Pen & Paper Rollenspiele im Kinderheim… in Zeiten von Corona

Zuletzt aktualisiert: 5. November 2021 by Katharina Wagner

Vor allem in schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass der Spaß und die Freude nicht verloren gehen. Seit einiger Zeit unterstützen wir soziale Einrichtungen mit kostenlosen Einsteigerboxen, damit die Kinder und Jugendlichen, wenigstens für ein paar Stunden, ihre Sorgen vergessen können. Dabei freut es uns immer sehr, wenn wir Rückmeldungen bekommen, wie die Spielrunden in den Einrichtungen ablaufen. Und besonders diesen hier möchten wir euch nicht vorenthalten. Danke Maiko für diesen tollen Artikel!



Als ihr um die Ecke hastet, lauft ihr fast in einen der Banditen. Der schaut euch mit großen Augen an und versucht nach hinten zurückzuweichen. Er öffnet den Mund, wahrscheinlich will er Alarm geben oder um Hilfe rufen. Immerhin habt ihr es geschafft einen Banditen zu überraschen, damit hat er bestimmt nicht gerechnet.



Was macht ihr?​




Kind 1: Ich steche ihm das Schwert in den Kopp und klopp ihn an die Wand.

Kind 2: Ich haue ihm eine Axt in den Bauch.

Kind 3: Ich mache einen Feuerzauber.

Kind 1: Spinnst Du, ich stehe doch direkt an dem dran …

Kind 3: Dann geh doch weg, du Honk.

Kind 1: Pass mal auf, was Du sagst sonst mach ich dich platt.

Kind 2: Genau, ich kann dich genauso mit der Axt kaputtkloppen.

Kind 3: Mir doch egal, dann heile ich mich, mach mich unsichtbar und verbrenne euch …







Während ich mir vorstelle, wie der Bandit kurz von einem zum anderen schaut und dann mit gequältem Blick sachte rückwärts aus der Szene schleicht, seufze ich und sage mit eingeübter näselnder Therapeutenstimme:“ Na, haben wir da ein kleines Aggressionsproblem?“

Dann mit normaler Tonlage.“ Mal ehrlich, Leute, ihr macht es euren Gegnern echt einfach, wenn ihr nicht zusammenhaltet. Der arme Bandit hält euch doch für bekloppt. Und auf euren Grabsteinen steht dann: Sie waren mutig und einzigartig, aber leider nur sehr kurz.

Moin, ich bin Maiko und mache schon seit über zwanzig Jahren Pen – und Paperspiele mit Kindern und Jugendlichen in unserem Kinderheim. Und das kann gleichermaßen dankbar wie fordernd sein.



Dankbar, weil:​

  • Kinder oft eine tolle Fantasie haben und auf echt abgefahrene Ideen kommen
  • Ich als Spielleiter ganz anders gefordert werde
  • Kinder meist sehr begeisterungsfähige Spieler*Innen sind
  • Es wunderschön ist, wenn sie noch Tage danach davon erzählen und sich Dinge ausdenken und Bilder dazu malen
  • Sie etwas gemeinsam machen und manchmal sogar gemeinsam Pläne schmieden
  • Sie sich gegenseitig helfen
  • Sie Helden sein können und sich selbst mal als Bestimmer und Problemlöser erfahren können
  • Und es ein super Hobby ist, das ich gerne mit der Welt teile



Fordernd, weil:​

  • Sie zuweilen leicht abgelenkt sind
  • Oder gereizt
  • Oder laut
  • Oder nicht in Teamlaune
  • Oder alles Genannte auf einmal



Dennoch schwappt meine Begeisterung für Spiele und Nerdkultur meist rasch auf unsere Bewohner*Innen über. Wenn ich in den Dienst komme und die Kinder fragen mich, ob wir heute weiterspielen können, weiß ich, der Dienst wird vermutlich gut.

Man muss sich vorstellen, dass die Kinder in unsere Wohngruppe leben. Meist für einige Jahre. Die Wohngruppe ist ihr Zuhause und das bedeutet, dass ihr Zuhause bei den Eltern nicht besonders gut funktioniert hat. Das liegt meist nicht an den Kindern, obwohl diese natürlich auf die zum Teil traumatischen Erlebnisse reagieren und mit zum Teil ungewöhnlichem Verhalten auf die belastenden Verhältnisse. Auch das Leben in der Wohngruppe ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Da wohnen neun Kinder, haben Stress mit den Familien, den Betreuer*Innen, den Lehrer*Innen und untereinander. Den Bedürfnissen der Einzelnen gerecht zu werden, ist oft nicht möglich. Besonders, wenn man allein im Dienst ist, das Telefon ständig klingelt, die Dokumentation noch gemacht werden soll, im Haushalt noch Arbeit wartet (drei Waschmaschinen/Spülmaschinen täglich) und drei andere Kinder auf den armen Betreuer*In einredet. Ruhige Momente sind da eher selten.

Wie schön, dass es im Rollenspiel Initiative gibt, dass sollte es in der Wohngruppe auch geben.



Und dann kam Corona. Und der der Lockdown.​


Als öffentliche Einrichtung hatten wir strenge Auflagen. Kein Besuch mehr in der Wohngruppe. Keine Familie, Freunde, Vereine. Heimbeschulung mit neun Kindern, die für Wochen ihre Eltern nicht

gesehen haben. Das liegt auch daran, dass nicht alle Eltern skypen wollten oder mit ihren Kindern nicht spazieren gehen wollten, wenn das Wetter kalt, nass oder trüb war. Zumal bei Weitem nicht alle Kinder ihre Eltern regelmäßig sehen oder sehen dürfen, je nachdem wie die Problemlage ist.

Klar, wenn ein Elternteil den Tag nur schwer strukturieren kann, ist eine Übernachtung am Wochenende kein Problem. Gab es jedoch Gewalt oder Missbrauch, haben die Kinder mitunter keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern, um die Kinder zu schützen. Hart, aber der Schutz der Kinder geht vor.

Neun Kinder in der Krise. Nur noch in der Wohngruppe. Ohne nennenswerte Kontakte – alles runtergefahren. Das wird der Tag lang. Und Langeweile kann schnell zu einer schwierigen Situation werden.

Zum großen Glück ist Rollenspiel ein echter Zeitfresser. Nachmittage lang haben wir Zombies gejagt, dunkle Magier verfolgt und gegen Monster gekämpft. Wir haben gestritten, gesiegt, gerätselt, gemalt und geschrieben.

Als meine Kolleg*innen mich fragten, warum meine Dienste so ruhig sind, zuckte ich mit den Schultern und ich meinte, ich habe halt die lockdownverträglicheren Hobbies.







Für ein gedeihliches Spiel mit Kindern, hier meine Tipps:​

  • Einfach halten, sowohl die Regeln als auch die Story (Warum dann ein Foto mit DSA? Geht ohne Probleme, lass die meisten Regeln weg. Oder nimm ein System deiner Wahl es gibt unglaubliche viele und mittlerweile auf einige Rollenspiele für Kinder).
  • Lass die Spieler*Innen die wichtigen Dinge finden
  • Gib ihnen Tipps bei Rätseln
  • Lass sie sich in die SCs und NSCs einfühlen
  • Mache die Würfe spannend, z.B. indem Du evtl. Konsequenzen schon vorher erwähnst
  • Feiere mit den Kindern die Erfolge der Charaktere, auch jeden kritisch gelungenen Wurf
  • Haltet die Session kurz und pausiert zwischendurch
  • Lasst die Kinder dazu erzählen, basteln, bauen, malen, backen und spielen



Danke fürs Lesen und viel Spaß beim tollsten Hobby der Welt!



Können wir etwas für dich tun?​


Du bist auch in der sozialen Arbeit tätig, leitest eine Jugendeinrichtung oder betreust Kinder und Jugendliche? Gerne senden wir dir eine unserer Einsteigerboxen zu. Dabei ist für kleine Kinder und Jugendliche mit Äventyr oder für junge Erwachsene mit Das Schwarze Auge alles dabei. Melde dich dazu einfach unter Marketing@ulisses-spiele.de zurück.



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