AW: Forward... to Adventure!
So, jetzt habe ich es überflogen...
Wäre nett wenn du deine Eindrücke irgendwann mal hier posten würdest, bin zu faul um mich durch das Q&A zu arbeiten...
Ich hatte das gute warme Gefühl von Mazes&Minotaurs, Ur-D&D und DSA1 als ich es durchgelesen habe. Kein langer Fluff oder Settingabriss, sondern gleich der Wurf ins kalte Wasser der Charaktererschaffung, dann die Grundregeln, dann die Kampfregeln und schließlich tonnenweise Crunchy bits von Monstern über Zauber über Waffen und Rüstungen bis hin zu Artefakten.
Es ist kein Lesebuch zum schmökern - es ist ein Arbeitswerkzeug für das tatsächliche Spiel.
Es gibt ein paar Schwachpunkte (s.u.), aber alles in allem würde ich es spielen wenn ich keinen Nerv auf lange ausgeklügelte Charakteroptimierung habe, auch nicht mit einem dutzend Ressourcen jonglieren will und Balance gerade nicht meine größte Priorität ist, sondern ich einfach nur so schnell wie möglich "Forward... to Adventure!" will.
Der Dungeongenerator ist kein Wunderwerk: Um ihn on-the-fly zu benutzen gibt es einfach zu viele Tabellen und Würfe, und das Endergebnis eines völlig ausgewürfelten Dungeons rangiert von der Glaubwürdigkeit her irgendwo zwischen NetHack und Vera am Mittag. Als Hilfsmittel bei Ideenmangel oder um die Abenteuervorbereitung in Gang zu bringen sollte er aber hilfreich sein.
Ach ja: Die Anspielungen sind wirklich nett. Man kann als kritischen Schaden "brain damage" erleiden, Pfeife und Tabak sind a.) auf der Ausrüstungsliste, b.) ein Beispiel für den Loreskill und c.) ein mächtiges Artefakt (pipe of meditation), und wer NetHack gespielt hat wird einige Male ein dejavu haben.
Das absolute Highlight für mich sind die Regeln für Kampfmoral. NSCs die ihren Rettungswurf verhauen fliehen oder ergeben sich. Bei SCs gibt es keinen solchen Mindfuck der in die Spielhoheit der Spieler eingreifen würde - allerdings erleiden sie -6 auf _alle_ Würfe bis sie den Gegner dazu zwingen können die Moral zu verlieren oder dem Kampf entkommen, was Kampfmoral immer noch zu einer sehr wichtigen Sache macht.
Unter einem Gesichtspunkt könnte es mich nämlich schon interessieren:
Wie einsteigerfreundlich ist es?
Vorweg muss ich sagen dass es in der englischen Fassung keine SL-Tips, "Was ist Rollenspiel?"-Erklärungen und dergleichen gibt; diese sind der spanischen Fassung vorbehalten die dann auch im Heftformat vertrieben wird. Bei der englischen Fassung wird angenommen dass eh nur diejenigen davon Wind bekommen und es kaufen die sowieso schon Rollenspieler sind.
Angesichts von Pundits Kurzerklärung zur Aufgabenverteilung im Q&A "Die Spieler spielen ihre Charaktere und der SL spielt die Welt" würde ich hier keine Wunder erwarten.
Rein vom System her halte ich es für etwas was man Anfängern guten Gewissens in die Hand drücken kann. Die Regeln und Werte beschränken sich auf das wichtigste was man braucht um Monstern in den Hintern zu treten und ihre Schätze zu klauen, sie sind simpel und lassen dennoch taktische Entscheidungen zu, und die Zufallstabellen für Random Encounter, Dungeons und Schätze helfen wichtige Fragen zu beantworten wenn man nicht weiter weiß.
Es gibt aber einige Stellen die etwas SL-Entscheidung brauchen... Besonders nervig ist es beim Nahkampfschaden, da es rein am SL hängt diesen zu verteilen, mit ein paar labberigen Beispielen und den drei Maßgaben "Sei plausibel", "Benachteilige die Spieler nicht" und "Bevorteile die Spieler nicht". Damit die funktionieren muss man sich als Gruppe einspielen und klare Maßstäbe aufgestellt bekommen wie man das anstellt, zumal die Defaultverteilung (Schaden gleichmäßig auf alle Beteiligten verteilen) wahrscheinlich die nachteiligste für den Sieger ist da a.) alle Gegner ihre Panzerung ins Spiel bringen und so den Gesamtschaden senken und b.) die Gegner am langsamsten dezimiert werden.
Zweitnervigster Punkt sind Stunts wo ein guter Teil der Effekte an der SL-Entscheidung hängt (wobei es genug feste Effekte gibt um damit leben zu können).
Ansonsten gibt es noch kleinere Stellen wo SL-Willkür wichtig ist, aber diese sind von minderer Wichtigkeit und/oder mit klareren Maßstäben versehen.
Ist es schnell und leicht zu kapieren, auch wenn man mit Rollenspiel und Englisch nicht so viel am Hut hat?
Es ist ein recht simples System, wenn auch mit einigen kleineren Ausnahmen und Sonderregeln (wie abweichenden Leitattributen zwischen verschiedenen Zauberschulen). Einige Punkte sind mir noch etwas unklar (u.a. ob Damage Reduction Schaden unter 1 bringen kann und wie das genau mit den Optionen bei der Charaktererschaffung und -verbesserung abläuft), aber da müsste ich nochmal genauer nachlesen und evtl. im Q&A nachhaken.
Ich selbst bin wohl nicht die beste Testperson um zu ermitteln ob das Englisch schwer ist, aber ich denke wer ein gutes Schulenglisch beherrscht und obendrein mit rollenspielspezifischen Begriffen wie "javelin", "wand" und "spell" vertraut ist sollte gut durchsteigen können.
Wie Tabletop-nah ist es und was braucht man so zum spielen?
Es gibt konkrete Regeln zu Bewegung und Reichweite, ich würde also Battlemap und irgendwelche Pöppel empfehlen um by the book zu spielen. Mindestens sollte eine Lageskizze auf Karopapier sein um Entfernungen und Bewegungsreichweiten abschätzen zu können.
Generell ist es so oldschool wie ein Rollenspiel nur sein kann: Der Kern der Regeln ist Monster verkloppen, Schätze finden, Fallen entschärfen, von Fallen getroffen werden, geheilt werden und sterben, und der Großteil dessen was außerhalb davon liegt läuft unter Onkel Plausi und "Würfel mal gegen die Schwierigkeit wo der SL angemessen findet, sage das Ergebnis und der SL fabuliert was passiert" (außer sie wären mit dem Kern der Regeln verbunden - wie Diplomacy um intelligente Monster zu beschwichtigen, oder Intimidation um die Gegner zu demoralisieren).
Ansonsten braucht man als Minimalausstattung neben Stiften und Pizza mehrere w6 (SCs und andere menschengroße Kreaturen brauchen 3w6, manche Monster bis zu 6w6), Charakterbögen (2 Seiten, wobei Nichtzauberer auf die zweite Seite verzichten können solange sie nicht zum Champion einer Gesinnung aufsteigen oder anderweitig an besondere Eigenschaften gelangen) und irgendwas um den Dungeonplan aufzuzeichnen.