angeschweißtes Regal wo sich Jacks Gitarrenkoffer befanden. Eine Reisetasche voll mit CDs, Effektgeräten und Kabeln. Eine große Truhe stand darunter. In solchen Truhen bewahrten früher Schauspieler ihre Garderobe auf. Daneben lag ein Stapel von Musikmagazinen. Auf dem Boden lag eine Isomatte mit einem Schlafsack. Den Rest des Innenraumes nahmen Boxen und Verstärker ein. Jack steckte den Schlüssel ins Zündschloss und aktivierte die Autobatterie. Der MP3 Spieler sprang an und es ertönte leise Countrymusik.

Den Fahrersitz beanspruchte Jack natürlich für sich selbst. Wehe euch, wenn einer meine Instrumente anfasst!
 
Katharina sah sich den Wagen zuerst von innen, dann von außen an, bevor sie Hal großzügig die Matte im Hinterraum anbot und den Beifahrersitz wie selbstverständlich für sich in Beschlag nahm.
Nachdem sie die Türen geschlossen hatte, lehnte sie sich mit vor dem Körper verschränkten Armen im Sitz zurück.

"Nett haben Sie's hier, Jack !" Eine Frage wie 'Sind das ihre Instrumente ?' oder 'Gehört das da hinten wirklich alles ihnen ? Ist das nicht etwas voll ?' ließ sie weg. Interesse heucheln konnte sie ein anderes Mal. Jetzt wollte sie hier nur fertig werden und die beiden Vollidioten so weit wie möglich hinter sich lassen...
 
Hal folgte niedergeschlagen und setzte sich auf die Fußmatte. Innerlich faßte er sich an den Kopf, während er im Hintergrund das 'Gespräch' der beiden verfolgte.

Wie konnte ich nur diese beiden auf einem Fleck zusammenbringen ? Das wird nicht gut gehen und mit etwas Pech springt Jacky ihr an den Hals noch bevor wir endlich anfangen können...

"Also gut, gibt es abgesehen von 'Wir laufen rein und legen alles um' noch andere Vorschläge ?"
 
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