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Mitternacht, wir steigen ins Automobil
wir wollen herumfahrn, doch haben wir kein Ziel..
wir wollen herumfahrn, doch haben wir kein Ziel..
Meyye schneidet dem Rapper das Wort und dem schon alten Taperekorder die Stromzufuhr ab, indem sie auf die Taste drückt. Schließlich muß das Ding nicht laufen, wenn sie loszieht. Der Österreicher auf Magnetband lag sowieso zweimal falsch; erstens steigt sie auf ihr Rad und zweitens hat sie ein Ziel. Kurzfristig gesehen, jedenfalls. Sie ist noch weit von dem Gefühl der völligen Sättigung entfernt, und schätzt, dass sie sich noch an zwei Opfern gütlich tun müßte (ohne sie zu gefährden, jedenfalls) bevor sich dieses einstellt, aber dennoch will sie heute nicht in eines ihrer bevorzugten Jagdreviere sondern an einen Ort, an dem sie sogar ziemlich sicher nicht damit rechnet, ein Gefäß vorzufinden. Sie will in den Grünwald.
Heute ist alles an ihr dunkel, als sie die Wohnung verläßt. Das Shirt, die Hose, die lederne Jacke und sogar die Schuhe. Auf dem Bike ist sie eine wandelnde Bedrohung der Verkehrssicherheit, erst recht wenn sie erstmal die Lichter der Stadt hinter sich gelassen hat. Sie weiß, dass es an ihr allein liegt, Vorsicht walten zu lassen, und außerdem hält sie sich sowieso nicht lange auf der Straße auf. Die Wildnis ist von dort, wo sie wohnt, keine hundert Meter entfernt.
Also schwingt sie sich auf das Rad und fährt los, stadtauswärts... sie kennt die Wege, die sie nehmen kann, schon auswendig. Heute wird es der zweite, nach rechts abgehende Weg außerhalb der Stadtgrenze, mitten hinein in die Bäume, und spätestens dort sieht sie nur noch etwas, weil sie ihre Augen auf die Dunkelheit einstellt, wie sie es gelernt hat. Irgendwo dort läßt sie dann auch ihr Rad zurück, versteckt hinter einem Gebüsch, bevor sie zu Fuß in den nächtlichen Wald vordringt...