Kanon in Rollenspielen

Kazuja

Perfect Enemy
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Ich dachte eigentlich immer, dass in DSA ein sehr fester Kanon existiert, was nu passt und was nicht...
Aber da ich nun selbst mal in eine Diskusion verstrickt war drängt sich mir die Frage auf...

Woraus besteht eigentlich so ein Rollenspiel Kanon bzw. gibt es tatsächlich Punkte über den sich tatsächlich alle einig sind?

Bei SLA würde mir da zum Beispiel das "my wop, your wop" Prinzip einfallen, dass ja schon irgendwie kanonisch für SLA ist...

Aber wie sieht das in anderen Systemen aus?
 
AW: Kanon in Rollenspielen

Kanon ist im normalfall in allen Spielen das was im Regelwerk und in den Sourcebooks drinsteht.

See Ya!
 
AW: Kanon in Rollenspielen

Drudenfusz schrieb:
Kanon ist im normalfall in allen Spielen das was im Regelwerk und in den Sourcebooks drinsteht.

See Ya!
Richtig, dennoch divergiert die Meinung wie man das gelesene jetzt zu interpretieren hat... Und daruaf kams mir an... Vielleicht hab ich mich etwas unglücklich ausgedrückt...
 
AW: Kanon in Rollenspielen

Ein weiterer Faktor ist die Tatsache dass die Infos selten in EINEM Buch zu finden sind sondern dass in Zusatzbuechern (teils sogar nur in einem einzelnen Abenteuer) Informationen (oder manchmal sogar Regeln) zu finden sind die entweder "weisse Flecken" abdecken oder sogar bisher gemachte Aussagen zu Hintergrund (z.B. das Geschlecht einer hochrangigen Person deren Namen ich mal nicht nennen werden ;) ) oder Regeln (ich sage nur "Tiervampire" ;) ) komplett aendern.

Je nachdem wie "vollstaendig" jetzt das Wissen der betreffenden SL ist kann sich deren Interpretation EXTREM unterscheiden...

Und da sind nichtmal eigene Ideen/Hausregeln eingeflossen.
 
AW: Kanon in Rollenspielen

Das Problem mit den zum Kanon gehörenden Werken ist das meistens die Spieler sie auch gelesen haben ...
Kanon hin oder her ...
ich habe fast immer einige Fremdquellen ein.
 
AW: Kanon in Rollenspielen

Kanon ist das, was alle, die dasselbe Rollenspiel spielen, als gemeinsame Basis an Hintergrundinformationen für das Setting ihres Spiels ansehen.

Kanon bezieht sich nicht auf das Regelsystem an sich, da dies im Allgemeinen unabhängig von Kanon-Informationen ausgetauscht werden kann (Deadlands-Kanon ist z.B. völlig unabhängig von Classic Deadlands Regeln, D20 Regeln, GURPS Regeln, Savage Worlds Regeln).

Wenn jemand Engel spielt und er "erklärt" die im bislang veröffentlichten Material nicht erklärten Fegefeuer nach seinem Geschmack, so ist das ziemlich sicher immer noch Kanon, da es der von allen Spielern des Rollenspiels "Die Chroniken der Engel" genutzten Grundinformation nicht zuwiderläuft, weil es nicht in Widerspruch zu offiziellem Material steht. Dabei ist es egal, ob noch in Zukunft etwas dazu veröffentlicht werden soll, denn der Spieler/Spielleiter kann ja nicht hellseherisch vorahnen, was der Verlag in 5 Jahren vielleicht mal als Kanon-Erklärung für die Fegefeuer publizieren wird, wenn er JETZT schon dazu etwas spielen will.

Wenn jemand Engel spielt, und er läßt negroide Engel auftauchen, er läßt die Engel auch Mächte quer über alle Ordensgrenzen hinweg "erlernen", er führt neue Orden mit coolen Powers ein, dann KANN man überlegen, ob dies dem Kanon des Engel-Rollenspiels zuwiderläuft, oder ob das noch möglicherweise innerhalb des Engel-Kanons zulässige Interpretationen sind, auch wenn die Kanon-Information eigentlich explizit sagt, daß es keine negroiden Engel gibt, daß die Ordensmächte nur von Engeln innerhalb des Ordens und nicht von anderen Orden ausgeübt werden können, und daß es früher nur acht, in der Zeit der Spielwelt, wo die Bücher angesiedelt sind aber nur noch sechs Orden gibt und keine weiteren. - Hier wäre jemandem, der alle offiziellen Engel-Publikationen auswendig kennt, sofort bewußt, daß es sich hierbei um eine weit von den Kanon-Informationen wegführende Interpretation des Hintergrundes handelt.



Wann merkt man denn den Kanon?


Den Kanon merkt man eigentlich nicht, wenn man nur in seiner kleinen, lokalen Spielrunde ein Rollenspiel spielt und es so, wie es von allen gespielt wird, Spaß macht.

Den Kanon merkt man eigentlich nur dann, wenn man versucht Material, welches entweder offizielles Material des Original-Verlags oder Material von Lizenzherstellern zu verwenden und die Verwendung nicht etwa auf regeltechnische Probleme stößt (dies ist eine Frage der Regelkompatibilität, nicht des Kanon - D20-Publikationen sind z.B. nur systemkompatibel, aber nicht zwingend kanonisch), sondern mit dem bislang in der eigenen Spielrunde so gespielten Hintergrund nur schwer vereinbar ist.

In soweit ist es stets problemlos, wenn man sich an ein Grundregelwerk mit Settingbeschreibung hält und NICHTS mehr hinzukauft, sondern den Rest selbst entscheidet und selbst entwirft. Dann gibt es keine Kompatibilitätsprobleme mehr.

Je mehr Kanon-Publikationen man jedoch erwirbt, desto mehr schränkt einen diese zusätzliche, offizielle, und somit verfestigte Information in seinen eigenen Freiheitsgraden der Interpretation ein.

Bei Engel war im ersten GRW nichts dazu zu lesen, daß die Urieliten "nachtaktiv" sein sollen. Erst nach Erscheinen des zugehörigen Ordensbuches waren plötzlich alle Urieliten (Menschen wie Engel) vornehmlich im Dunkelen aktiv. Wenn man bis vor das Erscheinen des Ordensbuches schon seine Schar in Urielsland positioniert hat und dort auch schon Szenen zum Alltag im dortigen Himmel durchgespielt hat, dann ist das schon nicht so einfach hier plötzlich quasi im Nachhinein redefiniert als "Das war schon immer so" die Nachtaktivität einzuführen. Entweder man führt sie - inklusive Bruch der Kontinuität und inneren Logik der eigenen Kampagne - im Nachhinein ein, oder man ignoriert alles zum Thema Nachtaktivität aus dem Ordensbuch (und allen späteren Kanon-Büchern, die sich darauf beziehen!) völlig und verläßt damit den Bereich der kanonischen Auslegung des Engel-Hintergrundes, da man ja ein offizielles Fakt der Engel-Hintergrundwelt bewußt ändert.

Wenn ein Hintergrund bröckchenweise publiziert wird - was bei über viele Jahre hinaus geplanten Publikationsreihen ja der normale Weg ist - dann werden die Spielrunden, die sich in der Anfangszeit der Veröffentlichung auf dem kleinen Materialbestand ihre Auslegung des Hintergrunds erlaubt hatten, in die Kompatibilitätsproblematik gelangen, sobald neues Material herauskommt, das Bereiche des Hintergrundes festlegt, in denen die laufenden Spielrunden bereits ihre eigene Festlegung getroffen haben.

Nur wer abwartet bis ALLES an Kanon-Material publiziert wurde - also wer abwartet bis die Reihe eingestellt wurde (z.B. Old WoD), der hat überhaupt die Chance sich einen Gesamtüberblick über den Kanon an Materialien zu verschaffen und bewußt daraus seine Kampagne zurechtzubasteln.

Aber wer tut das schon?

Normal ist doch, daß man die Bücher kurz nach ihrem Erscheinen kauft und versucht deren Inhalte spielerisch zu nutzen.

Den Kanon merkt man also nur daran, daß man bei Neuerscheinungen in Kollisionen des neuen Materials mit eigenen Auslegungen und eigener Kreativität gelangen kann.


Was für Vorteile hat es denn, wenn ein Rollenspielhintergrund einen Kanon hat?

Der Hauptvorteil liegt bei wechselnden Spielergruppen vor demselben Hintergrund. Da kann sich ein Spieler hier wie dort verlassen, daß sein Charakter in den Hintergrund paßt, daß die gleichen Kräfte in der Spielwelt hier wie dort agieren werden, und daß er seine Hintergrundkenntnisse auch zur Steigerung seines Spielvergnügens einfließen lassen kann, weil diese ja immer noch gültig sind.

Wenn jemand aber mit einem kanonischen Charakter in eine Spielrunde gerät, die nicht-kanonisch spielt, so ist nicht sicher, ob sein Charakter, dessen Beziehungen, dessen Herkunft, etc. überhaupt noch in diese Nicht-Kanon-Spielrunde passen. Und seine Kanon-Hintergrund-Kenntnis nutzt dem Spieler im neuen, veränderten Hintergrund auch wenig.

Auf diese Weise bin ich bei Engel schon mal ziemlich böse "gerupft" worden, da die in der betreffenden Runde interpretierte Engel-Welt schon ziemlich weit weg von der aus dem Engel-GRW und den Ordensbüchern war. Das fand ich sehr verstörend. Dadurch konnte ich mir nicht sicher sein, wie sich die Spielwelt verhalten würde, wenn ich etwas tat, was bislang in allen anderen Engel-Runde normal war und reproduzierbar die gleichen Ergebnisse zeitigte.

Aus diesem Grund ist bei wechselnden Rundenzusammensetzungen der Kanon als kleinster gemeinsamer Nenner schon ein Vorteil.

Ein Problem ist jedoch ein Kanon, der nicht mehr auf eine Handvoll Bücher, sondern einen Bibliotheksbus voller Bücher verteilt ist. Hier ist es schwer dies noch in der Funktion als KLEINSTER(!) gemeinsamer Nenner zu sehen.

Je umfangreicher der Kanon, desto wahrscheinlicher ist es, daß eine konkrete Spielrunde UNBEWUSST nicht mehr im Kanon spielt, weil diesen eh keiner vollständig überblicken kann.

Je flüchtiger ein Kanon, d.h. je schneller die neuen, offiziellen Publikationen des Herstellers plausible Auslegungen aufgrund der alten Publikationen mit "überraschenden Wendungen" über den Haufen werfen, desto wahrscheinlicher, daß eine konkrete Runde BEWUSST nicht mehr nach dem Kanon spielt, um die innere Kontinuität ihrer Spielweltinterpretation zu wahren.
 
AW: Kanon in Rollenspielen

Zornhau schreibt gleich eine wissenschaftliche Abhandlung.

Kanon-Probleme tauchen häufig in DSA auf, weil es in den zwanzig Jahren so viel erschienen ist das kaum einer alles hat (es ist ja schon ein aufriß nur den überblick über aktuelle Ereignisse zu behalten) und wenn man nicht aufpaßt ist die eigene Kampagne sehr schnell nicht mehr Kompatibel zu anderen Kampagnen, was ein echter nachteil von DSA ist. In L5R gibt es auch einen sehr reichen Metaplot nur läßt der einen dennoch sehr viel platz für eigene Ideen, was das Spiel erst wirklich gut macht.
Mir gefallen gutausgearbeitete welten (solange die Ideen nur wirklich gut sind, also nicht wie den Scheiß den die alte WOD regelmäßig verzapfte) nur sollte der Metaplot eigne Kreativität fördern statt ihr imm wege zu stehen.

See Ya!
 
AW: Kanon in Rollenspielen

Drudenfusz schrieb:
Zornhau schreibt gleich eine wissenschaftliche Abhandlung.
Tut er nicht. Er ist nur alt und braucht immer lange um etwas zu sagen, was andere auch kürzer hinbekommen. :opa:

Drudenfusz schrieb:
Kanon-Probleme tauchen häufig in DSA auf, weil es in den zwanzig Jahren so viel erschienen ist das kaum einer alles hat (es ist ja schon ein aufriß nur den überblick über aktuelle Ereignisse zu behalten) und wenn man nicht aufpaßt ist die eigene Kampagne sehr schnell nicht mehr Kompatibel zu anderen Kampagnen, was ein echter nachteil von DSA ist.
20 Jahre? Das ist doch garnichts!

Was meinst Du, was die christlichen Kirchen für Probleme hatten, sich auf eine auch nur halbwegs gemeinsame Auswahl an Schriften für ein Kanon-Sammelwerk, auch Bibel genannt, festzulegen? Da gibt es eine ganze Menge mehr Material, als es voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten für DSA geben wird. Und das meiste davon ist eben nicht Kanon der jeweiligen Kirche. - Das kann natürlich unterschiedliche Gründe haben: es paßt nicht in die Kernaussagen, die man mit der Sammlung treffen wollte, oder eine Seite wollte einfach nur nicht, daß die andere ihr Lieblingstextfragment hineinbekommen (diese völlig am Gegenstand vorbeigehende Motivation gibt es tatsächlich überall), oder es wurden Kompromisse geschlossen (wenn das reinkommt, dann sind wir als Gruppe draußen - na gut, dann lassen wir das eben weg; wenn das nicht reinkommt, dann sind wir als Gruppe draußen - na gut, *seufz* dann nehmen wir das eben rein), ...

Was bleibt einem bei einem Rollenspiel mit galloppierender Fluff-Sucht übrig?

Man muß einen (gedanklichen) Strich ziehen.

Bis hierhin und nicht weiter nehmen wir die Publikationen und ignorieren alles, was danach kommen mag.

Oder man muß auswählen.

Alle Publikationen auf dieser (kleinen, kurzen) Liste sind UNSER Kanon, unsere DSA-Bibel. Alle anderen Publikationen werden zumeist ignoriert bis sie entweder ganz oder teilweise in den Kanon unserer Gruppe aufgenommen werden. Keine Neuerscheinung ist automatisch in ihrem Inhalt für unsere Gruppe verbindlich. (Oder so ähnlich.)


Bei einer nicht mehr mit vertretbarem Zeit- und Geld-Aufwand handhabbaren Menge an Publikationen kann man ohnehin nicht anders, als sich - möglichst bewußt und mit Hintersinn die eigene Kampagne betreffend - zu entscheiden, was von der Fülle an Material für einen verbindlich, was nett-aber-nicht-zwingend und was überflüssig ist. - Für meine Denver-Gruppe in Deadlands blende ich die Südstaaten-Thematik und die Back-East-Thematik fast völlig aus. Da reicht mir die Informationstiefe der Grundbücher. Für die Regionen um Denver herum ist hingegen das eine oder andere Quellenbuch schon sehr nützlich - zu nützlich es zu übergehen. Damit ist das - nur für diese Gruppe wohlgemerkt - der Kanon, auf den ich mich beziehe. - Für meine Südstaaten-Gruppe in der Mississippi-Region ist hingegen eine andere Auswahl gültig. - Für beide Gruppen gibt es ein paar Bücher, die ich grundsätzlich immer, also unabhängig von der Region, in welcher gespielt wird, berücksichtige. - Und es gibt Bücher, die ich zwar besitze, die ich aber bislang in noch keiner Gruppe jemals verwendet habe, und wo ich mir nicht sicher bin, ob ich je in die Verlegenheit kommen werde, mir auch nur zu überlegen, welche Inhalte davon für meine Gruppen verwendbar sein mögen. Dazu gehören gerade die "Rand-Regionen" Kanada, Mexiko und die Ostküste. Diese sind nur nice-to-have, aber für meine Kampagnen nicht bindend. Somit existieren auch die darin aufgeführten neuen Vorteile/Nachteile, Zauber, Schußwaffen, etc. nicht in meinen Kampagnen.

Man muß eben für sich und seine Kampagne die wesentlichen Informations- und Regelquellen abgrenzen.

Dann ist auch ein noch so schnell Neuveröffentlichungen herausbringender Verlag kein Problem und keine Kompatibilitätsgefahrenquelle mehr.
 
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