Interessanter, kurzer Artikel zu Gamedesign

Ich bin da zwiegespalten: gut finde ich die Aussage, back to the roots zu gehen um zu analysieren, was Spiele groß und gut macht, um das in ein digitales Spieldesign zu übertragen (und try and error möglichst effektiv und kostengünstig zu halten, bevor man sich ans "Große" wagt). Aber ich weiß nicht, was ich von diesem nur allzu BWLischen Denken von "the most outcome of x in the smallest amount of time" as in "The game would seek to obtain relevant information in the shortest time possible" halten soll, vor allem wenns um Spiele geht. Ich glaube diese Art von Effektivitätsdenken hat aus vielen, ursprünglichen und kreativen Spielereien (wenn wir schon von back-to-the-roots reden) in der digitalen Gamebranche zu einer durchgestylten und auf Produktivität ausgelegten Konsummaschinere geführt, was letztlich - in meinen Augen - die Kreativität und die Freiheit dieses Mediums einschränkt. Vor allem da sie von Online-Konzepten sprechen, klingeln bei mir Alarmglocken, wenn ich da an andere, sehr "effektive" Spieldesigns denke. Möglichst schnelle und frequentielle Belohnung auf möglichst wenig Zeit, kurz "effektiver Spaß" für die Spieler. Sowas gibt es für mich persönlich einfach nicht.

Das ist aber nur etwas, das mir ein wenig sauer aufstößt, von der Herangehensweise her (natürlich bin ich mir bewusst, dass rein finanziell ein solches Effektivitätsdenken Sinn macht, wenn man eine company gründen oder entwickeln will) - die Grundaussage des Artikels betrifft das nur wenig.
 
Es könnte aber gerade für den Rollenspielbereich Vorteile bringen bei der Entwicklung von MVP zu MVP zu evolutionieren, denn da wo die Marge sowieso zu klein ist (also bei allen P&P Rollenspielen) sollte man besonders wachsam sein und soviel wie nur möglich herausholen.
Außerdem finde ich es gut das auch in diesem Artikel angesprochen wird das es nicht immer nötig ist das Rad vollständig neu zu erfinden
und man brauchbare Mechaniken bei anderen gut funktionierenden Spielen abgucken darf.
Und natürlich das Augenmerk auf das "Spielerlebnis". Ich finde es gut wenn man sowas sachlich plant. Und nicht einfach hinterher Herausfindet das was fehlt auch wenn das spiel funktioniert.
 
Ja, wie gesagt, für die im Artikel vorgestellte Prämisse war das auch sehr gut, will ich ja gar nicht meckern. Auch dass das da seine Vorteile hat oder sogar notwendig sein könnte, will ich nicht bestreiten. Ich mag nur die Denkweise prinzipiell nicht, aus genannten Gründen.
 
Die Hauptaussage in dem Artikel scheint mir zu sein, dass es billiger war, sich ein "traditionelles" Brettspiel aus Papier selbst zu basteln als es als Webanwendung zu programmieren (oder programmieren zu lassen). Die andere Aussage ist, dass ein iteratives Vorgehen, das versucht, sich auf den Kern der Sache (das MVP) zu konzentrieren, erfolgreich war.

Das finde ich, ist jetzt kein revolutionäres Ergebnis ;)

Wenn sie dort von drei Monaten Entwicklungszeit sprechen, vermute ich einmal, sie meinen Dauer und nicht Aufwand. Denn wäre es Aufwand und hätten sie diesen Aufwand mal mit einem Tagessatz von $500 als untere Grenze versehen, wäre es völlig egal, dass sie am Ende des Zeitraums noch einmal $300 für Material ausgegeben hätten - die Entwicklung hätte dann nämlich schon mal $60000 ($500 x 60 Tage x 2 Leute) gekostet. Oder wir rechnen mit einem Monatsgehalt von $5000 (inkl. Nebenkosten) und kommen immer noch auf $30000.

Gerade weil die Entwicklungszeit (und damit meine ich nicht die Programmierung bzw. das Ausschneiden von Karten, Aussägen von Spielsteinen oder Malen von Spielbrettern) teuer ist, sind aber die anderen Tipps hilfreich, wie man den Kern eines Spiels findet. Sich bei der Entwicklung zu verzetteln kann sonst sehr teuer sein.

Stefan
 
Das Vorgehen ist ja alles andere als neu. In Volker Hirschs "Ludus Mechanikus" gab es damals sehr interessante Blog-Einträge und Projekte zu diesem "rapid prototyping". Kann ich nur empfehlen.

@Arngeir:
Und was "Gamification" angeht, verstehe ich nicht, warum das teilweise als Reizwort gesehen wird. Gamification ist als das seelenlose, rein ökonomische Ausnutzen von Spielaspekten verschrien, während das Arbeiten mit Games Design Patterns vollkommen "legal" ist.
 
@Arngeir:
Und was "Gamification" angeht, verstehe ich nicht, warum das teilweise als Reizwort gesehen wird. Gamification ist als das seelenlose, rein ökonomische Ausnutzen von Spielaspekten verschrien, während das Arbeiten mit Games Design Patterns vollkommen "legal" ist.

?

Ich bin doch gar nicht auf das Wort losgegangen. Oder versteh' ich dich jetzt da falsch? Ich dachte Gamification meint die "Verspielung" mundaner Aktivitäten?
 
?

Ich bin doch gar nicht auf das Wort losgegangen.
Ich dachte.^^

Oder versteh' ich dich jetzt da falsch? Ich dachte Gamification meint die "Verspielung" mundaner Aktivitäten?
Ja. Aber wenn man sich da ein wenig mit beschäftigt, kann man Spiele (die Verspielung von Spielen) nicht ausschließen. Obwohl das viele Definitionen tun.
 
Ah, jetzt verstehe ich dich :D ja, ne - da stimm' ich dir auch zu.

Die von mir kritisierte Denkweise ist ja auch, so wetlfremd bin ich nicht, in finanzieller und markttechnischer Hinsicht absolut notwendig. Ich halte nur nicht viel von dem Gedanken, dass man Spaßwerte objektiv auswerten und anhand von inhärenten Spielmechaniken reproduzieren kann, um ein bestmögliches Ergebnis zu erhalten. Das läuft dem Gedanken des "Spiels um des Spielens willen" zuwider. Wenn meine kleine Nichte spielt, spielt sie - die hat kein Ziel, die hat keine Intervalle von Belohnungen, die dreht sich im Kreis bis ihr schwindelig wird und umarmt die Welt. Diesen Aspekt darf man bei aller Gewinnoptimierung nicht vergessen, sonst wirds zu mechanisiert und durchgestyled und verliert seinen kreativen und (sorry, dass ichs nochmal benutze.. ich habe einen großen Wortschatz müsst ihr wissen..) verspielten Wert, meiner Meinung nach.
 
Ich halte nur nicht viel von dem Gedanken, dass man Spaßwerte objektiv auswerten und anhand von inhärenten Spielmechaniken reproduzieren kann, um ein bestmögliches Ergebnis zu erhalten. Das läuft dem Gedanken des "Spiels um des Spielens willen" zuwider. Wenn meine kleine Nichte spielt, spielt sie - die hat kein Ziel, die hat keine Intervalle von Belohnungen, die dreht sich im Kreis bis ihr schwindelig wird und umarmt die Welt. Diesen Aspekt darf man bei aller Gewinnoptimierung nicht vergessen, sonst wirds zu mechanisiert und durchgestyled und verliert seinen kreativen und (sorry, dass ichs nochmal benutze.. ich habe einen großen Wortschatz müsst ihr wissen..) verspielten Wert, meiner Meinung nach.
Und doch könntest du deiner kleinen Nichte in einem (Gesellschafts)Spiel ein höheres Spielerlebnis bieten, indem du es (und dich) hier und da etwas verbiegst.
(Die Kompetenz vorausgesetzt die Grenzen zu kennen, wann das nach hinten losgehen könnte.)
 
Und doch könntest du deiner kleinen Nichte in einem (Gesellschafts)Spiel ein höheres Spielerlebnis bieten, indem du es (und dich) hier und da etwas verbiegst.
(Die Kompetenz vorausgesetzt die Grenzen zu kennen, wann das nach hinten losgehen könnte.)

Inwiefern könnte ich das? Was ist ein "höheres Spielerlebnis"? x amount of fun in y amount of given time? Die Sache ist, dass das Kind einfach spielt um des Spielens willen. Darin ist kein Platz für Effektivität, die bremst sogar die kreative Entfaltung des reinen Spiels ganz erheblich. Für mich gibt es auch keinen Messwert von Spaß. Wenn man jetzt vom Gesellschaftsspiel ausgeht, sind Rahmen- und Zielvorgaben natürlich schon drin aber selbst da finde ich es vermessen, zu glauben, dass man x Kinder beim Spiel beobachten, ihr Spielverhalten analysieren und dann ein objektiv höheres Spielerlebnis erschaffen kann , weil man die wichtigen Punkte herausgehoben hat und sie in möglichst schneller Belohungsreheinfolge reproduziert.
 
Inwiefern könnte ich das? Was ist ein "höheres Spielerlebnis"?
Indem du Längen verkürzt, Enttäuschungen abmilderst und Erfolge bereitstellst.

Wie gesagt alles im Rahmen der Kompetenz hier keine Grenzen zu überschreiten, die das Ganze nach hinten losgehen lassen.

Es ist nun mal eben nicht so, dass der vom Schicksal innerhalb der Spielregeln gewählte Weg der beste ist. Insbesondere bei Spielanfängern (das habe ich jetzt bei deiner Nichte vorausgesetzt) könnte eine unglückliche Schicksalsverteilung ihre Distanz zum Spiel vergrößern, während eine optimierte Schicksalsverteilung ihr das Spiel näher bringt und ihr eben mehr Spaß bereitet.
 
Hm.. möglich. Klingt mir aber zu manipulativ um eine gesunde Einstellung zum Spiel zu entwickeln. Wenn wir mal vom Beispiel weggehen: im Bereich von Online spielen komme ich mir ständig manipuliert vor und das stört mich extrem. Als würden die Blizzardmenschen und wer noch die ganze Zeit neben mir stehen und sagen "na, wir wissen doch was dir Spaß macht, oder? Klar willst du die nächste, dumme und stupide HolundBring-Quest machen, du wirst ja danach wieder belohnt. Wir wissen einfach wie du tickst, wir wissen, welche Punkte wir drücken mussen. Das ist guter Stoff, nicht wahr? Nein, nein.. keine Sorge, ein Leben außerhalb davon brauchst du nicht. Nicht mehr."

Ist natürlich bewusst überspitzt ;) aber ich denke man weiß, wo mein Problem liegt. Man muss wohl trennen - fürs Produkt ist ein solches Wissen und Verfahren gut, den Spieler macht es aber eher zum Konsumenten in meinen Augen.
 
Ob das jetzt von Blizzard schlecht umgesetzt wurde, müsste man empirisch bewerten, das können wir ja nicht am Einzelnen festmachen.

Aber grundsätzlich soll die Gamification ja motivieren und nicht manipulieren. Also du sollst es wollen und nicht denken, dass dass du es wollen sollst. ;) Freiwillig solls sein.

So zum Beispiel:

 
Fremdmotivation zur Akulturation/Sozialisation ist immer auch ein Stück weit Manipulation.
Unser gesamter Bildungsapparat dient zum Beispiel der Agitation der repräsentativen "Demokratie" wie sie mittlerweile in der Bananenrepublik Deutschlandia gehandhabt wird.
 
Unser gesamter Bildungsapparat dient zum Beispiel der Agitation der repräsentativen "Demokratie" wie sie mittlerweile in der Bananenrepublik Deutschlandia gehandhabt wird.
Erklär mal.

Dass der gesamte schulische Bildungsapparat ein schlechter Witz aus alten Zeiten ist, darüber müssen wir nicht streiten. Da werden einfach Inhalte vorgekaut, die es nachzukauen gibt und die man danach getrost wieder vergessen kann - und aufgrund der Darreichungsform auch ziemlich garantiert vergisst, da NULL Motivation (womit wir wieder beim Thema wären ;) ).

Aber wo ist das Agitation der repräsentativen Demokratie? Das Schulsystem ist einfach in einem zeitlichen Kontext entstanden, der es so aussehen lässt, wie es ist. Mit Agitation hat das meiner Meinung so gar nix zu tun.
 
Aber wo ist das Agitation der repräsentativen Demokratie? Das Schulsystem ist einfach in einem zeitlichen Kontext entstanden, der es so aussehen lässt, wie es ist. Mit Agitation hat das meiner Meinung so gar nix zu tun.
Ich glaube er meint den Sozialwissenschaften-, Politik- und Geschichtsunterricht und in Teilen auch den Religionsunterricht. Aber ehrlich gesagt halte ich es für ziemlich natürlich, daß das Gesellschaftssystem sich selbst nach innen propagiert, alles andere wäre ziemlich schizophren.
 
@Skar und Q&D:
Ich meine den gesamten Schulunterricht, nicht nur Spezialfächer.
Man wird indoktriniert, sinnlose Mimesis zu betreiben, ohne überhaupt das Rüstzeug zum eigenständigen Denken mitzubekommen. Wenn man dann auf das weiterführende Bildungssystem losgelassen wird, steht man dann meist mit runtergelassenen Hosen da, weil man in der Schule nie damit konfrontiert wurde, selbst zu denken und selbst denken zu müssen.
Ich kann mich zum Beispiel an einen Biolehrer von mir erinnern, der in der gymnasialen Oberstufe Klassenarbeiten geschrieben hat, die so n"schwer" waren, dass sie im Grunde hätten Uniklausuren sein können. Warum? Er hat die KAs so gestaltet, dass das ein Din A5- Zettel war, auf dem 3(!) Aufgaben standen, ohne Unteraufgaben oder großartige Erläuterung der Fragestellung, und sie waren so gestrickt, dass der Schüler sein Wissen kombinieren und anwenden, man Zusammenhänge herstellen musste.
Es zeigte sich, dass unser Dr. mit seinen KAs den Jahrgang extrem polarisierte, weil die eine Hälfte (die von vorherigen Lehrern gut benotet worden war) derbe in den Keller fuhr, während die andere Hälfte teilweise mit 15 Punkten benotet wurde, die vorher eher mittelmässig bis eher "schlecht" war.
Er hatte das dadurch geschafft, dass er den Unterricht nicht frontal ausgerichtet hatte, sondern eine gewisse Diskussion im Klassenzimmer anregte. Die Schüler, die durch reines Pauken punkten wollten, die hatten kein Interesse an den Diskussionen des Stoffs, und schmierten entsprechend ab; diejenigen jedoch, die sich beteiligten, wurden nach und nach besser. Dabei beliess er es aber nicht, sondern brachte immer wieder einen aktuellen Bezug zum Stoffthema ein, seien es Forschungsdiskussionsfragen oder Nachrichten zu Fragen der Biologie, etc.
Er zog den Unterricht auf eine dynamische Art und Weise auf, die man nicht direkt als spielhaft beschreiben kann, aber
gewisse Wettkampfelemente aufwies.

Worauf ich hinaus will: Ein System, das zur Eigenerhaltung nur Mimesis indoktriniert, kann keine Kreativität in den indoktrinierten Subjekten erzeugen, und erst recht keine erwarten. Wer sein Leben lang nur nachplappert und kopiert, kann keine eigenen Gedanken und Kreativität entwickeln. Ein System, das nur Zombies erzeugt, gleichzeitig aber Veränderung, Verbesserung erfordert, die Grundlagen für diese aber nicht schaffen kann, stagniert auf Dauer und Stagnation führt letztlich zu Zerstörung des Systems.
Unser System stagniert, meiner Meinung nach.
 
Da stimme ich ja zu (siehe oben).

Allerdings glaube ich nicht, dass die Schulstruktur so ist wie sie ist, weil hier Schäfchen gezüchtet werden sollen. Da ist eben einfach noch viel alte Denke drin. Eben beibringen statt befähigen.

Sowas fängt ja schon bei der Sitzordnung an. Sitzen alle frontal zum Lehrer, dann gibts eben von vorne in den Trichter. Sitzt man in einer Art Plenum, dann ist offener Austausch begünstigt. Sitzreihen sind aber auch platzsparend und Klassenräume klein. Da lassen sich solche Basics oft nicht umsetzen.

Ich bin ja nun mla schon son bisschen aus der Schule raus. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die Informationsgesellschaft von sich aus da einen Wandel reibringt. Früher war der Lehrer aufgrund schwieriger verfügbarer Informationen ja eher als "allwissend" angesehen als heute. Insofern dürfte eher Diskurs verbreitet sein.

Außerdem hat vor allem bei Grundlagen ein frontales Lehren seine Berechtigung. Und fächerabhängig ebenso. Mathe eher als Philosophie, ne? ;)

Kann aber auch gut sein, dass Lehrpläne einem besser gestalteten Unterricht im Wege stehen. Mnachmal wäre es ben vielleicht besser weniger von dem gute Zeug zu vermitteln, als viel von dem, was man eh nicht braucht.

Aber wir sind ja über Gamification hier eingestiegen und du selbst hast "spielhaft" erwähnt. Schau dir nur mal die Noten an. 1 bis 6. Die 1 ist durch diese Struktur das Ziel. Jeder Misserfolg gibt dir eins drüber und bringt dich von deinem Ziel weg. Das ist demotivierend. Und Misserfolge stehen im Fokus der Betrachtung.
Würde man die Noten quasi umdrehen oder Punkte kumulative vergeben, dann könnte man sich mit jedem Erfolg steigern, hätte besseres Feedback zu seinen Erfolgen und diese ständen im Fokus. Das wären schon erste Gamification-Gehversuche.
Und ja, ich glaube auch, dass Achivements, Leaderboards und Boni da umgesetzt werden können. Aber bevor ich wieder Klassenkeile krieg, hör ich lieber auf.
 
Kann aber auch gut sein, dass Lehrpläne einem besser gestalteten Unterricht im Wege stehen.

Die sind eigentlich schon immer Schall und Rauch gewesen. Problematischer ist die starre Aufteilung in wöchentlich wiederkehrende 45-Minuten-Blöcke.

Gamification ist ne tolle Sache, nur funktioniert das erst mit Computerunterstützung vernünftig. Schau dir mal khanacademy.org an.
 
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