AW: (07.05.2006) Feuer und Tod
Die Wölfin, die vor kurzem noch Meyye war, beendet ihr Heulen mit den anderen, und es klingt fast so, als bräche ihre Stimme in einem Schluchzlaut. Sie senkt den Kopf und hebt ihn dann wieder, aber sie sieht nur verschwommen. Können Wölfe weinen? Eigentlich nicht... Vampire schon gar nicht, oder nur Blut... aber Wölfe sehen schlecht. Dafür ist ihr Gehör schärfer, und der Geruchssinn, der vor allem vom beißenden Rauch der Fackeln gereizt wird. Sie bleibt in dieser Form, während Sylvia etwas in der Garousprache sagt, spitzt die Ohren für die unverständlichen Laute, die ihr doch so gemacht scheinen, als wären sie eher für Wolfsohren als die von Menschen... oder Kainiten. Das Mitheulen nach der Aufzählung kann sie sich verkneifen.
Auch sie findet ihre menschliche Gestalt zurück, als es die Garou ebenfalls tun. Natürlich muß Lost Shadow wieder aus der Reihe tanzen, aber damit bestärkt er sie in ihrem Entschluß nur. Jemand anderer muß die Fackel nehmen, und wenn sie es selbst tut! Sie war Tatjana in den vergangenen zwei Jahren mehr Familie als Lost Shadow in seinem ganzen, miserablen Leben - und Nikita auch. Sie hört kaum Sylvias Eröffnungsworte, ist erst wieder aufmerksam, als der erste Name genannt wird. Hier bleibt sie stumm und sieht nur zu, während andere, die die Toten besser kannten, sich ihrer annehmen.
Und dann kommt Tatjana, und in ihr kämpfen Wut auf Lost Shadow und Trauer um Tati um die Vorherrschaft, schmieden aber schließlich eine unheilvolle Allianz, die sich eigentlich schon abgezeichnet hat. Auch wenn sie gemildert wird durch Sylvias Worte. Ja... Tati war glücklich, auf gewisse Weise... wenigstens das haben sie für sie tun können. Den Dank für die Unterstützung quittiert sie nur mit einem Blick. Es hat nichts genutzt, sie hätte noch viel mehr tun sollen...
Doch die Gedanken zerfasern, als Lost Shadow vortritt, mit der Fackel in der Hand. Mit jedem Schritt, den er geht, brodelt es in ihr stärker, drückt ihr etwas in den Rücken und will sie laufen lassen. Es ist Wahnsinn... er ist ihr größter Feind, und er hat Feuer in der Hand. Aber in ihrem derzeitigen Zustand würde Meyye auch in die Sonne gehen. Vielleicht wird sie diesen Ort nicht mehr verlassen, vielleicht genauso in Flammen aufgehen wie Tatjana und die anderen Toten. Sie schaut sich zu ihren Begleitern um. Julian, Nikita, Viktor... werden sie es verstehen? Sie kann es hoffen. Sie sagt nichts, fixiert ihren Widersacher, dann geht sie los.
Sie tritt ihm in den Weg und sieht ihn einfach nur an mit kalter Wut. Sie streckt die Hand aus. "Gib sie mir!" sagt sie einfach nur, laut und deutlich, langsam und betont, in purem Befehlston. Aus jeder Vibration ihrer Stimme sickert die Wut über diese Unsäglichkeit, dass er, ausgerechnet er ihr die letzte Ehre erweisen soll. Es darf nicht sein. Und es wird nicht sein.