AW: Wenn Rollenspiel heute neu wäre...
Wenn Rollenspiel heute neu und deine Idee wäre: Du hättest ein paar Ideen von Charakterspiel, Charakterentwicklung, Spielfreiheit und/oder ähnliches im Kopf.
Bei dieser Was-wäre-wenn-Frage nehme ich mal an, daß es noch kein typisches Rollenspiel gäbe, aber TROTZDEM irgendwie Computerrollenspielformen, MMORPGs usw. existieren. Technisch ist das heute alles gängig - und was geht, das WIRD auch gemacht.
Von dieser Basis ausgehend, wäre die Überlegung hinsichtlich Charakterspiel, Spielfreiheit, Entwicklung der Charaktere UND - das halte ich für Rollenspiele eine ganz essentielle Funktion - eine dedizierte SPIELLEITER-Rolle in einer Spielgruppe die folgende...
Würdest du - und wenn ja wie - das umsetzen?
Ich würde es umsetzen. Und zwar als KLEIN-Gruppen-Online-Multiplayer-Game via kombinierte Medien - Sprache, Bild, Text, alternative Identitäten (Charaktere), selektive Informationsverteilung, Regulativ über den "Big Brother"-Modus des Spielleiters, Charakterentwicklung via Partizipation (Online-Aktivität), Engagement (Inhaltsmenge, virtual fan-mail Kontostand), Spiel-Meilensteine (Problembewältigung, Herausforderungsmodus, usw.).
Das ganze muß sich auf verteilten Plattformen, via Webbrowser, Smartphone, SMS, Skype-Konferenzschaltung, Collaboration-Lösungen unterschiedlichster Art erstrecken.
Es muß also einen technologischen VOLLZUGRIFF auf den Stand des Möglichen haben. Eine zeitgemäße Vision eines GRUPPENSPIELS in einer Zeit der verteilten, der virtuellen Gruppen. Mit Online-Anteilen, echter Präsenz aller Gruppenmitglieder im gemeinsamen virtuellen Gruppenspielraum, und Offline-Anteilen, die einzelne Spieler für sich bespielen können.
Beispiele für Offline-Anteile für Spieler: Das Lösen von investigativen Aufgaben via findiger Web-Recherche, via SMS-/E-Mail-Kommunikation mit fiktiven Personen (NSCs! - vom Spielleiter gesteuert bzw. programmiert auf bestimmte Reaktionsmuster). Einbau von Live-Action-Anteilen über Geo-Caching. Abfassen von In-Game, In-Character-Texten, -Handy-Videos, -Sprachaufzeichnungen.
Beispiel: Einer der Spieler spielt einen Detektiv, der von einem anderen SC als Auftraggeber angeheuert wurde. Der Detektiv-Spieler gibt dem Auftraggeber-Spieler in der IDENTITÄT als sein Charakter Berichte, ruft ihn an und spricht auf eine virtuelle Voicebox, macht ein Treffen aus, übermittelt die von einem anderen Spieler zusammengetragenen "kompromittierenden" Fotos an den Auftraggeber-Spieler, usw.
Das findet abseits der Präsenzspielzeit statt. Es handelt sich um ein zeitlich entkoppeltes Spiel, das trotzdem immer ein GRUPPEN-Spiel ist und bleibt. Der Spielleiter ist immer mitbeteiligt (immer CC-Empfänger aller Nachrichten, die In-Charakter laufen). Es gibt fallweises Gruppenspiel im Präsenzmodus - je nach Genre und Setting mal mehr, mal weniger.
Heute angesetzte Settings wie Dresden Files usw. könnten mit weniger Gesamtgruppenpräsenz auskommen, als klassische Fantasy-SWAT-Team-Dungeon-Crawl-Settings. Eventuell sind letztere dann eh den MMORPGs und Konsolenspielen vorbehalten, weil sie eh nicht die ganze Medienbreite in der Form ausschöpfen werden, wie dies bei mehr investigativen Themen der Fall ist.
Aber es ist auch möglich Action-Stoffe, hier halt im Präsenzmodus, auf diese Art zu bespielen.
Wichtig ist bei diesem Ansatz, daß die Schein-Identitäten der Charaktere die ROLLEN sind, in denen die Spieler den anderen Mitspielern ihr In-Game-Gesicht präsentieren.
Und welche Spielthematiken würdest du wählen?
Prinzipiell geht alles, was im Pen&Paper geht.
Welche Spielmaterialien bzw Spielplattform würdest du wählen?
Siehe oben: SEHR VIEL unterschiedliches Medienangebot bis zur Machbarkeitsgrenze ausschöpfen!
Die Rollenspiel-Idee, käme sie erst HEUTE auf und müßte sie sich gegen die bestehende massive multi-player online Konkurrenz und die ausgefeilten Konsolen-Angeboten plazieren, braucht einen AKTUELLEN HAKEN, um die Spieler reinzuziehen.
Das ist ein "social network"-artiger Haken. Aber eben NICHT ein Facebook-Spiel, sondern eine ECHTE KLEINGRUPPE. Alle Resourcen des gesamten Kleingruppen-Netzwerkes betreffen nur die fünf oder sechs Spieler inklusive des Spielleiters. Die Gruppe ist im Normalmodus gegen andere Gruppen geschlossen und unsichtbar für andere, auch wenn sie auf derselben technischen Plattform betrieben werden mag.
Das Ganze ist natürlich ein SAUTEUERER technischer Overkill, erfordert satte Investitionen und wird daher NIE kostenlos angeboten werden können. - Pen&Paper ist essentiell kostenlos - kostenlose Regeln gibt es zuhauf, man braucht nicht einmal Würfel (oder kann sie bei anderen Spielen wie Kniffel "borgen"). Man braucht nur Zeit und eine Gruppe Leute und einen Raum.
Der obige massiv-technische Ansatz soll die folgenden Probleme beim Finden von Spielrunden umgehen: Offline-Spielmöglichkeiten binden die Spieler (nicht nur den Spielleiter) ans Spiel. Zeitlich entkoppelte Kommunikation erlaubt es die Spielzeit nach der eigenen aktuellen Verfügbarkeit selbst zu wählen, ohne sich mit vielen anderen Leuten abstimmen zu müssen. Virtuelle Gruppen erlauben Zugriff auf mehr potentielle Spieler als in der eigenen muffigen Kleinstadt zu finden sind. Virtuelle Gruppen erlauben regional völlig verteilte Spielgruppen in Kontakt zu halten - auch im Urlaub, bei Wegzug nach Versetzung oder Hochzeit, usw.
Das Potential sehe ich hier durchaus.
Aber ohne daß jemand hier mal REALISTISCH einen Business Case für solch ein Vorhaben durchrechnet, kann ich die ökonomische Machbarkeit nicht einschätzen.