Rezension Hunter: The Vigil - Witch Finders [B!-Rezi]

Manny

Relikt
Registriert
22. Januar 2006
Beiträge
5.309
Witch Finders


WoD2: Hunter Quellenband


Mit Hunter: The Vigil – Witch Finders ist das erste Supplement für die aktuelle Jahreslinie der World of Darkness nun endlich seit kurzem erhältlich. Ich jedenfalls habe meine importierte Kopie des Werkes seit heute am frisch zugeräumten Schreibtisch liegen. Der Titel nimmt auch keinen Blatt vor dem Mund und sagt genau, worum es in dieser Publikation geht: Magie in allen Farben und Formen. Auf 224 Seiten knüpft das Supplement am Grundregelwerk zu Hunter: The Vigil an und erläutert diese Sparte an Übernatürlichen in der für Hunter: The Vigil üblichen Simplizität. Die Publikation unterstreicht übrigens an mehreren Stellen explizit, dass dieses Supplement nicht Mage: The Awakening emuliert, sondern ein breiteres, abstraktes Spektrum von Magieanwendern adressiert.

Äußerlichkeiten:
Auch wenn es niemanden wirklich vom Hocker reißen wird, ich erwähn es dennoch: das Buch hat ein farbiges Hardcover und enthält qualitativ hochwertige, schwarz-weiß bedruckte Seiten in US Letter Format (also ungefähr A4). Spieler der neuen World of Darkness sollten das aber mittlerweile gewohnt sein. Dem kühnen Adlerauge entgeht aber natürlich nicht das Logo am Buchrücken, das sich offensichtlich an die Thematik angepasst hat: der archetypische Schädel steht zwar weiterhin in Flammen, trägt aber nun ein Pentagramm auf der Stirn – eine Anlehnung an Mage: The Awakening?

Auch auffällig: Anders als die bisherigen Supplements zu den einzelnen Linien fehlt der „Streifen“ auf der Vorderseite des Covers in der jeweiligen Systemfarbe, in welchem üblicherweise immer der Schriftzug World of Darkness stand.

In der Trickkiste:
Das Werk fängt mit einem obligatorischen, sechsseitigen Prolog an, der abwechselnd und klar getrennt mehrere Perspektiven der Thematik erzählt. Der Prolog wird aber fortgesetzt, und zwar zwischen den Kapiteln. Danach folgt die Motivation und die Kernfragen: Warum werden Zauberer gejagt und was ist Magie? Es wird aber auch klargestellt, dass Jäger nicht ausnahmslos hinter Magiewirkende her sind, die Motivationen sind völlig unterschiedlich und reichen von Kill on Sight bis hin zu Kooperationen – Magie kann schließlich gefährlich sein, muss aber nicht.

Kapitel 1 – „A History of the Witch“ – ist im Groben und Ganzen eine 39 Seiten lange, umfangreiche Sammlung aus Story Hooks, die ihren Ursprung quer durch die Geschichtsbücher finden. Es wird auch erklärt, welche Gruppe an den jeweiligen Hintergründen der Story Hooks interesse haben könnte, und warum. Einige davon verleihen den in Hunter: The Vigil vorgestellten Organisationen eine interessante neue Farbe, zum Beispiel die Cheiron Group, die möglicherweise selbst etwas mit Hexenwerk am Hut haben könnte und überneugierige Mitglieder „zufälligerweise“ mit fehlerhaften Funkgeräten in den Kampf gegen Werwölfe schickt.

Die Hintergründe der einzelnen Inspirationen sind breit gefächert und reichen vom antiken Ägypten über Kali Yuga bis hin zu moderneren Ursprüngen. Einige werden in Form von In-Character-Materialien präsentiert, andere sind konventionell Out-of-Character.

Ich persönlich meine, dass die Sammlung durchaus nicht ihr Ziel verfehlt: spätestens nachdem man das Kapitel durchgearbeitet hat manifestieren sich bereits mehr oder weniger konkrete Ideen oder Implementierungen, um das Leben der eigenen Spielgruppe ein wenig lästiger zu gestalten. Den einen oder anderen Teil kann man aber durchaus für Chroniken missbrauchen, wo die Spieler keine Jäger sondern andere Arten von Übernatürlichen (vermutlich vorzugsweise Magier) sind. Das Supplement aber alleine wegen der Motivation es für Inspirationen für Mage-Chroniken herzunehmen wäre aber ziemlich sicher Overkill.

Kapitel 2 – „Call and Response“ – setzt in gewisser Weise die Tradition des vorherigen Kapitels fort. Hier werden die Compacts und Conspiracies aus dem Hunter: The Vigil Grundregelwerk noch einmal genauer unter die Lupe genommen und im Kontext von Magie betrachtet. Zu jeder der Organisationen gibt es eine kleine Sammlung kurzer, prägnanter Story Hooks, und eine genauere Erläuterung zu den Paradigmen und archetypischen Ansichten der Organisation bezüglich Magieanwendern sowie wie mit ihnen verfahren wird.

Damit hört das Kapitel aber noch nicht auf, es führt noch drei neue Organisationen an, die besonders etwas mit der Thematik per se am Hut haben. Im Folgenden ein kurzer Überblick über die Neuen – ohne ihre Geheimnisse zu verraten, die lieber nicht an die Ohren und Augen von Spielern kommen sollten.

  • Division Six – The Consensus (Compact): Diese Gruppe gibt sich als Regierungsbehörde, die ein wenig an die CIA oder das FBI erinnert.
  • The Promethean Brotherhood – The Fire-Stealers (Compact): Die Jäger dieser Bruderschaft haben ein Ritual entwickelt, mit dem sie die Magie ihrer Opfer „aussaugen“ und für einige Zeit selbst verwenden können.
  • Knights of Saint George (Conspiracy) – Fanatische, christlich orientierte Jäger finden in dieser Organisation, die sich beinahe exklusiv mit der Jagd auf Hexen und ihr Werk beschäftigen, Unterschlupf.
In Kapitel 3 – „Magic Tricks“ – liegt der Fokus besonders auf drei Dinge. Es fängt mit neuen Taktiken bzw. Teamwork-Aktionen an, führt mit je einem neuen Endowment für die bereits bekannten Organisationen sowie Endowments für die neue Conspiracy fort und endet schließlich mit dem stark vereinfachten System für Magier. Es wird aber auch wieder explizit erwähnt, dass das vereinfachte Magiesystem für Spielgruppen ohne Mage: The Awakening gedacht ist.
Das „vereinfachte“ System gliedert Magie in drei Schichten, die wiederum aus einzelnen Mysterien (teilweise vergleichbar mit den Arcana aus Mage: The Awakening) bestehen. Jedes Mysterium wird dabei mit einem spezifischen Attribut verbunden, welches als Teil der Aktivierungswürfen zu tragen kommt. Um Magie zu wirken benötigen Hexen im allgemeinen zwei Dinge: den neuen Gnosis-Vorzug sowie Source als verbrauchbaren „Kraftstoff“. Source gewinnen Hexen übrigens wieder, indem sie etwas tun, das den ihnen bekannten Mysterien entspricht; das Maximum wird durch die Attribute bestimmt. Auch Paradoxa finden wieder ihren Weg ins Zaubersystem – allerdings auch nur stark vereinfacht, sie verursachen lediglich ein wenig Schaden und etwas Desorientierung am Zauberwirkenden. Es wird aber ans Herz gelegt eintretende Paradoxa dramatisch zu schildern, beispielsweise durch blutende Augen oder regnende Frösche.

Einige Zaubersprüche zu den 15 Mysterien werden auf 25 Seiten am Ende des Kapitels genannt; zusätzlich gibt es noch einen kurzen Crashkurs, wie man die Mechaniken zu eigenen Mysterien und Zaubern entwickeln kann.

Meiner Meinung nach sind diese Mechaniken eher überflüssig, wenn man Perlen wie Second Sight oder Mage: The Awakening im Bücherregal stehen hat. Experimentierfreudige können aber wild kombinieren – bzw. noch wilder als bisher, beispielsweise das Zaubersystem aus Mage: The Awakening für unsere Lieblingssorte von Magiern, Second Sight für Kultisten bzw. „niedere“ Thaumaturgen/Psychics und das in Witch Finders präsentierte System für alles andere. Die Systeme lassen sich eigentlich wunderbar parallel verwenden, trotzdem bin ich persönlich mit dem Witch-Finders-Ansatz weniger zufrieden als mit dem elaborativen System von Mage oder der nicht-atlantischen Thaumaturgie aus Second Sight.

Kapitel 4 – „Spellbound“ – ist zweierlei; einerseits versucht es Erzählern noch letzte Ratschläge und Tipps im Umgang mit Magiewirkenden zu geben, andererseits fügt es ein weiteres Puzzleteil zum Beispielsetting in Philadelphia aus Hunter: The Vigil hinzu, nämlich Magier, Hexen und Okkultisten. Hauptsächlich ist das Kapitel allerdings letzteres von den beiden.

Werbung:
Den Abschluss des Buches bildet wie immer Werbung. Nummer Eins bildet Keys to the Supernal Tarot aus der Mage: The Awakening Linie (November 2008), und Nummer Zwei wirbt mit den Worten „They kill because they can“ für Slasher (Oktober 2008). Bei letzterem ist mir aber nicht erschließbar, ob es sich dabei um das nächste Supplement für Hunter: The Vigil oder um ein generisches Werk der World of Darkness Kernlinie handelt, vermerkt ist nämlich nur letzteres.

Fazit:
Kurz formuliert: Nett, aber nicht notwendig.
Lang formuliert: Wer nicht jeden Cent viermal umdreht, bevor er ihn ausgebt, und eigentlich keinen Bedarf für dieses Supplement hat (z.B. weil Mage und/oder Second Sight vorhanden ist), wird eher wenig Freude daran haben und sich vermutlich höchstens mit den Story Hooks vergnügen können. Unter’m Strich nichts, was man unbedingt haben muss.Den Artikel im Blog lesen
 
Zurück
Oben Unten