Burncrow schrieb:
1. WK
Der einfache Soldat tat sich sowieso immer schwer es einzusetzen und hatte eher mit dem Kolben zugeschlagen.
Bajonettkampf besteht aus Stichen, Schnitten, Hieben und Schlägen mit dem Kolben. Das gehört ALLES mit dazu. Wer will sagen, ob ein einfacher Soldat, der es tatsächlich ja noch gelernt haben mag, wirklich nicht einsetzen konnte? Weißt Du das genau? Woher?
Mal ein Punkt: 1900 beim Boxeraufstand haben deutsche Soldaten die Chinesen mit einem massierten Bajonettangriff vernichtend geschlagen. Das war nur 14 Jahre vor dem 1. Weltkrieg. Sind die Ausbilder alle zwischen 1900 und 1914 in Rente gegangen? Wohl kaum. Vor allem hat es immer wieder Bajonetteinsätze z.B. im Herero-Aufstand in Deutsch-Süd-West-Afrika 1904-1907, bei dem die deutschen Bajonette ihren Anteil an dem Massaker hatten. Das Bajonett ist der Speer des Gewehrsoldaten und als solcher munitionssparend und SEHR effektiv.
Burncrow schrieb:
Und in den Gräben waren die angeschliffenen Klappspaten nützlicher und handlicher.
Ein Spaten ist auch im Grabenkampf komplett unhandlich. Was den Ersten Weltkrieg an Bewaffnung für den echten Grabenkampf auszeichnete, waren die vielfältigen, von den Soldaten anfangs meist als Modifikationen ihrer Bajonette gebauten Grabendolche - Klingenwaffen mit gutem Griff, die man auch im glitschigen Umfeld eines schlammigen Grabens nicht so leicht verlieren konnte und die alle Vorteile eines Dolches, wie z.B. das nicht erst Ausholenmüssen (was beim Spaten das Problem ist), mitbringen. Später kam die deutsche Rüstungsindustrie dem Bedarf nach und brachte eigens entwickelte Grabendolche heraus.
Zum Bajonett zwischen 1. und 2. Weltkrieg: In der Weimarer Republik wurde mit aufgepflanztem Bajonett die Demokratie eingeführt und mit den Bajonetten unter der NS-Regierung wieder beerdigt. Bajonette waren als Abschreckungswaffe bei den vielen zivilen Unruhen in dieser Zeit eine oftgesehene Bewaffnung, da man ohne gleich schießen zu müssen durchaus ernstzunehmende Verletzungen verursachen konnte. Szenen, wie sie aus heutigen Demonstrationen, bei denen Demonstranten direkt gegen die Schilde der Polizei vorgehen können, waren bei den damaligen Bajonetteinsätzen nicht denkbar. Man hatte - zu Recht - einen Heidenrespekt vor den Klingen. (Hier mal ein Beispiel für ein
"Polizei-Seitengewehr")
Im 2. Weltkrieg gab es den Begriff "Rotkehlchen" für durch Bajonettangriff im Brust-/Halsbereich getötete Gegner. Das war kein Klappspaten. Das war das Bajonett, was diese charakteristisch-blutige Verwundung verursacht hatte (der Schnitt, der zu den typischen massiven Blutungen führt, erfolgt ja erst beim Herausziehen des Bajonetts).
Noch nach dem 2. Weltkrieg hatten die Amerikaner hatten Anfang 1951 den letzen Bajonett-Sturmangriff auf Battalionsebene gegen die Chinesen und Nordkoreaner durchgezogen und gewonnen.
Wenn man sich mal praktisch vergegenwärtigt, was ein Bajonett unaufgepflanzt bzw. aufgepflanzt an Kampfoptionen bietet (natürlich nur dem Geübten), dann ist der Klappspaten so gut wie der Dosenöffner - ein Werkzeug, daß als Waffe gebraucht wird, aber keine echte Waffe.
Was das 'Niederkämpfen des Feindes in der Stellung' mit dem Klappspaten anbetrifft: wie kommt man zur Stellung? Mit seinem Gewehr. Wie dringt man in die Stellung ein? Mit seinem Gewehr? Wie wehrt man sich im Nahkampf in der Stellung? Mit seinem Bajonett, da man nicht mal kurz das Gewehr zur Seite legen wird und dann den Klappspaten herauskramt. So läuft das nicht. Der Bajonett-Angriff der Amerikaner in Korea war ja genau solch ein Einsatz. Man ist da mit Granaten und Wechselfeuer von Stellung zu Stellung vorgedrungen und hat die Gegner, die nicht von Granaten getötet wurden, mit dem Bajonett angegriffen, weil man schlichtweg zu einem Wechsel von Schußwaffe zu reiner Nahkampf-Schaufel keine Zeit hatte.
Das läßt natürlich auf die Nahkampfkompetenz der Entscheidungsträger der Bundeswehr schließen, zumal die DDR noch Bajonette geführt hat. Warum etwas Bewährtes aufgeben, vor allem wo diese Dinger sowohl gegen äußere Feinde als auch Feinde im Inneren nützlich sind. Da war die DDR pragmatisch.
Wenn man Aufruhr in Schach halten will ohne die Aufrührer gleich erschießen zu müssen und somit die Situation eskalieren zu lassen, halte ich aufgepflanzte Bajonette für Krisenreaktionskräfte allemal für die angemessenere Lösung. Niemand geht bei klarem Verstand in einen Wall aus Klingen hinein. Wohl aber in Gewehre, wenn man glaubt, daß die Soldaten sich eh nicht trauen sie abzufeuern. Das Bajonett schafft hier einen Sicherheitsabstand.
Daher bin ich der Meinung, daß auch deutsche Truppen, so sie weiterhin in Krisengebiete gesteckt werden, am Bajonett auf längere Sicht nicht mehr vorbeikommen werden. Aufrührerischen Krisengebietseinwohnern kommt man mit dem Klappspaten leider nicht so bedrohlich vor, wie mir einer Blankwaffe.