Silbermonds Tod

Alexej_Bodescu

Söldnerschwein
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23. September 2009
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Gabriró liebte das Theater. Seid jenem Tag, vor ungefähr drei Wochen, als er das Stück zum ersten Mal gesehen hatte, war er wie verzaubert gewesen und er ließ sich keine Vorstellung entgehen in der Sandoran die Rolle des Silbermonds spielte. Silbermond war ein armer Adeliger, der mit Hilfe eines Dämons zu Ruhm, Reichtum kommen und die Liebe einer Frau erlangen wollte, aber bei dem tragischen Finale starb und zur Hölle fuhr. Gabriró fand die Darstellung des Dämons, dessen Name B´aalbaron lautete, mehr als übertrieben, doch die leicht naive und doch so zielstrebige Rolle des Silbermonds hatte es ihm angetan. Ebenso wie das jugendliche Antlitz Sandorans. Eine halbe Stunde vor Beginn des Stückes war Einlass und Gabriró fand sich an seinem gewohnten Platz in der Seitenloge ein, die sich direkt neben der Bühne auf halber Höhe befand. Niemand beachtete ihn, obwohl er in seiner grauen Robe für das Theater eigentlich unpassend gekleidet war. Seine langen, schwarzen Haare umrahmten sein jung wirkendes Gesicht mit den eisblauen Augen und malten kleine Schatten auf es. Leiser Tumult von den unteren Rängen schwoll zu ihm empor und er fieberte innerlich schon dem ersten Moment entgegen, an dem sich der Vorhang endlich heben würde und Silbermonds erste Sätze die Vorstellung einläuteten. Hinter Gabriró wurde der Stoff, der die kleine Loge von dem Gang abtrennte, von einem Pagen leicht zur Seite gehoben, um einem weiteren Zuschauer den Zugang zu gewähren. Gabriró wedelte kurz mit der Hand und der Stoff glitt wieder in seine Ursprungsposition zurück. Jemanden, der mit in seiner Loge Platz nahm konnte er nicht gebrauchen, denn dies war eine besondere Vorstellung. Als die Besuche ihre Plätze gefunden hatten und ein wenig Ruhe eingekehrt war wurde das Licht gelöscht und der Vorhang angehoben.

Silbermond stand auf einer leeren Bühne, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und er trug eine silbern-schwarze Maske auf dem Gesicht. Die langen, nachtschwarzen Haare trug er offen und sie umgaben die Maske wie ein perfekter Rahmen. Nach einer kurzen Verbeugung klang seine Stimme stark und klar zu den Zuschauerrängen.

“Seht meine Herrschaften, welch grausam Spiel das Schicksal doch spielt. Mit Menschenleben und Dämonenwesen, ob Hass, ob Liebe, durch Krieg und Frieden. Was, das frage ich Euch, ist nur am Ende geblieben? Des einen Freud, des anderen Leid, so ist die Welt doch zweigeteilt. So wie die Maske von einem armen Thor, der am Ende nichts gewann und alles verlor. So lernt was es zu lernen gibt, denn auch diese Geschichte trägt das zweite Gesicht.”

Wieder verbeugte er sich und verließ unter dem ersten Beifall die Bühne. Gabrirós Lippen zitterten leicht. Er hatte jede Silbe mitgesprochen und beobachtete das Schauspiel nun mit einer Faszination, die keine Störung erlaubte. Akt um Akt verging und nach fast drei Stunden näherte das Stück sich seinem Finale. Silbermond erkannte, das B´aalbaron ihn hintergangen und sabotiert hatte, wo er konnte und er stellte den Dämon, da er annahm als dessen Meister immer noch Macht über ihn zu haben.

“Schau mir in die Augen, du grausig Geschöpf aus finsteren Sphären, ohne Drohen und ohne Gebären. Sprich die Wahrheit, ein einzig Mal. Und vielleicht, vielleicht sehe ich ab von deiner Qual”, rief Silbermond und hielt das Amulett hoch, mit dem er bisher immer die Herrschaft über B´aalbarons Tun gehabt hatte. B´aalbarons Darsteller krümmte sich leicht vor Schmerzen und das war der Moment, bei dem es Gabriró nicht mehr auf seinem Sitz halten konnte. Er sprang auf, schnippte mit den Fingern und nahm den Platz des Schauspielers ein. Seine Gestalt hatte sich verändert. Zwar trug er immer noch die graue Robe, doch aus seinem Rücken prangten große lederne Schwingen. Sein Gesicht war nicht mehr das eines jungen Mannes, sondern es war gesäumt von kleinen Hörnern und scharf wirkenden Stacheln, seine Augen loderten von Feuer. Die Finger der Hände waren mit landen Krallen versehen und seine Füße ähnelten Klauen. Silbermond ließ vor Schreck das Amulett fallen und schrie auf, als er die Erscheinung vor sich sah.

“Glaube nicht, du kleiner Wicht, dass deine Macht unendlich währt”, zitierte Gabriró mit tiefer Stimme den Text B´aalbarons und packte Silbermond am Kragen, um ihn zu sich zu ziehen. “Du begibst dich nun mit mir auf eine Reise. Eine kleine zwar, doch eine besondere, auf ihre Weise. Ich hoffe du erweist dich als guter Gast in meinem Heim, denn bald schon, bald schon ist es ebenso dein!”

Gabriró riss den Kiefer auf und entblößte zwei Reihen langer, scharfer Reißzähne, welche er dem zappelnden und schreienden Silbermond in die Kehle schlug. Gierig schluckte das warme Blut, welches seinen Rachen erfüllte und als Silbermond nach einem letzten Zucken leblos in seinem Armen zusammensank, nahm er den Körper auf die Arme. Als er in einer Feuerfontäne verschwand und mit einer neuen Seele zurück nach Hause kehrte, verhallten im Theater noch seine letzten Worte, die er dem Publikum entgegen gespieen hatte. “Sehet her, oh all ihr Leut, denn dies war, bei Gott, nun wahrlich Silbermonds Tod!”
 
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