Rezension: No Dignity In Death – The Three Brides




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Abenteuerband

Habt Ihr Euch schon mal gefragt, warum Tolkien die Szene, in der der Balrog den grauen Zauberer Gandalf in die Tiefe reißt, in einer finsteren, von Orks bevölkerten Zwergenruine hat stattfinden lassen? Und nicht in einer abgelegenen friedlichen Kleinstadt, in der die Leute sich nach der Kirche zum nachmittäglichen Tee treffen?

Wer auf diese Frage endlich einmal seiner Empörung Ausdruck verleihen kann, dass Tolkien seine Helden in verlotterten, schmutzigen und schlecht beleuchteten Tunneln herumkriechen ließ und nicht ein freundliches, sonniges Dorf samt sonnenschirmbewehrter Damen und spazierstockschwenkender Gentlemen, die über den Marktplatz flanieren, zum Schauplatz seiner Geschichten gewählt hat, der wird Pembrooktonshire lieben.

Und sich mit Feuereifer den Abenteuerband „No Dignity In Death – The Three Brides“ anschaffen, denn dort wird Pembrooktonshire, die tutige Kleinstadt am Fuße der Berge, auf immerhin drei Seiten (inkl. einer halben Seite Gerüchtetabelle) vorgestellt. Er wird die überaus höflichen Leute des Dorfes lieben, ihre überaus höflichen Allgemeinplätze schätzen lernen und sich ansonsten fragen, wie man an einem solchen Ort der Ruhe und des Friedens Abenteuer erleben soll, die über ein geselliges Beisammensein mit den schlafmützigen Bewohnern hinausgehen.

James Edward Raggi IV. hat – aller Widrigkeiten, die dieser überaus lahme Schauplatz aufbietet, zum Trotz – drei Abenteuer in und um Pembrooktonshire zu Papier gebracht. Alle drei haben in irgendeiner Form mit einer Braut zu tun, daher der Untertitel „The Three Brides“. Erstaunlich originell.

Im ersten Abenteuer wird die Braut eines Dorfbewohners ermordet. Hauptverdächtiger ist ein Zigeuner, der mit seinem Clan gerade im Dorf weilt und zuvor aufgrund eines kulturellen Missverständnisses mit dem Bräutigam in Streit geriet. Es gibt ein paar Verdächtige und einen fiesen Inquisitor, der die Ermittlungen leitet. Dann kommen die Spielercharaktere und können den Mordfall aufklären. Ich verrate jetzt nicht den Täter, kann ich aber auch ehrlich gesagt gar nicht, weil der Autor gleich mehrere Lösungen vorschlägt.



Im zweiten Abenteuer soll eine Braut den alten Geistern geopfert werden, die das Dorf seit Urzeiten vor Unbill beschützen und als Gegenleistung alle zehn Jahre eine Jungfrau für sich einfordern. Um herauszufinden, wer dieses Mal den schicksalhaften Weg in die Geisterwelt antreten soll, veranstalten die Dorfbewohner eine Art Olympiade, deren Teilnehmer die Bräutigame verschiedener junger Damen sind. Der Verlierer muss seine Liebste dem Schicksal überlassen. Auch hier können die Spielercharaktere eingreifen und vielleicht ein altes Geheimnis lüften.

Im letzten Abenteuer hat James Edward Raggi IV. dann wohl gemerkt, dass Pembrookton-shire so gar nichts hergibt für einen vernünftigen Abenteuerschauplatz, denn dieses Szenario spielt nun in den angrenzenden Bergen. Einige Dorfbewohner sind vermisst und die Einwohner des Dorfes trauen sich nicht aus dem Haus (sind halt sehr friedlich, die Herrschaften). Also müssen sich die Spielercharaktere der Sache annehmen und treffen – Überraschung – auf die dritte Braut, die einige Unannehmlichkeiten für sie bereithält.

Wer jetzt meint, solche Plots auch selbst erfinden zu können, liegt meiner Meinung nach durchaus richtig. Wer sich nicht traut, solche selbsterfundenen Plots anderen verkaufen zu wollen, liegt meiner Meinung nach ebenfalls durchaus richtig.

James Eward Raggi IV. hat sich getraut. Aber der mag wahrscheinlich auch die Minen von Moria nicht.

Wer immer noch nicht genug hat, kann sich ja auch noch die Illustrationen dieses Elaborates zu Gemüte führen. Die Bleistiftzeichnungen sind zum überwiegenden Teil gar nicht mal schlecht, ohne deswegen schon sehenswert zu sein. Dafür sind die Dungeonkarten extrem trist gehalten. Ein paar Ziffern, ein paar Treppenstriche und ein paar unregelmäßige Kreise, ein paar Beschriftungen, damit man weiß, was das alles überhaupt soll, fertig ist das Dungeoninterieur. Ein Kunstband ist „Dignity In Death“ also weiß Gott auch nicht.

Fazit:

Bevor Ihr für dieses Heft Euer sauer verdientes Geld ausgebt, schaut lieber noch mal im Papierkorb Eures Rechners nach. Vielleicht – nein: wahrscheinlich – findet Ihr dort Notizen, die besser sind als das, was „No Dignity In Death“ zu bieten hat. O.k., positiv hervorheben kann man, dass das Ding nicht viel mehr kostet als eine Pizza. Meine Empfehlung: Bestellt Euch die Pizza.

Rezension „No Dignity In Death – The Three Brides“
Verlag: Lamentations Of The Flame Princess
Autor: James Edward Raggi IV.
Seitenzahl: 34
DIN A5 (?) geheftet
Abenteuerband

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