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In Harms Way: Wild Blue

Anhang anzeigen 20037"In Harms Way: Wild Blue" ist das neueste Spiel der "In Harms Way"-Reihe von Flying Mice, die im englischsprachigen Netz eine gewisse Bekanntheit erlangen konnte und sich des hauseigenen StarCluster-Systems bedient.
Die drei Vorgänger befassten sich mit Seeoffizieren in der napoleonischen Ära sowie mit Fliegerassen im ersten bzw. zweiten Weltkrieg; "Wild Blue" widmet sich den Söldnern der heutigen Zeit, wie man sie aus Jagged Alliance, Die Wildgänse kommen oder auch aus den Schlagzeilen zu Blackwater kennt

Optik
Wie schon bei FTA und Blood Games ist hier kein Schmankerl für Freunde schöner Aufmachung zu erwarten. Das Layout ist einspaltig, Überschriften stecken in der Sidebar, und die durch einen psychedelischen Filter gejagten Fotos die hier als Illus dienen (im PDF farbig, im Buch s/w) sind vielleicht ungewöhnlich, aber sicher nicht hübsch.
Man muss sich zudem auf ein paar fragwürdige Layoutentscheidungen gefasst machen, etwa bei den Flugzeugdaten, wo die Daten auf der linken Seite immer rechts und auf der rechten Seite immer links stehen, was bei mir bei Wertevergleich und Suche nach bestimmten Flugzeuge zu Kopfweh geführt hat.

Präsentation und Organisation
Das gute gleich vorweg: Das Spiel hat einen Index, und die Sidebarnavigation im PDF ist sehr ausführlich. Ebenso findet sich keinerlei platzverschwendender Flavourtext. Egal welche Seite man aufschlägt, man findet nur Sachen die wenigstens einen gewissen Nutzen für das Spiel haben.
Danach geht es aber bergab. Zusammenhängende Informationen sind oft ohne direkten Verweis aufeinander über mehrere Stellen verstreut (Flugzeugpreise stehen etwa nur in den Companyregeln, deren Werte hingegen nur im Anhang stehen, ohne dass ein Preis angegeben wäre), und generell wirkt der Text etwas wirr, ohne roten Faden Kapitel aneinanderreihend und didaktisch ungeschickt. (Man erfährt etwa auf S.64 wann Fertigkeitswürfe anfallen und wie Edges diese beeinflussen, während erst viel später auf S.76 in einem ganz anderen Kapitel erläutert wird wie Fertigkeitswürfe überhaupt ablaufen).
Wer auch immer IHW:WB leiten will, sollte für das Lernen und Nachschlagen eine hohe Frustrationstoleranz mitbringen, wenn er mit dem zugrunde liegenden StarCluster-System nicht schon vertraut ist.
Einzige Ausnahme ist das gut präsentierte, gut erklärte und mit wirklich illustrativen Bildern versehene Luftkampf-Subsystem, in das auch sonst offenbar am meisten Sorgfalt gesteckt wurde, aber dazu später mehr.


Da die Regeln sich so sehr verstreuen verzichte ich lieber auf eine kapitelweise Durcharbeitung des Spiels, und betrachte stattdessen zusammenhängend seine Komplexe.

Company-Regeln, Staff-Charaktere und Contract-Generator
Die Spielvorbereitung beginnt gleich mit der Erschaffung der Staff-Charaktere, die die Abteilungen der Söldnerfirma leiten, die Verträge aushandeln und auch sonst den Laden managen und parallel zu den eigentlichen Charakteren gespielt werden, die sich ins Feld und damit "In Harms Way" begeben.
Diese bestehen einfach aus einer Handvoll ausgewählter Fertigkeiten, zwei Fertigpaketen je nach Abteilung sowie den Persönlichkeitstraits – keine Attribute, kein Lifepath, nur eine Handvoll Werte.
Der SL verfügt ebenfalls über einen Staffcharakter – über den Operations Chief, der an der Spitze des Unternehmens steht.
Danach geht es daran die Gesamtressourcen der Company auszuwürfeln oder vom SL auswählen zu lassen, worauf die heiße Schlacht ums kalte Büffet beginnen kann indem die Staff-Charaktere um das jeweilige Budget ihrer Abteilung kämpfen. (Hierzu sei auch gleich gesagt dass alle finanziellen Ressourcen, egal ob Charakterausrüstung, Companyressourcen oder Charakterwohlstand, durch abstrakte Punkte und Level ausgedrückt werden – eine sinnvolle Entscheidung in einem System in dem gleichzeitig mit Thermoschlafsäcken und MiGs jongliert wird.)
Was den Kampf um die Budgets geht, so wird dieser einfach ausgespielt. Es gibt eine Handvoll Ratschläge dazu, aber abgesehen von den klassisch geregelten sozialen Fertigkeiten ist hier keine systemseitige Unterstützung zu erwarten.

Ein cooler Teil ist der Contractgenerator - hier wird festgestellt wie viele Verträge zur Auswahl stehen, wer der Auftraggeber ist, woraus das Ziel der halbjährigen Kontrakts besteht, an welchem Brennpunkt die Aktion stattfindet und wie gut der Vertrag letztendlich bezahlt wird. Auch die Beratung darüber welchen Vertrag man annimmt, sowie die Verhandlung mit dem Auftraggeber um Extras wie eine lokale Basis oder Einschreibung in die örtliche Armee (so dass die Söldner im Ernstfall als Kriegsgefangene statt als Verbrecher behandelt werden) werden durch die Staffcharaktere ausgespielt.
Der Contractgenerator ist ein sehr nettes Spielzeug, und zu bemängeln hätte ich nur dass es leider keinen Untergenerator gibt, um auch einzelne Missionen zusätzlich zum übergeordneten Halbjahresvertrag zu generieren.

Charaktererschaffung
Charaktererschaffung beginnt punktebasiert, mit Unterkonten für die Attribute (Strength, Coordination, Agility, Endurance und Charisma) sowie einem weiteren Unterkonto für Wohlstand, die Luck-Ressource sowie IQ (wovon das Intelligenzattribut abgeleitet wird). Man kann mit diesem Teil arbeiten, auch wenn die Verschiebung von Intelligenz in die Sonstiges-Kiste seltsam anmutet.
Elaboriert werden sollte die Luck-Ressource. Je nachdem wie viele Abstriche man bei Intelligenz und Wohlstand macht hat man davon über eine ganze halbjährige "Action" 0-3 Punkte, und man kann einen davon opfern um für kurze Zeit das Erzählrecht an sich zu reißen. Einzige Einschränkung ist dass niemand direkt durch Luck verletzt oder getötet werden kann (auch wenn man den Gegner in eine sehr ungünstige Position manövrieren kann), und der SL hat für extreme Missbrauchsfälle ein Vetorecht. Alles in allem eine nette Abwechslung von den üblichen Gummipunkten.

Die restliche Wertschöpfung geschieht auf Basis eines zufallslosen Lifepaths. Er beginnt mit dem Familienhintergrund und davon her rührenden Background Skills.
Anschließend kommt die Frage, ob man ein College besuchen will oder nicht. Mit Collegebesuch bekommt man weniger Fertigkeiten als in der beruflichen Karriere, aber es ist notwendig um Offizier zu werden, und es erlaubt Zugang zu diversen nichtmilitärischen Skills.
Abschließend gibt es die berufliche Karriere, und deren große Frage ist: "Wo ham se gedient?" Es stehen ausschließlich militärische Karrieren in Army, Navy, Airforce oder bei den Marines zur Auswahl, und die alle paar Jahre besuchbare Spezialistenschule (etwa als Pionier, Bomberpilot, Medic, bei der Delta Force oder in welcher Einheit auch immer) bringt einen gewaltigen Boost auf militärrelevante Skills. Hierbei erhält man auch Edges, die universell Boni auf Proben geben die mit ihnen zusammenhängen. (Etwa Nap-on-Earth für alle Aktionen im Tiefflug, egal ob man Ziele bombardiert, mit seinen Sensoren die Umgebung scannt oder gewagte Manöver fliegt.) Erst im kostenlosen Supplement “Civvies“ kommen zivile Karrieren dazu, etwa für Söldner mit einem Polizei- statt einem Militärhintergrund, oder für die Darstellung von Einheimischen die auf der Seite der Söldnerfirma ins Feld ziehen.
Während man mit steigendem Alter zusätzliche Skills bekommt, so verliert man auch Attributspunkte, und nach den ersten Jahren im Militär dürfen Spezialistenschulen nur noch sporadisch besucht werden, womit der Vorteil von hohem Alter immer mehr erodiert.
(Der Lifepath wird auch zur Charakterverbesserung herangezogen. Man befindet sich einfach in einer passenden Söldnerkarriere und erhält nach jeder "Action" (6 Monate in-game) einen neuen Fertigkeitspunkt.)

Abschließend gibt es noch eine Avocation, ein Hobby das der Charakter ausübt und das ihm ein paar Punkte für fluffige Skills einbringt, sowie Traits: Persönlichkeitszüge, die als Ressource genutzt werden, um Würfe zu verbessern wenn sich ein Zusammenhang herstellen lässt.

Nur noch festgelegt werden Honor und Practicality: Das sind zwei entgegengesetzte Werte, die zusammen immer 20 ergeben und je auf 10 starten. Entscheidet man sich in einem Konflikt zwischen Pragmatismus und Ehre für das jeweilige, so steigt der verwendete Wert um 1, während der ignorierte um 1 sinkt. Manch einem wird das aus Pendragon oder Unsung bekannt vorkommen (auch wenn es anders als in Pendragon oder Unsung keinen Wurf gibt um die Charakterentscheidung zu lenken, das obliegt ganz dem Spieler).
Honor fungiert als Bonus auf ehrenhafte Handlungen, beim Anführen und beim Umgang mit wichtigen Persönlichkeiten, während Practicality bei unehrenhaften Handlungen, beim Befolgen von Befehlen und beim Umgang mit zwielichtigem Gesindel hilft.
Hier bleibe ich etwas ratlos zurück. In den früheren IHW-Teilen, wo es darum geht den Offizier einer echten Armee zu Ruhm und Ehre zu führen hat dieser Mechanismus sicher seinen Sinn, bei einem Spiel um Söldner (denen es weniger um Ehre und die Abwägung von ihr gegen Notwendigkeiten gehen sollte) wirkt er hingegen etwas drangetackert.

Grundregeln
Als Basismechanismus bedient sich IHW:WB des W%-Underroll. Wenn der Würfelwurf erfolgreich ist, so gibt der Wurf auch gleich direkt die Probenqualität an. (Hierzu sei angemerkt dass die frei im Netz verfügbaren StarCluster-Regeln Wege beinhalten um mit wenig Aufwand den Basismechanismus und die daraus resultierenden Änderungen wie Modifikatoren gegen was anderes auszutauschen, z.B. gegen ein Poolsystem.)
Bei Attributsproben wird Attribut*Multiplikator herangezogen, wobei der Multiplikator von der Schwierigkeit der Aktion abhängt. Bei Fertigkeitsproben ist es etwas komplizierter: 40 + 5*Skill; zusätzlich +5 für je 2 volle Punkte um die das zugeordnete Attribut 7 übersteigt. Wer keinen Fertigkeitswert hat, der zieht nur das blanke zugeordnete Attribut heran.
Es gibt sicher gute stochastische Gründe für diese etwas komplexe Berechnung, aber sie ist dennoch ein Showstopper. Wenigstens bietet der Charakterbogen einen Platz um direkt die Prozentchance aufzuschreiben und so die Berechnung auf eine einmalige Tätigkeit vor Spielbeginn zu beschränken.

Wo ich schon von den Fertigkeiten spreche, so sei angemerkt dass hier die Philosophie aus Traveller und TSoY verfolgt wird: Sehr viele breite, überlappende Fertigkeiten, von denen man nur eine Handvoll aussucht die dem Stil des Charakters am ehesten entsprechen. Von der ellenlangen Liste im Buch landen so nur mehrere tatsächlich auf dem Charakterbogen.
Es wird explizit dazu angeraten den Charakteren nur Probleme zu stellen und dann ihnen zu überlassen wie sie sie lösen. So kann ein Maschendrahtzaun etwa überwunden werden indem man klassisch Climbing einsetzt, oder man springt mit Dash gegen die gegenüber liegende Wand und stößt sich Vega-mäßig ab, oder man betätigt sich mit Gymnastics als Hochspringer.
Leider wird diese Philosophie in einigen Subsystemen konterkariert, wo feste Proben gegen bestimmte Werte verlangt werden. Hier hilft nur Regeln zu ignorieren oder einen Bruch hinzunehmen.

Zum Schluss sollte im Zusammenhang mit den Grundregeln noch Notice erwähnt werden. Notice wird benötigt um ihm Rang aufzusteigen und so mehr Einkommen und mehr Kommandogewalt zu bekommen. Gewonnen wird es vor allem durch Erfolge im Feld, wie die Gefangennahme feindlicher Offiziere oder erfolgreich abgeschlossene Missionen. Misserfolge können einen auch Notice kosten.
Ebenso gibt es auch die Möglichkeit durch Kleinigkeiten und andere Dinge Notice zu gewinnen, etwa durch aktives Mitdenken und eifrige Pflichterfüllung (z.B. selbstständig Flugzeuge auf der Rollbahn vor einem Sturm sichern), durch die Lösung von kleineren Problemen oder auch durch das gute alte Einschleimen (dem sich ein eigener Absatz widmet, und was neben Notice ein guter Weg ist um Practicality zu gewinnen und es sich mit seinen Kameraden zu verscherzen).
Auch hier bleibe ich ein wenig ratlos zurück. Es ist eine interessante Idee und verschafft schon systemseitig neben dem bloßen eigenen Überleben ein weiteres Ziel, aber leider recht labberig geregelt und stark von SL-Entscheidungen abhängig, was Gift ist für das kompetitive Spiel, das der Blurb anpreist. Als Anreiz für gewagtes Verhalten und gegen Turtleplay ist es aber dennoch gut.

Kampf
Kampf geht von einminütigen Kampfrunden aus, in denen nur die entscheidenden Schüsse und Aktionen mit Würfeln abgehandelt werden und der Rest aus Deckungsfeuer, Whiffing, Positionsverbesserung und dergleichen besteht.
Ini für jeden mit W%, Angriffsprobe, Qualität des Angriffs gibt direkt Schaden an, Hitpoints die direkt aus den körperlichen Attributen berechnet werden… Keine großen Überraschungen hier.
Erwähnenswerte Besonderheiten: Man kann direkt im Anschluss an den Iniwurf Abzüge oder Boni auf seine Ini, Zielwert oder Qualität nehmen, wenn man in ein oder zwei anderen Fällen entsprechende Boni und Abzüge hinnimmt damit es auf 0 aufgeht. (Wer etwa seine Ini um 20 verschlechtert kann seine Zielzahl um 20 verbessern und so einen sorgfältigeren Schuss simulieren.)
Ebenfalls erwähnenswert ist, wie Verteidigung abgehandelt wird. Man hat einfach einen Coverwert von 0-100, der sich aus tatsächlicher Deckung und ggf. Fertigkeitseinsatz ergibt, und der Angriffswurf muss dann gleichzeitig unter der Zielzahl und unter der Deckung liegen. (Es gibt auch eine Optionalregel um Cover in o.g. Tausch mit einzubeziehen.)
Es gibt noch ein paar Crunchy Bits zu Spezialfällen wie Granaten und Automatikfeuer, aber im Großen und Ganzen ist das Kampfsystem unspektakulär. Es gibt schnelleres und taktischeres, aber auch schlechteres, und die Tauschregel macht IHW:WB wenigstens zu einem der wenigen Spiele, wo man mit dem Ini-Wurf was Interessantes anstellen kann.

Luftkampf und Fahrzeugkampf
Kommen wir zum Herzstück des Spiels, in das offenbar am meisten Sorgfalt gesteckt wurde und das der am besten designte Teil an IHW:WB ist: Den Luftkampf. Hier gibt es zwei Skalen: BVR (Beyond Visual Recognition) und Dogfight.
Der meist über mehrere Kilometer hinweg ablaufende BVR-Kampf wird relativ knapp und untaktisch abgehandelt. Man muss zunächst einen Entdeckungswurf bestehen um das Ziel zu entdecken und ins Schussfeld zu nehmen. Hat man das Ziel über seine Sensoren im Visier, so wird ein Wurf gegen das Zielsystem der Rakete abgelegt. Sollte der glücken, so bleibt nur noch ein Wahrnehmungswurf um die heranfliegende Rakete rechtzeitig zu entdecken, kombiniert mit einem geeigneten Manöver um entweder den Zielwinkel zu ändern und so einen neuen Sensorwurf zu erzwingen, oder auch um aus dem Radarfeld zu entkommen. Unwichtige NSCs sind bei einem Raketentreffer sofort aus dem Spiel, SCs wird noch ein Schadenswurf zugestanden (der gute Karten hat, ein Flugzeug vom Himmel zu holen oder es wenigstens kurz vor den Absturz zu bringen).
Es gibt hier nicht viel Taktik, aber durch die vielen Save-or-Die-Würfe kommt hier einiges an Nervenkitzel auf während die Raketen ausgetauscht werden.

Dogfights finden auf visueller Sichtweite statt, und wie schon zu Zeiten des roten Barons geht es darum seinen Gegner auf 6 Uhr ins Visier zu nehmen, sich hinter ihn zu klemmen und mit einer Familienpackung Blei vom Himmel zu holen. Hier wird Positionierung wichtig, und entsprechend sollte der Kampf auf einem Bodenplan stattfinden.
Die Basis des Dogfights ist die Energie-Ressource, die von der aktuellen Geschwindigkeit des Flugzeugs herrühren und verbraucht werden um verschiedene Manöver durchzuführen Um die Buchführung zu vereinfachen wird hier empfohlen Tokens wie Pokerchips zu nutzen – eine gute Technik, und ich bin immer dabei wenn jemand taktile Elemente nutzt um Rollenspiel zu vereinfachen.
Ähnlich verfahren wird mit Höhe – hier hat man andere Tokens zur Hand, für je 1.000m Höhe eines. Höhe stellt zudem die potentielle Energie dar, die abgerufen werden kann, indem man ein Manöver durchführt, welche Sinkflug beinhalten und so die Höhe reduzieren. Ebenso kann man elegant aktuell nicht benötigte Energie auf die "Wartebank" für die nächste Runde legen, indem man einfach Manöver mit Steigflug wie den Immelmann durchführt.

Beide Teilnehmer schreiben ihr Manöver oder ihre Manöverabfolge verdeckt auf und verkünden sie dann gleichzeitig, legen gegebenenfalls einen Wurf ab und sehen dann wo sie am Ende des Manövers stehen. Wenn dabei einer den anderen während oder am Ende des Manövers im Visier hat kann auch noch gefeuert werden, wobei es Modifikatoren für Schusswinkel und Entfernung gibt – es geht eben nichts darüber seinen Feind von 6 Uhr auf 100m zu perforieren, anstatt Verzweiflungsschüsse auf ein im 90°-Winkel vorbeischießendes Flugzeug in einer halben Meile Distanz abzugeben.
Wenn sich ein Flugzeug hinter das andere klemmen kann so hat es den "Advantage", und die Manöveransage ändert sich. Zuerst muss der Vordermann sein Manöver ankündigen und durchführen. Danach muss der Hintermann zunächst einen Wahrnehmungswurf durchführen um das Manöver zu erkennen, und dann muss er entscheiden ob er mitgeht um sein Ziel im Visier zu behalten, oder ob es im zu riskant ist. Geht er mit, so muss auch er den Wurf bestehen und den Konsequenzen ins Gesicht sehen, wenn er es nicht schafft.

Abgerundet wird das Luftkampfsystem durch einen dreiseitigen Cheatsheet, der alle Manöver, Modifikatoren etc. zusammenfasst.

Um es kurz zu evaluieren: Das Luftkampfsystem _rockt_! Das Dogfightsystem ist reich an Taktik, und Luftkampf insgesamt schafft es das Gefühl eines Luftkampfes zu transportieren. Im BVR ist es einfaches, unpersönliches Raketen austauschen mit viel Beten, Bangen und Einflusslosigkeit. Im Auftakt des Dogfights geht es darum zu erraten was der Gegner tut, ihm zuvor zu kommen und den Gegner zu überraschen. Sobald einer im Luftkampf den Vorteil hat kommt es als Verfolgter darauf an so gewagt wie möglich vorzugehen und auf jedes schwere Manöver noch einen draufzusetzen um den Hintermann abzuschütteln, aber nicht so weit zu gehen dass man sich den Hals bricht, während man als Verfolger immer schauen muss dass man dranbleibt und überlegen muss wann es zu schwer wird.
Bei all dem ist das transparente Prozentersystem, das klar die Erfolgschancen ausdrückt, ein echter Vorteil um sich schnell ein Bild über seine Optionen zu machen.
Allerdings gibt es ein paar Wermutstropfen:
1.) Skalierung: Die Manöver gehen von 1.000m-Hopsern aus, während die Geschützreichweiten in 100m-Schritten funktionieren. Damit bleibt nur einen großen Bodenplan zu verwenden, die Waffenreichweiten abzuändern oder etwas umständliche Tricks zu benutzen (z.B. Mikro- und Makrokarten).
2.) Manöver: Es gibt einfach eine erschlagende Liste, und die Zusammenfassung auf dem Cheatsheet ist nicht immer eindeutig was den Effekt eines Manövers angeht. Da bleibt nur ein hoher Lernaufwand, oder das regelmäßige Nachschlagen bei Unsicherheiten.


Zum Abschluss gibt es noch kleinere Subsysteme für Flugzeuge, etwa zur Bombardierung von Bodenzielen, Boden-Luft-Angriffen, Radarstationen, Punch-Outs oder Flugzeugwartung.

Fahrzeugkampf baut im übrigen auf Dogfighting auf, wobei alle Manöver in der dritten Dimension wegfallen, einige Kleinigkeiten etwas anders ablaufen und alles etwas liebloser behandelt wird als im Luftkampf. Man sieht hier wo der Schwerpunkt lag; in gewisser Weise ist es ein exakt umgedrehtes Savage Worlds, wo nicht etwa auf dem Fahrzeugkampfsystem nur das notwendigste aufgesetzt wurde um Luftkämpfe abzudecken, sondern wo ein Luftkampfsystem so weit abgehobelt wurde, bis auch Bodenfahrzeuge reinpassen.

Anhänge
Den Löwenanteil des Anhanges machen die Flugzeugdaten aus, wobei der Schwerpunkt auf Kampfflugzeugen liegt, die für Söldnerfirmen und Militär der dritten Welt bezahlbar sind. In etwas weniger Detail geht es um Helikopter, Transportflugzeuge und Kampfflieger der ersten Welt.
Bodenfahrzeuge erhalten erst gar keine Einzelmodelle, sondern nur generische Vertreter wie "Pick-Up" und "Light Tank".
Ebenso finden sich für alle Flugzeugmodelle Counter zum rauskopieren oder ausdrucken, nicht aber für auch nur ein einziges Bodenfahrzeug oder gar einen gemeinen Infanteristen.

Ein eigenes Kapitel widmet sich der Wertschöpfung von NSCs. Unwichtige NSCs bekommen einfach ein Template wie "Terrorist" und gut ist; bei wichtigen NSCs wird entweder gewürfelt oder der normale Lifepath verwendet.
Besonders nett finde ich hier die "Random NPC Mission Table", die einen NSC mit einer Mission ausstattet der er nachgeht. Sie ist ein exzellenter Ausgangspunkt für improvisierte Abenteuer, Nebenhandlungen, Komplikationen und plötzliche Plotwendungen, und sie sollte auch in jedem anderen kontemporären Spiel gute Dienste tun.

Es gibt auch ein paar Optionalregeln, wie Plotpoints (eine Art Kreuzung aus Fanmail und Gummipunkten), oder mehr Grittiness durch Verringerung der Trefferpunkte. Alles brauchbare Änderungen, aber nichts besonderes.

Eine Beispielorganisation wird auch gleich mitgeliefert, zusammen mit einem Einstiegsabenteuer.
Dieses bleibt platzbedingt etwas vage, liefert aber alles notwendige wie Karten und NSC-Werte mit, und es besteht aus einer klar definierten, ergebnisoffenen Mission statt aus einer tollen Geschichte zum Nacherleben für Berieselungsspieler.
Zu bemängeln hätte ich nur dass es nicht schafft die unzweifelhafte Stärke von IHW:WB auszuspielen, den Luftkampf. Der Fokus liegt hier auf regeltechnisch weniger gut unterfütterten SpecOps, während das Luftkampfelement des Abenteuers rein optional ist und ziemlich drangetackert wirkt.

Erwähnt werden sollte noch dass es so gut wie keine Spieltipps und Spielanleitung gibt, ebenso wie eine Erklärung wie Rollenspiel abläuft. Hier und da sind ein paar kleinere Hinweise verstreut, aber alles in allem wird wohl von erfahrenen Spielern ausgegangen die ihren eigenen Stil schon gefunden haben und IHW:WB ganz klassisch zu ihrem eigenen Ding machen.

Fazit
IHW:WB bedient sich eines eher unspektakulären Systems mit ein paar kleinen Kinken und ein paar interessanten Ideen, das im Großen und Ganzen auch durch GURPS, Fuzion oder ["realistisches" Universalsystem deiner Wahl] ersetzt werden könnte. Es hat ein paar eigene Noten wie die Persönlichkeitstraits oder das Troupe Play mit den Stabscharakteren, aber diese sind nur lose mit dem System verbunden und leicht als Hausregel in das System der eigenen Wahl zu überführen.
Ein Vorteil ist sicher dass der Macher gut per E-Mail oder PM in etlichen englischsprachigen Foren zu erreichen ist, was die Nachteile der schlechten Präsentation abdämpft, aber nicht aufhebt.
Letzten Endes kann ich weder besonders vom Spiel abraten, noch es besonders empfehlen – es ist einfach Durchschnitt.

Die große Frage beim Kauf von IHW:WB wird auf das folgende hinauslaufen: Will man eine Militärkampagne in der Jetztzeit spielen, die einen starken Fokus auf Luftkämpfe hat? Das Luftkampfsystem ist wohl der absolute Glanzpunkt am Spiel, und das wäre (neben dem Arbeitsersparnis der spielfertig aufbereiteten Kampfflugzeuge) wohl der Hauptgrund dafür es zu nutzen und seine Macken und seine schlechte Präsentation in Kauf zu nehmen.
Als Alternative könnte man auch lediglich das PDF erwerben und die universell nutzbaren Spielhilfen wie die Companyregeln oder die Contract-Zufallstabelle rausreißen, um sie für die Söldnerkampagne im System der eigenen Wahl nutzen. Jeder muss selbst wissen ob das die 12$ wert ist.

Disclaimer: Von mir erstellte Zufallstabellen werden im von Flying Mice verlegten "Forward… to Adventure! Gamemaster’s Notebook!" erscheinen, und ich habe das Softcover sowie das PDF umsonst von Clash Bowley zwecks Rezension erhalten. Ich bin der Ansicht dass meine Rezension davon unbeeinflusst ist und hart aber fair mit dem Spiel ins Gericht geht, aber aus Gründen der Transparenz sei darauf hingewiesen.


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