Oktober 2005 - Urlaub in Irland

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Julian hatte alles genau geplant und vorbereitet. Eine Überfahrt mit dem Schiff wäre nicht möglich gewesen. Das hätte zu lange gedauert und ein Sonnenaufgang auf See wäre zwar romantisch ... aber bestimmt nicht sehr angenehm gewesen ... dann war noch die Gefahr von der stürmischen See und Verspätungen ... Nein, per Flugzeug. Und zwar natürlich ein Nachtflug. Nicht mit einer billigen Maschine, die können auch Verspätungen haben ...

Julian war vollkommen nervös und er zitterte regelrecht, als sie gegen 23 Uhr am Flughafen und endlich in der Maschine saßen. Er sah immer wieder gehetzt aus dem kleinen Fenster ... Seinen Puls konnte Meyye bis zu sich hören und auch die Adern pulsierten.

Er ging immerwieder durch, ob er alles hatte ... die Papiere ... das gemietete Fahrzeug, das Zelt, genügend Geld und natürlich Meyye. Er holte sich ihre Hand, quasi um sie beruhigen zu wollen. "Wir werden rechtzeitig in Irland ankommen." Sagte er leise zu ihr ... wahrscheinlich eher, um sich selber zu beruhigen. Julian war ein halbes Nervenbündel. Schon alleine die Woche davor, war er furchtbar nervös gewesen, aber jetzt schlug es alles. "Ich liebe dich." Flüsteter er und drückte ihre Hand.
 
Meyye ist bisher nur einmal geflogen... da war sie 11 Jahre alt und hat ihrer Heimat für immer Lebwohl gesagt. Die Aufregung der großen Stadt, des Flughafens und dann auch des Fluges waren stark genug, damit sie es noch nicht merkte. Erst in Deutschland, als die Familie zusammenstand und sie all die weißen Menschen in der so technisch und kalt erscheinenden Halle vorbeieilen sah (und die Kälte war auch nicht nur eingebildet, denn es war Herbst... ein Herbst, wie die Kenianerin ihn noch nie erlebt hat), dachte sie wieder an das Haus, in dem sie bisher gelebt hatte. Vorbei, diese Zeiten, lange schon und überholt von anderen Umbrüchen, teilweise viel größerer Natur.

Julian weiß nichts von diesen Gedanken, wird aber sehen dass seine Freundin, die eigentlich Gefährdete durch einen zu langen Flug oder falschen Kurs oder sonstwas, relativ ruhig zu bleiben scheint. Aber auch recht stumm. Und genug Ruhe, um etwas davon Julian abzugeben, hat sie auch nicht. Wobei es ihr weniger darauf ankommt, was sie alles dabei hat. Ein wenig Kleidung zum wechseln, der Paß, Geld (das von Lurkers noch da ist, jetzt verwendet sie es doch noch für eine Reise. Sie hat darauf bestanden, dass die Kosten zur Hälfte geteilt werden).

Erst als sie im Flugzeug sitzen und sie mit ein wenig mulmigem Blick all die Leute betrachtet, die neben und vor und hinter ihnen die Sitze füllen, kommt es ihr so vor, als würde sie etwas pochen hören... und schaut dann zu Julian. Blickt auf ihre Hand in seiner, auf seinen Hals, wo das Pochen herkommen könnte, in sein Gesicht. "Ich liebe dich auch, und ich vertrau dir." flüstert sie zurück und drückt sacht seine Hand. Eigentlich kann gar nichts schiefgehen. Gerade mal drei Stunden dauert der Flug, sie haben sich schließlich informiert.
 
Und es klappte auch ... Der Flug zog sich endlos für Julian hin. Immer wieder sah er aus dem Fenster ... Keine Verspätung ... das Flugzeug landet pünktlich in Dublin. Als die Maschine zur Landung aufsetzt, wischt sich Julian den Angstschweiß von der Stirn ab ... oder hatte er tatsächlich noch zusätzlich Flugangst? Er hatte zumindest nichts davon gesagt. Er drängelte dann regelrecht sich und Meyye aus dem Flugzeug heraus, in den Shuttle-bus und in die Halle. Er war erleichtert und froh, wieder Boden unter den Füßen zu haben. Seinen Boden ... seine Insel.

Er klärte alles mit dem Auto ab. Sie wurden zu der Verleihstelle mit dem Bus gefahren und dort konnte alles Gepäck in den Wagen verstaut werden. Nachdem die Formalitäten geklärt waren, atmete er endlich ruhiger. Es war jetzt 3 Uhr Morgens. "Wo willst du den Tag über sein? Sollen wir noch schnell aus Dublin rausfahren? Wäre das sicherste, oder? Ab morgen wird es ruhiger ... versprochen, mein Schatz." Er küsste sie leidenschaftlich.
 
Der letzte Flug war jedenfalls vom Optischen her aufregender... es ist nunmal Nacht, und die Lichter der Städte unter ihnen sind ja hübsch anzusehen, aber spätestens über dem Meer wird es langweilig. Sie könnte natürlich die Augen des Tiers benutzen, um mehr zu sehen, aber es sind ja noch andere Leute hier um sie herum. Andererseits hat auch sie noch nicht gewußt, wie sehr sich drei Stunden hinziehen können. Gegen Ende hat sie das Gefühl, trinken zu müssen, dabei hat sie doch extra darauf geachtet, satt und zufrieden an Bord zu gehen. Sie verdrängt es, und es läßt sich zum Glück leicht machen.

Sichtlich befreit steigt auch sie aus dem Flugzeug und hält Julians Hand. Er scheint mehr mitgenommen als sie (andererseits, sie kann ja auch nicht mehr schwitzen). "Alles in Ordnung... wir sind da." sagt sie und schaut sich um. 'Da' ist erstmal ein furchtbar windiges Rollfeld. Dann sieht sie aus dem Bus merkwürdige Straßenschilder mit englischen Namen und einer Sprache, die noch schlimmer aussieht. Während er das mit dem Wagen erledigt, schaut sie in den Himmel, ungestört davon dass ihr ständig die Haare ins Gesicht wehen und diese kleinen, aber ständigen Nieselschauer herabprasseln. Stimmt ja, sie haben eine Stunde verloren.

Die ziemlich wild 'vom Winde verwehten' Haare aus dem Gesicht streichend, sieht sie ihn an und legt die Arme um ihn, während er spricht. Sie lächelt und erwidert den Kuß mit gleicher Intensität. "Gut, morgen... und wir haben ja ein bißchen Zeit hier. Ja, lass uns rausfahren... irgendeine Wiese wo nicht jeder gleich hinsieht genügt mir. Ich hoffe dir wird nicht zu langweilig... oder du lernst zuviele hübsche Irinnen kennen." Sie zwinkert ihm zu.
 
Julian schüttelte nur sacht den Kopf. "Ich habe doch nur Augen für dich. Dann komm. Ich kenn so einige hübsche Fleckchen. Sobald wir aus Dublin draußen sind, ist es auch viel ruhiger." Gesagt - Getan. Er fährt durch die Stadt durch und als sie das Dublin-End-Schild erreichten, dauerte es auch nicht lange und es wurde sehr schnell ländlich. Sie verließen die Stadt Richtung Westen. (Südlich dauert es erst noch was, bis es Ländlich wird.) Die Straßen wurden schlechter. "Daran wirst du dich gewöhnen müssen." lächelte er.

Schon bald fuhren sie auf einem noch schlechter befahrbaren Weg einen kleinen Hügel hinauf. Irgenwo gab es einen kleinen Platz (wohl zum wenden) und hier hielt er an. Weit und breit war absolut nichts zu sehen ... außer natürlich Natur. (Auch das wird sich immer wieder wiederholen. Julian nahm Meyye in den Arm. "Meinst du, dass ist für diese Nacht in Ordnung?"
 
Genau die Antwort, die sie erwartet hat. Sie nickt zufrieden und steigt ein. Anschnallen? Na gut, sie will nicht, dass Julian Ärger bekommt... also ist sie ausnahmsweise mal brav (so weit hat er sie schon!). Während sie fahren spricht sie ihn auf die merkwürdigen Buchstabenzusammensetzungen mit den vielen Akzenten an und erfährt, dass es ein Gälisch gibt... also echt. Als ob ihr Englisch, Deutsch, Suaheli, Luo und die Dialekte der Nachbarstämme in Kenia noch nicht genug gewesen wären. Zumindest im Englisch muß sie sich aber langsam mal ein wenig üben... sie hat schon festgestellt, dass sie von dem was die Leute auf dieser Insel sagen, kaum je ein Wort versteht.

"Was Straßen angeht bin ich einiges gewöhnt." meint sie nur und spart sich den Hinweis, wo sie ihre Kindheit verbracht hat. Wenn du eigentlich nur in der Staubwolke des Vordermanns bleiben mußt um zu wissen wo es langgeht und manche Pausen dauern können, weil eine Elefantenherde den Weg kreuzt, lernt person Geduld und Gelassenheit gegenüber Straßen. Mal abgesehen davon, dass sie sowieso wie alle anderen meistens zu Fuß gegangen ist.

Recht aufmerksam sieht sie sich um während der Fahrt. Die ständige Bewölkung könnte ihr gefallen, auch wenn sie nie dicht genug sein kann. Aber gut... darauf will sie eh nicht spekulieren. Sie steigt aus und schaut sich auf dem Platz um, als sie schließlich anhalten. Sie lehnt sich an ihn, als er sie fragt und nickt. "Ja, das ist perfekt. Mach dir um mich keine Sorgen. Ich bin da unten so sicher wie..." sie schmunzelt, "in Gaias Schoß - wörtlich sogar." Sie wartet mit ihm noch, bis im Osten der Horizont grau wird, dann löst sie sich von ihm und geht ein paar Schritte ins Gras hinein. "Bis heute abend... mach's gut inzwischen." sagt sie und dann geschieht es.. als wäre gerade eine Bodenklappe aufgegangen, sinkt sie rasch in die Erde ein und ist fort. Nichts deutet darauf hin dass irgendetwas passiert ist, scheinbar unberührt liegt die Wiese da.
 
Julian würde dies noch so einige Male beobachten. Nur am Anfang war es für ihn leicht befremdend. Er schlief die Tage immer recht lange aus. So lange sie in der Nähe von Dublin waren, verbrachte er auch dort den Nachmittag, um dort etwas zu essen und er war immer rechtzeitig wieder bei der Stelle wo Meyye wieder aus dem Boden kommen würde. Die Nächte verbrachten sie gemeinsam und er zeigte ihr die Insel. Natürlich sah bei Nacht alles immer anders aus ... aber eine andere Möglichkeit blieb ihnen nunmal nicht. Manchmal, wenn er Meyye ärgern wollte, sprach er nur in Englisch und Gälisch mit ihr. Sie besuchten auch einige Pubs, wo seine heißgeliebte Musik gespielt wurde.

Der Urlaub war ein wahrer Genuß und beide konnten irgendwie abschalten. Sie waren wirklich alleine ... ohne Kind (Nikita) und Kegel (Tatjana). Das musste bestimmt auch für Meyye Erholung pur sein. Julian mied jedoch die Orte und Plätze, wo er wusste, dass es Garou gab. In Finstertal war es etwas anderes ... da war sie bekannt und konnte bei den Werwölfen ein- und ausgehen ... aber hier?

Endlich fragte auch Julian, ob Meyye über ihre Vergangenheit mit ihm sprechen wollte ... bisher hatte er noch nicht sooo viel erfahren und er sprach nun ständig von früher, in seiner Heimat. Nun musste auch Meyye herhalten und etwas von sich preis geben ... auch wenn er wusste, dass sie damit wohl auch Schwierigkeiten zu haben scheint ... sonst hätte sie ja einmal von sich aus etwas erzählt ...
 
Irgendwie hatten sie aber auch recht wenig Zeit, von ihrer Vergangenheit zu reden. Oder einfach Besseres zu tun in den bisherigen Nächten. Nun, diese Ausrede zieht jetzt jedenfalls nicht mehr. Jedoch die ersten Nächte in Irland sind noch angefüllt damit, die Schön- und Seltsamkeiten der Insel und ihrer Bewohner kennenzulernen. In den Pubs ist das Sprachgewirr am schlimmsten, aber die Atmosphäre gefällt ihr... dafür erträgt sie auch die Musik (ohne Beats und erkennbaren Rhythmus, nichts worauf sie richtig tanzen könnte... mal abgesehen davon dass sowieso nie Platz dafür ist).

Wenn er ihr dann mit der fast verständlichen und der unverständlichen Sprache kommt, schaut sie ihn immer erst verständnislos und dann böse an, bevor sie ihn in die Seite piekt. Einmal schnattert sie auf Suaheli zurück. Das Spielchen kann sie auch. Am liebsten aber verschließt sie ihm den Mund einfach mit einem Kuß. Gemein, aber wirkungsvoll.

Auf gewisse Weise spürt Meyye hier schon eine Freiheit, die sie schon lange nicht mehr hatte... unbeobachtet von den Ahnen in Finstertal, weit weg jede Cat und der Sabbat den sie kennt, ohne Verantwortung für jemanden außer sich selbst und Julian (auch wenn eher er derjenige ist, der alles organisiert, sie kennt sich ja nicht aus). Genauso jedoch wie er die Garouplätze meidet, hält sie aus den Augenwinkeln immer nach Anzeichen von Kainitenanwesenheit Ausschau... in einer Großstadt wie Dublin will sie definitiv nicht als unangemeldete Fremde auffallen. Darum wird auch schon bald der Vorschlag kommen, sich doch ein bißchen mehr aufs Land rauszuwagen.

Womit sie Julian auch noch in den ersten Nächten schonend vertraut machen muß, ist ihre eigene Jagdmethode... welche schließlich allzu oft aus heftigem Flirten und Versprechen auf mehr besteht, um männliche Quellen dazu zu bringen, sich mit ihr in trauter Zweisamkeit zu verziehen. Es ist ihr wichtig, dass Julian das richtig versteht. Und bevor sie damit herauskommt, was sie zuhause alles tut um ihre Herde bei Laune zu halten (wo es nicht nur bei Flirten bleibt..), will sie vorsichtig anfangen.

Gern hört sie ihm zu (und fragt auch nach, wenn sie etwas besonders interessiert) als er von seiner Vergangenheit erzählt in diesem Land, das so sehr anders ist als ihre Heimat. Dass er dann auch etwas über sie wissen will, ist ihr klar, und erst zögerlich, dann schön langsam flüssiger fängt auch sie an wie das war, als jüngstes Kind einer afrikanischen Großfamilie, als Kind in ein fremdes Land zu kommen, immer mehr ins Einzelgängerdasein hineinzuwachsen und dann zu sterben. Sie bricht einmal mehr die Maskerade, als sie weitererzählt... die Jahre mit Karl, ihrem Erzeuger, in der Umgebung von München und das Zerwürfnis, das sie schließlich nach Finstertal geführt hat. Und wenn er nachfragt auch ihre Sicht der Dinge, die seither passiert sind. Es tut merkwürdig gut, mit jemandem darüber zu reden von dem sie weiß, dass sie ihm vertrauen kann, und sie nimmt sich vor, in Zukunft auch Tatjanas Fragen nicht mehr auszuweichen.
 
Nach zwei schönen Monaten (auch wenn sich Julian mittlerweile eine gräßliche Erkältung zugezogen hat) ist auch dieser Urlaub zu Ende. Wieder steht ein qualvoller Rückflug für die beiden an. Wobei wahrscheinlich nur wieder Julian so hypernervös war. Immer wieder beteuerte er, dass der Flug genauso, wie der Hinflug ablaufen würde. Im Flughafen allerdings werden die Fluggäste ihres Fluges auf einen späteren Start vertröstet. Grund: Bodennebel.

Julian wurde, obwohl er wegen der Erkältung schon blass war, noch blasser. Sein Puls war unregelmässig und er musste sich setzen. Alle Stühle waren in der kleinen Wartehalle in Dublin besetzt ... Er fing leicht an zu zittern und sieht Meyye an. "Ich wills nicht sagen ... aber ich hab Angst." Dann setzte er sich auf den Boden. (Wahrscheinlich ist auch, dass seine Knie etwas nachgaben.) "Im Notfall ... nehmen wir morgen eine Maschine ... oder den nächsten Nachtflug." Nervös zuckten seine Augen immer wieder zum Bildschirm. Noch stand hier eine Verzögerung von 45 Minuten ... aber länger ... es wurde knapp ... oder?
 
Das Ende dieser zwei Monate kommt dann doch überraschend schnell. Gerade als sie angefangen hätte, sich an die Sprache zu gewöhnen (was nicht heißt, dass sie schon alles verstanden hätte). Sie hält seine Hand, als er wieder Nervositätserscheinungen zeigt und auch sie selbst merkt alarmiert auf, als von der Verspätung die Rede ist. Julians Reaktion übertrifft sie aber mal wieder. Sie geht neben ihm in die Knie und umarmt ihn. "Mach dir keine Sorgen... wenn es gefährlich wird, fliegen wir halt einfach morgen." sagt sie mit relativ ruhiger Stimme. "Schade dann nur um die Buchung... der Flug war nicht billig." Na, wenn das ihre einzige Sorge ist.

Sie schielt auf die Anzeigentafel. "Aber bis jetzt wäre das noch schaffbar. Beruhig dich... ich werd schon nicht zu Schaden kommen." flüstert sie und streicht ihm über's Haar. Für die restlichen Wartenden muß er ja wie ein schlimmer Fall von Flugangst aussehen...
 
Natürlich ist das Pärchen auf dem Boden etwas auffällig. Meyye bemerkt nicht, wie sich drei Anzugträger näherten. Der eine legt eine Hand auf Meyyes Schulter (Fast schon etwas fürsorglich.) Die anderen beiden greifen Julian unter die Arme und helfen ihm beim aufstehen. In der hiesigen Landessprache werden beide gebeten die Halle mit ihnen zu verlassen. Auch die Männer sehen etwas blass aus. Meyye merkt, wie sich der Druck auf ihrer Schulter etwas verstärkt. (Unnatürlich verstärkt) Ein freundliches Lächeln unterstreicht deren Bitte. Für das Gepäck wird gesorgt.

Meyye und Julian bleibt fast nichst übrig, als mit den Männern mit zu gehen. Sie werden aus dem Flughafen zu einem abgedunkeltes Auto geführt. Für Meyye wird die Türe aufgehalten, dass sie einsteigen kann. "Bitte steigen sie ein. Wir werden uns um ihren ... Freund kümmern. Später werden sie ihn wiedersehen. Folgen sie den Anweisungen." Julian indess hatte sich wieder etwas gefangen und begann sich gegen die Griff zu wehren.
 
Zuerst schaut sich Meyye ja noch nur flüchtig um und wehrt mit einer Handbewegung ab: "Schon gut, wir kommen zurecht." sagt sie, und auch wenn diese Typen ihre Worte nicht verstehen, sollte ihnen doch die Geste genug sagen. Erst als der Druck auf ihre Schulter zu einer Klammer wird die nicht mehr normal ist, ruckt ihr Blick hoch zu den beiden anderen, die sich Julians annehmen. Kainiten! Verdammt, ausgerechnet jetzt wo sie das Land verlassen wollen, das kann doch nicht wahr sein!

Angespannt bis zur letzten Faser kommt sie mit ihren Begleitern mit und achtet darauf, immer in Julians Nähe zu bleiben. Wenn nur ihm nichts passiert. Was hat sie ihm da nur eingebrockt. Als sie am Auto stehen, versteht sie zwar nur ungefähr was der Typ sagt, aber es ist auch so kaum mißverständlich... sie soll einsteigen und Julian soll hierbleiben. Kurzzeitig erstarrt sie zur Salzsäule. "Nein." stößt sie hervor, versucht sich aus dem Griff zu winden und zu ihm zu gelangen. "Ich lass ihn nicht mit euch allein!"
 
Der Griff um Meyyes Schulter verstärkt sich drastisch. Dann ein Blick zu einem der anderen bulligen Männer, die Julian festhalten. Darauf folgt ein kurzes Nicken. Der Mann packt Julians Hand, nimmt den Zeigefinger und dreht ihn wahnsinnig schnell und mit einem schrecklichen Krachen nach hinten. Julian schreit panisch auf und der andere Mann hält ihm den Mund zu.

Es kommt nur ein Wort von dem Mann, der Meyye festhält. "Einsteigen!" (und zwar auf deutsch)
 
Gerade beschließt sie, Blut in Kraft umzuwandeln um diesem Schraubstock endlich zu entkommen, als sie wie in einem morbiden Fokus mitansieht, was einer der anderen mit Julians Finger machen. Ihr Mund öffnet sich zu einem Schrei, der ihr in der Kehle steckenbleibt als ihre sprunghaft angestiegene Angst um ihren Liebsten die Kerkertür weit aufstößt und das Tier freilassen will. Es wird dann nur ein Ächzen draus, während sie einmal mehr erstarrt und versucht, es zurückzuhalten... nicht um der Kainiten willen, sondern weil sie dann vielleicht auch Julian verletzt oder tötet, ohne es zu wollen. Er ist einfach zu nahe dran.

Während sie noch mit sich kämpft, nutzt der Vampir hinter ihr die Gelegenheit und verfrachtet sie ohne viel Federlesens in den Wagen, steigt selbst ein und läßt losfahren... es dauert eine Weile, bis sie die innere Tür wieder zukriegt, denn ihre Angst um Julian wird nicht geringer, eher im Gegenteil. "Tut ihm nichts, er hat keine Ahnung wie das bei uns läuft." bringt sie schließlich hervor.
 
Der bullige Mann neben ihr nickte. "Gut, dass wenigstens sie wissen, wie das hier bei uns läuft! Zumindest sollten sie das wissen!" Er sprach sehr gebrochen deutsch. Dann fuhren sie wieder zurück nach Dublin (Innenstadt) Er hält ihr eine schwarze Kapuze hin. Entweder sie zieht diese freiwillig an, oder mit Gewalt. Sie kann es sich aussuchen. Irgendwann hält der Wagen an. "Wenn sie sich wehren, stirbt ihr Begleiter auf der Stelle."

Er steigt aus und nimmt Meyye, wieder mit der Hand auf der Schulter in Empfang. Ihre Schulter beginnt schon leicht zu schmerzen. Er führt sie in ein Gebäude und von dort aus geht es einige Stufen hinunter. Er hatte ihr nicht erst gesagt, dass es nun bergab geht, deswegen wird Meyye wohl erst einmal etwas stolpern. Fallen kann sie nicht. Dafür ist ihre Schulter zu sehr in einem Schraubstock.

Sie hört einige englische Stimmen. Dann wird ihr die Kapuze vom Kopf gezogen und mit einem kräftigen Stoß zwischen die Schulterblätter in den Kellerraum gestoßen. Dieser war kreisrund nicht besonders gut beleuchtet. Um die 10 Kainiten befanden sich hier ... unterschiedlichen Alters und Geschlechts. Die ganze Szene wirkte bedrohlich.

Ein Mann in einem feinen schwarzen Anzug trat an Meyye heran. Er strahlte ungeheure Autorität aus. Vor allem, weil er regelrecht auf die Gangrel hinabsah. Er war recht groß, wenn auch nicht besonders bullig. Er sprach in perfektem Deutsch. "Mein Name ist Prince D'Aragon. Nennen sie mir ihren Namen, Name des Erzeugers, Clan, Status, Herkunft und Grund ihres Aufenthaltes."
 
Meyye antwortet nicht. Sie fragt auch nicht, was sie mit ihr vorhaben, denn das erscheint ihr offensichtlich. Sosehr es sie auch drängt hält sie sich zurück, nach Julian zu fragen und um seine Unversehrtheit zu bitten. Bis jetzt ist er nur ein Mensch für sie, je mehr sie über ihn spricht, desto mehr wissen sie darüber wieviel er ihr bedeutet, desto besser können sie ihn als Druckmittel benutzen. Ohne ein Wort, nur mit einem Blick auf ihren Begleiter, nimmt sie die schwarze Kapuze und zieht sie über.

Der Weg ist eine weitere Zumutung, aber da sie froh sein kann wenn sie hier mit halbwegs intaktem Unleben wieder rauskommt, beschwert sie sich nicht, und wenn sie noch so oft stolpert. Der finale Stoß in den Rücken gehört dazu, aber sie tut ihnen den Gefallen nicht, hinzufallen sondern schafft es, auf den Beinen zu bleiben. Ein wenig geduckt, mit gefletschten Zähnen steht sie da und sieht sich nervös um, als ihr der Sichtschutz abgenommen wird.

Dann richtet sich ihr Blick auf den Anführer. Jetzt ist Förmlichkeit besser als Offenheit, schärft sie sich ein (vorsichtshalber ab jetzt auch wieder auf Suaheli) und verbeugt sich langsam. Für Julian, Meyye, für Julian! "Mein Name ist Meyye, Kind von Karl Enzinger, Neonat vom Clan des Tiers aus Finstertal. Der Zweck meines Besuchs war... Urlaub." Sie verstummt kurz, legt dann eilig nach: "Heute wäre die Nacht meiner Abreise gewesen. Ich hab mich ungebührlich verhalten und es versäumt, mich hier vorzustellen und bitte um Vergebung." Sie kann nicht ganz verhindern, dass ihre Stimme zittert als sie das sagt. Sie sitzt wirklich im Schlamassel.
 
Der Prinz nickte. "Urlaub? Mit einem gewöhnlichen Menschen? Oder ist es ihr Ghul?" Seine Stimme hatte einen scharfen Unterton. Er schien ihr nicht unbedingt Glauben zu schenken.

"Er ist nur ein Mensch." sagt sie so ausdruckslos wie möglich, und ein altes Luo-Kinderlied geistert durch ihr Gehirn. "Er stammt von hier..." Was jetzt? Werden sie ihn eher töten wenn er nur ein Mensch von vielen ist oder wenn sie mehr darüber sagt, was ihn mit Irland verbindet? Vielleicht hat sie schon zuviel gesagt. Vielleicht werden sie ihn töten, damit sie keinen Grund mehr hat, zurückzukehren. Nur das nicht!

Der Prinz verschärfte seinen Blick. "Sie ziehen mit einem Menschen herum, der nicht weiß, wie es in unserer Gesellschaft zugeht? Weiß er, was sie sind?"

Das läßt sich ja wohl kaum vermeiden, du... Suaheli ist ja so eine schöne Sprache. "Ja, das weiß er... und auch, dass er die Maskerade beachten muß." sagt sie nur. Ungwöhnlich zwar, dass sie ihn nicht zu einem Ghul gemacht hat, aber dafür wären sicher Gründe denkbar. "Ansonsten hat er nicht viel mit... unserer Gesellschaft zu tun."

Der Mann schüttelte den Kopf. "Irgendetwas stimmt an ihrer Geschichte nicht. Seit wann kennen sie diesen Mann?"

Zwar mag sie es nicht, wie eine Vampirin zu denken, aber sie hat es hier schließlich auch mit einem Vampir zu tun. Also... welche Geschichte könnte Julian und ihr jetzt am nützlichsten sein? "Ich kenne ihn... seit ungefähr zwei Jahren. Er wußte schon damals über mich bescheid. Schätze, ein anderer hat ihn eingeweiht." Womit sie nicht mal gelogen hat... dass der 'andere' eher ein Garou als ein Vampir war, muß sie ja nicht dazusagen.

Ein "Hmmm" erklang, als der Prinz über die Worte der Gangrel nachdachte. Irgend etwas stimmte hier nicht. Auf englisch sprach er zu einem der bulligen Männer, dass er Julian hereinbringen sollte. Dieser nickte stumm und verlies den Keller. Schon bald kam er mit Julian zurück. Er sah schwach aus und hatte eine geschwollene Hand, eine aufgeplatzte Lippe und ein Veilchen. Der Prinz trat an Julian heran, nahm sein gesundes Handgelenk, biss hinein und trank. Vorsichtshalber traten zwei Männer auf Meyye zu, die sie im Notfall festhalten würden. Nachdem der Prinz getrunken hatte, nickte er anerkennend. "Er schmeckt gut. Warum ist er nicht schon lange ihr Ghul?"

Sie macht unwillkürlich einen Schritt auf Julian zu, als der hereingebracht wird... die Angst um ihn, dass er jetzt inmitten eines Dutzends Vampire ist durchströmt sie gemischt mit der Erleichterung, dass ihm noch nichts Schlimmeres passiert ist. Erstere wird aber wieder stärker, als der Prinz von ihm trinkt. Sie macht schon Anstalten, die Hand zu heben und ihn davon abzuhalten, als ihr Verstand doch noch anspringt und sie zurückhält. "Er... gehört mir nicht." sagt sie mit zitternder Stimme. Und auch das stimmt ja. Soll der Prinz nur den Schluß ziehen, dass Julian nur von einem anderen Vampir 'geliehen' ist.

Der Prinz sah etwas verdutzt aus. "So? Wem gehört dieser Mensch dann? Eigentlich doch niemanden, solange er nicht geghult ist. Wenn das hier seine Heimat ist ... dann bin ich dafür, dass er hier bleiben soll. Meinen sie nicht?"

Nein, meint sie nicht und ist sichtlich erschreckt von dem Gedanken. "Herkunft, nicht Heimat." korrigiert sie unwillkürlich, haut sich aber innerlich selbst eine dafür runter. Dafür gibt sie einem inneren Impuls nach und fährt ein großes Geschütz auf: "Er gehört keinem Vampir. Sondern den Fianna. Bei uns haben wir ein Abkommen, er ist die Kontaktperson."

Nun ist der Prinz verblüfft und geht ein paar Schritte zurück. "Was sprechen sie da? Dieser Mann gehört zu den Fiannas? Sie wissen ja gar nicht, wovon sie sprechen!!" Seine Stimme ist stark und polternd.

Ja, gut so, weg von Julian. "Würd ich den Namen kennen, wenn ich es nicht wüßte? Ist Ihnen denn an seinem Blut nichts aufgefallen?" fragt sie, während sie innerlich wieder Oberwasser bekommt. Vielleicht hat sie gerade das Ruder herumgerissen.

Mit seinem Blick spießt er Meyye regelrecht auf. "NICHT IN DIESM TON! Nennen sie mir eine Kontaktadresse ihres Prinzen!"

Meyyes Ton war mehr wirklich fragend als etwa provokativ, aber das mag der Prinz natürlich anders sehen. Sie senkt den Blick wieder und sagt: "Ich kenne die Adresse nicht... aber es ist das Kunstmuseum in Finstertal."

Der Prinz sah Meyye wieder scharf an, dann nickte er einigen seinen Männern zu. "Schafft sie weg. Behandelt die Wunden des Mannes und rührt ihn nicht mehr an." Dann wandte er sich an die Gangrel. "Ich werde herausfinden, was sie hier wollten, und ob sie neue Kontakte zu den Wolflingen hier in Irland aufgebaut haben. Sie fallen absolut in die Kategorie: Spionin. So lange das hier nicht geklärt ist, sind sie mein Gast! Ich werde mich an den Prinzen von Finstertal wenden." Dann nickte er noch einmal und Meyye´s Schulter machte erneut Bekanntschaft mit dem Schraubstock. Sie wurde in einen Kerker geführt, und unsanft hineingestoßen. Es gab hier natürlich keine Fenster. Aber die Tür war aus massivem Metall. In Augenhöhe war ein feingliedriges Gitter und davor eine weitere kleine Metallklappe. (Also auch in Nebelform ausbruchsicher) Der Innenraum war aus massivem Stein.
 
Was der Prinz zu seinen Männern sagt, versteht sie nicht, erst als er sich an sie wendet, spricht er wieder Deutsch. "Nein, ich bin keine..." versucht sie dazwischenzurufen, wehrt sich aber lieber nicht, als sie dann davongeschleift wird. Im Kerker dreht sie sich um und sieht mit den Augen des Tiers, wie ihr ansonsten finsteres Verließ aussieht... nach einer kurzen Weile des Umschauens gerät sie ins Nachdenken. Sie sinkt zu Boden, zieht die Knie an und das rote Leuchten erlischt. Blicklos starrt sie in die Dunkelheit. Dass sie ihre Hoffnungen jetzt auf den Seneschall richten muß, kann nur eines bedeuten: Sie ist so gut wie tot, und Julian auch. Sie ist schuld an seinem Tod. Wären sie doch nur nie nach Irland gekommen!
 
Meyye ist lange Zeit in ihrem Verließ. Die Verhandlungen dauern wohl länger als gedacht. Immer bevor sie in Hungerraserei fällt, findet sie beim Erwachen kaltes, zusammengepanschtes Tierblut vor, dass wieder für drei Tage ausreicht.

Unterdess versucht der Prinz von Dublin D'Aragon, vom Clan der Ventrue, den Prinzen (oder seinen Vertreter) von Finstertal zu erreichen.
 
Immer wieder, wenn der ärgste Hunger vorbei ist, versucht sie nach Julian zu fragen, aber natürlich geben ihre Kerkermeister keine Antwort... und so bleibt sie im Ungewissen, im Dunkeln und nur ihre Schlafperioden lassen sie einen Zeitbegriff wenigstens ungefähr bewahren...
 
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