Rezension The Shield (Season 1 bis 2.5)

AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Ja gut, wenn du so dermassen relativistisch ran gehst, ist Vic ein Spitzenkumpel. So lange er halt dein Kumpel ist.

Ich frage mich halt nur, was man davon hat mit so einer Einstellung an eine Serie wie The Shield ranzugehen.
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

[Stand: immer noch erste Staffel durch]

Sag ich ja. Dufte solang er dein Kumpel ist.

Was hat man davon mit hohen moralischen Ansprüchen an eine Figur zu gehen?
Ist halt so. Was für eine Einstellung soll ich auch haben als meine Eigene?
Komische Frage.
Ich mag es eben das Vic, wie alle anderen Figuren dreck am Stecken hat. Das macht die Figuren glaubwürdig. Und wenn Figuren schon so glaubwürdig sind dann sind sie eben besonders interessant und man (also ich) neigt dazu sie auch als Personen ernst zu nehmen.
Und da komme ich, natürlich davon ausgehend dass sie alle meine Kumpels oder Kollegen sind, und ich weiss wie creepy sich das liest, zu dem Schluss dass sie ausser Shane eigentlich alle recht sympathisch sind.
Und Vic hätte ich auch echt gern als vorgesetzten.

Bei solchen "echten" Figuren lege ich einfach ganz andere, "realistischere" Maßstäbe an.
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Was hat man davon mit hohen moralischen Ansprüchen an eine Figur zu gehen?

Das halte ich bei einer Serie sehr sinnvoll, die gerade die sogenannten Grautöne thematisieren will. Wenn man als Zuschauer da so relativistisch rangeht, hebelt das meiner Meinung nach das Konzept der ganzen Serie aus. Du würdest bei Transformers auch nicht über die FX hinwegschauen. Oder bei einem Musical die Songs ignorieren.

Zumal man ja keine hohen moralischen Ansprüche braucht um Vic und Shane als Mörder zu verurteilen. Es reicht schon einfach nur den Pilotfilm/erste Folge zu schauen.
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Verurteilst du auch Michael Corleone als Mörder?

Ich mein das ist doch völlig nebensächlich.
Und macht erst das den Film interessant? Oder ist das nicht eher eine Nebenbaustelle?

Ich finde nicht dass ein entspannterer Rezipienzansatz das Konzept aushebelt. Ist halt immer die Frage was man möchte und erwartet. Wenn ich mich nicht entscheide mich abgestoßen fühlen zu müssen sondern mich einfach auf die Serie, ihr Thema und die Figuren einlasse dann gibt mir das eine tiefe Immersion in das Szenario.
Ich erinnere mich noch an die Szene als Michael Corleone in seinem Haus am See steht und sich Kay gegenüber so äusserst kalt und aggressiv verhält. Das war eine der emotional mitreissenden Szenen die ich je in einem Film gesehen habe. Er hat mir tatsächlich Angst gemacht. Weil ich seit mittlerweile zweieinhalb Filmen den Charakter so gut kennengelernt habe und miterlebt habe welchen Weg er gegangen ist und was er durchmachen und opfern musste um so zu werden wie er war. Und das das aber auch seine einzige Möglichkeit war. Er konnte gar nicht anders als sich so zu entwickeln wie er es tat. Und in dieser Szene wurde klar was ihn der Erfolg und die Rettung seiner Familie gekostet hat.

Vic Mackkey ist ein Michael Corleone.
Und ich hoffe dass er noch sein Haus am See bekommt.
Immerhin hat er es ja bisher geschafft
seine Frau und seine Kinder zu vergraulen.
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Verurteilst du auch Michael Corleone als Mörder?

Ich mein das ist doch völlig nebensächlich.
Und macht erst das den Film interessant? Oder ist das nicht eher eine Nebenbaustelle?

Das ist sogar ein Kern vom Paten... Die Geschichte wie ein Guter Mensch zum Monster wird. Bei aller Glorifizierung der Mafia fällt das Urteil von Mario Puzo ja letztlich sehr eindeutig aus...
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Sag ich ja.

Aber Michael ist doch nicht gleich verdammungswürdig und ekelhaft weil er einen Mord begeht. In dem Moment als er the Turk umbringt ist er noch nicht das Monster. Das ist er erst wesentlich später. Und der Moment in dem man die Wandlung erkennt (bei mir das Haus am See, bei anderen Leuten mag das ein anderer gewesen sein) ist der auf den es letztlich ankommt. Und den ruiniert man sich wenn man Michael für den nachvollziehbaren Mord an Solozzo gleich verurteilt und ihn für einen schlechten oder unsymphatischen Menschen hält. Denn das ist er bei aller Monströsität bis zum Ende nicht. Und Vic genauso wenig.
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Was ist nachvollziehbar an einem Mord um seine eigenen Diebstähle zu vertuschen?
Oder bzw, nachvollziehbar wegen mir, aber besser gesagt: Was ist daran nicht verdammungswürdig?

Das ist vor Gericht doch das, was man 'niedere Beweggründe' nennt und was das Strafmaß nicht unbedingt verringert, oder?
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Es ging für ihn und alle Leute die er zu schützen versucht letztenendes um die Existenz.
Und was tut man gutes daran die Figur zu verdammen statt sie anzunehmen?
Hier geht es ja nicht um einen realen Mordfall oder die grundsätzliche Frage ob sich Polizisten so verhalten dürfen oder sollten. Sondern um Immersion. Und die verbaut man sich selbst wenn man anfängt aufgesetzte moralische Urteile zu fällen.
Viel mehr bringt es da doch in die Figur einzutauchen und sich zu fragen was man selbst in der Situation tun würde. Würde man um sich und seine Lieben zu schützen einen unprovozierten Angriff (was die Pläne auszusagen ja waren) mit einem Mord vereiteln wenn man eine realistische Chance hätte davon zu kommen und genug auf dem Spiel stünde?
Das kann ich nicht mit einem klaren Nein beantworten. Weil ich mich nicht im Stande sehe mich wirklich in die Lage zu versetzen. Und weil ich das nicht kann werde ich mich auch hüten es zu verurteilen.
Aber andererseits bin ich auch eher Pragmatiker als Moralist.
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Und was tut man gutes daran die Figur zu verdammen statt sie anzunehmen?
Hier geht es ja nicht um einen realen Mordfall oder die grundsätzliche Frage ob sich Polizisten so verhalten dürfen oder sollten. Sondern um Immersion. Und die verbaut man sich selbst wenn man anfängt aufgesetzte moralische Urteile zu fällen.

Also das halte ich ja für durch und durch falsch. Das Verurteilen einer Figur mit Immersionsminderung gleichzusetzen, macht nur Sinn wenn du den Protragonisten immer als Identifikationsfigur voraussetzt. Wie nah man sich an der Hauptfigur bewegt, d.h. wie stark die Empathie und die Identifikation ist, wirkt sich zumindest bei mir nur selten auf die Immersion aus. (Wobei ich die Figuren bei Sin City so abstoßend und billig konzipiert fand, dass mich das auch abgestoßen hat. Aber die Geschichten in denen es mir so ging, kann ich an einer Hand abzählen.)

SoK hat ja The Godfather bereits erwähnt. Nur weil die Geschichte von einer bestimmten Figur handelt, muss man sich nicht auf die Seite der Figur stellen, um in die erzählte Geschichte einzutauchen. Das ist sowohl bei den großen Shakespeare-tragödien so wie auch bei Comics wie Watchmen.

The Shield geht meiner Meinung sogar noch ein Stück weiter, weil man oft zwischen Mitleid und Gerechtigkeitssinn hin und her pendelt, wenn die Figuren irgendwann ihre "Strafe" bekommen bzw. mit den Konsequenzen ihres Handelns leben müssen.

Aber andererseits bin ich auch eher Pragmatiker als Moralist.

Wie ich bereits sagte... Pragmatismus wird in dieser Serie mit Amoralität gleichgesetzt. Die ganzen Rationalisierungen mit denen Vic daherkommt, sind alles nur Ausreden. Vic hat keine Werte, die er nicht gewillt wäre zu verraten, um seinen Hals zu retten. Der Unterschied zu Shane ist nur, dass Vic geschickt und clever genug ist, um sich selbst zu belügen.
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Kavanaugh ist pragmatisch, aber nicht amoralisch.
Das wird er eigentlich erst, wenn er seinen Pragmatismus mit Beton an den Füßen über Bord wirft.

Ich mag den Charakter. :D
 
AW: The Shield (Season 1 bis 2.5)

Ist halt auch die Paraderolle für Whitaker, imho. Totales Typecast der gut gemachten Sorte, genau wie Glenn Close als bärbeißige alte Bullenveteranin. Da kann man nix falsch machen.
 
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